LEASING

ICAAP und das Leasing-Geschäft

Umsetzungshinweise mit Praxisbeispiel

Thomas Schmidt, Foto: Plenum AG

Anhand eines Praxisbeispiels gibt der Beitrag insbesondere für kleine und mittelgroße Firmen wertvolle Hinweise zur Umsetzung der aufsichtlichen Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte und deren prozessualer Einbindung in die Gesamtbanksteuerung, kurz ICAAP. Damit wird gezeigt, wie Leasing-Unternehmen mittels Substanzwerten das ICAAP-Schema umsetzen können und dabei möglichst komplikationslos die aufsichtsrechtlichen Anforderungen in die Gesamtleasing-Steuerung integrieren. (Red.)

In einem in der Januar-Ausgabe vorausgehenden Beitrag zum "ICAAP im Leasing-Geschäft" wurden die wesentlichen Elemente der aufsichtlichen Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte und deren prozessualer Einbindung in die Gesamtbanksteuerung (ICAAP) für kleine und mittlere Leasing-Unternehmen erörtert. Der Fokus lag auf der für Leasing-Unternehmen relevanten ökonomischen Perspektive.

Im nun vorliegenden Beitrag werden die theoretischen Grundlagen durch das praxisorientiere Zahlenbeispiel der Mustermann Leasing GmbH & Co. KG (ML) unterlegt und weitere Hinweise zur Implementierung des ICAAP gegeben.

Bestimmung des Substanzwertes

Die wesentlichen Elemente des Substanzwerts der Mustermann Leasing belaufen sich wie folgt: Im Jahr 2010 ist die ML mit dem Geschäftsfeld "Auto" am Markt gestartet. Nach Etablierung am Markt und der Stabilisierung des Geschäfts entwickelte sich das Jahresergebnis positiv. Für das weitere Wachstum wurden 2013 das Geschäftsfeld "EDV" und 2016 das Geschäftsfeld "Maschinen" aufgenommen.

Zum Betrachtungszeitpunkt (31. Dezember 2020) hat die ML 11 355 aktive Verträge mit einem kumulierten Anschaffungswert in Höhe von rund 852 Millionen Euro im Bestand. Die Summe der Restforderungen zum Betrachtungszeitpunkt beträgt rund 646 Millionen Euro. In den Teilportfolien sind zu unterschiedlichen Anteilen Teilamortisations-(TA)- und Mietkaufverträge enthalten. Die Verträge haben Laufzeiten zwischen 24 und 72 Monaten und Restwerte zwischen zehn und 57 Prozent des Anschaffungswertes.

Die ML tätigt ausschließlich Geschäfte mit gewerblichen Kunden und schreibt die Leasing-Objekte linear nach betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer ab. Die ML ist mit einem Grundkapital von einer Million Euro ausgestattet, Jahresergebnisse werden anteilig thesauriert. Es wird erwartet, dass sich auch in Zukunft das Neugeschäft der ML positiv entwickelt. Für 2021 ist die Aufnahme eines weiteren Geschäftsfeldes für "Fahrzeuge mit alternativem Antrieb" geplant. Abbildung 1 zeigt den Substanzwert, zu dem die Annahmen zum Betrachtungszeitpunkt führen.

Gesamtleasing-Steuerung

Die Gesamtleasing-Steuerung der ML baut auf dem Substanzwert auf.1) Zwar erwarten die Gesellschafter regelmäßige Gewinne, primär liegt ihr Fokus aber auf der Mehrung ihres Vermögens, sodass bei Steuerung nach dem Substanzwertkonzept keine Zielkonflikte zu erwarten sind. Es ist das Ziel der ML, alle aufsichtlichen Anforderungen möglichst friktionslos in das bestehende und bewährte Konzept der Gesamtleasing-Steuerung zu integrieren. Zur Berechnung der Risikodeckung bei allen Elementen des ICAAP (Risikotragfähigkeit, Kapitalplanung, Stresstest) stützt sich die ML daher auf den Substanzwert.2) Der Substanzwert als barwertiges Verfahren ist explizit zukunftsorientiert und korrespondiert mit der ökonomischen Perspektive.3)

