Berichtspflicht für Nachhaltigkeit - Chance für alle Unternehmen

Herausforderungen der CSR-Richtlinie

Abbildung 1: Aspekte einer nichtfinanziellen Erklärung Quelle: BMJV-Gesetzentwurf zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz)

Marijan Nemet, Kati Eggert - Die Pflicht-Berichterstattung von Unternehmen ist bereits heute umfangreich und wird stetig ausgebaut. 2017 kommt die Offenlegung nichtfinanzieller Informationen sowie Angaben zur Diversität für kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern hinzu. Neben dem Mehraufwand kann die Verpflichtung gleichzeitig Auslöser für ein umfassendes Nachhaltigkeitsmanagement sein und bei freiwilliger Berichterstattung zum Wettbewerbsvorteil avancieren. Weshalb die Berichtspflicht dennoch für Leasing- und Factoring-Unternehmen relevant ist, beschreibt der nachfolgende Artikel.

Unternehmen werden neben ihren finanziellen Daten zunehmend auch nach nichtfinanziellen Faktoren beurteilt. Beachtung von Umweltschutz, Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung oder soziale Aspekte im Umgang mit den Mitarbeitern sind Kriterien, die nicht nur medial stärker in den Fokus gerückt sind. Unter dem Oberbegriff des Integrated Reporting1) werden Berichterstattungskonzepte diskutiert, die anhand von quantitativen und qualitativen Leistungsindikatoren ein differenzierteres Bild der betrieblichen Wertschöpfungskette von Unternehmen zeigen können, als dies vor allem auf quantitativen und historischen Daten basierenden (Rechnungslegungs-)Standards möglich ist. Nichtfinanzielle Informationen werden daher immer intensiver ergänzend zu den Finanzkennzahlen genutzt, sowohl intern zu Steuerungszwecken als auch extern in der Unternehmenskommunikation. Damit wird eine Differenzierung über Transparenz, indem die Unternehmen ihre Corporate Social Responsibility (CSR) bewusst übernehmen und darüber berichten, verstärkt zur Selbstverständlichkeit.

Nichtfinanzielle Faktoren

Die zunehmende Berichterstattung in den Medien hat längst bei Kunden und Investoren zu einer Sensibilisierung für derartige Themenstellungen geführt. Neben der Einhaltung bereits bestehender gesetzlicher Vorgaben und Berichtspflichten, wie zum Beispiel im Rahmen des Lageberichts, wird gesellschaftliche Verantwortung für Unternehmen immer weniger eine Kann-Aufgabe, sondern inzwischen eine geforderte Selbstverpflichtung aus Sicht der Marktakteure. Daher verlangen Investoren, Lieferanten und Kunden verstärkt detailliertere Informationen über die Geschäftstätigkeit von Unternehmen. Davon wiederum hängt ihre Entscheidung ab, ob sie bei dem betreffenden Unternehmen investieren, Lieferbeziehungen mit diesem eingehen oder Produkte des Unternehmens kaufen beziehungsweise nutzen.

Unternehmensintern sind nichtfinanzielle Faktoren zudem zu immer wichtigeren Entscheidungskriterien erwachsen - wenn es beispielsweise um die Risikobetrachtung bei Lieferbeziehungen oder mögliche Reputationsrisiken geht. Eine erweiterte, umfassende Offenlegung nichtfinanzieller Informationen wird nun für große Unternehmen verpflichtend festgeschrieben. Für alle anderen kann sie als Chance der Differenzierung verstanden werden. Auch für die Mitarbeitergewinnung können derartige weiterführende Unternehmensinformationen eingesetzt und im zunehmenden "War for Talents" positiv angeführt werden. Schließlich wollen künftige Mitarbeiter wissen, welche Werte und Ethikgrundlagen ihr neuer Arbeitgeber vertritt.

Der Gesetzentwurf

Der Grundstein für eine nichtfinanzielle Berichterstattung ist mit der EU-Richtlinie 2014/95 vom 22. Oktober 2014 gelegt. Die sogenannte "Corporate Social Responsibility (CSR-) Richtlinie" wurde im EU-Amtsblatt am 15. November 2014 veröffentlicht und muss bis zum 6. Dezember 2016 in deutsches Recht umgesetzt werden. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat dazu einen Referentenentwurf zum Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten ("CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz") im März dieses Jahres vorgelegt.

