FACTORING

Factoring als Finanzierungslösung im E-Commerce

Herausforderungen für Händler und Factor

Wolf Stumpf, Foto: Noerr LLP

Der Onlinehandel boomt. Raten- und Rechnungskauf erfreuen sich dabei großer Beliebtheit. Doch was für den Kunden eine Erleichterung bedeutet, bereitet Onlinehändlern oftmals Probleme. Factoring als Finanzierungslösung bietet Verkäufern Abhilfe und Liquidität, bringt aber auch einige Herausforderungen mit sich. Die Autoren zeigen die durch das Factoring im E-Commerce entstehenden rechtlichen Verpflichtungen für Händler auf. Des Weiteren erläutern sie detailliert, was der Factor selbst alles beachten muss. (Red.)

Der Onlinehandel verzeichnet seit Jahren steigende Umsatzzahlen. Dies gilt nicht nur für den B2C-, sondern auch für den B2B-Bereich. Der Ratenkauf beziehungsweise das Teilzahlungsgeschäft im Sinne des § 507 BGB gewinnt als Zahlungsmöglichkeit im Onlinehandel zunehmend an Bedeutung.1) Für den Onlinehändler stellen hierbei das Bonitätsrisiko des Kunden wie auch die Refinanzierung bei langlaufenden Ratenzahlungen besondere Herausforderungen dar. Die Factoring-Branche hat hierfür spezielle Lösungen entwickelt, die dem Onlinehändler zeitnah Liquidität verschaffen und ihm das Bonitätsrisiko seines Kunden abnehmen. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Einbindung des Factoring als Finanzierung für Onlinehändler im Geschäft B2C und den damit verbundenen Herausforderungen.

Der Bestellprozess

Der Bestellprozess im Onlinehandel läuft üblicherweise dergestalt ab, dass der Kunde nach Auswahl der gewünschten Waren und der Finalisierung seines Warenkorbes aufgefordert wird, seine Kundendaten einzugeben und eine Zahlungsart auszuwählen. Hierbei stehen neben den "klassischen" Zahlungsarten (zum Beispiel Vorkasse, Lastschrift) und internetspezifischen Zahlungswegen (zum Beispiel Paypal, Giropay) auch der Rechnungs- und Ratenkauf zur Verfügung.2)

Im nächsten Schritt erfolgt anhand der eingegebenen Kundendaten - in aller Regel unter Einbindung externer Dienstleister - eine Bonitätsprüfung des Kunden. Verläuft diese positiv, kann der Kunde seine Bestellung in der von ihm ausgewählten Zahlungsart tätigen. Darin liegt aus juristischer Sicht jedoch zunächst nur das Angebot des Kunden zum Abschluss eines Kaufvertrages über die von ihm ausgewählte Ware; je nach vertraglicher Gestaltung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Onlinehändlers nimmt dieser das Kaufangebot des Kunden entweder durch Zusendung einer Bestätigung per E-Mail oder Versendung der Ware beziehungsweise Zugang der Rechnung an. Immanent ist dem Onlinehandel zudem die Befassung mit Widerrufsrechten des Kunden.

Herausforderungen für den Onlinehändler

Der Rechnungskauf hatte unter den beim Onlinehandel ausgewählten Zahlungsarten im Jahr 2018 den größten Marktanteil mit 27,9 Prozent.3) Hierbei erhält der Kunde die Ware und eine Rechnung mit Zahlungsziel.

