LEASING

Bewertungsansatz beim Verkauf einer Leasing-Gesellschaft

Hintergrund und Auswirkungen für den Verkaufsprozess

Dr. Georg Gellissen, Foto: Kleiner Rechtsanwälte/Niels Schubert

Im Verkaufsprozess für Leasing-Gesellschaften ist das übliche Vorgehen bei der Unternehmensbewertung nur bedingt geeignet. Durch die leasingtypische asynchrone Aufwands- und Ertragsverteilung, die bilanzielle Auswirkungen zur Folge hat, sollten zur Bewertung von Leasing-Gesellschaften bewährte Schemata wie beispielsweise die Substanzwertberechnung eingesetzt werden. Der Beitrag beschreibt, worauf im Verkaufsprozess besonders zu achten ist. (Red.)

Die Vertragsbeziehung eines Leasing-Geschäfts (Beispiel: Leasing eines Autos durch den privaten oder gewerblichen Nutzer) ist typischerweise mit einer Vorleistung des Leasing-Gebers, regelmäßig einer Leasing-Gesellschaft, verbunden. Das Leasing-Objekt muss vom Leasing-Geber vorfinanziert werden. Erst anschließend überlässt der Leasing-Nehmer das Leasing-Objekt dem Leasing-Nehmer zur Nutzung und erhält als Gegenleistung die Leasing-Raten, meist über mehrere Jahre.

Typisch für das Vertragsverhältnis ist daher eine asynchrone Aufwands- und Ertragsverteilung, die bilanzielle Auswirkungen und letztlich noch weitere Folgen hat, zum Beispiel im Rahmen einer Bewertung der Leasing-Gesellschaft in einem Verkaufsprozess. Namentlich bei der Bewertung und bei der Gestaltung des Kaufvertrags zum Erwerb der Anteile an der Leasing-Gesellschaft ("Share Deal") oder der der Leasing-Gesellschaft gehörenden Vermögensgegenstände ("Asset Deal") bildet das Bilanzbild einer Leasing-Gesellschaft in vielen Fällen nicht den "realen Unternehmenswert" ab.

Mit dem üblicherweise herangezogenen Ertragswertverfahren gehen somit bei der Bewertung von Leasing-Gesellschaften Probleme einher, für deren Lösung es aber ein probates Mittel gibt: den Substanzwert. Dieser aus betriebswirtschaftlicher Sicht schon erschöpfend behandelte Begriff soll im Folgenden in den Verkaufsprozess einer Leasing-Gesellschaft eingeordnet werden.

Das Bilanzbild im Verkaufsprozess

Bei der Veräußerung der Anteile an einer Gesellschaft im Rahmen eines sogenannten "Share Deals" oder ihrer Vermögensgegenstände im Rahmen eines sogenannten "Asset Deals" spielt die Bilanz der Gesellschaft als Zielunternehmen der Transaktion in vielen Fällen eine entscheidende Rolle.

Zum einen richtet sich der Kaufpreis insbesondere im Rahmen eines "Share Deals" in vielen Fällen nach einer in der Bilanz enthaltenen Kennziffer (zum Beispiel einem verhandelten Multiplikator des EBIT1) ). Grund hierfür ist, dass im Rahmen eines "Share Deals" das Unternehmen an sich unangetastet bleibt und lediglich der Inhaber des Unternehmens (genauer: der Anteile der Gesellschaft) wechselt. Die in der Gesellschaft vorhandenen Chancen und Risiken gehen damit im Umfang der Anteilsübernahme durch den Käufer auf diesen über. Diese Chancen und Risiken kann man - zumindest zu einem gewissen Grad - aus den Jahresabschlüssen einer Gesellschaft ablesen, weswegen die Unternehmensbewertung sich ganz wesentlich hierauf stützt.

Zum anderen enthalten die Kaufverträge standardmäßig aus diesem Grund sogenannte Bilanzgarantien, bei denen garantiert wird, dass die Bilanz beziehungsweise der Jahresabschluss des Zielunternehmens in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Wahrung der Bewertungs- und Bilanzkontinuität erstellt wurde und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt.

Für beide äußerst relevanten Einfallstore der Bilanz beziehungsweise des gesamten Jahresabschlusses spielt daher eine wesentliche Rolle, dass und ob die Bilanz ein zutreffendes Bild der wirtschaftlichen Lage der betreffenden Unternehmung vermittelt. Das ist, wie sich noch zeigen wird, bei Leasing-Gesellschaften aus bilanzrechtlichen Gründen nur bedingt der Fall.