Der Gesetzentwurf fordert von den betroffenen Unternehmen künftig eine nichtfinanzielle Erklärung, in der neben einer kurzen Beschreibung des Geschäftsmodells, Angaben zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung verpflichtend sind. Ein weiterer Aspekt gilt der Vielfalt in den Führungsgremien (Diversity). In die nichtfinanzielle Erklärung der Unternehmensführung soll nach dem Willen des Gesetzgebers auch ein Bericht über das jeweilige Diversitätskonzept, das heißt zum Beispiel über Maßnahmen zur Gewährleistung der Geschlechtergleichstellung, verpflichtend einfließen. Damit werden mit der CSR-Richtlinie Ansätze weiterentwickelt, wie sie bereits in den ersten Entwürfen der CRD-IV-Richtlinie im Ansatz zu erkennen waren.

Die EU-Kommission will mit ihrer Initiative die Transparenz der Sozial- und Umweltberichterstattung der Unternehmen aller Branchen in allen Mitgliedsstaaten auf ein vergleichbar hohes Niveau anheben. Die bisher geltende Freiwilligkeit war dazu nicht hinreichend: Lediglich rund 2 500 bedeutende europäische Unternehmen und damit weniger als zehn Prozent der Großunternehmen legten bislang Angaben zu sozialen Aspekten und umweltbezogene Informationen regelmäßig offen. Zumindest die größten Unternehmen sollten sich ihrer Verantwortung für die gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Geschäftsaktivitäten bewusst sein und darüber die Öffentlichkeit transparent informieren, so das Ziel der Kommission. "Die Angabe nichtfinanzieller Informationen ist nämlich ein wesentliches Element der Bewältigung des Übergangs zu einer nachhaltigen globalen Wirtschaft, indem langfristige Rentabilität mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz verbunden wird", so die Begründung vom Europäischen Parlament und Rat der Europäischen Union. Mit der Umsetzung der Richtlinie gehe es darum "Gefahren für die Nachhaltigkeit aufzuzeigen und das Vertrauen von Investoren und Verbrauchern zu stärken."

Änderungen im Handelsgesetzbuch

Um die Richtlinie umzusetzen sind umfassende Änderungen im Handelsgesetzbuch (HGB) erforderlich. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, diese Erklärung entweder in einem gesonderten Abschnitt des Lageberichts oder einem separaten Bericht zu veröffentlichen. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass dieser Bericht zusammen mit dem Lagebericht offengelegt wird oder - sofern der Lagebericht darauf Bezug nimmt - spätestens sechs Monate nach dem Stichtag und für mindestens zehn Jahre auf der Internetseite des betreffenden Unternehmens veröffentlicht wird.2)

Sofern ein gesonderter Bericht außerhalb des Lageberichts erstellt wird, muss dieser die inhaltlichen Vorgaben der Berichterstattung gemäß § 289c HGB-E erfüllen. Damit wird den ohnehin bereits von zahlreichen Unternehmen erstellten Corporate Social Responsibility Reports oder Nachhaltigkeitsberichten - beide Begriffe werden inzwischen synonym verwendet - Rechnung getragen.

Das Bundesumweltamt listet 233 Unternehmen und Organisationen in Deutschland auf, die bis 2015 auf freiwilliger Basis einen Nachhaltigkeitsbericht oder CSR-Bericht veröffentlicht haben. Weitere 1 207 Unternehmen und Organisationen in Deutschland mit 1 875 Standorten haben außerdem auf freiwilliger Basis eine EMAS-Umwelterklärung abgegeben. EMAS steht für das Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung, resultierend aus dem Englischen Eco-Management and Audit Scheme.

Da der deutsche Gesetzgeber in der Vergangenheit für Kapitalgesellschaften bereits vergleichbare gesetzliche Anforderungen3) an die Analyse der für die Geschäftstätigkeit bedeutsamen nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, die er für Konzernunternehmen und deren Lageberichtsdarstellung im DRS 20 konkretisiert, formuliert hat, bleibt abzuwarten, inwieweit die betroffenen Unternehmen hinsichtlich der neuen Anforderungen auf die bereits bewährte Berichterstattung zurückgreifen. In diesen Fällen wäre der Lagebericht um eine gesonderte Erklärung im Sinne der CSR-Richtlinie zu ergänzen und inhaltlich entsprechend den Vorgaben weiterzuentwickeln. Alternativ kann unter den oben genannten Voraussetzungen eine gesonderte Berichterstattung erfolgen, was voraussichtlich zu einer größeren Öffentlichkeitswirksamkeit führen dürfte.

