Processing

Das Ökosystem Zahlungsverkehr braucht einheitliche Lösungen

Das Marktumfeld eines Kartenprocessors wird primär durch die Karteninhaber, die Finanzinstitute, die die Karten herausgeben, sowie das Processing-Unternehmen, das für die sichere Abwicklung der Kartenportfolios verantwortlich ist, geprägt. Während aufseiten der Karteninhaber eine steigende Nachfrage nach innovativen Lösungen zu möglichst günstigen Preisen zu verzeichnen ist, erwarten Finanzinstitute kurze Markteinführungszeiten für etablierte und innovative Lösungen, eine kostengünstige Abwicklung ihrer Kartenportfolios sowie eine lokale Kundenbetreuung. Für ein Processing-Unternehmen, das die Abwicklung der Kartenportfolios im Auftrag der kartenausgebenden Institute verantwortet, sind wiederum schnelle Markteinführungszeiten, kostengünstige Processing-Services sowie die Weiterentwicklung etablierter und die Neuentwicklung innovativer Zahlungsprodukte eine zentrale Maßgabe.

All diese Faktoren bewirken einen deutlichen Kostendruck aufseiten des Processing-Unternehmens, dem dieses vor allem durch die Erzielung von Skalen effekten begegnen muss, um ein wettbewerbsfähiges Leistungsspektrum bieten zu können.

Die primäre Stellschraube, durch die diese Skaleneffekte erzielt werden können, ist die Vereinfachung der Systemlandschaft! Zwei große Bereiche gehören dazu:

die Konsolidierung von Rechenzentren und Konsolidierungen der Softwareplattformen.

Konsolidierung von Rechenzentren ...

Vor diesem Hintergrund tätigt First Data seit einigen Jahren signifikante Investitionen in die Kern-Infrastruktur. Zudem wurden langfristige Mietverträge mit den zwei Hauptrechenzentren in Frankfurt abgeschlossen. Im Zuge dieser Neuausrichtung wurde auch ein neues EMEA Command Centre in Bratislava (Slowakei) aufgebaut. Während der Umzug der Haupt- und Backup-Rechenzentren von Großbritannien nach Frankfurt bereits abgeschlossen ist, erfolgt derzeit ein Upgrade und der Umzug der IT-Infrastruktur in Bad Vilbel zu zwei Hauptrechenzentren in Frankfurt. Weitere Konsolidierungen der Rechenzentren in Europa sind derzeit in Planung.

Die Konsolidierung der Rechenzentren in Europa führt jedoch nicht nur zu der angestrebten Erzielung von Skaleneffekten, sondern auch zu zahlreichen Vorteilen für die Kunden. Diese profitieren im Zuge der Rechenzentrumskonsolidierung von einer zukunftsgerichteten Technologie auf einer der modernsten Infrastrukturen sowie einem höheren Maß an Qualität, Ausfallsicherheit und Stabilität.

... und Processing-Plattformen

Im Rahmen des laufenden Projektes zur Rechenzentrumskonsolidierung erfolgt jedoch nicht nur die Konsolidierung von Rechenzentren, sondern auch die Konsolidierung von Processing-Plattformen in Europa, die durch signifikante Investitionen ermöglicht wird. Somit wurde die Legacy-Plattform "Equasion", die viele Jahre im Bereich Issuing Processing bei First Data genutzt wurde, in diesem Jahr abgeschaltet.

Alle deutschen Kunden, deren Abwicklung bisher über diese Plattform erfolgte, wurden auf "ADV+", die strategische Issuing-Processing-Plattform für Deutschland, Österreich und die Schweiz, migriert. "FirstVision" ist nunmehr die strategische Issuing-Processing-Plattform für Kunden zum Beispiel in Großbritannien, im Nahen Osten und Afrika sowie Italien.

Im Bereich Acquiring Processing betreibt First Data die Processing-Plattformen "Omnipay" und "eMAXS". Im Rahmen der Konsolidierung von Processing-Plattformen in Europa hat First Data beispielsweise auch die Anzahl der Support-Systeme von ursprünglich mehr als 240 auf nunmehr ungefähr 50 reduziert. All diese Aktivitäten schaffen Synergien und Skaleneffekte.

Vom E-Commerce zum Universal Commerce

Während die Erfordernis zur Erzielung von Skaleneffekten für ein Processing-Unternehmen von großer Bedeutung ist, darf jedoch ein wesentlicher Erfolgsfaktor nicht außer Acht gelassen werden: seine Innovationsfähigkeit.

Seit der Entstehung des E-Commerce um 1980 und des M-Commerce um das Jahr 2000 hat sich dieser Markt rapide entwickelt. Heute befinden wir uns bereits im Zeitalter des Universal Commerce.

Trotz dieser großen Marktveränderungen, die sich seit nunmehr 30 Jahren in der Zahlungsverkehrsbranche vollziehen und die dazu geführt haben, dass neue Services und Trends die Branche bestimmen, ist anzumerken, dass die E-Commerce- und M-Commerce-Revolution mit deutlich geringeren Wachstumsraten verlief und wesentlich länger dauerte als erwartet. Insofern ist die in diesem Zusammenhang oftmals erwähnte Revolution rückblickend eher als normale Marktentwicklung zu betrachten. Eines hat diese Entwicklung jedoch auch gezeigt: Um erfolgreich im Markt zu agieren, muss ein Processing-Unternehmen in der Lage sein, aufkommende Trends - auch über einen längeren Zeitraum hinweg - zu antizipieren und diesen durch ein adäquates und innovatives Leistungsangebot einen Schritt voraus zu sein. Dies setzt eine hohe Innovationsfähigkeit und Investitionskraft voraus.