Erster Ansatzpunkt ist die Bemessung des Risikopuffers, der vom Risikodeckungspotenzial abzuziehen ist, um auf die Risikodeckungsmasse überzuleiten. Dieser spiegelt zunächst den Risikoappetit der Geschäftsleitung wider. Darüber hinaus kann der Puffer angelegt werden, um Reserven für eine geplante Mindestausschüttung vorzusehen und/oder geplante Substanzwertkennziffern abzubilden.

Abbildung 1: Substanzwert/Betriebswirtschaftliches Eigenkapital zum Betrachtungszeitpunkt (31. Dezember 2020) Quelle: Schmidt/Bosselmann

Für ICAAP-Leasing verwendet die ML drei Szenarien, die durch unterschiedliche Anforderungen an die Risikoabdeckung und den Grad der negativen Abweichung von der geplanten Geschäftsentwicklung charakterisiert sind:

- Szenario "Standard": Die Geschäftsaktivitäten "verlaufen nach Plan" und die Risiken bewegen sich wie erwartet. Die im Rahmen der Unternehmensplanung einkalkulierten Risikokosten reichen aus, um alle schlagend gewordenen Risken im Betrachtungszeitraum abzudecken. Das Standardszenario ist damit der Maßstab zur Abgrenzung und Bewertung unerwarteter Risiken. Dem Standardszenario, das die geplante Unternehmensentwicklung beschreibt, werden Szenarien gegenübergestellt, in denen die Entwicklung negativ von der geplanten Unternehmensentwicklung abweicht.4)

- Szenario "Basis": Das Basisszenario bildet die Grundlage für die Risikotragfähigkeitsrechnung. Über die erwarteten Risiken im Standardszenario hinaus sind auch unerwartete Risiken zu tragen, die dennoch vollständig abgedeckt werden sollten, ohne dass der Risikopuffer beansprucht wird. Das Szenario bildet einen moderaten konjunkturellen Abschwung ab.

- Szenario "Stress" (adverses Szenario): Das Stressszenario entspricht dem Risikoprofil eines schweren konjunkturellen Abschwungs und ist somit strenger als das Basisszenario (und das Standardszenario). Zur Deckung der unerwarteten Risiken kann gegebenenfalls der Risikopuffer eingesetzt werden. Ob eine Belastung des Risikopuffers in Krisenszenarien akzeptiert werden kann, hängt auch davon ab, wie der Risikopuffer institutsspezifisch bemessen wird, um das Risikodeckungspotenzial von der Risikodeckungsmasse abzugrenzen. Bei konservativer Bemessung erscheint die Belastung akzeptabel. Bei schwach ausgeprägtem Grad der Risikoaversion sollte der Puffer dagegen unangetastet bleiben.

Das adverse Szenario und das Stressszenario für das Gesamtrisikoprofil wurden zusammengefasst, da das adverse Szenario bereits einem schweren konjunkturellen Abschwung entspricht und damit den aufsichtsrechtlichen Maßstäben genügt.

Die einzelnen Elemente des ICAAP bilden bei Berücksichtigung der drei Szenarien ein integriertes Gesamtkonzept. Während die Risikotragfähigkeitsrechnung auf einen Betrachtungszeitraum von einem Jahr ausgelegt ist, wird für die Kapitalplanung ein Betrachtungszeitraum von drei Jahren vorgesehen. Korrespondierend damit kann die Detailtiefe der Planung mit zunehmendem Planungshorizont reduziert werden.

