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Der Verbraucher muss mitziehen

sb - Längst haben Verbraucherschützer nicht nur in Deutschland sich in Sachen Interchange-Regulierung in Stellung gebracht. Sie wollen nicht widerstandslos hinnehmen, dass letztlich der Verbraucher die Zeche dafür bezahlt, dass der Handel künftig Kartentransaktionen preiswerter abwickeln kann als bisher. Hier bläst den Regulatoren unerwartet heftiger Gegenwind ins Gesicht.

Auch der Handel kann sich in Erwartung der Dinge, die da kommen werden, nicht entspannt zurücklehnen und den lang ersehnten regulatorischen Eingriff genießen, sondern muss damit rechnen, dass auch die Reaktionen der Kartenakzeptanten kritisch unter die Lupe genommen werden. Auf die Frage, ob sie denn nach einer Einführung der Interchange-Senkung die von den Regulatoren versprochenen Preissenkungen beim Handel kritisch nachhalten werde, antwortete beispielsweise Dr. Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen auf dem B+S-Kartenforum. Bisher habe sie vor allem Kreditinstitute im Blick, sie könne sich durchaus vorstellen, ihr Einsatzgebiet zu erweitern.

EU-Kommission verändert Tonfall

Die EU-Kommission hat diese Stimmen wohl registriert. Ihre Argumentation in der Sache ist zwar unverändert die gleiche: Es könne nicht sein, dass alle Verbraucher dafür mitbezahlen, dass manche von ihnen teure Zahlungsmittel verwenden. Verändert hat sich hingegen der Tonfall. Während noch vor einem Jahr nach dem Motto, "wer anschafft, zahlt" nonchalant hingenommen wurde, dass teure Karten vom Handel mit einem Surcharging belegt werden oder dass die Jahresgebühren für Karteninhaber steigen werden, gibt sich Rita Wezenbeek von der Generaldirektion Wettbewerb nun deutlich vorsichtiger: Es sei ja noch gar nicht ausgemacht, dass es tatsächlich zu Kostensteigerungen für die Karteninhaber kommen müsse. Ansetzen könnten Kartenemittenten schließlich auch bei Zusatzleistungen wie Bonusprogrammen oder Versicherungen. Gerade hier sei es am wenigsten einzusehen, dass alle Konsumenten für die persönlichen Vorteile aller mitbezahlen müssten.

An dieser Stelle stimmen Verbraucherschützer auch durchaus zu. Namentlich die an die Kreditkarte geknüpften Versicherungen haben sie seit jeher im Visier. Zum einen sind die Vertragsbedingungen oft wenig kundenfreundlich. So greifen Versicherungen oft nur bei solchen Schäden, die unmittelbar in Verbindung mit einer Kartenzahlung stehen. Bei Reise-Unfallversicherungen etwa würden die Kosten übernommen, wenn ein Unfall bei der mit Karte bezahlten Anreise passiert. Fährt der Karteninhaber aber vor Ort beispielsweise mit einem Bus, den er in bar bezahlt, und kommt es dabei zu einem Unfall, steht er ohne Versicherungsschutz da.

Überdies zahlen die im Kreditkartenvertrag enthaltenen Versicherungen im Schadensfall in der Regel nur dann, wenn der Karteninhaber keine andere Versicherung hat, die für den entsprechenden Schaden aufkommen kann. Weil aber vielen Karteninhabern gar nicht bewusst sei, welche Versicherungen ihre Karte eigentlich beinhaltet, schließen sie häufig zusätzlich zu den bereits vorhandenen Policen beispielsweise Auslandreisekrankenversicherungen ab. Die Kreditkarten-Extras treiben somit aus Sicht der Verbraucherschützer schon heute die Jahresgebühren häufig unnötig in die Höhe.

Schnitt bei den Versicherungen?

Mit Blick auf die Karteninhaber könnten die Extras also an dieser Stelle vermutlich am leichtesten ausgedünnt werden. Das heißt nicht, dass künftig keine Versicherungen mehr an die Karte geknüpft werden können. Sie müssten aber - ähnlich wie die Restschuldversicherung als Annexprodukt zum Konsumentenkredit - separat bepreist und verkauft werden, was freilich in vielen Fällen eine Überarbeitung der Vertragsbedingungen voraussetzt, damit die Policen auch attraktiv werden. Hier ist also die Assekuranz gefordert, wenn sie den Vertriebsweg Kreditkarte nicht einbüßen will.

Verhindert werden sollen höhere Kartengebühren überdies durch die versprochenen Zusatzeinnahmen, die sich aus einer nach der Interchange-Senkung boomenden Kartenakzeptanz ergeben soll. An dieser Stelle bleiben Kartenemittenten mit Recht skeptisch. Zum einen müssten die Acquirer die potenziellen neuen Akzeptanten erst einmal "abarbeiten". Zum anderen wäre damit noch lange keine exponentielle Steigerung der Transaktionszahlen garantiert. Denn bekanntlich zahlt der Verbraucher, der deutsche zumal, nicht überall dort, wo er es könnte, tatsächlich mit seiner (Kredit)Karte. Ein flächendeckendes Akzeptanznetz wäre somit längst noch keine Garantie für den versprochenen Mehrumsatz bei Kreditkarten. Denn europaweit zahlen Konsumenten mittlerweile bargeldlos am liebsten mit Debitkarte. Und hier lassen die Anmerkungen der EU-Parlamentarier zum Kommissionsentwurf Schlimmes befürchten: Immer wieder wird darin ein komplettes Interchange-Verbot für Debitkarten genannt. Was soll da der Mehrumsatz nützen?

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