Lastschriftverfahren

Lastschrift bei Versicherern: Die Sepa- Standardsreichen nicht

Zu Beginn dieses Jahres wurde mit der Einführung von Sepa Credit Transfer die Realisierung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraumes eingeleitet. Bereits im Anschluss an die Einführung des Euro zum 1. Januar 2002 als Einheitswährung hat sich die EU-Kommission intensiv mit der Vereinheitlichung des elektronischen Zahlungsverkehrs durch standardisierte Verfahren und Produkte im europäischen Binnenmarkt beschäftigt. Als einer der stärksten Nutzer der bestehenden nationalen Verfahren hat die deutsche Versicherungswirtschaft ein großes Interesse an zukunftsorientierten, einheitlichen und effizienten Zahlungsverkehrsprodukten im Euro-Raum. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat daher schon frühzeitig begonnen, die Entwicklung von Sepa im engen Dialog mit der EU-Kommission, der Bundesregierung sowie der Kreditwirtschaft mit dem European Payments Council (EPC) und seinem nationalen Gremium, dem Zentralen Kreditausschuss (ZKA) zu begleiten.

Rechtskonformität auch weiterhin gegeben

Dabei konnte einvernehmlich erreicht wer den, dass das effiziente und kostenarme deutsche Lastschriftverfahren - mit dem über 70 Prozent der Bruttobeitragseinnahmen der Versicherungsbranche eingezogen werden - in der neuen EU-Zahlungsdiensterichtlinie berücksichtigt wurde. In der Konsequenz ist das bisher praktizierte Lastschrifteinzugsermächtigungsverfahren somit rechtskonform zur EU-Richtlinie.

Diese Rechtskonformität wird auch durch die Umsetzung der europäischen Richtlinie in nationales Recht, die bis zum 1. November 2009 abgeschlossen sein muss, bestätigt. Die dazu vorliegenden Gesetzesentwürfe des Bundesfinanz- und des Bundesjustizministeriums für ein neues Zahlungsdienstegesetz sehen sehr gute rechtliche Rahmenbedingungen für die weitere Nutzbarkeit des bestehenden Lastschriftverfahrens vor. Nach derzeitigem Kenntnisstand fließen die Bestimmungen zum Lastschriftverfahren auch unverändert in den Regierungsentwurf, der gegen Ende dieses Jahres sowohl dem Bundeskabinett als auch dem Bundesrat vorliegen soll.

Kein Einklang zwischen Rechtsrahmen und den Rulebooks der Kreditwirtschaft

Allerdings bedeutet in diesem Fall die Rechtskonformität des bestehenden Lastschriftverfahrens nicht, dass die Kreditwirtschaft die vorliegende effiziente und kostenarme Verfahrensweise auch bei der Entwicklung neuer Sepa-Industriestandards vollumfänglich berücksichtigt. Neben dem rechtlichen Rahmen, bestehend aus EU-Zahlungsdiensterichtlinie und zukünftigem nationalem Zahlungsdienstegesetz, entwickelte das EPC Rulebooks als Verfahrensbeschreibung zu den neuen Sepa-Verfahren und -Produkten. In ihrer Ausgestaltung limitieren jedoch die aktuell vorliegenden Rulebook-Versionen insbesondere zum Sepa-Lastschriftverfahren den rechtlichen Gestaltungsrahmen. Dabei stellt sich das in den Rulebooks geregelte Erfordernis eines neuen Sepa-Mandates als besonders problematisch dar. Danach müssen Sepa-Mandate zwingend mit einer doppelten Autorisierungsfunktion ausgestattet sein. Das heißt, das Sepa-Mandat enthält neben der Ermächtigung zum Einzug fälliger Beiträge auch die Weisung des Zahlers an seine Bank, die Belastung vorzunehmen. Die indirekte Autorisierung von Lastschriften durch konkludentes Handeln, wie sie im nationalen Verfahren und in der EU-Richtlinie verankert ist, wird den Anforderungen einer Sepa-Lastschrift somit nicht mehr gerecht.

Umstellung auf Sepa-Mandat kostet die Versicherer 4,8 Milliarden Euro

Dies bedeutet, dass die Nutzung eines zukünftigen Sepa-Lastschriftverfahrens die vollständige Neuausstattung aller Bestandskunden mit Sepa-Mandaten zur Folge hätte. Bedenkt man hier die weite Verbreitung des praktizierten Lastschrifteinzugsermächtigungsverfahrens sowie dessen starke Nutzung1) in den diversen Bereichen der Wirtschaft, der öffentlichen Verwaltungen sowie auch sozialen Organisationen, würde die Umstellung auf das Sepa-Mandat einen enormen bürokratischen und finanziellen Aufwand nach sich ziehen, wobei die hauptsächliche Last auf Seiten des Nutzers und seiner Kunden liegen würde.