Aber auch der Ratenkauf erfreut sich - als Alternative zum Verbraucherkredit - der steigenden Beliebtheit. Der Ratenkauf ist ein "Teilzahlungsgeschäft" im Sinne der §§ 506 Absatz 3, 507 BGB, auf das - mit gewissen Modifikationen - überwiegend die Vorschriften des Verbraucherkreditrechts zur Anwendung gelangen.4) Der Ratenkauf bietet dem Kunden (Verbraucher im Sinne des § 13 BGB) auf Grundlage seines mit dem Onlinehändler (Unternehmer im Sinne des § 14 BGB) geschlossenen Vertrages die Möglichkeit, die gekaufte Ware in wiederkehrenden Raten zu zahlen. Finanzierung und Kauf erfolgen also in einem Vertrag. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zum Ratenkredit, der auf zwei getrennten Verträgen beruht; der Darlehensvertrag zwischen Bank und Kunde tritt neben den Kaufvertrag über die finanzierte Ware zwischen Onlinehändler und Kunde. Ein "Vorteil" des Ratenkaufs liegt auch darin, dass er via Internet auch ohne Einhaltung eines Schriftformerfordernisses abgeschlossen werden kann (vergleiche § 507 Absatz 1 Satz 2 BGB); das "Kauferlebnis" des Kunden wird also nicht durch Formalien gestört.

So bequem die Zahlungsart Ratenkauf für den Kunden ist, so vielfältig sind die Herausforderungen für den Onlinehändler. Dieser sieht sich nicht nur einem durch Ratenzahlung verzögertem Liquiditätszufluss gegenüber, sondern wird zugleich durch eine Vielzahl rechtlicher Verpflichtungen gefordert. Diese ergeben sich insbesondere infolge der auf den Ratenkauf anwendbaren Regelungen des Verbraucherkreditrechts. Neben Erläuterungspflichten (etwa aus § 491a Absatz 3 BGB), weitreichenden Informationspflichten (etwa gemäß §§ 506 Absatz 1, 491a BGB in Verbindung mit Artikel 247 § 3 Nr. 13 EGBGB hinsichtlich des Bestehens/Nichtbestehens eines Widerrufsrechts) trifft den Onlinehändler beispielweise auch die Verpflichtung zur Kreditwürdigkeitsprüfung (vergleiche § 506 Absatz 1 BGB in Verbindung mit § 505a Absatz 1 S 2 BGB; hiernach besteht bei negativer Kreditwürdigkeitsprüfung ein Abschlussverbot). Dient letztere vor allem dem Verbraucherschutz, fühlen sich gleichwohl viele Kunden durch eine negative Kreditentscheidung belastet. Eine Klage auf Schmerzensgeld wegen vermeintlicher gemäß dem Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes ("AGG") verbotener Diskriminierung ist leider kein Einzelfall.5)

Hinzu treten datenschutzrechtliche Herausforderungen, denn die Überprüfung der Kreditwürdigkeit des Kunden setzt die Erhebung von personenbezogenen Daten voraus. Hierin zeigt sich ein Widerspruch zwischen der mit DS-GVO/ BDSG bezweckten Stellung des Kunden als "Herr" seiner Daten und dem der Kreditwürdigkeitsprüfung zugrunde liegenden Leitbild eines vor sich selbst zu schützenden Verbrauchers.6)

Vorteile des Factoring

Die Einbindung eines Factors kann den Onlinehändler hier massiv entlasten. Ihm kommt zunächst die Finanzierungsfunktion des Factoring zugute, da der Factor durch die frühzeitige Auszahlung des Kaufpreises für die Forderung dem Onlinehändler zeitnah einen Liquiditätsvorteil verschaffen kann. Das Factoring bietet sich damit als Refinanzierung für Ansprüche des Onlinehändlers gegen seine Kunden aus Rechnungsoder Ratenkauf an.

Beim "echten" Factoring tritt die Übernahme des Delkredererisikos durch den Factor dazu, das heißt das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Kunden wird auf den Factor verlagert. Dies kann bei langlaufenden Ratenzahlungen ebenfalls einen erheblichen Vorteil darstellen. Zudem kann der Onlinehändler die Dienstleistungsfunktion des Factorings benutzen, etwa durch Unterstützung des Factors bei der Kreditwürdigkeitsprüfung und die beispielhafte Bereitstellung einer dem Kunden zu übergebenden Dokumentation durch den Factor.

