FINANZIERUNG

Exportfinanzierung für den Mittelstand

Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten

Eckhard Creutzburg, Foto: Trafinscout GmbH

Maschinen "Made in Germany" werden zu rund 80 Prozent exportiert. Überwiegend wird von mittelgroßen Unternehmen für Mittelständler im Ausland produziert. Problematisch wird es oft bei der Finanzierung. Denn Banken konzentrieren sich hauptsächlich auf große Volumen. Für den Bedarf kleinerer Investitionsfinanzierungen mangelt es an Angeboten. Die Autoren beschreiben zunächst die Situation und finanziellen Herausforderungen der Maschinenbauer. Anschließend zeigen sie auf, wie das von ihnen gegründete Fintech die Digitalisierung nutzt, um diese Marktlücke zu schließen. (Red.)

Deutschland ist eine Exportnation und war viele Jahre Exportweltmeister. Im Jahr 2019 wurden aus der Bundesrepublik heraus Waren, Güter und Dienstleistungen im Wert von 1 327,6 Milliarden Euro in die Welt exportiert. Dies entspricht einem Anteil von 47 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Knapp die Hälfte jeder Wertschöpfung - aller wirtschaftlichen Leistung - wird also für Kunden im Ausland erbracht. Deutschland ohne Außenhandel und ohne Exporte, ist nicht vorstellbar. Wohlstand und viele Arbeitsplätze, direkt und indirekt 11,4 Millionen, hängen vom Export ab. Laut Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft waren 2018 gut 25 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland dem Export zuzuschreiben. 1998 waren es erst knapp 19 Prozent.

Ein Teufelskreis

Fast 45 Prozent aller Exporte entfallen auf Investitionsgüter. Ein Drittel hiervon, also Exporte im Wert von fast 200 Milliarden Euro, sind Maschinen. Wegen seiner Exportstärke ist der Maschinen- und Anlagenbau größter industrieller Arbeitgeber Deutschlands und wird oft als Rückgrat der deutschen Wirtschaft bezeichnet. Maschinenbauer sind überwiegend mittelständische Unternehmen und oft seit vielen Generationen familiengeführt.

Trotz ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung fehlt vielen Maschinenbauunternehmen bis heute der Zugriff auf das, was auch als Schmiermittel der Exporte bezeichnet wird: Exportfinanzierungen. Aber der Kauf einer Maschine ist eine Investition. Und Investitionen brauchen Investitionsfinanzierungen. Nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt.

Die Käufer von Maschinen "Made in Germany" sind vielfach selbst mittelgroße Unternehmen. Eine passende Investitionsfinanzierung ist schon hierzulande nicht immer einfach zu erhalten. In anderen Ländern ist dies oft um ein Vielfaches schwerer. Die Folge: Ohne Investitionsfinanzierung keine Investitionen und ohne Investitionen im Ausland keine Exporte von Investitionsgütern.

Entwicklung der Exporte im Maschinenbau

Deutschland hat den Titel des Exportweltmeisters 2009 abgegeben. Größtes Maschinenexportland der Welt ist Deutschland - bisher - aber geblieben. 16,1 Prozent aller weltweit exportierten Maschinen kommen aus Deutschland. "Made in Germany" gilt noch etwas in der Welt. Deutsche Produkte werden als Spitzentechnologie angesehen, die eine überdurchschnittlich hohe Qualität hat und besonders zuverlässig und langlebig ist. Deutsche Maschinenbauprodukte sind hochwertig, aber auch deren Anschaffungswerte sind hoch. Für ausländische Käufer, insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländern, zunehmend zu hoch.

Die Bewertung einer Investition anhand der Anschaffungskosten greift aus betriebswirtschaftlicher Perspektive zu kurz. Entscheiden sollten vielmehr die Total-cost-of-ownership sein, also alle mit der Nutzung einer Maschine verbundenen Kosten über deren Nutzungszeit. Diese Betrachtung muss ein investitionsbereites Unternehmen sich aber im Kaufzeitpunkt auch leisten können. Denn es muss zunächst in der Lage sein, die Anschaffungskosten zu finanzieren. Hierin liegt seit Längerem eine Herausforderung für deutsche Maschinenbauer. Wettbewerbsprodukte, zum Beispiel aus China, kosten meist erheblich weniger. Der geringe Preis macht die Finanzierung einfacher. Und was finanziert werden kann, wird gekauft.