Hierzu hat der GDV auf Basis der durch die Bundesregierung eingesetzten Methode zur Messung von Bürokratiekosten (Standardkosten-Modell; kurz SKM) einen Kosten-Quick-Scan durchgeführt. Ungeachtet zusätzlicher Aufwände, die durch die Einführung und Nutzung der neuen Sepa-Datensatzformate in den Unternehmen entstehen würden, müsste allein die deutsche Versicherungswirtschaft rund 4,8 Milliarden Euro für eine Mandatsumstellung bei den Bestandskunden aufwenden.

Bei Betrachtung dieses Sachverhaltes scheint die von der EU-Kommission geforderte kunden- und kostenorientierte Produktgestaltung durch die Kreditwirtschaft und auf dieser Basis marktgetriebene Einführung von Sepa-Zahlungsinstrumenten stark in Frage gestellt.

Aus diesem Grund hat sich der GDV feder führend mit anderen Wirtschaftsverbänden und Sozialverbänden des Dritten Sektors in einem gemeinsamen Sepa-Thesenpapier für den Erhalt des bisherigen Lastschriftverfahrens sowie für einen intensiven und konstruktiven Dialog mit der Kreditwirtschaft hinsichtlich der Entwicklung effizienter, zukunftsorientierter und wirtschaftlich sinnvoller neuer Zahlungsinstrumente ausgesprochen.

Deutliche Verteuerung durch Multilateral Balancing Payments?

Ein weiterer Aspekt, der die gewünschte marktgetriebene Nutzung einer Sepa-Lastschrift nicht befördern dürfte, ergibt sich aus der andauernden Diskussion um ein zusätzliches Interbankenentgelt, sogenannte Multilateral Balancing Payments (MBP). Aus solchen Gebührenmodellen lassen sich zwar auf der einen Seite möglicherweise Anreize für Banken schaffen, auf Sepa-Produkte umzustellen und diese anzubieten. Auf der anderen Seite hätte dies jedoch auch zur Folge, dass das Sepa-Lastschriftverfahren gegenüber der derzeitig am Markt bestehenden Kostenstruktur deutlich verteuert würde.

Vor dem Hintergrund, dass zusätzliche Kosten üblicherweise immer auf die Kunden als Endverbraucher verteilt wer den, ist fraglich, inwieweit ein solcher Ansatz überhaupt den gewünschten Effekt erzielen kann.

Daher wird es im Hinblick auf die Einführung der Sepa-Lastschrift gegen Ende des nächsten Jahres immer mehr darauf ankommen, wie es die Kreditwirtschaft bei der weiteren Produktgestaltung versteht, die Anforderungen sowohl der Verfahrensnutzer als auch der Kunden zu berücksichtigen. Bislang soll dies über die Entwicklung sogenannter Additional Optional Services (AOS) erfolgen, die dem Nutzer einer Sepa-Lastschrift deutliche Vorteile gegenüber dem aktuell praktizierten Verfahren bringen sollen. Allerdings ist es der Kreditwirtschaft bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht gelungen, einen relevanten Mehrwert für die Verfahrensnutzer zu definieren.

Es fehlt an Kundeninformation

Mit Blick auf die angestrebte breite Nutzung neuer Sepa-Zahlungsinstrumente, insbesondere der Sepa-Lastschrift, wird zudem deutlich, dass zwingend erforder liche Bestandsmerkmale eines neuen Sepa-Mandates wie beispielsweise die internationalen Konto- und Bankidentifikationsnummern IBAN (International Bank Account Number) und BIC (Bank Identifier Code) bisher weder in den allgemeinen Sprachgebrauch noch in die tägliche Praxis der zukünftigen Nutzer übergegangen sind.

Um Sepa-Produkte mit großer Akzeptanz anbieten zu können, bedarf es demnach auf Seiten der Kreditwirtschaft erheblicher Nachbesserungen hinsichtlich der Kundeninformation sowie einer geeigneten Marktstrategie.

Trotz der aufgezeigten Problemstellungen hinsichtlich der derzeit geplanten Umsetzung und Einführung der Sepa-Lastschrift soll noch einmal die Bereitschaft der deutschen Versicherungswirtschaft unterstrichen werden, im konstruktiven Dialog mit der Kreditwirtschaft an neuen effizienten und zukunftsorientierten europäischen Zahlungsverkehrsverfahren und -produkten mitzuwirken.

