Drittwirkung bei der Forderungsabtretung

Ist der EuGH schneller als der europäische Gesetzgeber?

Wolf Stumpf Quelle: Noerr LLP

Seit Inkrafttreten der Rom-I-Verordnung zeigt sich bei einer Abtretung im Verhältnis zu Dritten im Rahmen von grenzüberschreitenden Fällen eine Regelungslücke. Die geplante Reform des europäischen Gesetzgebers ist noch nicht abgeschlossen. Nun beschäftigte sich auch das Saarländische Oberlandesgericht mit der Drittwirkungsproblematik im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Sicherungsabtretung von Gehalts- und Pensionsansprüchen. Der Beitrag beschreibt den aktuellen Stand des Reformvorhabens und den in diesem Zusammenhang anhängigen Rechtsstreit. (Red.)

Die Auslegung von Artikel 14 Rom-I-Verordnung (Rom-I-VO) und speziell die Frage, nach welchem Recht sich die Wirkung der Abtretung im Verhältnis zu Dritten (sogenannte "Drittwirkung") bestimmt, ist seit Inkrafttreten der Rom-I-VO eine der umstrittensten Aspekte im Rahmen von grenzüberschreitenden Forderungsabtretungen. In der Praxis wird die Drittwirkungsproblematik insbesondere im Insolvenzfall des Zedenten und bei Mehrfachverfügungen über Forderungen bedeutsam. Gleiches gilt bei der Pfändung der abgetretenen Forderung durch Gläubiger des Zedenten.1

Über Jahre hinweg hat es der europäische Gesetzgeber nicht so eilig damit gehabt, in dieser Frage für Rechtssicherheit zu sorgen. Inzwischen hat jedoch auch er - nach Einholung von Gutachten und Einsetzung einer Expertenkommission - die Bedeutsamkeit dieser Frage für Banken und Finanzdienstleister erkannt. Aber nicht nur der europäische Gesetzgeber beschäftigt sich aktuell intensiv mit der Problematik der Drittwirkung. Das Saarländische Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 8. August 20182 zu dieser Frage ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) eingeleitet.

Aktueller Stand des Reformvorhabens

Am 12. März 2018 präsentierte die Europäische Kommission einen Verordnungsvorschlag über die Drittwirkung im Rahmen von grenzüberschreitenden Forderungsabtretungen.3 Im Europäischen Rat hat man sich bereits mit dem Reformvorhaben auseinandergesetzt. Zudem hat der Europäische Wirtschaft- und Sozialausschuss seine Stellungnahme zum Verordnungsvorschlag veröffentlicht und auch das Europäische Parlament hat am 3. Mai 2018 einen ersten Bericht zur Vorbereitung der ersten Lesung verfasst.4 Grundsätzlich besteht Einigkeit dahingehend, dass das Reformvorhaben ein Schritt in die richtige Richtung ist, um bestehende Rechtsunsicherheiten im Rahmen von grenzüberschreitenden Forderungsübertragungen zu beseitigen.

Allerdings deuten die vom Europäischen Parlament vorgenommenen Änderungen darauf hin, dass die Ansichten der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlamentes im Hinblick auf die Reichweite des Regelungsumfangs der Verordnung in wesentlichen Punkten voneinander abweichen. Der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission setzt die Drittwirkung mit der dinglichen Wirkung ("proprietary aspects") gleich.5 Das Europäische Parlament hat in seinen Änderungen diese Definition gestrichen und definiert die "Drittwirkung" als Wirkung der Forderungsübertragung zu dritten Personen mit Ausnahme des Schuldners. Zudem soll der Verordnungsvorschlag klarstellen, dass die Grundregelungen von Artikel 14 Rom-I-VO, insbesondere im Verhältnis zum Schuldner, durch den Verordnungsvorschlag unberührt bleiben.

Was heißt dies nun konkret? Die Europäische Kommission führte in ihren Erläuterungen zu dem Reformvorhaben immer wieder aus, dass harmonisierte Regelungen zur Übertragung der Forderung einen wesentlichen Beitrag zur Beseitigung der aktuell bestehenden Rechtsunsicherheit leisten werden. Dies betrifft letztlich die dinglichen Aspekte einer Zession. Aufgrund der vorgenommenen Änderungen des Europäischen Parlamentes kann davon ausgegangen werden, dass insoweit die Ansicht vertreten wird, Artikel 14 Rom-I-VO enthalte - zumindest teilweise - bereits Elemente zur Bestimmung des Übertragungsaktes. Daher soll sich die "Drittwirkung" im Sinne von grenzüberschreitenden Übertragungen tatsächlich nur auf das Verhältnis zu sonstigen Dritten beziehen. Diese Ansicht wird teilweise auch von Vertretern der Wirtschaft geteilt, die sich bislang zu dem Verordnungsvorschlag der Kommission äußerten.6