Neben der verpflichtenden Erklärung ergeben sich wesentliche Neuerungen vor allem hinsichtlich des Kreises der von dieser erweiterten Berichtspflicht betroffenen Unternehmen. Diese ist nämlich nicht deckungsgleich zu den bereits bestehenden Reglungen im HGB. Darüber hinaus erweitert die CSR-Richtlinie die Berichtsanforderungen um einzelne neue Tatbestände, wie zum Beispiel die Angaben zur Diversität. Daneben gewinnen vor allem qualitative Angaben zur Umsetzung und Steuerung der nichtfinanziellen Leistungsindikatoren zunehmend an Bedeutung. Neben der vorrangig quantitativen Analyse dieser Indikatoren und deren Bedeutung für die interne Steuerung der Unternehmen liegt der Fokus verstärkt auf einer umfassenderen Beschreibung der von den betroffenen Unternehmen verfolgten Konzepte und angewandten Due-Diligence-Prozesse.

Die Frist zur Stellungnahme zum BMJV-Gesetzentwurf ist am 15. April abgelaufen. Im Sommer wird ein Regierungsentwurf erwartet. Die Neureglungen sollen danach für alle nach dem 1. Januar 2017 beginnenden Geschäftsjahre gelten, sodass die ersten verpflichtenden Erklärungen beziehungsweise gesonderten Berichte Anfang 2018 vorliegen werden. Damit wird unter Berücksichtigung der erforderlichen Datensammlung und -aufbereitung bereits ab 2017 erstmals eine umfassendere Regulierung der Berichterstattung hinsichtlich der Nachhaltigkeitsthemen in Deutschland vorgenommen.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Kleine und mittlere Unternehmen sollen von der neuen Pflicht ausdrücklich ausgenommen werden, um diese Gruppe nicht übermäßig mit zusätzlichen administrativen Hürden zu belasten. Die entstehenden Kosten für eine zusätzliche Berichtspflicht sollten einem angemessenen erwarteten Nutzen gegenüberstehen. Betroffen sind daher Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. An den berichtspflichtigen Unternehmen soll als zweites Kriterium ein "öffentliches Interesse" bestehen, so die Formulierung in der EU-Richtlinie, womit allerdings aufgrund der davon offenkundig abweichenden Definition nicht sogenannte Unternehmen öffentlichen Interesses (PIEs) entsprechend der EU-Richtlinie 2014/56 in Verbindung mit EU-Richtlinie 2006/ 43/EQ gemeint sind, die sich vorrangig mit der Reform des Abschlussprüferrechts beschäftigt.

Der aktuelle BMVJ-Entwurf hat die Anwendung für Deutschland konkretisiert. Nach anfänglichen Befürchtungen der Wirtschaft sind Kapitalgesellschaften nur davon erfasst, sofern sie groß im Sinne des § 267 Abs. 3 HBG (Bilanzsumme über 20 Millionen Euro; Umsatzerlöse über 40 Millionen Euro) und kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d HGB sind sowie im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Beschäftigte haben. Ebenfalls davon betroffen sind Kreditinstitute und Versicherungen, soweit sie tatsächlich groß im Sinne des § 267 Abs. 3 HGB sind und im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Mitarbeiter haben. Von der Anwendung der Regelung des § 340 Abs. 1 HGB, wonach Kreditinstitute grundsätzlich als große Kapitalgesellschaften zu klassifizieren sind, wurde in diesem Kontext unter anderem durch den Rückgriff auf die Beschäftigtenzahl als weiteres maßgebliches Kriterium bewusst abgesehen.

Der Kreis der betroffenen Unternehmen ist damit gegenüber den bisherigen Regelungen zur Analyse der für die Geschäftstätigkeit bedeutsamen nichtfinanziellen Leistungsindikatoren zwar weiter eingeschränkt worden; gleichwohl ist zu beachten, dass die bisherigen Regelungen durch die CSR-Richtlinie nicht außer Kraft gesetzt worden sind. Nicht börsennotierte, gemäß § 267 HGB große Kapitalgesellschaften mit einer Mitarbeiterzahl von weniger als 500 Mitarbeitern haben damit weiterhin die HGB-Anforderungen und - sofern es sich um einen Konzernabschluss handelt - den DRS 20 zu beachten, der im Übrigen eine entsprechende Ausstrahlungswirkung auch auf entsprechende Einzelabschlüsse hat und in der Praxis analog angewandt wird.