Wechselkurse steigern Finanzierungsbedarf

Das gilt heute mehr denn je. Investitionen zu finanzieren ist seit Covid-19 noch erheblich schwerer geworden, als es das in vielen Exportmärkten schon früher war. Erschwerend kommt hinzu, dass deutsche (und andere europäische) Maschinen aus der Sicht vieler Exportmärkte noch teurer geworden sind. Schuld hieran sind die Wechselkurse. Wechselkursbedingte Preissteigerungen erhöhen auch den Finanzierungsbedarf. Ein Unternehmen in Brasilien, das eine Maschine im Wert von einer Million Euro kaufen möchte, musste Ende Februar dafür 4,94 Millionen brasilianische Real aufbringen. Heute sind es 6,62 Millionen. Der zusätzliche Finanzierungsbedarf ist - zumindest lokal - kaum zu schultern. Um sich ihre Exportstärke zu erhalten, müssen Exporteure ihren Käufern passende Finanzierungslösungen anbieten können. Produkt plus Ware erhöht den Vertriebserfolg. Auch und gerade im Export.

Abbildung 1: Wechselkurse führen zu erheblichen Preissteigerungen Quelle: Bankenverband, Interbankenkurs

Exportfinanzierungen sind Absatzfinanzierungen über die Grenze. Dabei ist weder das Konzept der Absatzfinanzierung neu, noch sind es die Exportfinanzierungen selbst. Auch die Bedeutung einer internationalen Absatzfinanzierung für den Exporterfolg ist lange bekannt. Schon seit 1949 unterstützt die Bundesrepublik die heimische Exportwirtschaft und die diese begleitenden Banken bei der Finanzierung ausländischer Käufer mit den staatlichen Exportkreditgarantien, den Hermesdeckungen. Zahlungsausfallrisiken und politische Risiken werden Banken und Exporteuren sehr weitgehend, bis zu 95 Prozent, abgenommen.

Sowohl Banken als auch Exporteure können die Hermesdeckungen nutzen. Für Banken, die Exporte mit sogenannten Bestellerkrediten - also Kredite an die ausländischen Besteller deutscher Ware - begleiten, gibt es die Finanzkreditdeckung. Exporteure, die ihre Ware auf Raten verkaufen, erhalten eine Lieferantenkreditdeckung. Das ist wichtig, denn keine Bank und kein Exporteur ist in der Lage, Kreditrisiken überall auf der Welt zu beurteilen und zu tragen.

Mit der Hermesdeckung im Rücken können attraktive Finanzierungsangebote gestaltet werden. Für potenzielle Käufer ist ein Finanzierungsangebot unter Hermesdeckung sehr ansprechend und kann die Kaufentscheidung erheblich erleichtern. Im Vergleich zu lokalen Finanzierungsangeboten sind die Zinsen meist sehr niedrig, die Laufzeiten angemessen und die Anforderungen an zusätzliche Sicherheiten gering. Dingliche Sicherheiten werden nur in Ausnahmefällen gefordert. Hinzu kommt, dass die lokalen Verschuldungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigt werden und zum Beispiel für die Betriebsmittelfinanzierung erhalten bleiben.

Bestellerfinanzierungen sind auch für Banken attraktive Produkte. Nicht nur, weil das Kreditausfallrisiko gemindert ist, sondern weil die besondere Form der Risikominderung weitere Vorteile bringt. Eine Hermesdeckung ist als eine Forderung gegenüber der Bundesrepublik Deutschland nicht mit Eigenkapital zu unterlegen ("Solva 0"). Seit 2019 sind Kredite unter Hermesdeckung auch von der Leverage Ratio (LCR) ausgenommen (Artikel 114(4) Kapitaladäquanzverordnung CRR). Zinsen auf 100 Prozent der Forderung, Eigenkapital aber nur für fünf Prozent führt zu attraktiven Ratios.

Vor diesem Hintergrund sollte es kein Problem sein, den deutschen Maschinenabsatz mit Finanzierungen zu begleiten. Im Grundsatz ist es das auch nicht. Flugzeuge, Kreuzfahrtschiffe, Stahlwerke, Wasserkraftwerke, Windkraftanlagen, Tunnelbohrer - je größer die Finanzierungsvolumen, desto interessierter sind die in der Exportfinanzierung aktiven Banken. Zum Problem wird die Exportfinanzierung immer dann, wenn die Volumen kleiner werden.

In den letzten Jahren hat sich der Trend verstärkt, Exportfinanzierungen erst ab circa fünf Millionen Euro anzubieten. Bei manchen Instituten liegt die Untergrenze sogar bei zehn Millionen Euro. Die Auftragswerte mittelständischer Maschinenbauer liegen aber selten in diesen Größenklassen. Deshalb gibt es bei der Verfügbarkeit von Exportfinanzierung ein großes Problem: Die Finanzierungslücke für kleinere Auftragswerte, das sogenannte "Small Ticket Gap" in der Exportfinanzierung.

