LEASING

Compliance und Organhaftung im Leasing-Geschäft

Über die Minimierung von Haftungsrisiken

Dr. Georg Gellissen, Foto: Kleiner Rechtsanwälte

Die Geschäftsführer von Leasing-Gesellschaften sehen sich durch das Zusammenspiel von Organhaftung und hohen regulatorischen Anforderungen mit komplexen Haftungsfragen konfrontiert. Eine strukturierte Vorgehensweise hilft, Risiken möglichst gering zu halten. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Ressortaufteilung gelegt werden. Doch auch diese schützt nicht vor gegenseitiger Kontrolle und Gesamthaftung. Ein Beitrag über die vielschichtigen und komplexen Haftungspflichten in der Chefetage einer Leasing-Gesellschaft. (Red.)

Viele Leasing-Gesellschaften in Deutschland sind als GmbH organisiert, bei denen in den letzten Jahren regelmäßig Geschäftsführer aufgrund von Pflichtverletzungen eines oder meist mehrerer (ehemaliger) Geschäftsführer in Haftung genommen wurden (sogenannte Organhaftung). Sich als Geschäftsführer hiergegen erfolgreich zu verteidigen, ist oft schwierig und die Beweislage häufig dünn. Eine erfolgreiche Verteidigung beginnt daher bereits bei der Ausgestaltung und ausreichenden Dokumentation der Geschäftsführung.

Die Geschäftsführer einer GmbH leiten die Geschäfte der Gesellschaft in eigener Verantwortung und sind dabei neben den gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich nur den Weisungen der Gesellschafterversammlung, also quasi den "Eigentümern" der GmbH, unterworfen.

Das Leasing-Geschäft unterscheidet sich rechtlich mit Blick auf die Geschäftsführung nicht maßgeblich von der Geschäftsführung anderer GmbHs. Es ist allerdings vielschichtig und hält für die jeweiligen Geschäftsführer, von denen die wenigsten einen juristischen Hintergrund haben, diverse Fallstricke juristischer oder tatsächlicher Art bereit. Zunächst warten Leasing-Geschäftsmodelle meist mit komplizierten Vertragskonstruktionen auf. So kommt neben der Vertragsbeziehung zwischen Leasing-Nehmer und Leasing-Geber sowie zwischen Leasing-Geber und beispielsweise Verkäufer oft noch die im Rahmen der Refinanzierung notwendige Beziehung zur Bank zur Forfaitierung der Leasing-Forderungen hinzu. Diese komplexen Vertragsbeziehungen auf mehreren Seiten machen das Leasing-Geschäft anfällig für Fehler oder sogar Manipulationen, was sich auch nach dem großen Flowtex-Skandal mehrfach gezeigt hat.

Als ob dies noch nicht genug wäre, tritt für Leasing-Gesellschaften noch ein wesentlicher Aspekt hinzu, der die Geschäftsführung in einer Leasing-Gesellschaft besonders anspruchsvoll macht: Die Regulierung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als Aufsichtsbehörde. Leasing-Gesellschaften unterliegen hohen regulatorischen Anforderungen, so zum Beispiel denen der §§ 25a ff. Kreditwesengesetz (KWG) und den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (BA) (MaRisk (BA)) zur Implementierung und Aufrechterhaltung von geeigneten Risikomanagement- und Controllingsprozessen. Geschäftsführer von Leasing-Gesellschaften müssen damit hohe fachliche und persönliche Anforderungen erfüllen.

Der Fokus dieses Beitrags liegt allerdings nicht im Bereich der bankenrechtlichen Vorschriften und relevanten regulatorischen Vorschriften. Vielmehr stellt er die allgemeinen Pflichten des Geschäftsführers und die damit verbundene Haftungsproblematik in den Mittelpunkt.

Auch um den beschriebenen hohen Anforderungen an Geschäftsführer gerecht zu werden, besteht die Geschäftsführung in Leasing-Gesellschaften regelmäßig aus mehreren Personen. Dies ist schon deshalb erforderlich oder jedenfalls empfehlenswert, um die gesetzlich vorgesehene Trennung zwischen Markt und Marktfolge auch auf der Ebene der Geschäftsführung zu gewährleisten.

Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung

Besteht die Geschäftsführung einer Leasing-Gesellschaft in der Rechtsform der GmbH aus mehreren Personen, so sind nach dem gesetzlichen Leitbild von § 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) sämtliche Geschäftsführer nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt und auch nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft gegenüber Dritten berechtigt. In der Praxis hingegen wird in Abweichung vom gesetzlichen Grundsatz vielen Geschäftsführern Einzelvertretungsmacht erteilt. Dies erhöht auf der einen Seite die Effizienz der Abläufe, da Entscheidungen nicht nur schnell getroffen, sondern auch schnell um gesetzt werden können, ohne einen Mitgeschäftsführer konsultieren zu müssen. Auf der anderen Seite birgt die Einzelvertretungsbefugnis auch stets das Risiko, missbraucht zu werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn mit der Einzelvertretungsberechtigung zusätzlich eine (vollständige oder teilweise) Befreiung von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erteilt wird, der Geschäftsführer also berechtigt ist, die Leasing-Gesellschaft bei Rechtsgeschäften mit einem von ihm vertretenen Dritten oder gar bei Rechtsgeschäften mit sich selbst zu vertreten.

Die MaRisk (BA) sieht dabei parallel zum gesetzlichen Grundsatz des GmbHG bereits vor, dass alle Geschäftsleiter im Sinne von § 1 Abs. 2 KWG, unabhängig von der internen Zuständigkeitsregelung, für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und deren Weiterentwicklung verantwortlich sind. Diese Gesamtverantwortung bezieht sich unter Berücksichtigung ausgelagerter Aktivitäten und Prozesse auf alle wesentlichen Elemente des Risikomanagements. Die Geschäftsleiter werden dieser Verantwortung nur gerecht, wenn sie - im Grundsatz jeder für sich - die Risiken beurteilen können und die erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Begrenzung treffen. Interessant daran ist, dass sich diese Anforderungen vor allem auf das operative Geschäft beziehen und gerade keine Regelungen in Bezug auf die internen Zuständigkeitsregelungen getroffen werden.

Trotz des Grundsatzes der Gesamtgeschäftsführung ist eine organinterne Aufgabenteilung (Ressortaufteilung) zulässig und sowohl für die Geschäftsführer als auch für die Gesellschaft sinnvoll. Dies geschieht in der Regel auf Grundlage eines Geschäftsverteilungsplans.

Aufteilung der Geschäftsführung in Ressorts

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist eine solche Aufgabenteilung stets geboten, ab einer bestimmten Unternehmensgröße gar unerlässlich, um die Funktionsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten. Die zeitlichen Kapazitäten und die Fachkompetenz eines Geschäftsführers sind beschränkt. Ihm ist es unmöglich, sich mit allen anfallenden Angelegenheiten des Unternehmens zu befassen. Die Festlegung von Geschäftsführungsressorts erleichtert die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung. Durch sie können klare Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche geschaffen werden. Die Fachkompetenz eines jeden Geschäftsführers kann gezielt eingesetzt werden.

Bei der Aufstellung eines Geschäftsverteilungsplans und damit einer Ressortaufteilung sind verschiedene Aspekte zu beachten. Zuständig für die Erstellung eines Geschäftsverteilungsplans ist in erster Linie die Gesellschafterversammlung als oberstes Organ der Gesellschaft. Nur wenn diese untätig bleibt oder der Geschäftsführung die interne Aufteilung sogar ausdrücklich überlässt, kann die Geschäftsführung im Einvernehmen aller Geschäftsführer eine entsprechende Ressortaufteilung beschließen.