Herausforderungen für den Factor

E-Commerce ist nach wie vor ein großes Wachstumsfeld und bietet damit auch für Factoring-Anbieter erhebliches Potenzial. Allerdings sind aus Sicht des Factors beim Kauf von Forderungen aus Rechnungs- beziehungsweise Ratenkauf eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu berücksichtigen, die sich aus den Eigenarten des Onlinehandels ergeben. Besonderheiten folgen etwa aus dem Ablauf des Bestellprozesses oder der Einbeziehung von Verbrauchern als Debitor. Oftmals bedingt dies Abweichungen von den Standardprozessen eines Factors und setzt eine maßgeschneiderte Vertragsgestaltung voraus.

Insbesondere zu den folgenden Punkten empfiehlt sich eine Prüfung:

- Verzahnung der Kreditwürdigkeitsprüfung mit Ankaufspflicht:

Übernimmt der Factor für den Onlinehändler beispielsweise die Prüfung der Kreditwürdigkeit dessen Kunden (was häufig unter Einschaltung externer Dienstleister geschieht), wird dies bei positivem Prüfungsergebnis in der Regel zugleich die Erteilung einer Ankaufszusage (soweit im Übrigen die "üblichen" Ankaufsvoraussetzungen erfüllt sind) nach sich ziehen. Zu bedenken ist aber, dass im Zeitpunkt einer positiven Kreditwürdigkeitsprüfung und sich anschließender Bestellung des Kunden in der Zahlart Rechnungs-/ Ratenkauf noch keine Forderung des Onlinehändlers besteht, die der Factor ankaufen kann. Denn nach den im Onlinehandel üblichen Vertragsgestaltungen nimmt der Onlinehändler das Angebot seines Kunden erst später an - mitunter erst durch Versendung der Rechnung/Ware. Es ist daher sicherzustellen, dass der Factor vom Abschluss des Vertrages zwischen Onlinehändler und Kunde informiert wird. Denkbar ist beispielsweise, die Forderungsandienung mit dieser Mitteilung zu verknüpfen.

- Berechnung des Gesamthöchstbetrages:

Weiterhin sind bei der Berechnung des Höchstbetrages, bis zu dem der Factor Kaufpreise an den Kunden auszahlt, nicht nur bereits im Rahmen abgeschlossener Forderungskäufe ausgezahlte Kaufpreisanteile zu berücksichtigen. Ist eine vom Factor übernommene Kreditwürdigkeitsprüfung positiv ausgefallen und hat der Kunde unter Auswahl der Zahlungsmethode Rechnungs-/Ratenkauf seine Bestellung getätigt, hat es der Onlinehändler in der Hand, dieses Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages anzunehmen oder abzulehnen. Nimmt er dieses an, löst er damit bei entsprechender Gestaltung und Vorliegen der Ankaufsvoraussetzungen eine Ankaufspflicht des Factors aus. Der Factor sollte daher bei der Berechnung des Gesamthöchstbetrages vorsorglich auch diejenigen potenziellen Verpflichtungen aus Forderungskauverträgen berücksichtigen, bei denen ein Ankauf "nur" noch vom Zustandekommen des Liefervertrages zwischen Onlinehändler und Kunde abhängt.

- Ausgestaltung des Ankaufs/Auszahlung des Forderungskaufpreises:

Kommt der Kaufvertrag zwischen Onlinehändler und Kunde kurz nach der Bestellung zustande, kann sich - abhängig vom Geschäftsmodell des Factors - die Frage stellen, ob bereits dieser Vertragsschluss zum Ankauf der Forderung und einer damit verbundenen Pflicht zur Kaufpreiszahlung führen soll; denn üblicherweise wird die Auszahlung des Kaufpreises mit dem Ankauf verknüpft. Im Onlinehandel kann diese Gestaltung dazu führen, dass dem Onlinehändler ein Kaufpreis für die Forderung gegen den Kunden zufließen würde, noch bevor er seine Leistung an den Kunden erbracht hat. Für den Factor besteht in diesem Fall ein gesteigertes Risiko, etwa falls der Onlinehändler nach Vereinnahmung des Kaufpreises aber noch vor Leistungserbringung an den Kunden in Insolvenz fällt. Aus Risikosicht des Factors ist daher eine Gestaltung zu empfehlen, welche die Auszahlung des Kaufpreises an die vorherige Erbringung der Leistung seitens des Onlinehändlers knüpft. Kommt der Vertragsschluss zwischen Onlinehändler und Kunde jedoch erst mit Versendung der Rechnung und/oder Ware zustande, verschiebt sich zugleich der Abschluss des Forderungskaufvertrages - und damit die Auszahlung des Forderungskaufpreises - mitunter auf einen späten Zeitpunkt.