Abbildung 2 fasst den Zusammenhang von Substanzwert und ICAAP im Leasing schematisch vereinfacht zusammen. Das bedeutet, dass die Betrachtung auf einen Zeitpunkt beschränkt wird. Für die Abbildung eines mehrperiodischen Zeitraumes, wie für die Kapitalplanung gefordert, ist das Schema entsprechend durch weitere Spalten für die Folgejahre zu erweitern. Die Summe der Anrechnungsbeträge R4 ist dann der Anrechnungsbetrag für (unerwartete) Risiken, der der Risikodeckungsmasse gegenübergestellt werden muss.5)

Abbildung 2: ICAAP-Schema Leasing Quelle: Schmidt/Bosselmann

Für mittelständische Gesellschaften wie die ML sind Szenarioanalysen beziehungsweise Stresstests ein geeignetes Instrument, um die Risikokosten für einzelne Risikoarten zu bestimmen. Die Abgrenzung von erwarteten und unerwarteten Verlusten kann dann durch den Vergleich eines Szenarios bei gewöhnlicher Geschäftstätigkeit (Standardszenario) mit einem Krisenszenario (Basis- oder Stressszenario) erfolgen. Geeigneter Ansatzpunkt zur Ableitung solcher Krisenszenarien können der von vielen Unternehmen durchlebte Einbruch in den Jahren 2008/09 oder erste Erfahrungen aus der Pandemie 2020/21 sein.

Für die Bewertung der Marktpreis- und Liquiditätsrisiken sowie der operationellen und sonstigen Risiken wird auf die Anwendungshinweise ICAAP-Leasing verwiesen.6) Für das Adressenausfallrisiko sind Risikoparameter für die Bonität des Kunden (PD) und die Werthaltigkeit der Objekte (LGD) gemäß der Portfoliozusammensetzung für das Standardszenario und für weitere Szenarien (Basis und Stress) festzulegen.

- Risikokosten im Standardszenario: Nach Bestimmung der Parameter PD, Ausfallkredithöhe (EAD) und LGD kann der erwartete Verlust eines jeden Vertrages für das Standardszenario bestimmt werden. Aufgrund der unterstellten Additivität ergibt die Summe der Einzelbeträge den Wert des Gesamtrisikos im Standardszenario.

Beispielhaft gilt für einen Einzelvertrag über Maschinen mit Anschaffungswert von 120 000: Mit EAD Standard gleich 60 000, PD Standard gleich 1,1 Prozent und LGD Standard gleich 15 Prozent ergibt sich multiplikativ ein EL Standard von 99.

- Risikokosten im Basis- und im Stressszenario (Krisenszenarien): Die Krisenszenarien der ML können durch Variation der Parameter PD und LGD abgebildet werden. Die Beschreibung der Szenarien anhand der Parameterausprägungen kann dabei entweder hypothetisch oder anhand bekannter Krisenerfahrungen erfolgen.

Die für das Adressenausfallrisiko der ML relevanten Annahmen für das Basisszenario werden wie folgt bestimmt:

- Es wird unterstellt, dass sich die Bonitäten aller Kunden um jeweils eine Bonitätsklasse verschlechtern und die Ausfallwahrscheinlichkeiten dementsprechend steigen.

- Gleichzeitig wird mit geringeren Verwertungserlösen gerechnet. Dies führt gegenüber den Verwertungserlösen im Standardszenario zu steigenden Verlustraten. Im Basis szenario wird erfahrungsbasiert angenommen, dass die Verlustraten beider Objektgruppen um jeweils 50 Prozent zunehmen.

Nun gilt für den genannten Einzelvertrag: EAD gleich 60 000, PD Basis gleich 1,38 Prozent, LGD Basis gleich 22,5 Prozent und EL Basis gleich 186,3.

Die Annahmen für das Stressszenario werden strenger gewählt:

- Gegenüber des Basisszenarios verschlechtern sich die Bonitäten aller Kunden der Klassen I bis V um eine weitere Bonitätsklasse.

- Die Verlustraten beider Objektgruppen nehmen um weitere 50 Prozent gegenüber des Basisszenarios zu.

