Im Gespräch

"Man kann noch viel tun, um den Magnetstreifen sicherer zu machen"

Im ersten Quartal 2010 hat das Mastercard-Bruttoumsatzvolu men in Europa um 13,1 Prozent zugenommen. Inwieweit bewegt sich Deutschland hier im europäischen Trend? Im deutschsprachigen Raum ist das Zahlungsverhalten von der Kartenakzeptanz bis zum Karteneinsatz ein spezielles. In den USA wurde bei den letzten Quar talsergebnissen ein leichter Rückgang verzeichnet. Das gibt es so weder in Europa noch in Deutschland. Kartenzahlungen wachsen weiter und werden nach und nach Bargeld ersetzen. Dieser Trend geht weiter. Wie wird sich der Rückzug der Bundesbank aus der Bargeldlogistik auf diesen Trend auswirken? Die wahren Bargeldkosten kommen jetzt mehr und mehr an die Öffentlichkeit. Dies wird den Trend zur Kartenzahlung sicher unterstützen. Dennoch haben auch die Bar geldtransaktionen in Europa um rund neun Prozent zugenommen. Ist das nicht letztlich doch ein Misstrauensvotum gegen das Medium Karte? Durch die Finanzkrise hat sicherlich generell eine Verunsicherung stattgefunden. Auch Meldungen über erfolgreiche Hackerangriffe oder andere Pannen tragen dazu bei. Deshalb spielt die Kommunikation der Vorteile der Karte, nicht nur, aber auch in punkto Sicherheit immer wieder eine Rolle. Was haben die deutschen Emittenten aus "Spanien" gelernt? Die zentrale Lehre ist: Wichtig ist eine gut abgestimmte Kommunikation. Daneben haben einige Emittenten den Kar tenaustausch sicher genutzt, um die neuen Karten gleich mit Chip auszustatten. Das ging freilich nur bei denjenigen Instituten, bei denen das Projekt Chipmigration schon weit fortgeschritten war. Wird die starke Zunahme des Skimmings dazu führen, den Magnetstreifen doch schneller als geplant von den Karten zu nehmen, wie es das Bundeskriminalamt fordert? Eines ist klar: Es sollte niemals so sein, dass durch Risiken, wie zum Beispiel Kartenmissbrauch die Erträge für Kartenherausgeber so reduziert werden, dass die Rentabilität zur De batte steht. Deshalb ist es Priorität für uns, Kartenzahlungen noch sicherer zu machen. Dennoch kann man den Magnetstreifen aus zwei Gründen nicht einfach von der Karte nehmen. 1. Selbst in Europa gibt es noch keine hundertprozentige Chipakzeptanz, vom außereuropäischen Ausland ganz zu schweigen. Weltweite Akzeptanz ist heute nur mit Magnetstreifen zu erreichen. 2. Was wir im Moment auch nicht vergessen dürfen - auch wenn es ganz sicher nicht die endgültige Lösung ist: Wir brauchen den Magnetstreifen noch als Fall -Back-Lösung. Das haben wir in Deutschland zu Beginn dieses Jahres gesehen. Um dem Betrugsrisiko zu begegnen, kann man jedoch in der Autorisierung noch vieles tun, um die Transaktion sicherer zu machen. Hier werden bereits viele Lösungen umgesetzt - mit messbarem Erfolg. Im US-amerikanischen Markt ist es gelungen, dank ausgefeilter Mechanismen in den Autorisierungssystemen auch ohne Chip das Betrugsrisiko zu senken. Mit Real-Time- oder Near-Time Fraud-Management-Systemen könnte man hier auch in Deutschland noch sehr viel mehr erreichen. Das Real -Time-Fraud-Management-System stellen wir den Banken gerade vor. Weitere Möglichkeiten gibt es mit der geografischen Freigabe der Karte durch "In- Control". Und das Wichtigste ist der SMS-Alert als "Killerapplikation". Durch die sofortige Benachrichtigung des Karteninhabers und dessen Kontrolle über jede durchgeführte Transaktion werden es Kriminelle in Zukunft deutlich schwerer haben. Wird In-Control von deutschen Kreditinstituten schon genutzt? Wir sind mit einigen Banken in Gesprächen und rechnen damit, dass es noch in diesem Jahr die beiden ersten Piloten geben