- Sendungsverfolgung:

Sieht das Factoring-Modell ausnahmsweise die Auszahlung eines Forderungskaufpreises bereits vor vollständiger Leistungserbringung des Onlinehändlers vor, sollte zumindest sichergestellt sein, dass die Zustellung der Ware beim Kunden des Onlinehändlers durch Sendungsverfolgung geprüft werden kann.

- Veritätsgarantie/Umgang mit Widerrufsrechten:

Auch bei der Veritätsgarantie kann der Onlinehandel besondere Anpassungen erfordern. Aufgrund der regelmäßig anzutreffenden (etwa auf Basis von §§ 650i, 650l BGB oder gestützt auf §§ 506 Absatz 1, 495 Absatz 1 BGB, wobei das Verhältnis beider Widerrufstatbestände bislang noch nicht abschließend geklärt zu sein scheint) Widerrufsrechte widerruft in aller Regel eine Vielzahl von Verbrauchern ihre Vertragserklärung und sendet die vom Onlinehändler erhaltene Ware zurück. Diesem Umstand ist bei der Ausgestaltung der Veritätsgarantie Rechnung zu tragen. Zu überlegen ist auch, ob entsprechende Widerrufserklärungen des Kunden nicht unmittelbar gegenüber dem zu diesem Zwecke vom Onlinehändler bevollmächtigten Factor abgegeben werden sollten. Hierdurch ist sichergestellt, dass der Factor in jedem Falle von einem Widerruf erfährt und entsprechend den Forderungskauf rückabwickeln kann. Eine solche Regelung setzt jedoch eine entsprechende Vereinbarung zwischen Onlinekunde und Kunde voraus.

Nach Erfahrung der Verfasser stellt die "gerichtsfeste" Formulierung von Belehrungen und Informationen im Zusammenhang mit Verbraucherdarlehen/Finanzierungshilfen trotz vom Gesetzgeber bereitgestellter Musterformulierungen (vergl. etwa Anlage 7 zu Artikel 247 § 6 Absatz 2 und § 12 Absatz 1 EGBGB) oftmals eine Herausforderung dar. Gerade beim Factoring von Forderungen aus Ratenkaufverträgen empfiehlt sich für den Factor eine vorausschauende Risikoanalyse, die auch die Rechtsfolgen einer gegebenenfalls fehlerhaften Widerrufsinformation sowie unterlassener oder unzureichender Pflichtangaben in den Blick nimmt. Nach §§ 506, 356b Absatz 2 BGB beginnt bei einer sonstigen Finanzierungshilfe die Widerrufsfrist nicht, wenn die dem Verbraucher (= Kunde des Onlinehändlers) zur Verfügung gestellte Urkunde nicht die Pflichtangaben gemäß § 492 Absatz 2 BGB enthält.