Für die Entwicklung einer Innovationsstrategie ist ein tiefes Verständnis der konstituierenden Veränderungen und Anforderungen im Marktumfeld, zu denen beispielsweise ein Höchstmaß an Sicherheit, eine hohe operative Effizienz sowie das regulatorische Umfeld gehören, erforderlich.

Die Veränderungen des Marktumfeldes und die damit einhergehenden digitalen Trends haben zu einer Verschiebung der Einkaufsmuster bei den Verbrauchern geführt. Der Online- und Offline-Bereich verschmelzen immer mehr miteinander. Der Zugang zu Informationen und Technologie haben den Handel und die Erwartungen der Verbraucher - und folglich auch ihr Kaufverhalten - grundlegend verändert. So entscheiden heute 84 Prozent der Verbraucher, was sie kaufen werden, bevor sie einen Laden betreten, und 74 Prozent der Kaufentscheidungen der Verbraucher werden von sozialen Medien beeinflusst.

Während noch vor einigen Jahren zahlreiche Kanäle, wie zum Beispiel stationärer Handel, Online, Mobile und Social relativ getrennt voneinander betrachtet und seitens der Verbraucher angesteuert wurden, bewegt sich dieser mehrkanalige Einkaufsprozess immer mehr hin zu einem integrierten Einkaufserlebnis, das sich an mobiler Technologie orientiert. Die Verbraucher erwarten die besten Angebote und den besten Service - und dies überall und so komfortabel sowie persönlich wie möglich. Wir sind im Zeitalter des Universal Commerce angekommen.

Innovative Services

Die Art und Weise, wie Verbraucher in Zukunft einkaufen werden, wird sich in den nächsten Jahren stark wandeln. Hier nur einige Beispiele: Während papierhafte Gutscheine bisher zum Geschäft mitgenommen und diese oft vor der Einlösung verloren oder vergessen wurden, werden Angebote in Zukunft auf die mobile Geldbörse des Verbrauchers geladen werden. An der Kasse wird die mobile Geldbörse automatisch die einzulösenden Gutscheine anzeigen. Auch wird es in Zukunft nicht mehr erforderlich sein, die Kundenkarten von verschiedenen Händlern mitzuführen und an der Kasse vorzulegen. Stattdessen werden die Treueprogramme einzelner Händler auf der mobilen Geldbörse gespeichert sein und Preisnachlässe automatisch zur Anwendung kommen. Auch wird es möglich sein, Angebote anhand von Informationen über vergangene Einkäufe und GPS-Ortung zu individualisieren.

Während Verbraucher bisher durch Anzeigen über eine URL oder einen QR-Code zu einer Webseite geleitet wurden, um eine Bestellung zu tätigen oder ein Angebot herunterzuladen, werden die Verbraucher in Zukunft ein Angebot unmittelbar auf ein mobiles Gerät laden oder hierüber einen Kauf tätigen können.

Aber auch auf die Finanzfunktionen, die Verbraucher nutzen, wird das Zeitalter des Universal Commerce einen großen Einfluss haben. Während die Verbraucher bisher vorgegebene Produktpakete akzeptieren mussten und der Zugang zu ihrem Finanzinstitut oft auf die Öffnungszeiten der jeweiligen Bank beschränkt war, werden die Verbraucher in Zukunft die Finanzfunktionen, die sie benötigen, selbst bestimmen. So wird es ihnen möglich sein, Informationen rund um die Uhr abzurufen und auf Finanzfunktionen zuzugreifen.

All diese Faktoren und Entwicklungen haben einen wesentlichen Einfluss auf das Leistungsspektrum und die Innovationsfähigkeit eines erfolgreichen Processing-Unternehmens - heute und in Zukunft. Die Erfordernis zur Erzielung von Skaleneffekten wird auch zukünftig eine zentrale Maßgabe für ein modernes und erfolgreiches Processing-Unternehmen sein. Diese Anforderung gilt jedoch nicht nur für die in der Payment-Branche etablierten, sondern auch für innovative Services. First Data hat dies frühzeitig erkannt und auf europäischer Ebene Systeme und Dienstleistungen implementiert, die dieser Anforderung Rechnung tragen und die Umsetzung unterstützen. Hierzu gehören beispielsweise der Aufbau eines Internet Payment Gateways, die Entwicklung der "SourceConnect TSMSM-Lösung" sowie der Aufbau einer offenen Web-Service-Architektur mit dem Namen "eWAS" und eines zentralen Fraud- und Risk-Management-Systems.

Einheitliche, zentrale Lösungen sowie eine starke Innovationsfähigkeit werden also auch in Zukunft maßgebliche Erfolgsfaktoren für ein Processing-Unternehmen sein. Sie werden umso wichtiger, je komplexer das Ökosystem der Zahlungsverkehrsbranche wird. Die Koordination dieses Ökosystems bleibt eine anspruchsvolle Herausforderung.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors auf dem Bankkarten-Forum 2013.

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