Obwohl nach derzeitigen Schätzungen die Mehrheit der Unternehmen von den Neuerungen der CSR-Richtlinie nicht unmittelbar betroffen ist, werden sie dennoch die Auswirkungen der Weiterentwicklung der Berichtsanforderungen und die damit verbundene verstärkte Auseinandersetzung mit den nichtfinanziellen Leistungsindikatoren spüren. Nach aktuellen Schätzungen werden insgesamt rund 6 000 Unternehmen und Organisationen innerhalb der Europäischen Union von den Neuerungen betroffen sein.4)

Durch Wettbewerb und höhere Anforderungen innerhalb von Lieferketten werden sich Unternehmen dem Thema Nachhaltigkeit zunehmend stellen müssen und somit auch eine freiwillige Berichterstattung in Betracht ziehen. Wettbewerbsvorteile und Reputationsgewinne können somit diejenigen erlangen, die freiwillig auf eine transparentere Berichterstattung setzen und nicht erst die verpflichtende Aufforderung dazu abwarten. Gesellschaftlich verantwortungsbewusst handelnde Unternehmen können damit in der öffentlichen Wahrnehmung und gegenüber ihren Stakeholdern ein Zeichen setzen. Experten gehen zudem davon aus, dass auch die Grenze von derzeit 500 langfristig auf die lang diskutierte Grenze von 250 Beschäftigten gesenkt werden könnte, womit es zu einer weiteren Angleichung an den Anwendungskreis der bisherigen HGB-Reglungen inklusive des DRS 20 käme.

Welche Inhalte sind gefordert?

Mit der EU-Richtlinie soll eine höhere Konsistenz und Vergleichbarkeit der offenzulegenden Informationen über alle Mitgliedsstaaten hinweg geschaffen werden. Dazu werden Angaben zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung von den berichtspflichtigen Unternehmen gefordert. Diese Aspekte wurden im derzeit vorliegenden Gesetzentwurf vollständig übernommen (siehe Abbildung 1, Seite 158). Die Unternehmen sollen ihre Konzepte zu diesen Themenfeldern beschreiben sowie die Ergebnisse und Risiken darlegen. Diese Ausführungen sollen den Lagebericht des Unternehmens ergänzen. Auch Due-Diligence-Prozesse, die das Unternehmen anwendet, sollen einbezogen werden. Sofern das Unternehmen keine Konzepte zu den vorgenannten Themen verfolgt, muss es dies begründen ("comply or explain") und kann auf eine Darstellung verzichten.

Im Gesetzentwurf findet sich zur Ausgestaltung die Einschränkung, dass diese Angaben nur dann in die nichtfinanzielle Erklärung aufgenommen werden müssen, soweit sie "für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage der Kapitalgesellschaft sowie der Auswirkungen ihrer Tätigkeit (...) erforderlich sind".5) Auch können Angaben laut dem aktuellen Gesetzentwurf von den Unternehmen unter bestimmten Bedingungen weggelassen werden. Dadurch sollen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der berichtenden Unternehmen geschützt und einer Interessenabwägung unterzogen werden.

Um die geforderten Angaben bereitzustellen, können sich die Unternehmen auf bereits bestehende nationale, europäische oder internationale Rahmenwerke für ihre Berichterstattung beziehen. Zu den europäischen Rahmenwerken zählt beispielsweise das Umweltmanagement- und -betriebsprüfungssystem (EMAS). Hinsichtlich internationaler Rahmenwerke gibt die EU-Richtlinie einige Beispiel vor (siehe Abbildung 2, Seite 160). Allerdings können auch weitere anerkannte internationale Rahmenwerke herangezogen werden. In der nicht finanziellen Erklärung muss allerdings benannt werden, welches Rahmenwerk genutzt wurde.

Bedeutung der Diversität

Der seit einigen Jahren gängige Begriff Diversity ist nun auch im deutschen Sprachgebrauch mit dem Begriff Diversität angekommen. Lateinisch "diversitas" geht es allgemein um Vielfalt, Unterschiedlichkeit oder Verschiedenartigkeit. Bezogen auf die Unternehmenswelt ist die Vielfalt in deren Leitungsgremien gemeint. Die Vielfalt in den Unternehmen zu nutzen bedeutet, unterschiedliche individuelle Eigenschaften, Haltungen, Kompetenzen und Einstellungen zu erkennen.