Die Vorschrift verweist weiter auf die Artikel 247 §§ 6 bis 13 EGBGB. Dort ist unter Artikel 247 § 6 Absatz 2 EBGB festgeschrieben, dass auch verschiedene Informationen betreffend des Widerrufsrechts zu den Pflichtangaben zählen.7) Dementsprechend beginnt auch die Widerrufsfrist nicht ohne eine ordnungsgemäße Widerrufsinformation. Bislang konnte durch eine unterbliebene oder eine fehlerhafte Widerrufsinformation ein "ewiges Widerrufsrecht" entstehen. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch in einer neueren Entscheidung in Bezug auf das bei einem im Fernabsatz geschlossenen Finanzdienstleistungsvertrag bestehende Widerrufsrecht Grenzen gesetzt,8) das nunmehr in der Rechtsprechung deutscher Gerichte zu beachten ist. Jedenfalls nach bisher vorherrschender Rechtsprechung kann dem Verbraucher aber noch viele Jahre nach Vertragsschluss ein Widerrufsrecht zustehen, das sein Ende nur in § 242 BGB (Verwirkung) und einer Nachholung der Pflichtangabe findet. Dies ergibt sich aus § 356b Absatz 2 BGB und einem Umkehrschluss aus § 356d Satz 2 BGB (für unentgeltliche Finanzierungshilfen). Hieraus folgt die Möglichkeit des Verbrauchers, noch viele Jahre nach Vertragsschluss eine wirksame Widerrufserklärung abzugeben. Hiernach ist der Vertrag rückabzuwickeln.

Wirtschaftlich kann dies bedeuten, dass der Verbraucher sämtliche Tilgungsraten zurückverlangen kann und praktisch nur materielle Bereicherungen, die er noch herausgeben kann, herauszugeben sind. Daneben kann eine fehlerhafte Widerrufsinformation Schadenersatzansprüche auslösen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich die Prüfung, welche Leistungen des Onlinehändlers in das Factoring einbezogen werden sollen. Erbringt der Onlinehändler beispielsweise eine Werkleistung für den Verbraucher (seinen Kunden), so bestünde dessen Pflicht allein in der Herausgabe des Werkes, was jedoch - abhängig vom Werk - mitunter ausgeschlossen sein kann.

- Kreditwürdigkeitsprüfung:

Verpflichtet sich der Factor gegenüber dem Onlinehändler, für diesen die Kreditwürdigkeitsprüfung durchzuführen, bedingt auch dies eine vertragliche Regelung. Hierbei kann sich etwa die Frage stellen, ob beziehungsweise in welcher Form der Factor die Kriterien für diesen internen Prüfungsprozess gegenüber dem Onlinehändler offenlegt. Zudem ist bei Ausgestaltung der Kreditwürdigkeitsprüfung Artikel 22 DS-GVO zu berücksichtigen. Artikel 22 Absatz 2 DS-GVO begründet ein Verbot, Entscheidungen, die eine rechtliche Wirkung oder wesentliche Beeinträchtigung für die betroffene Person nach sich ziehen, ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung zu stützen. Allerdings gibt es in Artikel 22 Absatz 2 DS-GVO Ausnahmen von diesem Verbot. Dies gilt etwa dann, wenn die automatisierte Verarbeitung für den Abschluss oder die Erfüllung eines Vertrages erforderlich ist. Wie bereits dargelegt, besteht bei Teilzahlungsgeschäften und Verbraucherdarlehen eine Verpflichtung zur Kreditwürdigkeitsprüfung. Da es für den Abschluss dieser Verträge entscheidend auf die Zahlungsfähigkeit des Vertragspartners ankommt, spricht sehr viel dafür, dass auch eine allein automatisiert durchgeführte Bonitätsprüfung im Bereich des Erforderlichen liegt.9) Unabhängig hiervon muss der Kreditgeber (also die Bank, die Forderungen aus einem Ratenkauf ankauft) selbstverständlich die aufsichtsrechtlichen Anforderungen für die Prüfung der Kapitaldienstfähigkeit erfüllen.10)

Beachtung sollte auch der Frage gewidmet werden, ob der Factor die von ihm angekauften Forderungen - etwa bei Überschreitung von Zahlungszielen durch den Debitor - an einen Dritten weiterreicht. Dies sollte sowohl im Factoring-Vertrag ausdrücklich geregelt werden wie auch die Pflicht des Onlinehändlers, einen weiteren Forderungserwerber zu unterstützen. Übernimmt der Factor die Kreditwürdigkeitsprüfung beim Ratenkauf für den Onlinehändler und bedient sich zu diesem Zwecke etwa der Unterstützung eines Dienstleisters (Auskunftei), enthält der mit diesem vereinbarte Vertrag in aller Regel eine Verpflichtung zur Einmeldung offener Forderungen11) durch den Factor. Veräußert der Factor die Forderungen jedoch an einen Dritten, ist sicherzustellen, dass dieser die Einmeldung an den Dienstleister (für den Factor) erbringt.