wird. Englische Banken sind da schon weiter, weil dort die Chipmigration schon vor Jahren abgeschlossen wurde. Für die deutschen Emittenten haben derzeit die Themen Chip und Secure Code Vorrang. Und wie sieht es mit der Akzeptanz von Secure Code aus? Wir sind sehr froh darüber, dass das Thema jetzt in Deutschland Fuß gefasst hat. Die Banken haben sich zum Roll-out entschlossen und gehen verstärkt dazu über, keinen Opt-out zuzulassen. Die dadurch befürchteten Irritationen sind weitgehend ausgeblieben. Auch Händler etablieren jetzt den Sicherheitsstandard. So werden Card -not-present-Transaktionen noch sicherer. Das sehen wir auch in den Zahlen. Die nächste Stufe wird das dynamische Passwort sein. Visa vermarktet V-Pay mit der Begrenzung des Systems auf Europa und Chip als Sicherheitsmerkmale ... Diese Option gibt es bei Maestro auch. Emittenten, die dies wünschen, können auch Maestro als Chip -and-Pin-only-Karte nur für Europa ausgeben. Alternativ gibt es aber eben auch die weltweite Einsetz barkeit. Das gibt den Banken viel größere Freiheit zur Segmentierung und Risikosteuerung. Wir haben mit Maestro eindeutig die bessere Lösung, die sich flexibel auf die Kundenbedürfnisse anpassen lässt. Was bedeutet die Einigung von Visa mit der EU-Kommission bei der Debit-Interchange aus Sicht von Mas tercard? Zu den Details der Vereinbarung zwischen Visa und der Europäischen Kommis sion möchte ich mich nicht äußern. Seitens Mastercard erwarten wir gleichartige Rahmenbedingungen im Wettbewerb. Darüber hinaus verfolgen wir unsere eigene Klage, die beim Europäischen Gerichtshof anhängig ist, weiter, bei der wir glauben, die richtigen Argumente zu haben und in einer starken Position zu sein. Erwarten Sie durch den prognostizierten Anstieg der Bargeldkos ten, wenn sich die Bundesbank aus der Bargeldlogistik zurückzieht, auch eine Entspannung in der Interchange-Diskussion? Diese Diskussion wird sicher weitergeführt werden. Allerdings werden nun Fakten zu den Bargeldkosten auf den Tisch kommen, die in der Diskussion bislang vielfach ver nachlässigt wurden. Dadurch verschieben sich die Relationen. Ich bin ziemlich sicher, dass das letztlich zu einer gewissen Entspannung führen wird. In der Entscheidung von Händlern für oder gegen die Karte geht es aber nicht nur um Kosten, sondern auch um Serviceaspekte und damit zukünftige Erträge. Deshalb gibt es auch nicht "den" Business Case für Karten. Im Handel scheint das Interesse an der kontaktlosen Technologie zu wachsen ... Das ist richtig. Mittlerweile gibt es weltweit 75 Millionen Karten und 230 000 Akzeptanzstellen, die unsere kontaktlose Technologie Paypass nutzen. Und auch der deutsche Markt macht Fortschritte. Durch den Roll-out bei den Star-Tankstellen sind wir mit einer Reihe von Händlern ins Gespräch gekommen. Sind ausgerechnet Tankstellen mit den vergleichsweise hohen Durchschnittsbons hier der richtige Einsatzbereich? Schließlich liegt das Limit für tap-and-go-Transaktionen bei 25 Euro. Paypass ist nicht nur Kleingeldersatz. Die Technologie lässt sich so aufsetzen, dass Transaktionen bis 25 Euro als "tap and go" abgewickelt werden, Beträge darüber mit Unterschrift oder PIN. In Ländern, in denen der Markt hier schon weiter ist, gehen aber auch die gesetzten Limits, dem Bedarf folgend, nach oben. Darüber hinaus liegt das Gros der Bons unter der jetzigen Schwelle, da viele Kunden in Tankstellen lediglich den schnellen Einkauf im Vorbeigehen erledigen. Insofern ist kontaktloses Zahlen kein Nischenprodukt mehr. Paypass umfasst vielleicht nicht nur, aber doch auch Kleinbetragszahlungen. Hier wünschen sich die Acquirer die gebündelte