Umsetzungsvorschlag des GDV zur Sepa-Lastschrift

Die Kreditwirtschaft plant, nach Einführung der Sepa-Lastschrift beide Verfahren in einem Parallelbetrieb am Markt anzubieten. Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet, erscheint diese Maßnahme jedoch wenig sinnvoll. Daher wurde vom GDV ein wirtschaftliches Umsetzungsmodell zum Sepa-Lastschriftverfahren auf Basis eines Zweistufenkonzeptes mit den Komponenten Sepa I und Sepa II entwickelt. Dieser sehr nutzer- und kundenorientierte Vorschlag unterstützt die Bestrebungen der EU-Kommission nach standardisierten Produkten im einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum.

Das Konzept stellt sich wie folgt dar: Sepa I beschreibt danach eine mögliche Optimierung in der Kommunikationsbeziehung Versicherungsunternehmen - Bank. Aus Sicht der Versicherungswirtschaft wäre es wirtschaftlich sinnvoll, anstelle von zwei parallelen, technologisch unter schiedlichen Datensatzformaten (DTA und XML) zukünftig auf Basis einer einheitlichen, modernen und Sepa-unterstützenden Technologie die Kommunikationsverfahren zwischen Versicherungsunternehmen und Banken abzuwickeln. Damit wäre es möglich, auf Basis einer einheitlichen Technologie sowohl vorhandene Einzugsermächtigungen als auch neue Sepa-Mandate im XML-Format im Kommunikationsverfahren zwischen dem Versicherungsunternehmen und der Kreditwirtschaft einzusetzen.

Dies hätte den Vorteil, dass unabhängig von den vorliegenden Mandaten, die zwischen Kunde und Versicherungsunternehmen verwendet werden, zukünftig nur noch eine Technologie in den elektronischen Kommunikationsverfahren zwischen Kreditwirtschaft und Versicherungswirtschaft eingesetzt werden könnte. Damit wäre die Schnittstelle zwischen Versicherungsunternehmen und Kreditwirtschaft technisch zukunftsorientiert realisiert. Spätere Systemanpassungen wären auch im Falle einer ausschließlichen Nutzung von Sepa Direct Debit nicht mehr erforderlich.

Sepa II würde sich im Anschluss an eine erfolgreiche Umsetzung von Sepa I mit der Beziehung Versicherungsunternehmen - Kunde beschäftigen. Hier ist auf der einen Seite die Ausstattung von Neukunden mit Sepa-Lastschriftmandaten gemeint, auf der anderen Seite könnten etwaige Mandatsumstellungen im Beziehungsgeflecht zwischen Kunden und Versicherungsunternehmen über eine gewisse Zeitachse wirtschaftlich einfacher gestaltet werden.

Als Fazit lässt sich festhalten: Aufgrund der Ausgestaltung des Rechtsrahmens sowohl durch die EU-Zahlungsdiensterichtlinie als auch durch deren nationale Umsetzung im neuen Zahlungsdienstegesetz ist das bisher praktizierte Lastschriftverfahren weiterhin rechtskonform. Damit sind sehr gute rechtliche Voraussetzungen für die weitere Nutzbarkeit des bestehenden Lastschriftverfahrens geschaffen worden. Nach dem Verständnis der Versicherungswirtschaft ist es nunmehr die primäre Aufgabe der Kreditwirtschaft, standardisierte Sepa-Produkte und -Verfahren anzubieten, die mindestens genauso effizient und kostengünstig sind wie die der zeit am Markt bestehenden.

Integration der Einzugsermächtigung in die Sepa-Welt

Mit dem Umsetzungsvorschlag und der darin vorgesehenen Integration des Er folgsmodells Lastschrifteinzugsermächtigungsverfahren in die neue europäische Sepa-Prozesswelt hat die deutsche Versicherungswirtschaft einen effizienten, verbraucher- und zukunftsorientierten Ansatz vorgelegt. Dieser wird aktuell im konstruktiven Dialog mit interessierten Banken und Bankenverbänden intensiv diskutiert und auf seine Realisierbarkeit weiter konkretisiert.

Hinsichtlich der weiteren Begleitung und Unterstützung der Entwicklungen im einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum setzt der GDV den intensiven Austausch mit der EU-Kommission, der Bundesregierung, nationalen und internationalen Wirtschaftsverbänden, Verbänden des Sozialsektors und dem Verbraucherschutz fort.

Nach Auskunft der Bundesbank wurden in 2006 in Deutschland rund 7,4 Milliarden Lastschriften gezogen. Europaweit lag das Volumen bei rund 15,1 Milliarden Lastschriften. In Deutschland hatte das Lastschriftverfahren im gleichen Zeitraum einen Anteil an allen Zahlungsverkehrsverfahren von 42,8 Prozent. Europaweit lag er bei 28,9 Prozent.

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