Seit Anfang der 1990er-Jahre hat sich mit dem sogenannten Diversity Management die Idee der Vielfalt auf die Unternehmen vor allem im Zusammenhang mit der interkulturellen Managementkompetenz herausgebildet. Ursachen werden in der Globalisierung, der alternden Gesellschaft und der Entwicklung zur sogenannten Stakeholder-Gesellschaft gesehen. Demnach sind die Ansprüche der strategisch relevanten Stakeholder-Gruppen an die Unternehmen gewachsen, die in zunehmend internationalen und damit multikulturellen Arbeitsumfeldern, in alternden Mitarbeiterstrukturen und internationalisierten Märkten agieren. Der Nutzen der Diversität für Teams liegt in der vernetzten Kompetenz und Wertschätzung unterschiedlicher Qualifikationen, Charaktere und anderer Eigenschaften.

Insofern ist es zweifellos folgerichtig, die Diversität in den Unternehmen zu stärken und zu fördern. Die von der Neuregelung betroffenen Unternehmen haben daher neben der Berichtspflicht über die nichtfinanziellen Angaben auch eine Beschreibung ihres Diversitätskonzepts bei der Besetzung ihrer Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane vorzulegen. Dies soll eingebettet werden in die Erklärung zur Unternehmensführung (heute: § 289a HGB; neu: §289f HGB-E). Aspekte dabei können beispielhaft Alter, Geschlecht, Bildungs- oder Berufshintergrund sein. Weiterhin sollen laut Gesetzentwurf Ziele dieses Diversitätskonzepts, Art und Weise der Umsetzung und der im Geschäftsjahr erreichten Ergebnisse dargelegt werden. Auch hierbei gilt: Kann ein Unternehmen kein derartiges Konzept vorweisen, ist auch dies zu erläutern. Daraus erwächst keine Verpflichtung zu deren Einführung.

Den Hintergrund dieser geforderten Angaben begründet die EU-Richtlinie wie folgt: "Vielfalt bei Sachverstand und Auffassungen der Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane von Unternehmen erleichtert ein gutes Verständnis der organisatorischen und geschäftlichen Angelegenheiten des betreffenden Unternehmens." Gleichgerichtetem und sogenanntem "Gruppendenken" solle damit vorgebeugt werden, heißt es in der Erklärung weiter. Ziele seien ein Beitrag zu einer erfolgreichen Führung des Unternehmens und einer wirksamen Kontrolle der Geschäftsleitung. Inwieweit durch eine zunehmende Transparenz der Diversitätskonzepte tatsächlich die Vielfalt in den Leitungsorganen - wie von der EU-Kommission angeführt - erhöht wird, muss die Praxis zeigen.

Prüfung und Sanktionen

Während gemäß § 317Abs. 2 HGB die Umsetzung der Berichtsanforderungen an den Lagebericht gemäß § 289 Abs. 3 HGB beziehungsweise § 315 Abs. 1 HGB in Verbindung mit DRS 20 auch weiterhin unmittelbarer Gegenstand der Jahresabschlussprüfung sind, sieht die CSR-Richtlinie hinsichtlich der nichtfinanziellen Erklärung gemäß § 289b HGB keine inhaltliche Prüfung vor. Das bedeutet: Im Gegensatz zu den bestehenden Anforderungen hat der Abschlussprüfer nicht zu bestätigen, inwieweit die Angaben mit dem Jahresabschluss sowie mit den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen des Abschlussprüfers in Einklang stehen und eine zutreffende Vorstellung von der Lage des Unternehmens geben. Er hat auch nicht darauf einzugehen, ob potenzielle Chancen und Risiken der künftigen Entwicklungen angemessen dargestellt werden. Es ist lediglich zu überprüfen, ob eine nichtfinanzielle Erklärung oder ein gesonderter Nachhaltigkeitsbericht vom Unternehmen vorgelegt wurde.

Der derzeitige Gesetzentwurf sieht jedoch auch vor, sofern aufgrund Veranlassung des betroffenen Unternehmens eine inhaltliche Prüfung der nichtfinanziellen Erklärung beziehungsweise des gesonderten nichtfinanziellen Berichts vorgenommen werden soll, der jeweilige Prüfer verpflichtet wäre, seinen Bericht über das Prüfungsergebnis mit der nichtfinanziellen Erklärung beziehungsweise dem gesonderten nichtfinanziellen Bericht gemeinsam öffentlich zugänglich zu machen.