Das Small Ticket Gap

Wenn ein Mangel zur Gewohnheit wird, ist das selten gesund. So verhält es sich auch mit dem Small Ticket Gap in der Exportfinanzierung. Industrieverbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. und der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. beklagen den Mangel seit Langem. Selbst in den Koalitionsvertrag der derzeitigen Bundesregierung hat er seinerzeit Eingang gefunden. Geändert hat sich bisher dennoch wenig. Maschinenbauer haben sich leider daran gewöhnt, dass es für kleinere Aufträge kaum Finanzierungslösungen gibt und lehnen entsprechende Anfragen oft direkt ab. Das ist nicht nur schlecht für die Unternehmen, sondern auch schlecht für Deutschland.

Für diese Marktlücke gibt es Gründe. Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben in der Regel kein eigenes Angebot für Exportfinanzierungen. Anfragen werden an Landesbanken oder die DZ Bank geleitet. Die Exportfinanzierungseinheiten der Geschäftsbanken sind auf größere und damit oft komplexere Geschäfte ausgerichtet. Das betrifft eben auch die Landesbanken und die DZ Bank. Kleinere Auftragswerte können mit deren Prozessen und Strukturen nicht kostendeckend bearbeitet werden.

Maschinenbauunternehmen mit guter Liquidität haben sich in der Vergangenheit mit Lieferantenkrediten beholfen und ihre Kunden selbst finanziert. Das war attraktiv, weil, statt auf Geldanlagen negative Zinsen zu bezahlen, Zinsen verdient und der eigene Absatz gefördert wurden. Heute belasten diese Finanzierungen die Bilanzen und schmälern die verfügbare Liquidität.

Der Verkauf der gedeckten Forderungen aus Lieferantenkrediten, die Forfaitierung, wäre eine Option. Eine Möglichkeit allerdings, die Banken auch nicht lieben. Einer der Gründe liegt im Veritätsrisiko der Forderungen. Darauf soll aber nicht vertiefend eingegangen werden. Eine weitere Finanzierungsalternative bieten noch einige international tätige Leasing-Gesellschaften, die ihre Absatzfinanzierungsprogramme internationalisiert haben. Solche Programme beschränken sich meist aber auf EU-Länder und die Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD. Unterstützung in Schwellen- und Entwicklungsländern gibt es nur vereinzelt. Daher bleibt das Angebot für Exporteure sehr überschaubar.

Digitalisierung bringt neue Lösungen

Es mag ein Stück weit nachvollziehbar sein, dass es jemandem schwerfällt, Lösungen für einige Hunderttausend zu finden, der normalerweise in dreistelligen Millionen denkt. Eine Trafinscout-Analyse zeigt aber außerdem: Oft stehen auch viele Vorurteile oder vorgeschobene und stetig wiederholte Argumente einer Lösung im Weg. Trafinscout hat deshalb Prozesse und Verträge konsequent standardisiert und digitalisiert. So konnte ein neues Angebot für Exportfinanzierungen von 250 000 bis fünf Millionen Euro entwickelt werden. Bei diesen Geschäften bekommt der Exporteur direkt ein Angebot. Dafür kooperiert das Fintech mit einer Frontingbank, die die eigene Bilanz zur Verfügung stellt.

Es wurden digitale Antragsstrecken geschaffen, über die Bestellerkredite und Forfaitierungen beantragt werden können. Alle Daten, Informationen und Dokumente werden über das Portal ausgetauscht. Ein erfahrener Exporteur braucht beispielsweise lediglich circa 15 Minuten, um einen Antrag online zu befüllen. Danach liegen alle Informationen in strukturierter Form vor, die notwendig sind, um ein Angebot zu erstellen und eine Hermesdeckung zu beantragen. Sind die übermittelten Angaben geprüft, erhält der Exporteur über das Portal ein indikatives Angebot. Das passiert meist innerhalb von 24 Stunden.

Abbildung 2: Digitale Antragstrecken nach Geschäftsarten Quelle: Trafinscout

Über ein Deal Tracking hat der Exporteur alle Informationen und Dokumente zu einem Geschäft im Blick. Auch jede Änderung im Status, die Anforderung weiterer Unterlagen und den Finanzierungsvertrag findet er hier. Darauf kann er flexibel und ohne Nachfrage an sieben Tagen in der Woche zugreifen. Trotz aller Digitalisierung bleiben Exportfinanzierungen aber erklärungsbedürftige Produkte. Trafinscout unterstützt Exporteure deswegen bei allen Prozessschritten. Von der ersten Kalkulation über die Hermesdeckung bis zur Auszahlung einer Finanzierung.

