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Neue Weichenstellungen bei Girocard und Girogo

sb - Im Januar dieses Jahres werden sich die Vertreter der deutschen Kreditwirtschaft zusammensetzen, um über die Weiterentwicklung des Zahlungssystems Girocard beziehungsweise Girogo zu beraten. Bei Girogo können die Strategien unterschiedlicher kaum sein. Die privaten Banken waren mit Ausnahme der Volkswagen Bank nie aktiv als Emittenten dabei. Die Genossenschaftsorganisation hat unlängst beschlossen, sich von der Geldkarte und damit auch deren kontaktloser Weiterentwicklung zu verabschieden. Und so bleibt einzig die Sparkassenorganisation aktiv dabei: Aktuell sind 50 Prozent der Sparkassen-Cards mit Girogo ausgestattet, 2014 sollen es 85 Prozent werden, 2015 soll mit 45 Millionen Karten die Vollausstattung erreicht sein.

Girogo wird de facto zum Sparkassenprodukt

Technisch ein Produkt der deutschen Kreditwirtschaft wird Girogo künftig de facto also bis auf Weiteres zu einem fast alleinigen Sparkassenprodukt. Das verdrießt den DSGV freilich nicht. Ludger Gooßens, als geschäftsführendes Vorstandsmitglied für den Bereich Markt verantwortlich, vergleicht die Einführung der weiterentwickelten, kontaktlosen Geldkarte mit einem Marathonlauf, bei dem man sich noch auf den ersten zehn Kilometern befinde, während andere sich für den Kurzstreckenlauf entschieden hätten. Er räumt zwar ein, dass man "vielleicht ein bisschen optimistisch gestartet" sei. Doch für die derzeitige Entwicklung zeigt sich Sybille Strack, seit dem 1. November als Leiterin Zahlungsverkehr Nachfolgerin von Wolfgang Adamiok, optimistisch. "Das erste Jahr war sehr schleppend. Jetzt kriegen wir Traffic drauf", stellte sie im Dezember vor Journalisten fest. In Zahlen heißt das: Eine Million Transaktionen vom Juli bis November 2013 (zuletzt rund 300 000 pro Monat) an rund 13 000 Terminals, deren Zahl im Jahr 2014 auf 25 000 steigen werde. Sieben von 21 Netzbetreibern unterstützen Bezahl- und Ladefunktionen.

Bei der Abstimmung der deutschen Kreditwirtschaft über das weitere Vorgehen dürfte gleichwohl weniger Girogo als vielmehr die kontaktlose Girocard-Funktion im Vordergrund stehen. Hier wird die Frage zu lösen sein, wie man beides verbinden kann, ohne den Handel und sein Kassenpersonal einerseits und die Karteninhaber andererseits zu überfordern. Im Hinblick auf die schnelle Abwicklung an der Kasse wird mittelfristig wohl angestrebt werden, dass Transaktionen unter 20 (oder 25 Euro im Hinblick auf den Schwellenwert bei Mastercard und Visa) grundsätzlich kontaktlos bezahlt werden, während bei Beträgen darüber hinaus die Karte gesteckt wird. Das wäre ein Verfahren, das für Karteninhaber wie Kassenpersonal leicht zu verinnerlichen wäre. Auf eine solche Linie werden sich zumindest Sparkassen- und Genossenschaftsorganisation wohl einigen können.

Ob Kleinbetragszahlungen mit der Debitkarte durchgebucht oder über die Geldbörse abgewickelt werden, wäre dann eine Entscheidung der Institute beziehungsweise Institutsgruppen. Die Sparkassenorganisation setzt hier als einzige weiterhin auf die Prepaid-Funktion und hat dabei durchaus einen praktischen Grund: Würden alle kontaktlosen Zahlungen über das Girocard-Verfahren abgerechnet, hieße das, dass jede Kleinbetragszahlung einzeln auf dem Kontoauszug erschiene, der dadurch beträchtlich aufgebläht werden könne.

Das eigentliche Problem ist der E-Commerce

Drängender als solche Detailfragen ist aber die Situation im E-Commerce. Hier sieht Sybille Strack den eigentlichen Schmerz. Am Point of Sale werden die Systeme der Kreditwirtschaft ihrer Einschätzung nach so bald nicht verdrängt werden. Denn die diversen Mobile-Payment-Lösungen sind im Hinblick auf die Ergonomie und die Schnelligkeit der Karte noch längst nicht ebenbürtig. Hier spielen auch Dinge wie Bildschirmschoner oder Netzverbindungen eine Rolle.

Im E-Commerce aber ist die Girocard im Hintertreffen, und eine hardware-basierte Lösung, wie sie der deutschen Kreditwirtschaft vorschwebt, hat nicht unbedingt das Zeug dazu, den Verbraucher zu überzeugen, der an die simple Kombination aus Benutzername und Passwort gewöhnt ist. Hier richten sich die Hoffnungen auf die sonst so ungeliebten Regulatoren, die sich des Themas Sicherheit verstärkt annehmen. Schon bald könnten die Sicherheitsvorkehrungen auch für die Wettbewerber verschärft werden. Dann wäre die Kreditwirtschaft mit ihrem auf Herz und Nieren geprüften System wieder gut im Rennen.

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