Bislang wurde Artikel 14 Absatz 1 Rom-I-VO in Verbindung mit dem 38. Erwägungsgrund nach deutschem Verständnis überwiegend dahingehend verstanden, dass auch das Verfügungsgeschäft vom Zessionsgrundstatut erfasst wird - wobei sich die dingliche Wirkung auf das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar beschränkt. Nach dem Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission hätte sich dieses Verständnis wohl gewandelt. Sämtliche dingliche Elemente, wozu unter Anwendung deutschen Rechts auch der Abschluss des Verfügungsgeschäfts zählt, wären künftig in den Anwendungsbereich der neuen Verordnung zu subsumieren. Aufgrund der Änderungen des Europäischen Parlaments bestehen allerdings Zweifel, ob sich das ursprüngliche Auslegungsverständnis tatsächlich ändern soll.

Rechtslage nach wie vor unklar

Vor dem Hintergrund, dass das Reformvorhaben des europäischen Gesetzgebers bislang noch nicht abgeschlossen und die neue Verordnung noch nicht in Kraft ist, bleibt fraglich, wie mit Drittwirkungsfällen im Rahmen von grenzüberschreitenden Sachverhalten nach aktueller Rechtslage umzugehen ist.

Diese Frage beschäftigte auch das Saarländische Oberlandesgericht. Das Gericht legte im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Artikel 267 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dem EuGH folgende Fragen vor:

1. Ist Artikel 14 Rom-I-VO auf die Drittwirkungen bei Mehrfachabtretung anwendbar?

2. Sofern die erste Frage zu bejahen ist: Welchem Recht unterliegen in diesem Fall die Drittwirkungen?

3. Sofern die erste Frage zu verneinen ist: Findet die Bestimmung entsprechende Anwendung?

4. Sofern die dritte Frage zu bejahen ist: Welchem Recht unterliegen in diesem Fall die Drittwirkungen?

Sachverhalt

Dem anhängigen Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine luxemburgische Staatsbürgerin mit Hauptwohnsitz in Deutschland (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin) schloss am 29. März 2011 einen Verbraucherdarlehensvertrag mit einer in Deutschland ansässigen Bank in Höhe von 64 791,27 Euro ab. Als Sicherheit übertrug die Insolvenzschuldnerin den jeweils pfändbaren Teil ihrer gegenwärtigen und künftigen Lohn- und Gehaltsforderungen, einschließlich ihrer Pensionsansprüche, die ihr gegen ihren luxemburgischen Arbeitgeber zustehen. Als geltendes Recht vereinbarten die Parteien, dass deutsches Recht zur Anwendung gelangen soll.

Nur knapp drei Monate später schloss die Insolvenzschuldnerin einen weiteren Verbraucherdarlehensvertrag in Höhe von 26 000 Euro mit einer in Luxemburg ansässigen Bank ab. Erneut übertrug sie die Gehalts- und Pensionsansprüche als Sicherheit. Die in Luxemburg ansässige Bank benachrichtigte den Arbeitgeber der Insolvenzschuldnerin über die Abtretung am 20. September 2012. Die AGB der luxemburgischen Bank sahen die Anwendung von luxemburgischem Recht vor.

Am 5. Februar 2014 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Die bestellte Treuhänderin zog vom Arbeitgeber pfändbare Gehaltsanteile bis zum Ablauf des Abtretungszeitraums am 4. Februar 2016 in Höhe von 13 901,62 Euro ein. Sowohl die deutsche als auch die luxemburgische Bank machen Absonderungsrechte geltend. Die Treuhänderin hinterlegte den Betrag.

Die deutsche Bank erhob Klage vor dem Landgericht Saarbrücken und beantragte, die beklagte luxemburgische Bank zur Abgabe der Freigabeerklärung in Bezug auf den hinterlegten Betrag zu verurteilen. Die luxemburgische Bank erhob Widerklage. Das Landgericht Saarbrücken hat der Klage der deutschen Bank stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Gegen das Urteil legte die luxemburgische Bank Berufung ein und verfolgt ihr Begehren in vollem Umfang weiter.