Bilanzielle Besonderheiten im Leasing

Die zukünftig zu erwartenden Leasing-Raten des Leasing-Nehmers stellen einen geschäftlichen Erfolg des Leasing-Gebers dar. Mit der Vorfinanzierung des Leasing-Objekts und dem Abschluss des Leasing-Vertrags hat der Leasing-Geber den geschäftlichen - oder auch betriebswirtschaftlichen - Erfolg der Unternehmung bereits entscheidend vorgezeichnet.

Diesen zu erwartenden Erfolg spiegelt die Bilanz einer Leasing-Gesellschaft allerdings aus zwei Gründen nicht wieder: Die im Wege des Leasings genutzten Leasing-Objekte (Beispiel: Autos) ersetzen weitgehend das betriebsnotwendige Anlagevermögen. Zeigt die Bilanz diese Leasing-Objekte nicht, was regelmäßig zum Beispiel beim sogenannten Finanzierungs-Leasing der Fall sein wird, ist aus der Bilanz ein wesentlicher Teil des arbeitenden "Gesellschaftskapitals" nicht ersichtlich.

Noch schwerwiegender kann sich der zweite Grund auswirken, weshalb er besonders hervorzuheben ist: Die zukünftigen Zahlungsströme werden als "unrealisierte Erträge" nach den in Deutschland geltenden Bilanzierungsregeln (strenges Realisationsprinzip) nicht bilanziert. Dies ist die eingangs erwähnte asynchrone Aufwands- und Ertragsverteilung. Dieser Umstand führt dazu, dass der Jahresabschluss einer Leasing-Gesellschaft und hier insbesondere die Gewinn- und Verlustrechnung sowie das Eigenkapital in der Regel nicht den tatsächlichen Erfolg des erfassten Zeitraums wiedergeben. Leasing-Gesellschaften weisen daher typischerweise auch eine niedrige Eigenkapitalquote auf.

Die oben dargestellten Grundsätze zum Einfluss des Bilanzbilds einer Gesellschaft auf den Verkaufsprozess sind damit auf Leasing-Gesellschaften nur modifiziert anzuwenden. Eines der wesentlichen Ziele der Bilanzierungsvorschriften, nämlich ein zutreffendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einer Gesellschaft zu geben, wird bei Leasing-Gesellschaften systembedingt verfehlt.

Die Bewertung einer Leasing-Gesellschaft in einem Verkaufsprozess (und im Übrigen auch im sonstigen Geschäftsverkehr, zum Beispiel gegenüber (Re-)Finanzierungspartnern wie Banken) muss daher anderen oder zusätzlichen Regeln folgen als den üblichen. Die Rechnungslegungsvorschriften, insbesondere des Handelsgesetzbuches (HGB), bieten hierfür nur wenig Hilfestellung: Die Regelungen sind für Leasing-Gesellschaften und andere Gesellschaften dieselben.

Auswirkungen auf die Bewertung

Um ein der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Leasing-Gesellschaft entsprechendes Bild zu erhalten, hat der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e. V. (BDL) daher ein seit langer Zeit etabliertes Schema entwickelt, mit dem der sogenannte Substanzwert (= "realer Wert" oder "Marktwert") einer Leasing-Gesellschaft ermittelt wird (Das Schema zur Substanzwertrechnung unter HGB kann finden Sie hier).

Der Substanzwert umfasst nach diesem Schema - vereinfacht dargestellt - den realen Unternehmenswert und damit auch die noch nicht realisierten und nicht bilanzierten zukünftigen Erträge (nicht abgetretene Leasing-Forderungen und gegebenenfalls nicht abgetretene Restwertzahlungen am Vertragsende) aus den abgeschlossenen Leasing-Verträgen. Dem in der Bilanz ausgewiesenen Eigenapital ist hierzu der Barwert zukünf tiger Erträge hinzuzuzählen. Abzuziehen sind von dieser Summe die zukünftigen, mit den Leasing-Verträgen zusammenhängenden Aufwendungen (Betreuung und Abwicklung des Vertragsverhältnisses). Da nicht realisierte Aufwendungen und Erträge berücksichtigt werden, deren Realisation noch nicht gesichert beziehungsweise mit einem gewissen Risiko behaftet ist, werden weiterhin Risikoabschläge gemacht.