Voraussetzungen wirksamer Ressortaufteilungen

Die Anforderungen an eine wirksame Ressortaufteilung sind vielfältig. Bei der Aufteilung der Geschäftsführungsaufgaben muss klar und eindeutig bestimmt werden, wer welche konkrete Aufgabe wahrnimmt. Es muss sichergestellt werden, dass der jeweilige Verantwortliche für die Erledigung der ihm zugewiesenen Geschäftsführungsaufgaben fachlich und persönlich geeignet ist. Zudem muss die Gesamtverantwortung der Geschäftsführung, insbesondere für nicht delegierbare Angelegenheiten, gewahrt bleiben. Zu den nicht delegierbaren Angelegenheiten gehören etwa die Insolvenzantragspflicht, die Meldepflicht gegenüber dem Handelsregister oder bestimmte steuerliche Pflichten nach der Abgabenordnung (AO).

Es bedarf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) keiner schriftlichen Fixierung der Ressortaufteilung. Auch eine ausdrückliche Absprache ist nicht zwingend erforderlich. Es steht den Geschäftsleitern frei, eine mündliche Vereinbarung über die Geschäftsverteilung zu treffen. Sie kann auch auf einer faktischen Arbeitsteilung oder einer stillschweigenden Übereinkunft beruhen. Eine Verteidigung gegen von der Gesellschaft geltend gemachte Haftungsansprüche allein auf der Grundlage einer mündlichen oder gar rein faktischen/tatsächlichen Geschäftsverteilung bringt den Geschäftsführer im Haftungsfall allerdings regelmäßig in akute Beweisnot. Die Erfahrung zeigt, dass Haftungsprozesse in Konstellationen, in denen kein schriftlicher Geschäftsverteilungsplan vorliegt, regelmäßig zulasten des Geschäftsführers ausgehen. Bereits aus zivilrechtlicher Sicht ist demnach eine schriftliche Fixierung der Geschäftsverteilung empfehlenswert. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verlangt hingegen sogar eine eindeutige und schriftliche Fixierung der Geschäftsverteilung, um die persönliche Haftung der Geschäftsführer gemäß §§ 34, 69 Satz 1 AO zu beschränken.

Vor diesem Hintergrund und um im Streitfall eine klare und eindeutige Aufgabenverteilung nachweisen zu können, ist eine schriftliche Dokumentation der Ressortaufteilung dringend anzuraten. Zugleich birgt eine nicht ausdrückliche und schriftlich festgehaltene Aufgabenverteilung die Gefahr von Missverständnissen über die konkrete Abgrenzung der Geschäftsführungsaufgaben. Die Gesellschafter können die Ressortzuständigkeiten zwar bereits in der Satzung festlegen, doch ist dies in der Praxis unpraktikabel. Jede Anpassung der Geschäftsverteilung bedürfte der Satzungsänderung mit dem Formerfordernis einer notariellen Beurkundung. Es empfiehlt sich daher, die Ressortaufteilung im Rahmen einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung festzuhalten. Hierfür genügt dann ein einfacher Gesellschafterbeschluss über die Änderung der Geschäftsordnung, bei dem es keiner Mitwirkung eines Notars bedarf.

Eine wirksame Ressortaufteilung führt allerdings nicht zur Aufhebung des Grundsatzes der Gesamtverantwortung der Geschäftsführung. Jeder einzelne Geschäftsführer haftet im Verhältnis zur Gesellschaft grundsätzlich weiterhin gemäß § 43 Abs. 1 und 2 GmbHG für begangene Pflichtverletzungen als Gesamtschuldner. Dies gilt im Grundsatz somit auch für Pflichtverletzungen eines anderen Geschäftsführers im Zusammenhang mit einem "fremden" Ressort.

Auswirkungen der Ressortaufteilung

Infolge einer (wirksamen) Ressortaufteilung wandelt sich jedoch die Pflichtenstellung des Geschäftsführers: Sofern die oben genannten Kriterien gewahrt werden, wird der einzelne Geschäftsführer von der Pflicht zur Wahrnehmung der seinem Kollegen übertragenen konkreten (operativen) Aufgabe befreit. An ihre Stelle tritt allerdings eine Pflicht zur Informationsbeschaffung und zur Kontrolle des anderen Geschäftsführers, der nun die betreffende Aufgabe wahrzunehmen hat.