Das Factoring von Forderungen aus Rechnungs-/Ratenkäufen erfordert nicht nur eine Anpassung der Regelungen des Factoring-Vertrages, sondern setzt zudem die Ergänzung der Verkaufsbedingungen des Onlinehändlers um spezifische Regelungen für das Factoring voraus. Hierzu gehört beispielsweise die Offenlegung der Abtretung und - abhängig vom Geschäftsmodell - die Empfangszuständigkeit des Factors für die Entgegennahme einer Widerrufserklärung des Kunden in Vollmacht des Onlinehändlers.

Fraglich ist, ob der Factor den Onlinehändler durch Bereitstellung ergänzender Regelungen für seine AGB/Widerrufsinformationen unterstützen kann. Denn hierin könnte eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Absatz 1 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (RDG) liegen, für die eine entsprechende Befugnis vorliegen muss, vergleiche § 3 RDG. Angesichts der Komplexität und umfangreichen Judikatur zur Ausgestaltung von Widerrufsinformationen sind erhebliche juristische Transferleistungen erforderlich, so dass die Annahme einer Rechtsdienstleistung nicht von vorneherein ausgeschlossen erscheint. Eine Befugnis für den Factor zur Erbringung einer derartigen Rechtsdienstleistung gegenüber dem Onlinehänder könnte sich aus § 5 Absatz 1 Satz 1 RDG ergeben. Hiernach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören, erlaubt. Der Factor hat als Forderungerwerber ein eigenes Interesse an Rechtssicherheit. Insoweit spricht manches für die Annahme einer zulässigen Nebentätigkeit. Allerdings ist die Rechtsprechung zu der hier im Raum stehenden konkreten Konstellation nicht ersichtlich.

Ratenkauf als unzulässige Umgehung?

Für Banken, welche - anders als Finanzdienstleister - die Möglichkeit haben, Verbraucherkredite auszureichen, stellt sich zudem die Frage, ob das Factoring der Forderungen aus einem Ratenkauf nicht eine unzulässige Umgehung darstellen könnte. Dies ist aus folgenden Gründen jedoch zu verneinen:

- Aus zivilrechtlicher Sicht finden auf den Ratenkauf, der als entgeltliche Finanzierungshilfe zu qualifizieren ist, die verbraucherkreditrechtlichen Bestimmungen (in modifizierter Form) Anwendung. Ebenso trifft den Finanzierungspartner des Verbrauchers in bei den Fällen eine Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung. Daran ändert sich durch die Abtretung der Forderungen aus dem Ratenkauf an eine Bank zivilrechtlich nichts.

- Aufsichtsrechtlich trifft eine Bank bei Vergabe eines Verbraucherdarlehens die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach § 18a Absatz 1 KWG. Diese Vorschrift entspricht ihrem Wortlaut nach jedoch in weiten Teilen der Kreditwürdigkeitsprüfung in § 505a ff. BGB. Allerdings enthält § 18a Absatz 3 Satz 2 KWG die Verpflichtung, die im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung erhaltenen Informationen mit angemessenen Mitteln zu überprüfen, erforderlichenfalls auch durch Einsichtnahme in unabhängig nachprüfbare Unterlagen. Im BGB findet sich eine derart konkretisierte Prüfpflicht allein für Immobilien-Verbraucherdarlehensverträge, vergleiche § 505b Absatz 3 Satz 2 BGB. Das Fehlen einer mit § 18 Absatz 3 Satz 2 KWG vergleichbaren Regelung für den Ratenkauf im BGB spricht deshalb dafür, dass diese Regelung keinerlei verbraucherschützende Zielrichtung hat, sondern allein aufsichtsrechtlicher Natur ist. Ebenso gilt es zu berück sichtigen, dass der Ankauf von Forderungen durch lizensierte Kreditinstitute gleichermaßen wie der Verkauf von Forderungen der Onlinehändler gegen Verbraucher ein grundsätzlich zulässiges Betätigungsfeld darstellt.

