REFINANZIERUNG

Digitalisierung von Leasing und Refinanzierung - quo vadis?

Optimierung von Kundenbeziehungen aus Sicht einer Bank

Olaf Rösel, Foto: Hauke Dressler

Damit Kreditinstitute am Puls der Zeit bleiben und als klassische Refinanzierer Leasing-Gesellschaften optimal unterstützen, müssen sie offen sein für moderne Technologien. Der Autor stellt am Beispiel der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB) vor, wie sich Banken für die Zukunft als kompetenter digitaler Geschäftspartner aufstellen können, um zeitgemäßer und effektiver das Geschäft mit den Leasing-Gesellschaften durchzuführen. Ein erster Schritt wird mit einem neuen Kundenportal vollzogen, das unmittelbar vor dem Einsatz steht. (Red.)

Die Refinanzierung von Mobilien-Leasing-Gesellschaften ist eine langjährige Kernkompetenz und ein strategisches Geschäftssegment der Nord/LB. Zugleich ist sie eine wichtige Assetklasse im Firmenkundenbereich der Bank. Als maßgeblicher Marktteilnehmer und Refinanzierer von inhabergeführten, mittelständischen Leasing-Gesellschaften besteht das Ziel, Refinanzierungsanfragen binnen 24 Stunden zu entscheiden.

Aktuell hat die Bank einen stabilen Kundenbestand von etwa 75 Leasing-Gesellschaften. Trotz der Pandemie konnte 2020 ein Neugeschäft von rund 925 Millionen Euro gemeinsam mit den Leasing-Gesellschaften finanziert werden. Der Wert liegt etwas unter dem Vorjahreswert (rund eine Milliarde Euro), aber innerhalb der Bandbreite der Entwicklung von Kunden und Branche. Auch das erste Halbjahr 2021 verlief auf hohem Niveau und ist ein Spiegelbild der Leasing-Branche. Zusätzlich ist fest zustellen, dass es bisher durch Covid-19 keine risikoerhöhenden Auffälligkeiten in dem Portfolio der Leasing-Gesellschaften gab.

Intensiver Austausch mit den Kunden

Durch die langjährigen Kundenverbindungen sind den Mitarbeitenden viele aktuelle Themen und Erwartungen der Leasing-Gesellschaften aus den gemeinsamen Gesprächen bekannt. Häufig stehen Prozess- und Abwicklungsvereinfachungen - verbunden mit einer erhöhten Digitalisierung - im Mittelpunkt der Diskussionen mit den Kunden. Die Nord/ LB stellt sich daher aktuell für die Zukunft als digitaler Geschäftspartner auf. Zum einen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Zum anderen aber auch, um betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten im Blick zu behalten.

Schlanker, schneller, zeitgemäßer, effizienter: So sollen die Abläufe künftig gestaltet werden, um Kunden einen noch größeren Mehrwert zu bieten und die Prozessgeschwindigkeit weiter hochzufahren.

Handlungsbedarf gibt es dahingehend auch im Geschäft mit den Leasing-Gesellschaften. Die Abwicklung des Refinanzierungsgeschäfts mit Mobilien-Leasing-Gesellschaften lässt sich angesichts des wachsenden Geschäfts und den damit verbundenen steigenden Stückzahlen nicht mehr wie bisher mit den bestehenden Prozessen und Anwendungen bewerkstelligen. Lösbar ist diese Situation nur durch mehr Digitalisierung in den Anwendungen und Prozessen der Bank, wodurch Unterlagen in Papierform künftig deutlich reduziert werden.

Moderne Software als Dreh- und Angelpunkt

Herzstück für die Abwicklung des Geschäftes mit den Leasing-Gesellschaften ist die Leasing-Verwaltungssoftware. Sie ist die zentrale Anwendung für die Erfassung sämtlicher Daten im Zusammenhang mit der Refinanzierung von Leasing-Portfolien und aller damit notwendigen Angaben, zum Beispiel über Leasing-Nehmer, -Geber, -Vertrag und -Objekt sowie über Laufzeit, Syndizierung und Cashflow aus den Verträgen.

Entsprechend ist diese Anwendung der Ausgangspunkt für sämtliche Geschäftsvorfälle wie Neugeschäft, vorzeitige Vertragsablösungen, Sondertilgungen und Vertragsveränderungen in der Assetklasse "Leasing-Gesellschaften". Auch die fristenkongruente Finanzierung analog dem Cashflow aus den diversen Leasing-Finanzierungen in einem Darlehenspaket wird mit Unterstützung der Anwendung sichergestellt.

Im Jahr 2020 wurde die bestehende Leasing-Vertragsverwaltungssoftware durch die modernere Anwendung Refione abgelöst. Notwendig dafür war eine intensive Projektarbeit von mehr als einem Jahr. Eingebunden waren neben Kolleginnen und Kollegen aus dem Fachbereich Leasing auch IT- und Projektspezialisten sowie Software-Entwickler des Anbieters. Im ersten Schritt ging es darum, die Software auf die hauseigenen Bedürfnisse anzupassen und in die Architektur sowie die Lieferstrecke der Bank einzubinden. Hierzu wurden Schnittstellen zum Kalkulationstool, Treasury, Sicherheitenverwaltungssystem und zu den Darlehensverfahren der Bank implementiert. Auch die Datenmigration vom Altsystem war aufgrund der bereits vorhandenen immensen Datenmenge eine Herausforderung, welche aber - ebenso wie die Einführung - gemeistert wurde.