Diese Pflicht besteht für alle "fremden" Ressorts eines jeden anderen Geschäftsführers. Dies führt im Grundsatz zu einer Haftungserleichterung. Der einzelne Geschäftsführer haftet nicht mehr automatisch für jede Pflichtverletzung außerhalb seines Ressorts, sondern kann nur noch wegen einer Verletzung seiner Informations- und Kontrollpflichten in Anspruch genommen werden. Sofern der Geschäftsführer also nachweisen kann, dass er seine Mitgeschäftsführer ordnungsgemäß überwacht hat und den von diesen begangenen Sorgfaltsverstoß nicht erkannt hat und erkennen konnte, führt dies grundsätzlich zu einer Enthaftung.

Der BGH stellt allerdings strenge Anforderungen an die Erfüllung der Informations- und Kontrollpflicht. Der Umfang der Pflicht hängt zunächst von der Bedeutung der jeweiligen Angelegenheit ab; bei grundlegenden Angelegenheiten muss der ressortfremde Geschäftsführer daher fast ebenso im Thema sein wie der agierende Geschäftsführer. Bestehen konkrete Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten oder die Unzuverlässigkeit eines Mitgeschäftsführers, besteht - wenig überraschend - zudem eine gesteigerte Kontrollpflicht. Die Rechtsprechung gewährt den Geschäftsführern zur Erfüllung dieser Pflichten ein Recht auf Information über alle Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere auch über diejenigen, die das Ressort eines Mitgeschäftsführers betreffen.

Mit diesem Recht korrespondiert die Verpflichtung, die unzuständigen Geschäftsführer unaufgefordert über die bedeutsamen Angelegenheiten des eigenen Ressorts zu unterrichten. Sofern etwa - wie in den meisten Gesellschaften üblich - das Ressort Finanzen an einen CFO delegiert wurde, haben sich die übrigen Geschäftsführer gleichwohl über die Einsichtnahme in die aktuelle BWA, die regelmäßige Überprüfung des Bankkontos und gegebenenfalls kritische Rückfragen stetig über die Zahlungsfähigkeit und Überschuldungssituation der Gesellschaft zu informieren. Dem Ressort Finanzen kommt in jeder Gesellschaft eine hohe Bedeutung zu, was automatisch zu einer höheren Kontrollpflicht führt. Darüber hinaus ist die Insolvenzantragspflicht nicht delegierbar. Die Verantwortung der Gesamtgeschäftsführung für nicht delegierbare Aufgaben muss wie bereits erwähnt bestehen bleiben.

Bei Leasing-Gesellschaften ist es ferner üblich, Vertriebsgebiete aufzuteilen, sodass mehrere Geschäftsführer im Markt verschiedene Kunden betreuen. Oft haben jene dann nur wenige oder sogar gar keine Berührungspunkte mit den anderen Geschäftsführern beziehungsweise ihren Vertriebsgebieten und Kunden. Daher wird man jedem Geschäftsführer einer Leasing-Gesellschaft raten müssen, gelegentlich und stichprobenartig auch die Vorgänge bei Kunden zu kontrollieren, die in das Vertriebsgebiet eines anderen Geschäftsführers fallen, und die Vorgehensweise des Geschäftsführerkollegen mit der eigenen abzugleichen.

Um den Informationsfluss innerhalb der Gesellschaft zu gewährleisten, ist weiterhin regelmäßig die Einführung eines Überwachungs- und Informationssystems erforderlich, in jedem Fall aber ratsam. Die konkrete Ausgestaltung dieses Systems hängt von Art, Größe und Organisation des Unternehmens ab. Es muss sichergestellt sein, dass sich jeder Geschäftsführer jederzeit einen Überblick über alle Ressorts verschaffen kann. Über ein Berichtssystem kann und muss gewährleistet werden, dass jeder Geschäftsführer rechtzeitig Kenntnis von allen Abläufen innerhalb der Gesellschaft erlangen kann und bei bedeutsamen Geschäftsvorfällen automatisch erhält.