Gerade Letzteres dürfte aufgrund der Außenwirkung eines solchen Prüfungsergebnisses und damit verbundener potenzieller, berufsrechtlicher Fragestellungen seitens der betroffenen Prüfer sehr kritisch gesehen werden. Warum die Prüfungspflicht entsprechender Angaben zu nichtfinanziellen Informationen bei großen, kapitalmarktorientierten Unternehmen hinter den Anforderungen an große, nichtkapitalmarktorientierte Unternehmen sowie kapitalmarktorientierte Unternehmen und Kreditinstitute unter 500 Mitarbeitern zurückbleibt, ist auf Anhieb ebenfalls nicht unmittelbar eingängig.

Im Hinblick auf die zum Teil zukunftsgerichteten und vor allem qualitativen Aussagen, die sich mangels eines klar definierten Soll-Objekts einer materiellen, inhaltlichen Überprüfung weitgehend entziehen ist das Ergebnis einer solchen Prüfung zum Teil schwer nachzuvollziehen und kann in der Regel nur eine allgemeine Würdigung darstellen. Wie der Berufsstand sowohl vor diesem Hintergrund als auch der bestehenden Regelungen zur Lageberichterstattung einschließlich des DRS 20 im Rahmen der Jahresabschlussprüfung umgehen wird, bleibt abzuwarten.

Unternehmen werden bei Verstößen gegen die Berichtspflichten hinsichtlich der nichtfinanziellen Informationen mit erheblichen zum Teil umsatz- sowie gewinnbezogenen Straf- und Bußgeldvorschriften rechnen müssen.

Transparenz erwünscht

Die Ausweitung der Berichtspflicht infolge der Umsetzung der CSR-Richtlinie um eine nichtfinanzielle Erklärung und ein Diversitätskonzept wird zu einer zunehmenden Offenlegung der nichtfinanziellen Leistungsfaktoren führen.

Durch das verstärkte öffentliche Interesse an Unternehmen - sei es als Investor, Kunde, Lieferant oder potenzieller Mitarbeiter - und eine oftmals bestehende Selbstverpflichtung der Unternehmen zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung sind die Auswirkungen nicht nur bei den direkt Betroffenen spürbar. Auch zu internen Steuerungszwecken ist eine Betrachtung dieser Faktoren für die Unternehmen sinnvoll.

Da in der Vergangenheit für Kapitalgesellschaften und insbesondere in Verbindung mit dem DRS 20 für den Konzernlagebericht bereits vergleichbare gesetzliche Anforderungen festgeschrieben wurden, bleibt die weitere Entwicklung der Berichts- und Prüfungspflicht abzuwarten. Eine zunehmende Angleichung der bestehenden Standards ist auch im Sinne des Transparenzziels der Neuregelungen sicherlich wünschenswert.

1) Vgl. u. a. Müller/Stawinoga; WPg 2016; S. 612ff.

2) Vgl. § 289b Abs. 3 HGB-E

3) Vgl. §§ 289 Abs. 3 HGB bzw. § 315 Abs. 1 HGB i.V.m. DRS 20 Tz. 101 ff.

4) Vgl. http://europa.eu/rapid/press-release_ STATEMENT-14-124_en.htm

5) Vgl. BMJV-Gesetzentwurf zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz): § 289c Inhalt der nichtfinanziellen Erklärung

DIE AUTOREN:

Marijan Nemet, Frankfurt/M., ist Partner/Wirtschaftsprüfer im Bereich Financial Services bei Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt in der Betreuung von Leasing- und Factoring-Gesellschaften sowie Retail- und Auslandsbanken.E-Mail: mnemet[at]deloitte[dot]deKati Eggert, Wiesbaden, ist als Verantwortliche für Unternehmenskommunikation langjährig in der Banken- und Leasing-Branche tätig. Zu ihren Themenschwerpunkten gehören insbesondere die Konzeption und Umsetzung von Geschäftsberichten, Kundenmagazinen sowie Buchprojekten.E-Mail: kati.eggert[at]outlook[dot]de

Marijan Nemet , Partner/Wirtschaftsprüfer im Bereich Financial Services bei Deloitte GmbH

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