Prozessgeschwindigkeit deutlich erhöht

Die neue Software ist die Voraussetzung, um die Prozesse sowohl extern mit Kunden für die Abwicklung des Refinanzierungsgeschäfts als auch intern für die Bankprozesse neu zu regeln. So kann künftig in bestimmten Konstellationen auf die Einreichung von Unterlagen - auch Originalunterlagen - verzichtet, die Eigenkompetenz für den Abschluss von Leasing-Verträgen erhöht und damit die Zusammenarbeit für die Leasing-Gesellschaft mit der Bank vereinfacht werden.

Intern führen die Prozessanpassungen zur Stärkung der risikoorientierteren Gesamtportfoliobetrachtung der Leasing-Gesellschaft und ihrer Bonität im Vergleich zur aktuellen Einzelfallentscheidung von Refinanzierungsanfragen bei gleichzeitig optimalerem Einsatz der internen Bankressourcen, insbesondere des Personals. Damit soll unter anderem sichergestellt werden, dass Refinanzierungsanfragen weiterhin schnellstmöglich entschieden werden können.

Der wesentliche Schritt mit Blick auf eine erhöhte Digitalisierung in der Zusammenarbeit zwischen Leasing-Gesellschaft und Bank wird durch die Anbindung an ein Kundenportal erreicht, in dessen Entwicklung sowohl ein bankinternes iLab als auch digitale Möglichmacher (Enabler) eingebunden sind.

Kundenportal mit attraktiven Funktionen

Diese Enabler sollen den Bereichen der Bank helfen, Prozesse zu verbessern beziehungsweise diese zu automatisieren und Effizienzen zu heben. Sie können Potenzial für wirkliche Innovationen schaffen, um ein Kreditinstitut fit für die Zukunft zu machen. Insofern wird auch das neue Kundenportal der Nord/LB zahlreiche attraktive Funktionen beinhalten. Zunächst soll es dafür genutzt werden, Refinanzierungsanfragen und Unterlagen bereitzustellen, Dokumentenaustauch vorzunehmen, Informationen über zur Refinanzierung anstehender Verträge hochzuladen und Mitteilungen von der Bank zurückzuerhalten. Der Golive für dieses Stadium ist für das vierte Quartal dieses Jahres geplant.

Doch die Entwicklung wird weitergehen. Ziel ist es, das Kundenportal zu einer Front-to-End-Anwendung auszubauen, sodass möglichst viele Geschäftsprozesse in der Zusammenarbeit zwischen Leasing-Gesellschaft und Bank digital gestaltet werden können. Ein Beispiel: Heute werden vorzeitige Vertragsablösungen eines Leasing-Vertrages von den Leasing-Gesellschaften angefragt - in den meisten Fällen per Mail. Es folgt eine manuelle Bearbeitung in der Bank, dann wiederum eine manuelle Rückmeldung an die Leasing-Gesellschaft. Wenn der ermittelte Betrag angenommen wird, wird der skizzierte Prozessweg nochmals durchlaufen.

Zur Vermeidung dieser Schleifen dient das Kundenportal in seiner Endausbaustufe: Anfrage der Leasing-Gesellschaft zur Vertragsablösung über das Kundenportal und somit Anlieferung der Daten in Refione. Über Schnittstellen der Software zu den Bankanwendungen erfolgen automatisiert die entsprechenden Berechnungen. Anschließend erhält die Leasing-Gesellschaft unmittelbar nach Anfrage über das Portal den ermittelten Ablösungsbetrag und kann diesen sofort bestätigen. Aktuell wird davon ausgegangen, das vollständig ausgebaute Kundenportal bis Ende 2022 den Nord/LB-Kunden bereitstellen zu können.

Ausgeprägte Nutzerfreundlichkeit

Nicht zu vergessen sind bei all diesen Digitalisierungsaktivitäten auch die Anforderungen an das User Interface Design (UI) und das User Experience Design (UX). Während sich das UI mit der visuellen Gestaltung digitaler Anwendungen beschäftigt, hat das UX das Ziel, dem Nutzer ein positives Nutzungserlebnis zu vermitteln. Durch UI und UX wird ein Tool für den Benutzer effektiver und effizienter, da ein angenehmeres Gesamterlebnis geschaffen werden kann.

Das wiederum bedeutet, dass sich eine neue Anwendung unter Berücksichtigung einer guten visuellen Gestaltung und einer nachvollziehbaren Programmierung viel schneller und leichter erlernen lässt, da man sie im Optimalfall intuitiv und konsistent bedienen kann. Um dem Nutzer einen möglichst großen Mehrwert zu bieten, ist es wichtig, die Anwendung Schritt für Schritt und in direktem Austausch mit der jeweiligen Anwendergruppe zu konzipieren. So lässt sich letztlich eine Lösung schaffen, mit der die Nutzer richtig gut umgehen können.

Olaf Rösel , Leiter des Bereichs Refinanzierung von Leasing- und Factoring-Gesellschaften , Norddeutsche Landesbank - Girozentrale
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