Hilfreich ist dabei neben der Einführung moderner IT-Systeme auch ein klassischer Jour fixe, bei dem sich alle Geschäftsführer über ihre Ressorts austauschen. Es ist ratsam, dies auch zu dokumentieren, um auch hier einer Beweisnot für den Ernstfall vorzubeugen.

Erlangt ein Geschäftsführer Kenntnis von Missständen innerhalb eines "fremden" Ressorts oder gar von Pflichtverletzungen, so ist er verpflichtet, gegen diese vorzugehen. Der Mitgeschäftsführer muss zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung an gehalten werden. Den anderen Geschäftsführern steht ein Interventionsrecht zu. Es kann auch angezeigt sein, die Gesellschafterversammlung über die Missstände und insbesondere über begangene Pflichtverletzungen zu informieren, sodass entsprechende Maßnahmen (etwa Weisungen an den sich pflichtwidrig handelnden Geschäftsführer) ergriffen werden können. Auch hier ist dringend zu empfehlen, die Vorgehensweise schriftlich zu dokumentieren, um nachweisen zu können, dass man seinen Pflichten nachgekommen ist.

Ausgestaltung und Umsetzung der Ressortaufteilung

Wie genau die Ressortaufteilung auszugestalten ist, hängt ebenfalls stark davon ab, wie die Leasing-Gesellschaft aufgestellt ist. Die Mindestanforderungen sind aus dem Vorstehenden bereits ersichtlich: Um für den Ernstfall gerüstet zu sein, sollte ein Geschäftsverteilungsplan in jedem Fall schriftlich fixiert werden. Die Zuständigkeiten eines jeden Geschäftsführers sollten so präzise wie möglich umschrieben werden. Zudem muss darauf geachtet werden, dass die Zuständigkeit der Gesamtgeschäftsführung für nicht delegierbare Aufgaben gewahrt bleibt.

Der beste Geschäftsverteilungsplan hilft allerdings nicht, wenn er nicht auch umgesetzt wird. Zwar hört man oft, dass niemand nachvollziehen könne, wie etwas tatsächlich gelebt wurde. Allerdings zeigt sich in Gerichtsprozessen sehr schnell, wie gut Vorgänge aufgearbeitet werden können. Die E-Mail-Korrespondenz sowohl von Geschäftsführern untereinander als auch von Geschäftsführern mit Dritten wird oft als Beweismittel herangezogen und vermittelt in der Regel ein sehr detailliertes Bild davon, wie die Geschäftspraktiken in einem Unternehmen aussehen. Das kann der Geschäftsführer allerdings auch zu seinem Vorteil nutzen, indem er seinen Informations- und Kontrollpflichten nachkommt und dies durch E-Mails dokumentiert.

Bei Haftungsprozessen stellt sich für den Geschäftsführer allerdings oft das Problem, dass er nicht mehr über die entlastende Dokumentation verfügt, da diese im Fall von E-Mails auf den Servern der Gesellschaft liegt. Hier verliert der Geschäftsführer zumeist sehr schnell die Zugriffsmöglichkeit, besonders wenn ihm schwerwiegende Sorgfaltsverstöße vorgeworfen werden. Dies hat regelmäßig eine sofortige Freistellung von den Pflichten und die Rückgabe sämtlicher Arbeitsutensilien wie des Arbeitslaptops zur Folge.

In Deutschland gibt es im Gegensatz etwa zu den USA auch keine generelle Verpflichtung, dem Gegner Beweismittel zur Verfügung zu stellen. Geschäftsführerdienstverträge enthalten zudem häufig die Verpflichtung, dass Geschäftsführer bei ihrem Ausscheiden sämtliche Unterlagen der Gesellschaft herauszugeben haben. Eine solche Pflicht ergibt sich auch aus gesetzlichen Erwägungen ohne eine ausdrückliche Regelung. Daneben sind die Geschäftsführer in der Regel verpflichtet, über den Verbleib der ihnen überlassenen Unterlagen Auskunft zu geben. Die herauszugebende Dokumentation bleibt damit bei der Gesellschaft und ist dem Zugriff der Geschäftsführer nach ihrem Ausscheiden in aller Regel entzogen.

