BANKING

Das Bankenmonopol auf Kontodaten endet

PSD2: Die Kunden sind ahnungslos

Christian Bock, Foto: CRIF Bürgel GmbH/ Dirk Bartschat

Nach einer repräsentativen Verbraucherumfrage vom August 2019 im Auftrag des Informationsdienstleisters Crifbürgel hatten 59 Prozent der befragten Teilnehmer noch nie von der EU-Richtlinie Payment Services Directive 2 (PSD2) gehört. Trotz Erklärfilmen, Medienberichterstattung enmasse und jeder Menge Informationsanstrengungen der Banken - der Wert hat sich im August kaum verändert. Nach wie vor sind über die Hälfte der Deutschen ahnungslos, obwohl 90 Prozent der Menschen Online- oder Mobile-Banking nutzen. (Red.)

Die EU-Zahlungsdienste-Richtlinie PSD2 und ihre Auswirkungen ist bei vielen deutschen Verbrauchern nach wie vor überhaupt nicht präsent: Laut einer wiederum repräsentativen Online-Umfrage im Auftrag des Informationsdienstleisters Crifbürgel hatten 59 Prozent der befragten Teilnehmer im August 2019 noch nie von der zweiten Payment Services Directive (PSD2) gehört. Die übrigen 41 Prozent kannten zwar den Begriff, doch nur sieben Prozent der Befragten wussten auch, was sich dahinter verbirgt.

Laut der EU-Richtlinie PSD2 müssen die Banken ab September 2019 anderen, bei der Finanzaufsicht registrierten Unternehmen den Einblick in dessen Kontodaten gewähren, wenn der Kontoinhaber dem zustimmt. Die Datenschnittstellen dazu stellen die Banken, doch diese funktionieren oft nur eingeschränkt. Daher verschob die deutsche Finanzaufsicht BaFin den Start von PSD2, der für den 14. September 2019 geplant war, und gibt den Banken so Zeit, um nachzubessern.

Diesen Aufschub sollten die Banken jetzt nutzen, auch in der Kundenkommunikation. Aufklärung tut Not und gerade jüngere Kunden haben großes Interesse an PSD2-basierten Diensten. Hier können die Banken mit Transparenz und Service punkten, denn für viele Verbraucher sind sie immer noch die erste Adresse in Geldangelegenheiten. Als wichtigste Quelle zum Thema PSD2 nannten 15 Prozent der Befragten dann auch ihre Bank, dann erst folgen klassische Medien mit elf Prozent und soziale Medien mit zehn Prozent.

Nutzen schlägt Wissen

Nur rund jeder sechste Befragte (17 Prozent) hat schon einmal Services genutzt, für die er den Zugriff auf sein Bankkonto erlaubt hat. Das sind etwa Online-Vergleichsseiten oder Banking-Apps. 83 Prozent geben an, bisher nicht von solchen Diensten Gebrauch gemacht zu haben. Allerdings verwenden 70 Prozent der Befragten diverse Finanz-Apps externer Anbieter. 59 Prozent tätigen damit Überweisungen, zum Beispiel mit Paypal. 35 Prozent der Befragten prüfen ihren Kontostand mit einer Mobile-Banking-App wie Numbrs und weitere 24 Prozent nutzen Apps zum Bezahlen mit dem Smartphone.

Dass solche Funktionen auch mit Kontodaten arbeiten, die EU-Richtlinie daher auch für Paypal und Co. gilt, und wie Zugangswege und Bezahlvorgänge genau verlaufen, erschließt sich den Nutzern offenbar noch nicht vollständig. Nutzen schlägt hier also Wissen. Bisher gaben die Nutzer solchen Diensten oft einfach die Login-Daten zu ihren Konten und diese griffen dann auf die Daten zu.

Cyber-Schutz ist der gefragteste Service

Das wird mit PSD2 anders: Die Anbieter brauchen nun die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer, gesichert durch PIN und andere Authentifizierungen - je nach Vorgabe der Bank muss die Einwilligung alle drei Monate erneuert werden. Überdies werden die Anbieter nun von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht überwacht, das war zuvor nicht der Fall. Mit der PSD2-Richtlinie wird also der Verbraucherschutz gestärkt und es werden neue, pfiffige Services möglich: So können Vergleichsportale künftig nicht nur die günstigsten Versicherer oder Stromanbieter auflisten, sondern auf Basis der Kontodaten des Kunden prüfen, ob er oder sie für Versicherung oder Strom zu viel bezahlt.