Substanzwert als realer Unternehmenswert

Zusätzlich stehen zwei grundlegend unterschiedliche Berechnungsmethoden zur Verfügung: die Nettomethode sowie die Bruttomethode. Während bei der Nettomethode die Barwerte der Aufwendungen und Erträge erfasst werden, sind bei der Bruttomethode die nominellen Werte in die Berechnung aufzunehmen, allerdings korrigiert um Zinserträge und -aufwendungen (Zeitwert).

Zusammengefasst richtet die Substanzwertberechnung ihren Blick in die Zukunft von Leasing-Gesellschaften und stellt daher eine Art "Zukunftsrechnung" dar, in der, einfach gesagt, die einzelnen Vertragsverhältnisse bis zu ihrem jeweiligen Vertragsende durchgerechnet werden.

Zur Substanzwertberechnung an sich und ihrem Nutzen als Bewertungsmethode und internes Steuerungsinstrument gibt es eine Vielzahl von Veröffentlichungen, sodass von einer weiteren, tiefer gehenden Darstellung an dieser Stelle abgesehen wird.

Auswirkungen auf den Verkaufsprozess

Für den Verkäufer einer Leasing-Gesellschaft wird die Höhe des Kaufpreises ein entscheidender, wenn nicht gar der entscheidende Faktor des gesamten Verkaufsprozesses sein. Maßgeblich für sie ist der Unternehmenswert, der regelmäßig höher liegen wird als aus den Jahresabschlüssen einschließlich der aufgestellten Bilanz herauszulesen ist.

Für einen professionellen und thematisch bewanderten Käufer aus der Branche wird der "Substanzwert" in der Regel ein Begriff und seine Bedeutung bekannt sein; gesichert ist dies allerdings nicht. Aber auch dann wird er anhand der ihm zugänglichen Daten in der Regel nicht abschätzen können, wie hoch der Substanzwert einer Leasing-Gesellschaft ist. Er wird allenfalls eine ungefähre Vorstellung haben, die sein Interesse am Erwerb der Leasing-Gesellschaft geweckt hat.

Der gut informierte Verkäufer einer Leasing-Gesellschaft sollte daher vermitteln können, warum eine Unternehmensbewertung anhand der Jahresabschlüsse der Leasing-Gesellschaft nicht (allein) ausschlaggebend sein kann. Er wird deshalb unmittelbar zu Beginn des Verkaufsprozesses den Substanzwert seiner Leasing-Gesellschaft zu ermitteln haben und als "reale Unternehmensbewertung" in den Verkaufsprozess einfließen lassen.

Soweit es seine Geheimhaltungsinteressen zulassen, ist zudem auch zu empfehlen, die Berechnung des Substanzwerts inklusive der zugrunde liegenden Annahmen (zum Beispiel hinsichtlich der Höhe der Risikoabschläge für noch nicht realisierte Erträge) gegenüber dem Käufer offenzulegen. Dies sollte spätestens dann möglich sein, wenn der Verkäufer ohnehin bereit ist, die Jahresabschlüsse der letzten Jahre gegenüber dem Käufer offenzulegen. Dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen dienen zudem besondere Geheimhaltungsvereinbarungen, welche die Parteien üblicherweise vor dem Austausch von vertraulichen Informationen unterzeichnen.

Den realen betriebswirtschaftlichen Erfolg in einem definierten Zeitraum (etwa in einem Geschäftsjahr) wird der Verkäufer gegenüber dem Käufer überhaupt nur darstellen können, wenn er den Substanzwert fortlaufend und für jeden Zeitpunkt bestimmt hat. Dann ist er in der Lage, den Substanzwert zu einem bestimmten Stichtag (etwa dem Beginn des Verkaufsprozesses) mit dem Substanzwert eines anderen Stichtages (etwa dem 31. Dezember des Vorjahres) zu vergleichen. Mithilfe einer Gewinn- und Verlustrechnung für den entsprechenden Zeitraum lässt sich sodann der betriebswirtschaftliche Erfolg darstellen: Dieser ist nämlich die Summe aus der Substanzwertveränderung im relevanten Zeitraum und dem Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung für denselben Zeitraum.

In jedem Fall ist es empfehlenswert, die Basis für die zutreffende Unternehmensbewertung unmittelbar zu Beginn des Verkaufsprozesses festzulegen. Sonst gehen beide Parteien des Verkaufsprozesses unter Umständen von unterschiedlichen Voraussetzungen für die Unternehmensbewertung aus und finden womöglich bei dem für beide Parteien wesentlichen Thema nicht mehr zueinander. Unvereinbare Vorstellungen über den "richtigen" Kaufpreis führen zum Scheitern der Transaktion. Die Unternehmensbewertung (der Marktwert) stellt aber das wesentliche objektive Kriterium zur Ermittlung des Kaufpreises dar, während andere, eher subjektiv einzuordnende Kriterien wie zu erwartende Synergie- und Strategieeffekte die objektive Unternehmensbewertung lediglich ergänzen.