Auch wenn die Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen dazu verpflichtet ist, dem Geschäftsführer im Rahmen von diesem zustehenden Einsichts- und Auskunftsrechten entlastendes Material auszuhändigen, sollten Geschäftsführer darauf bereits beim Abschluss ihres Geschäftsführerdienstvertrags hinwirken und eine entsprechende Auskunftsklausel mit aufnehmen, sodass ihnen die entlastenden Unter lagen nicht vorenthalten werden können. Nur dann hat ein in Regress genommener Geschäftsführer einen sicheren Anspruch auf Überlassung für ihn günstiger Dokumente.

Schlüssel zur erfolgreichen Geschäftsführung

Der Schlüssel für die erfolgreiche Geschäftsführung einer Leasing-Gesellschaft liegt aufgrund der Vielschichtigkeit der Unternehmung zumeist in der Aufteilung der Gesamtgeschäftsführung in einzelne Ressorts. Bei Leasing-Gesellschaften ist hierbei neben der klassischen Aufteilung nach Unternehmensaufgaben/Funktionen auch eine Aufteilung der Vertriebsgebiete üblich und sinnvoll. Die Ressortaufteilung mindert grundsätzlich auch das Haftungsrisiko.

Mit der Ressortaufteilung einher geht aber auch der Kontrollverlust eines jeden Geschäftsführers hinsichtlich der für ihn "fremden" Ressorts. Da die Gesamtverantwortung eines Geschäftsführers durch die Ressortverteilung nicht wegfällt, sondern sich lediglich der relevante Pflichtenkreis ändert, ist die Kehrseite der Ressortaufteilung ein weiter bestehendes Haftungsrisiko auch für Aufgaben, die einem anderen Mitglied der Geschäftsführung zugeteilt sind.

Um eine Haftung zu vermeiden beziehungsweise das Haftungsrisiko jedenfalls zu verringern oder eine Inanspruchnahme erfolgreich abwehren zu können, müssen zahlreiche Faktoren formal und sachlich bedacht und aufeinander abgestimmt werden. Insbesondere sollte die Ressortaufteilung in einer schriftlich niedergelegten Geschäftsordnung für die Geschäftsführung erfolgen.

Darüber hinaus müssen alle Geschäftsführer das formal Niedergelegte auch tatsächlich leben sowie ihrer Informations- und Kontrollpflicht nachkommen, um einer Haftung vorzubeugen. Das müssen sie im Ernstfall auch beweisen können, was die fortlaufende Dokumentation ihrer Geschäftsführertätigkeit erforderlich macht.

DR. GEORG GELLISSEN ist Rechtsanwalt bei Kleiner Rechtsanwälte, Düsseldorf, mit Büros in Stuttgart, Mannheim und Düsseldorf. Er berät überwiegend im Gesellschaftsrecht sowie beim Aufbau und der Implementierung von Compliance-Systemen. Weitere Schwerpunkte der Kanzlei sind Bank- und Leasing-Recht, IT-Recht.
E-Mail: ggellissen[at]kleiner-law[dot]com
 
DR. FREDERIC DACHS LL.M., Stuttgart/Zürich, ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Einer seiner Schwerpunkte ist die laufende strategische Beratung von Geschäftsführern und Aufsichtsräten sowie deren Verteidigung in Organhaftungsprozessen.
E-Mail: fdachs[at]gmail[dot]com
Dr. Georg Gellissen, , Rechtsanwalt bei Kleiner Rechtsanwälte, Düsseldorf
Dr. Frederic Dachs , Corporate & Compliance Counsel bei Coperion K-Tron (Schweiz) GmbH, Zürich

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