Bewertung des Vorlagegesuchs

Nach Auffassung des Saarländischen Oberlandesgerichts hängt der Erfolg der Berufung der luxemburgischen Bank entscheidend von der Frage ab, wie Artikel 14 Rom-I-VO bei Vorliegen einer Mehrfachabtretung und somit in Bezug auf die Frage der Drittwirkung einer Forderungsübertragung, auszulegen ist. Konkret geht es um die Frage, wer im Verhältnis zur Insolvenzschuldnerin als berechtigte Forderungsinhaberin der abgetretenen Gehalts-/Pensionsansprüche angesehen werden kann und somit Anspruch auf Auszahlung der hinterlegten Summe gemäß § 812 Absatz 1 S. 1 Alt. 2 BGB hat.7

Unter der Annahme, es würde sich um einen rein nationalen Sachverhalt ohne Auslandsbezug handeln und sowohl die erste als auch die zweite Abtretung nach deutschem Recht beurteilt werden, würde man zu dem Ergebnis gelangen, dass die deutsche Bank die Forderung durch die Sicherungsabtretung der Ansprüche am 29. März 2011 wirksam erwerben konnte. Eine erneute Übertragung wäre mangels Verfügungsbefugnis der Insolvenzschuldnerin nicht mehr möglich gewesen.

Vorliegend handelt es sich jedoch um keinen rein nationalen Sachverhalt, sondern um einen grenzüberschreitenden Fall, sodass in einem ersten Schritt das anwendbare Recht zu bestimmen ist.

Das Gericht kommt zunächst zu dem Ergebnis, dass das eröffnete Insolvenzverfahren der ersten Zession nicht entgegenstehe. Gemäß Artikel 4 Absatz 2 S. 2 lit. b Europäische Insolvenzordnung (EuInsVO) a. F. bestimme das Recht des Staates der Verfahrenseröffnung, welche Vermögenswerte zur Masse gehören. Das Gericht verweist auf die insoweit anwendbaren Vorschriften der deutschen Insolvenzordnung (InsO) in der insoweit gültigen Fassung. Gemäß § 114 Abs. 1 InsO a.F. und unter Berücksichtigung von § 91 Abs. 1 InsO habe die Insolvenzschuldnerin der Forderungen im Umfang bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens zulässigerweise an die deutsche Bank übertragen können.

Das sogenannte "lex concursus" bestimmt jedoch nicht, ob die Zession zwischen der Insolvenzschuldnerin und der deutschen Bank wirksam erfolgte. Insoweit bedarf es einer selbstständigen Anknüpfung. Maßgeblich sind insoweit die Regelungen der Rom-I-VO.

Betrachtet man beide Zessionen isoliert, kann zunächst Folgendes festgestellt werden: Im Verhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und der deutschen Bank findet gemäß der von den Parteien getroffenen Rechtswahl deutsches Recht Anwendung.8

Das Verhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und der luxemburgischen Bank bestimmt sich dagegen gemäß der einschlägigen - und nach den Feststellungen des Saarländischen Oberlandesgerichts auch wirksam getroffenen - Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der luxemburgischen Bank nach luxemburgischem Recht.

Das Gericht holte in diesem Zusammenhang ein Rechtsgutachten nach luxemburgischem Recht ein. Nach den dortigen Feststellungen konnte die luxemburgische Bank die Forderungen wirksam erwerben. Begründet wird dies damit, dass eine drittwirksame Forderungsübertragung gemäß Artikel 1690 lux. Code Civil die Benachrichtigung des Schuldners voraussetzt. Seitens der deutschen Bank ist eine solche Benachrichtigung nicht erfolgt. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung war eine erneute drittwirksame Übertragung der Forderungen an die luxemburgische Bank möglich.

Die entscheidende und von der Rom-I-VO nicht beantwortete Frage ist daher: Welches Recht bestimmt die Drittwirkung einer Forderungsübertragung und entscheidet somit, welche Zession drittwirksam erfolgte?