Grundsätzliches Interesse an solchen PSD2-basierten Diensten besteht: Großen Anklang bei 45 Prozent der Befragten finden Benachrichtigungen, wenn durch einen Vertragswechsel - etwa beim Stromanbieter oder der Versicherung - Geld gespart werden kann. Oder wenn Kunden auf Basis ihrer Kontodaten unverbindlich individuelle Angebote für Kredite oder einen neuen Stromtarif erhalten: Ein solcher Service findet bei 34 Prozent der Befragten Zuspruch.

PSD2-basierte Angebote können aber auch helfen, die Identität des Kunden und seine Daten vor Missbrauch zu schützen. Dazu überwachen Spezialisten die vom Kunden registrierten Daten, wie etwa Name und Adresse, Kontonummer oder Kreditkartendaten, im Internet und im Dark Web und geben Bescheid, wenn verdächtige oder gar gestohlene Daten auftauchen. Eine solche Benachrichtigung finden 64 Prozent der Befragten wertvoll und deutlich interessanter als Versicherungen oder persönliche Hilfestellungen (39 Prozent) im Falle eines Identitätsdiebstahls.

Vertrauenswürdigster Anbieter? Meine Bank!

Zentraler Aspekt für die Wahl eines Anbieters solcher Dienste ist der Schutz der persönlichen Daten: 65 Prozent der Befragten erlauben den Zugriff auf ihre Bankdaten, wenn sie ihre Einwilligung dazu jederzeit widerrufen können. 55 Prozent tun dies, wenn der Anbieter europäische Datenschutzstandards einhält und weitere 55 Prozent teilen ihre Bankdaten, wenn sie bereits gute Erfahrungen mit dem jeweiligen Anbieter gemacht haben.

Vertrauenswürdigster Anbieter ist für 67 Prozent der Befragten die eigene Hausbank. Sie konnte gegenüber dem Vorjahreswert von 64 Prozent nochmal drei Prozentpunkte zulegen und verweist andere Banken und Kreditinstitute mit nur 30 Prozent auf die hinteren Plätze. Amazon vertrauen bereits 26 Prozent der Befragten. Andere Konzerne wie Google (15 Prozent) und Facebook (acht Prozent) rangieren bei der Frage "Wem würden Sie beim Zugriff auf Ihre Bankdaten vertrauen?" dagegen auf den hinteren Rängen. Auch Anbieter wie Numbrs (zehn Prozent) und N26 (zwölf Prozent) stehen kaum besser da.

Doch die Konkurrenz holt auf: Im Vergleich zum Vorjahr legte Amazon sechs Prozentpunkte zu, N26 und Numbrs jeweils vier, selbst Google und Schlusslicht Facebook konnten zwei Prozentpunkte gutmachen. Bei der eigenen Hausbank waren es immerhin noch drei, bei den anderen Banken dagegen nur ein Prozentpunkt.

Das Rennen ist eröffnet. Trotz möglicher Datenschutzbedenken stehen internationale Web-Konzerne wie etwa Amazon bald gleichauf mit den Unternehmen der deutschen Kreditwirtschaft. Die Befürchtung vieler Banken, den Kontakt zum Kunden zu verlieren, ist also durchaus begründet. Ihr oberstes Ziel muss daher sein, die Angebotspalette mit PSD2 zu erweitern, eigene Partner-Netzwerke aufzubauen und so den Kunden Mehrwerte zu bieten, die diese sinnvoll und attraktiv finden.

CHRISTIAN BOCK ist Geschäftsführer der CRIF Bürgel GmbH und verantwortlich für die Bereiche Strategie, Business Development, Vertrieb und Marketing. Nach Abschluss seines BWL-Studiums war er 16 Jahre lang für die WestLB tätig. Anschließend hatte er führende Positionen im Finanzsektor inne, unter anderem bei Arvato Financial Solutions und der Deutsche Leasing Information Technologies GmbH.
E-Mail: c.bock[at]crifbuergel[dot]de
Christian Bock , Geschäftsführer der CRIF Bürgel GmbH

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