Es gilt: EAD gleich 60 000, PD Stress gleich 2,2 Prozent, LGD Stress gleich 33,75 Prozent und EL Stress gleich 445,50.

Die Anrechnungsbeträge, die mit Substanz zu unterlegen sind, werden durch die Differenz der erwarteten Verluste in den Krisenszenarien gegenüber des Standardszenarios bestimmt. Für den betrachteten Beispielvertrag gilt:

- Der Anrechnungsbetrag für das Adressenausfallrisiko im Basisszenario (kurz: AB-AR Basis) ergibt sich wie folgt: EL Basis minus EL Standard, also 186,30 minus 99, ergibt 87,30.

- Der Anrechnungsbetrag für das AR im Stressszenario errechnet sich analog als EL Stress minus EL Standard. Mithin gilt AB-AR Stress gleich 445,50 minus 99 gleich 346,50.

Additiv über das gesamte Vertragsportfolio der ML ergeben sich folgende Anrechnungsbeträge für Adressenausfallrisiken:

- AB-AR Basis gleich 931 529,36

- AB-AR Stress ergibt 11 533 273,94

Der Vergleich der Risikokosten zeigt einen starken Anstieg in den Krisenszenarien, der im Wesentlichen auf die Migration zu den schlechten Bonitäten zurückzuführen ist. Der Effekt wird durch gestiegene Verlustraten noch verstärkt.

Freie Risikodeckungsmasse

Ausgehend vom Substanzwert einschließlich des bilanziellen Eigenkapitals (9) gemäß BDL-Schema gilt es zunächst auf das Risikodeckungspotenzial (R1) überzuleiten. Davon ist der Risikopuffer (R2) abzuziehen, um zur Risikodeckungsmasse (R3) zu gelangen. Bei der Kapitalplanung ist die Betrachtung für jede einzelne Periode des Betrachtungszeitraums durchzuführen.

Bei der ML entspricht das Risikodeckungspotenzial (RDP) dem Substanzwert, da die Risikotragfähigkeitsrechnung als Vorsteuerrechnung ausgestaltet ist. Ausgehend vom RDP werden Risikopuffer berechnet, um die Risikodeckungsmasse (RDM) zu bestimmen (R3). Unter Berücksichtigung aller Prämissen stellt die ML 60 Prozent des RDP als Risikodeckungsmasse ein. Damit sind der Risikopuffer und die RDM der ML bestimmt (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Ableitung der Risikodeckungsmasse Quelle: Schmidt/Bosselmann

Bestimmung der Risikotragfähigkeit

Die Risikotragfähigkeitsbedingung ist stets erfüllt, wenn die Risikodeckungsmasse (R3) ausreicht, um die Risikoanrechnungsbeträge in allen Krisenszenarien zu decken ("Grün-Fall"). Werden jedoch in mindestens einem Szenario unerwartete Risiken identifiziert, die auch durch das Risikodeckungspotenzial (R1) nicht gedeckt werden, sind Maßnahmen zu ergreifen, um das Risiko deckungspotenzial zu stärken und/oder Risiken zu reduzieren ("Rot-Fall"). Intermediäre Fälle, in denen in mindestens einem Szenario nur durch Belastung des Risikopuffers die Risikotragfähigkeitsbedingung erfüllt werden kann, erfordern eine differenzierte Betrachtung ("Gelb-Fall"). Die zusammenfassende Betrachtung für die ML im Basis- und Stressszenario gemäß ICAAP-Schema zeigt Abbildung 4.

Abbildung 4: Bestimmung der Risikotragfähigkeit im Basis- und Stressszenario Quelle: Schmidt/Bosselmann

Es zeigt sich, dass in beiden Szenarien die Risikodeckungsmasse nicht aufgezehrt wird und darüber hinaus der Risiko puffer als zusätzliche Reserve unangetastet bleibt. Zieht man zusätzlich in Betracht, dass bereits das Risikodeckungspotenzial konservativ ermittelt wurde, ist eine ausreichende Deckungsmasse für eine Ausweitung des Neugeschäftes vorhanden.