Den Onlinehändler treffen in der Zahlungsart Rechnungs-/Ratenkauf ökonomische und rechtliche Herausforderungen. Factoring als Finanzierungsmodell bietet dem Onlinehändler nicht nur einen attraktiven Liquiditätszufluss und die Befreiung von Ausfallrisiken, sondern kann ihn zugleich von rechtlichen Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden entlasten, die sich insbesondere im Zusammenhang mit dem Ratenkauf ergeben.

Fußnoten

1) Vgl. dazu Billing/Milsch, Der Ratenkauf im Internet, NJW 2016, 2369 ff.

2) Vgl. dazu Harman, Neue Instrumente des Zahlungsverkehrs: Paypal & Co., BKR 2018, 457.

3) Vgl. die Übersicht von Statista "Marktanteile von ausgewählten Zahlungsverfahren im Online-Handel am Umsatz in Deutschland im Jahr 2018" abrufbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/224827/umfrage/marktanteile-von-zahlungsverfahren-beim-online-handel/.

4) Billing/Milsch, NJW 2016, 2369.

5) Vgl. etwa die Entscheidung des AG München vom 13.4.2016 (171 C 28560/15) zur Frage, ob die Verweigerung einer Ratenzahlung eine unzulässige Altersdiskriminierung darstellt.

6) Vgl. auch die Kommentierung zu § 18a KWG in BeckOK DatenschutzR/Spoerr, 29. Ed. 1.2.2015, DS-GVO Syst. J. Datenschutz im Finanzwesen, Rn. 79.

7) Vgl. hierzu näher Palandt/Weidenkaff, BGB, 78. Auflage 2019, Artikel 247 § 6 EGBGB Rn. 5; § 494 Rn. 15.

8) EuGH, Urteil vom 11.9.2019, C-143/18.

9) Vgl. hierzu im Einzelnen Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, Datenschutzrecht, DSGVO Artikel 22 Rn. 43 m. w. Nachw.

10) Vgl. dazu etwa die aus § 25a Absatz 1 in Verbindung mit BTO 1.2 Satz 2 Tz. 3 und BTO 1.2.1 S. 2 MaRisk folgenden Anforderungen an die Prüfung der Kapitaldienstfähigkeit.

11) Zum Thema Einmeldung an sich vgl. Abel, Einmeldung und Auskunftstätigkeit nach DSGVO und BDSG, ZD 2018, 103.

WOLF STUMPF ist Rechtsanwalt und Partner der internationalen Sozietät Noerr LLP, Frankfurt am Main. Zu seinen Schwerpunkten zählen unter anderem Bank- und Prozessrecht, Compliance und Geldwäscheprävention. Seit 1999 bei der europäischen Wirtschaftskanzlei verantwortet er die Beratung von Factoring-Unternehmen. E-Mail: wolf.stumpf[at]noerr[dot]com
 
RUHAN NEFIZ ist Rechtsanwältin in der internationalen Sozietät Noerr LLP, Frankfurt am Main. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Finanzierungs- und Prozessrecht; insbesondere berät sie Factoring-Gesellschaften in finanzierungsrechtlichen Fragestellungen. E-Mail: ruhan.nefiz[at]noerr[dot]com
Wolf Stumpf , Rechtsanwalt und Partner , Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB, Frankfurt am Main
Ruhan Nefiz , Rechtsanwältin in der internationalen Sozietät Noerr LLP, Frankfurt am Main

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