Der Verkäufer einer Leasing-Gesellschaft sollte zudem stets bedenken, dass der Käufer regelmäßig eine Bilanzgarantie verlangen wird. Wenn und soweit die Unternehmensbewertung auf Grundlage einer Substanzwertberechnung stattfindet, wird der Käufer zudem in vielen Fällen auch (zusätzliche) Garantien zu dieser Berechnung verlangen. Entsprechend den im Rahmen einer Bilanzgarantie üblichen Regelungen, nach denen zugesichert wird, dass der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt, wird dies in vielen Fällen auch für die Substanzwertberechnung verlangt werden. Dementsprechend sollte Wert darauf gelegt werden, die Substanzwertberechnung mit der erforderlichen Sorgfalt und so korrekt wie möglich zu erstellen. Änderungen im Laufe des Verkaufsprozesses aufgrund von Ungenauigkeiten oder Fehlern würden genauso unprofessionell wirken wie die Änderung eines festgestellten oder jedenfalls aufgestellten Jahresabschlusses. Letzterer wird regelmäßig als feststehend in den Verkaufsprozess eingebracht und sein Inhalt im Rahmen der Bilanzgarantie zugesichert. Gleiches wird ein Käufer regelmäßig auch im Hinblick auf die Substanzwertberechnung erwarten (dürfen).

Auswirkungen auf den Kaufvertrag

Wie dargestellt gibt es vor allem zwei wesentliche Einfallstore im Kaufvertrag für den Substanzwert und seine Berechnung: den Kaufpreis und die Garantie des Verkäufers für die jenem zugrunde liegende Substanzwertberechnung.

Beim Kaufpreis beziehungsweise der Kaufpreisformel sind einige Dinge zu beachten: Sind sich die Parteien über die Unternehmensbewertung und die zukünftige Ertragskraft der Leasing-Gesellschaft weitestgehend einig, kommt die Vereinbarung eines feststehenden Kaufpreises in Betracht. In diesem Fall wird der Kaufvertrag einen festen, bei Unterschrift exakt definierten Kaufpreis enthalten. Die Entwicklung der Leasing-Gesellschaft in der Zukunft spielt dann für den Kaufpreis keine Rolle mehr (allerdings für eine seitens des Verkäufers abgegebene Garantie für die Richtigkeit der Substanzwertberechnung, siehe unten).

In vielen Fällen wird der Käufer der Leasing-Gesellschaft allerdings Wert darauf legen, dass er nur einen Teil des letztlich geschuldeten beziehungsweise vereinbarten Kaufpreises unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags zu zahlen hat. Dann wird er nur den Teil als sogenannten "vorläufigen Kaufpreis" zahlen wollen, den er selbst bei sehr pessimistischer Geschäftserwartung zu zahlen bereit gewesen wäre. Der Verkäufer möchte wiederum auch hier möglichst bald nach Vertragsunterzeichnung einen Großteil des vollständigen Kaufpreises ausbezahlt bekommen.

Je aussagekräftiger und belastbarer die Unternehmensbewertung auf Grundlage der seitens des Verkäufers erstellten Substanzwertberechnung ist, desto eher wird sich der Verkäufer auf einen großzügigen "vorläufigen Kaufpreis" oder sogar auf die Regelung RZ-NL-ANZ-2019-Zeit-1-2-FLF.qxp_Layout 1 06.06.19 09:49 Seite 1 eines feststehenden Kaufpreises einlassen. Hierfür wird natürlich nicht nur die Qualität der Substanzwertberechnung ausschlaggebend sein, sondern auch die sonstigen Ergebnisse einer üblichen Unternehmensprüfung hinsichtlich bestehender Unternehmensrisiken ("Due Diligence").