Auf Liquidität achten

Die Kapitalplanung (KP) erfordert, unter Berücksichtigung der geplanten Geschäfts- und Risikostrategie und unter Abwägung interner und externer Einflussfaktoren, den zukünftigen Kapitalbedarf zu prognostizieren. Dabei entsteht "Kapitalbedarf" immer dann, wenn unter den getroffenen Annahmen das Risikodeckungspotenzial nicht ausreicht, Risiken zu decken. Um einen Kapitalbedarf sowohl bei geplantem Geschäftsverlauf als auch bei adverser Entwicklung identifizieren zu können, entwickelt die ML für die Kapitalplanung mehrperiodische Szenarien, die an das Standard- und das Stressszenario der Risikotragfähigkeitsrechnung anknüpfen.

- Kapitalplanung im Standardszenario: Bei der ML geht man im Standardszenario davon aus, dass das Neugeschäft im Planungszeitraum moderat von 271 auf 295 Millionen Euro wächst. In dem gesamten Betrachtungszeitraum ist vorgesehen, an der Ausschüttungs- und Refinanzierungspolitik unverändert festzuhalten. Zinssätze und Margen ändern sich ebenfalls nicht. Unter den Annahmen des Standardszenarios ergibt die in Abbildung 5 dargestellte Entwicklung des Substanzwertes im Betrachtungszeitraum.

Abbildung 5: Substanzwert im Standardszenario Quelle: Schmidt/Bosselmann

Für den Betrachtungszeitraum der Kapitalplanung gilt ebenso wie bei der Risikotragfähigkeitsrechnung, dass alle erwarteten Risiken (Risikokosten) bereits berücksichtigt wurden. Unter den gegebenen Annahmen kann aus der Entwicklung des Substanzwertes direkt auf die Entwicklung des Risikodeckungspotenzials, des Risikopuffers und der Risikodeckungsmasse übergeleitet werden (siehe Abbildung 6). Die Entwicklung zeigt, dass die ML im Standardszenario alle Anforderungen für die geplante Unternehmensentwicklung erfüllt. So sind der Substanzwert be ziehungsweise das Risikodeckungspotenzial stets positiv und auch die Anforderungen zur Risikovorsorge, die sich im Risikopuffer widerspiegeln, werden im gesamten Betrachtungszeitraum erfüllt.

Abbildung 6: Kapitalplanung im Standardszenario Quelle: Schmidt/Bosselmann

- Kapitalplanung bei adverser Entwicklung: Über die Planung im Standardszenario hinaus, gilt es für die ML sicherzustellen, dass auch bei adverser Entwicklung der Kapitalbedarf gedeckt wird. Zur Ableitung der Szenarien knüpft die ML daher an das Stressszenario der Risikotragfähigkeitsrechnung an. Es wird unterstellt, dass das bestehende Geschäftsmodell im Planungszeitraum unverändert fortgesetzt und das geplante Wachstum bei gleicher Verteilung des Neugeschäftes, unveränderten Margen und unter Beibehaltung der Ausschüttungs- und Refinanzierungspolitik fortgesetzt werden kann. Analog zum Stressszenario der Risikotragfähigkeitsrechnung wird jedoch angenommen, dass die Bonitäten aller Kunden sinken und die Verlustraten der Objektgruppen steigen.

Unter den gegebenen Annahmen entwickelt sich der Substanzwert analog zum Standardszenario. Die Entwicklung der unerwarteten Risiken (Anrechnungsbeträge) zeigt Abbildung 7. Die Berechnung erfolgt analog der Berechnung in der Risikotragfähigkeitsrechnung.