Abrechnung erst ab einem bestimmten Betrag. Wie sieht es damit aus? Innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre ist eine solche Payment Aggregation denkbar. Eine entsprechende Lösung kann dann ins System integriert werden und global funktionieren. Ich habe aber meine Zweifel daran, dass das letztlich der Treiber für die Verbreitung des kontaktlosen Zahlens sein wird. Was wir immer wieder vergessen: Im Bereich zwischen fünf und 25 Euro gibt es einen riesigen Bargeldbereich, der noch nicht richtig adressiert wird. Von daher hat meines Erachtens eine Konzentration nur auf den low-value-Bereich nicht die allerhöchste Priorität. Für Fastfood -Ketten etwa ist kontaktlose Zahlung die perfekte Möglichkeit, weil diese mit der einhergehenden Geschwindigkeit ideal zum Geschäftsmodell passt. Vor diesem Hintergrund spielt Payment Aggregation eine untergeordnete Rolle. Ist die bislang dürftige Kartenbasis mit nur zwei Paypassfähigen Kartenportfolien, der Lufthansa Card und Payback Maestro, aus Akzeptantensicht nicht hinderlich? Tatsächlich haben wir bereits über eine Million Paypass-Karten im Markt. Richtig ist allerdings, dass Deutschland ein sehr fragmentierter Markt ist, deshalb dauert es etwas länger als in stark konzentrierten Märkten, bis eine entsprechende Kar tenbasis vorhanden ist. Um das Henne-Ei-Problem auf der Seite der Kartenbasis zu lösen, bieten wir sogenannte Paypass-Tags - ähnlich einem Sticker - an, mit denen Transaktionen ausgelöst werden können. Diese eignen sich zum Beispiel fürs Mobiltelefon und ersparen es den Emittenten, für die Nutzung der kontaktlosen Technologie neue Karten auszugeben. Damit schlagen wir die Brücke zwischen kartenbasiertem und mobilem kontaktlosen Zahlen. Was bedeuten die Pläne des DSGV zum kontaktlosen Bezahlen mit der Girocard für die Ver breitung von Paypass? Zunächst einmal wird dadurch das Thema "Kontaktlos" noch präsenter im Markt. Das sehen wir positiv. Aber natürlich sind es Karteninhaber gewohnt, dass sie mit ihrer Karte immer und überall zahlen können, einer der Grundgedanken von Sepa. Und das überall und immer zahlen können, erwarten die Karteninhaber dann berechtigterweise auch bei kontaktlosen Zahlungen. Und hier sind wir mit Mastercard Paypass weltweit führend. Wie gesagt, man kann bereits heute in 32 Märkten an über 230000 Akzeptanzstellen mit Paypass zahlen. Wir haben uns immer für weltweit gültige Standards eingesetzt und werden das auch bei kontaktlosen Zahlungen tun. Was gibt es Neues beim Thema Cash Back? In Gesprächen mit dem Handel registrieren wir großes Interesse. Das Thema hat im Moment aber nicht die oberste Priorität. Zum einen hat der Handel momentan sehr viel zu tun mit der Umstellung der Terminals auf TA 7.0. Darüber hinaus bieten wir bei Purchase with Cash Back auch die Möglichkeit des Bargeldbezugs im Handel und an Tankstellen ohne vorherigen Einkauf an. Die Diskussion um die GAA-Gebühren hat auch dazu geführt, dass die Sparda-Banken ihre Pläne, im Debitgeschäft ganz auf Maestro umzustellen, auf Eis gelegt haben. Welche Chancen sehen Sie noch für Maestro only? Es ist richtig, dass die Sparda -Banken erst die weitere Entwicklung abwarten. Es gibt durchaus andere, die Maestro -only-Karten ausgeben wollen. Insofern sehe ich nicht, dass Maestro jetzt aus dem Rennen wäre. Ein Treiber ist zum Beispiel die Einsetzbarkeit von Maestro im Internet. Das ist gegenüber Issuern ein sehr starkes Argument: Mastercard bietet mit Maestro E -Commerce eine für die Kartenherausgeber profitable E-Commerce-Lösung, von der auch der Handel profitiert.

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