Zusätzlich zur Zahlung des "vorläufigen Kaufpreises" wird zur Sicherung der weiteren Kaufpreisansprüche des Verkäufers in vielen Fällen die Einzahlung eines weiteren Kaufpreisteils als "Sicherheitseinbehalt" auf ein Treuhandkonto vereinbart. In Betracht kommen auch andere Sicherheiten wie Bankbürgschaften oder ähnliches. Wesentlich ist aber, dass dieser weitere Kaufpreisteil zusammen mit dem "vorläufigen Kaufpreis" den sogenannten endgültigen Kaufpreis darstellt. Dieser "endgültige Kaufpreis" wird in vielen Fällen mit einem Berechnungsmechanismus im Kaufvertrag unterlegt, der an eine verbindliche Stichtagsbilanz anknüpft. Ausgehend von einem feststehenden Kaufpreisbestandteil werden dann weitere Beträge hinzugerechnet oder abgezogen, wie zum Beispiel Finanzverbindlichkeiten, Barvermögen oder auch das Über- oder Unterschreiten des Netto-Umlaufvermögens, jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt. Stets entscheidend ist aber die Berechnung auf Grundlage einer verbindlichen Stichtagsbilanz.

Soweit allerdings die Unternehmensbewertung anhand einer Substanzwertberechnung stattgefunden hat, dürfte die Bedeutung der bilanziellen Auswirkungen auf den "endgültigen Kaufpreis" zurückgehen. Relevanter werden die Entwicklungen der Aufwands- und Ertragszahlen für vereinbarte Zeitpunkte im Vergleich zu den in der Substanzwertberechnung enthaltenen Annahmen. Entscheidend dürfte in vielen Fällen auch sein, ob die in der Berechnung enthaltenen Risikoabschläge im zutreffenden Bereich liegen. Der Verkäufer hat demnach auch diesbezüglich ein Interesse daran, bei der Substanzwertberechnung so genau und konkret wie möglich vorzugehen. Die zugrunde gelegte Substanzwertberechnung wird zudem regelmäßig als maßgebliche Bezugsgröße dem Kaufvertrag als Anlage beigefügt werden. Getroffene Annahmen und sonstige Punkte, die in die Substanzwertberechnung eingeflossen sind, müssen besonders beschrieben werden, soweit sie nicht unmittelbar aus der Substanzwertberechnung abgeleitet werden können.

Garantien im Kaufvertrag

Auch im Hinblick auf die Bilanzgarantie beziehungsweise die (zusätzliche) Garantie für die Substanzwertberechnung sind mehrere Punkte zu beachten.

Bei der üblicherweise abgegebenen Bilanzgarantie ist zu erwarten, dass diese trotz einer Unternehmensbewertung auf Grundlage einer Substanzwertberechnung in den meisten Fällen beibehalten wird. Die in den Jahresabschlüssen enthaltenen Kennzahlen bleiben für den Käufer trotz Bewertung der Leasing-Gesellschaft anhand einer Substanzwertberechnung interessant. Dies folgt schon aus der Tatsache, dass der Jahresabschluss nicht vollkommen losgelöst von der Substanzwertberechnung ist. Vielmehr ergänzen sich die beiden Darstellungen und ergeben ein Gesamtbild für den Käufer. Das Interesse des Käufers, dieses Gesamtbild als zutreffend garantiert zu bekommen, ist offensichtlich.

Daneben wird der Käufer, wie schon erwähnt, im Fall der Unternehmensbewertung und damit der Kaufpreisfindung auf Grundlage einer Substanzwertberechnung auch für diese entsprechende Garantieregelungen verlangen. Insbesondere wird der Käufer eine Garantie im Hinblick darauf verlangen, dass die in der Substanzberechnung enthaltenen Zahlen (insbesondere Aufwände und Erträge) zutreffen.

Für den Fall, dass sich die in der Substanzwertberechnung enthaltenen Zahlen als nicht zutreffend erweisen (also zu optimistisch waren; es handelt sich schließlich um zukünftiges Zahlenmaterial), wird der Verkäufer darauf zu achten haben, dass dies nicht doppelt zu seinen Lasten geht. Da die Unternehmensbewertung und damit der vereinbarte Kaufpreis auf die Substanzwertberechnung zurückzuführen sind, darf sich ein Abweichen von den in der Berechnung enthaltenen Zahlen in der Regel nicht sowohl in der Kaufpreisformel (als Minderung des "endgültigen Kaufpreises") als auch als Garantieverletzung (mit entsprechenden Rechtsfolgen wie insbesondere Schadensersatzansprüchen des Käufers) auswirken. Jedenfalls dann, wenn von Annahmen abweichende zukünftige Zahlungsströme über Kaufpreismechanismen Auswirkungen auf den "endgültigen Kaufpreis" haben sollen, sollten die Abweichungen aus Verkäufersicht nicht zusätzlich zu einer Garantieverletzung und entsprechenden Rechtsfolgen führen.