Die Fragen der Vorabentscheidung

Das Saarländische Oberlandesgericht leitet das Vorabentscheidungsgesuch mit der Frage ein, ob Artikel 14 Rom-I-VO die Drittwirkung überhaupt regelt. In diesem Zusammenhang macht das Gericht zunächst Ausführungen zu der Entstehungsgeschichte von Artikel 14 Rom-I-VO und die Vorgängernorm in Artikel 12 Europäisches Schuldvertragsübereinkommen (EVÜ)9 beziehungsweise die in Artikel 33 im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) inkorporierte kollisionsrechtliche Regelung über die Forderungsübertragung und verweist auf die insoweit in der juristischen Kommentarliteratur vertretenen divergierenden Auffassungen: Einerseits wird die Ansicht vertreten, dass Artikel 14 Rom-I-VO eine Regelung über die Drittwirkung bereitstellen kann,10 andererseits wird die Auffassung vertreten, dass Artikel 14 Rom-I-VO insoweit eine bewusste Lücke enthält, die durch nationales Kollisionsrecht zu schließen ist.11 Das Gericht verweist selbst darauf, dass im Zuge des Reformvorhabens der europäische Gesetzgeber nicht davon ausgeht, dass Artikel 14 Rom-I-VO eine Regelung über die Drittwirkung enthält. Angesichts der im Rahmen der juristischen Literatur vertretenen Gegenauffassung hält das Gericht seine Vorlagefrage jedoch für gerechtfertigt.

Wird die erste Frage bejaht, stellt sich die Folgefrage, welche Bestimmung von Artikel 14 Rom-I-VO zur Bestimmung der Drittwirkung einer Forderungsübertragung zur Anwendung gelangt. Auch insoweit verweist das Gericht auf die innerhalb der deutschen Kommentarliteratur vertretenen Ansichten.

Wird die erste Frage verneint, ist nach Auffassung des Gerichts zu klären, ob Artikel 14 Rom-I-VO entsprechend Anwendung findet und falls ja, welches Recht insoweit die Drittwirkung der Forderungsabtretung bestimmt. Das Gericht verweist dabei auf die in diesem Zusammenhang diskutierten Lösungsansätze:

- Anknüpfung an das Recht der Forderung,

- Anknüpfung an den Sitz des Schuldners,

- Anknüpfung an den Sitz des Zedenten,

- Anknüpfung an das Zessionsgrundstatut - und somit Zulassung der Rechtswahl von Zedent und Zessionar.

Bewertung der Vorlagefragen und Ausblick

Vor dem Hintergrund, dass die Diskussionen über die Auslegung von Artikel 14 Rom-I-VO bereits seit des Inkrafttretens der Rom-I-VO anhalten, ist es erstaunlich, dass erst jetzt ein Vorabentscheidungsverfahren von einem deutschen Gericht eingeleitet worden ist.

Es kann mit Spannung erwartet werden, wie sich der EuGH zu dem eingeleiteten Verfahren positioniert, insbesondere, wie weit der EuGH tatsächlich zu den aufgeworfenen Fragen Stellung nimmt.

Allzu viel sollte man von der Antwort des EuGH jedoch nicht erwarten. Denn vieles spricht dafür, dass die Antwort lediglich Altbekanntes beinhaltet. Im Zuge des Reformvorhabens und insbesondere des Berichts vom 29. September 2016 steht bereits fest, dass Artikel 14 Rom-I-VO keine Regelung zur Frage der Anknüpfung der Drittwirkungen einer Zession enthält.12 Hierauf verweist das Saarländische Oberlandesgericht mehrmals selbst.

Die erste Frage des Vorlagegesuchs des Saarländischen Oberlandesgerichts ist daher wohl zu verneinen, sodass sich auch die zweite Frage erübrigt. Auch im Hinblick auf die dritte Frage, wird der EuGH wohl ebenfalls auf das im Zuge des Reformvorhabens herausgearbeitete Ergebnis verweisen, dass die Regelungen von Artikel 14 Rom-I-VO nicht entsprechend angewandt werden können. Andernfalls wäre das Reformvorhaben der Europäischen Kommission wohl überflüssig und die Drittwirkungsproblematik könnte über eine ergänzende Auslegung von Artikel 14 Rom-I-VO gelöst werden.

Konsequenterweise wird man daher auch zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Antwort nicht in entsprechender Anwendung von Artikel 14 Rom-I-VO zu finden ist. Das Saarländische Oberlandesgericht verweist auf die im Zuge der Entstehung von Artikel 14 Rom-I-VO und im Rahmen des Reformvorhabens diskutierten Lösungsansätze mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Eine entsprechende Anwendung von Artikel 14 Rom-I-VO würde bedeuten, dass eine Anknüpfungsregelung gefunden werden muss, die in die Regelungssystematik von Artikel 14 Rom-I-VO passt. Da eine Regelung über die Drittwirkung innerhalb der Rom-I-VO jedoch nicht verankert werden konnte, kann der EuGH nach unserer Einschätzung auch nicht über eine ergänzende oder entsprechende Auslegung der Norm entscheiden.

Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass das Saarländische Oberlandesgericht zu Recht darauf verweist, dass in Deutschland mit Inkrafttreten der Rom-I-VO die ursprünglichen nationalen kollisionsrechtlichen Regelungen außer Kraft gesetzt wurden und es hierdurch zu der erheblichen Rechtsunsicherheit kommt. Es kann demnach nicht auf nationales Kollisionsrecht zurückgegriffen werden, um die offenkundige Regelungslücke von Artikel 14 Rom-I-VO im Hinblick auf die Drittwirkung zu schließen.

Wie seitens des Deutschen Factoring-Verbandes bekannt wurde, soll die Verordnung noch zeitnah erlassen werden. Mit Blick auf die bevorstehenden Europawahlen im Mai 2019 und die damit einhergehende neue Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes bleibt abzuwarten, ob dieses zeitliche Ziel tatsächlich erreicht werden kann.

Man kann daher gespannt sein, ob das aktuell anhängige Vorabentscheidungsverfahren durch das Saarländische Oberlandesgericht den gesetzgeberischen Prozess einholt und wie sich das Gericht zu den aufgeworfenen Fragen hinsichtlich der Auslegung von Artikel 14 Rom-I-VO positioniert. Nach unserer Einschätzung sollte das Vorabentscheidungsgesuch noch einmal zum Anlass genommen werden, um das Zusammenspiel der bestehenden Regelungen in der Rom-I-VO im Rahmen der grenzüberschreitenden Forderungsabtretung und dem aktuellen Verordnungsvorschlag nebst den durch das vom Europäischen Parlament geforderten Änderungen intensiv zu prüfen. Aus deutscher Sicht ist bei Erlass der Verordnung über die Drittwirkung eine eindeutige Regelung erforderlich, um den Umfang von Artikel 14 Absatz 1 Rom-I-VO einerseits und den Umfang der Drittwirkungsregelung andererseits voneinander abzugrenzen.

1) Stumpf/Dressel, FLF 2017, 120; Stumpf/ Schmitt, FLF 2012, 276 (278), Kieninger, IPRax 2012, 289.

2) Az. 4 U 109/17.

3) COM (2018), 96 final, veröffentlicht am 12. März 2018; Stumpf/Dressel, FLF 2018, 111.

4) Aktuelle Informationen zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens unter: https://eur-lex.europa.eu; Draft Report des Europäischen Parlamentsvom3.Mai2018,2018/0044(COD).

5) Vgl. die Definition in Art. 2 lit. e des Verordnungsvorschlags der Europäischen Kommission.

6) Vgl. hierzu die abgegebenen Feedbacks unter: https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/initiatives

7) Die Voraussetzungen und der Umfang der von den Parteien geltend gemachten Ansprüche bestimmen sich gemäß Art. 10 Abs. 4, Art. 24 Rom-II-VO nach deutschem Sachrecht.

8) Vgl. Art. 14 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 Rom-I-VO.

9) Römisches Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht von 1980 (EVÜ).

10) Unter anderem Verweis auf: Flessner, IPRAX 2009, 35, 38 ff.

11) Unter anderem Verweis auf: Palandt/Thorn, Art. 14 Rom-I-VO Rn. 3; Leible/Müller, IPRax 2012, 491 (494).

12) Vergleiche Verordnungsvorschlag zur Drittwirkung COM(2018) 96 final, S. 5; Executive Summary oft he Impact Assessment, SWD(2018) 53 final, S. 1.

DIE AUTOREN:
Wolf Stumpf, Frankfurt am Main, ist Rechtsanwalt und Partner der internationalen Sozietät Noerr LLP. Zu seinen Schwerpunkten zählen unter anderem Bank- und Prozessrecht, Compliance und Geldwäscheprävention. Seit 1999 bei der europäischen Wirtschaftskanzlei verantwortet er die Beratung von Factoring-Unternehmen. E-Mail: wolf.stumpf[at]noerr[dot]com
 
Julia Dressel, München, ist Rechtsanwältin in der Kanzlei EBA Endrös-Baum Associés. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im deutschen Prozessrecht, im allgemeinen Wirtschaftsrecht, im Haftungsrecht sowie im internationalen Privat- und Verfahrensrecht.E-Mail: julia.dressel[at]ebaavocats[dot]com
Wolf Stumpf , Rechtsanwalt und Partner , Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB, Frankfurt am Main

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