Abbildung 3: Prozess und Status jederzeit im Blick Quelle: Trafinscout

Die für die Small Tickets entwickelte Technologie kann im Übrigen auch genutzt werden, um Exporteuren bei größeren Geschäften Zeit und Arbeit zu ersparen. Allerdings gibt es hier kein eigenes Angebot. Das Unternehmen übernimmt vielmehr die Suche nach geeigneten Angeboten im gesamten Bankenmarkt für den Exporteur. Hierfür erfasst der Exporteur die Geschäftsdaten nur einmal im Portal, statt mit vielen Banken zu telefonieren und E-Mails auszutauschen.

Angebote erweitern

Banken, Sparkassen und Finanzdienstleistungsinstitute sind Leistungspartner und keine Wettbewerber. Trafinscout ergänzt das bestehende Angebot der Institute und führt Geschäfte zu. Es geht um Kooperation statt Konfrontation. Die Software des Portals ist so gestaltet, dass sie anderen Unternehmen im White Label zur Verfügung gestellt werden kann. Produkte und zugehörige Workflows lassen sich innerhalb von Stunden einfach und ohne Programmiereingriffe hinzufügen, ändern oder entfernen. Wer Kernbanksysteme und Releasewechsel in langen Zyklen gewohnt ist, kann sich das nur schwer vorstellen.

Anschubhilfe in kritischer Zeit

Mit oder ohne Software, eigenen Kunden kleinere Exportfinanzierungen anbieten zu können hat insbesondere für Sparkassen, Volksbanken und Spezialkreditinstitute viele Vorteile. Der heute vielleicht wichtigste Nutzen aus Sicht einer Hausbank: Die Absatzchancen der Kunden steigen. Mehr Absatz stärkt das Unternehmen, seine Liquidität und seine Schuldendienstfähigkeit. Leasing-Gesellschaften wiederum können mit gedeckten Exportfinanzierungen die geografische Reichweite ihrer Absatzfinanzierungsprogramme deutlich vergrößern. Dadurch können Partner nahezu überall auf der Welt unterstützt werden. Factoring-Gesellschaften bietet sich die Chance, den Kunden auch eine Lösung für den Ankauf von Einzelforderungen zu bieten.

Exporte brauchen eine funktionierende Welt. Eine Welt, in der investiert wird, Reisen möglich sind, Maschinen zuverlässig geliefert und auch installiert werden können. Covid-19 hat diese grundlegenden Aspekte gekreuzt. Niemand kann seriös vorhersagen, wie lange die Welt und damit die Weltwirtschaft noch unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie leiden werden. Was man aber sicher sagen kann ist, je länger es dauert, desto schwieriger wird es für die Wirtschaft. In diesem Umfeld hilft jeder zusätzliche Auftrag.

Chancen auf Aufträge gibt es, denn die regionale Betroffenheit ist unterschiedlich. Was es in allen Regionen allerdings zunehmend weniger gibt, sind finanzierungsbereite Banken. Und oft wird es erst noch schlimmer, ehe es wieder besser wird. "Im Aufschwung droht die Insolvenz", wer im Kreditgeschäft tätig ist, hat das erfahren müssen. Weil hieran viel Wahres ist, werden Kredite in einem Aufschwung, wann immer dieser einsetzen mag, vermutlich noch restriktiver vergeben werden als heute. Und das nicht nur in Deutschland. Folglich wird schneller mehr Aufträge realisieren, wer gleich die erforderliche Finanzierung mitliefert. Die gedeckte Exportfinanzierung ist dafür ein gutes Instrument. Gerade auch für kleinere Auftragsvolumen.

ECKHARD CREUTZBURG ist CEO und Mitgründer der Trafinscout GmbH. Er hat jahrzehntelange Erfahrung in der internationalen Investitionsgüterfinanzierung und war zehn Jahre Geschäftsführer International einer führenden Leasing-Gesellschaft.
 
CHRISTIAN ETZEL ist CSO und Mitgründer der Trafinscout GmbH. Er ist Exportfinanzierer mit umfassender Erfahrung, sowohl aus leitenden Funktionen in internationalen Geschäftsbanken als auch bei namhaften Industrieunternehmen.
Eckhard Creutzburg , CEO und Mitgründer, Trafinscout GmbH, Frankfurt am Main
Christian Etzel , CSO und Mitgründer, Trafinscout GmbH, Frankfurt am Main

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