Ein wesentlicher Punkt wird regelmäßig auch der Zeitpunkt sein, auf den die Garantieerklärung abgegeben wird. Während der Käufer die Garantieerklärung des Verkäufers gerne sowohl auf den Unterzeichnungstag des Kaufvertrags ("Signing") als auch auf den späteren Vollzugstag ("Closing") bezogen wissen will, ist es für den Verkäufer vorteilhaft, lediglich auf den Zeitpunkt des "Signings" zu garantieren. Das insoweit schon in "normalen" Kaufverträgen angelegte Diskussionspotenzial zwischen den Parteien kann in Kaufverträgen über Leasing-Gesellschaften besonderes Gewicht erhalten. Denn der Verkäufer garantiert die Richtigkeit von Zahlen, die sich erst in der Zukunft beweisen müssen. Diese können zum Zeitpunkt des "Signings" noch zutreffend sein, sich jedoch schon im Zeitpunkt des "Closings" als überholt und daher unzutreffend herausstellen. Hier kommt es auf die genaue Formulierung des Zeitpunkts und der Garantieerklärung an.

Zuletzt spielt in Kaufverträgen auch immer eine Rolle, ob eine Garantieerklärung "objektiv" oder "subjektiv" abgegeben worden ist. Während im ersten Fall schon ein objektives Abweichen von dem garantierten Zustand für das Vorliegen einer Garantieverletzung ausschlaggebend ist, muss bei einer subjektiven Garantie neben dem objektiven Abweichen auch noch eine Kenntnis des Verkäufers oder ähnliches vorliegen - je nach Ausgestaltung der subjektiven Garantie im Kaufvertrag. Der Käufer wird weitgehend auf objektiven Garantien bestehen, während der Verkäufer versuchen könnte, einige Garantien nur subjektiv abzugeben. Die Substanzwertberechnung wird in der Regel objektiv garantiert werden müssen. Bereits Bilanzgarantien werden üblicherweise objektiv abgegeben, da der Jahresabschluss vom Verkäufer beziehungsweise der ihm gehörenden Leasing-Gesellschaft aufgestellt wird. Auch die Substanzwertberechnung wird in der Sphäre des Verkäufers erstellt, sodass der Käufer in der Regel auch hier auf einer objektiven Garantie beharren wird.

Besonderheit für Leasing-Gesellschaften

Das übliche Vorgehen bei der Unternehmensbewertung im Rahmen eines Verkaufsprozesses ist für Leasing-Gesellschaften nur bedingt geeignet. Zur Bewertung von Leasing-Gesellschaften werden aus diesem Grund seit langem bewährte Schemata verwendet, nach denen der sogenannte Substanzwert errechnet wird. Dieser liegt in der Regel deutlich über dem Unternehmenswert, der sich aus der alleinigen Betrachtung der Bilanzzahlen ergeben würde.

Die Unternehmensbewertung auf Grundlage des Substanzwertes führt im gesamten Verkaufsprozess zu einigen Besonderheiten. Hierbei werden die Diskussionen zwischen den Parteien vor allem um die Einzelheiten der Unternehmensbewertung, den Kaufpreis sowie die Garantien kreisen. Diese Besonderheiten muss vor allem der Verkäufer einer Leasing-Gesellschaft von Anfang an und über den gesamten Verkaufsprozess beachten. Sie müssen schließlich auch im Kaufvertrag selbst sorgfältig umgesetzt werden.

Fußnote

1) EBIT: Earnings before Interest and Taxes.

DR. GEORG GELLISSEN ist Rechtsanwalt bei Kleiner Rechtsanwälte, Düsseldorf, mit Büros in Stuttgart, Mannheim und Düsseldorf. Er berät überwiegend im Gesellschaftsrecht sowie beim Kauf und Verkauf von Unternehmen. Weitere Schwerpunkte der Kanzlei sind Bank- und Leasing-Recht, IT-Recht sowie moderne Vertriebsformen.
 
DR. FREDERIC DACHS, LL.M. ist Rechtsanwalt bei Kleiner Rechtsanwälte, Stuttgart, und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Einer seiner Beratungsschwerpunkte liegt bei der Finanzierung von Unternehmen, vor allem beim Kauf und Verkauf von Beteiligungen.
Dr. Georg Gellissen, , Rechtsanwalt bei Kleiner Rechtsanwälte, Düsseldorf
Dr. Frederic Dachs , Corporate & Compliance Counsel bei Coperion K-Tron (Schweiz) GmbH, Zürich

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