Abbildung 7: Anrechnungsbeträge bei adverser Entwicklung Quelle: Schmidt/Bosselmann

Damit kann die Kapitalplanung bei adverser Entwicklung wie in Abbildung 8 dargestellt zusammengefasst werden. Der ML steht in den ersten beiden Jahren des Planungszeitraumes "freie" Risikodeckungsmasse zur Verfügung. Ab 2022 wird die Risikodeckungsmasse jedoch voll ausgeschöpft und der Risikopuffer muss zur Risikodeckung eingesetzt werden.7) Dennoch werden aber auch bei adverser Entwicklung im gesamten Betrachtungszeitraum alle Anforderungen erfüllt.

Abbildung 8: Kapitalplanung bei adverser Entwicklung Quelle: Schmidt/Bosselmann

Sensitivitätsanalysen und Stresstests

Die ML hat das aufsichtlich geforderte, adverse Szenario ausreichend streng gestaltet, sodass damit auch die Anforderungen an Stresstests für das Gesamtrisikoprofil erfüllt werden. Das Stressszenario wurde sowohl in der Risikotragfähigkeitsrechnung als auch in der Kapitalplanung berücksichtigt. Auf die Durchführung inverser Stresstests kann verzichtet werden, da die ML nicht zur Gruppe der großen Institute zählt.

Über die aufsichtlichen Anforderungen hinaus kann es jedoch aus betriebswirtschaftlichen Gründen geboten sein, weitere Risikopotenziale zu analysieren. Die Corona-Pandemie hat schließlich die Bedeutung operationeller Risiken aufgezeigt. Weitere Ansatzpunkte können sich aus Nachhaltigkeitsüberlegungen ergeben, auch wenn Nachhaltigkeitsrisiken keine eigene Risikoart darstellen, sondern im Rahmen der bereits bestehenden Risikoarten zu betrachten sind.

Substanzwertrechnung als Basis

Mit einem Zahlenbeispiel wurde verdeutlicht, wie auf der Substanzwertrechnung der ICAAP für Leasing-Unternehmen aufgebaut werden kann. Das Konzept korrespondiert mit der ökonomischen Perspektive und integriert die aufsichtlichen Anforderungen, die streng genommen nur aus normativer Perspektive gefordert sind. Damit werden die aufsichtlichen Anforderungen umfassend erfüllt und zugleich ein Rahmen vorgeschlagen, der institutsspezifisch ausdifferenziert und mit der Unternehmenssteuerung verknüpft werden kann. Der Rahmen ist offen gestaltet, sodass auch zukünftige Anforderungen integriert werden können.

Fußnoten

1) Vgl. ICAAP-Leasing, Kapitel 1.

2) Vgl. ICAAP-Leasing, Kapitel 2.

3) Vgl. zu Grundlagen der ökonomischen Perspektive BaFin (2018), Ziffer 37 ff.

4) Vgl. BaFin (2018), Ziffer 47 für die ökonomische Perspektive und Ziffer 32 und 33 für die normative Perspektive. Zwar ist die normative Perspektive für Leasing-Unternehmen nicht einschlägig, dennoch sind die damit verbundenen Ziele auch auf Leasing-Unternehmen anzuwenden. Auch die hier verwendeten Begriffe sind streng genommen nur für die normative Perspektive beschrieben, können aber sinngemäß angepasst und auf die ökonomische Perspektive angewendet werden.

5) Vgl. zu den wesentlichen Risiken ICAAP-Leasing, Kapitel 5.22

6) Vgl. zu den weiteren Risikoarten ICAAP-Leasing, Kapitel Fallbeispiel.

7) Die freie Risikodeckungsmasse kann keine negativen Werte annehmen und ist deshalb im Minimum auf null begrenzt. Der rechnerische Wert ohne Begrenzung ist in Klammern eingefügt. Analog gilt dies auch für den Auslastungsgrad der Risikodeckungsmasse, der nicht größer eins sein kann.

THOMAS SCHMIDT widmet sich als Partner bei der Plenum AG Managementberatung, Frankfurt am Main, den Themenfeldern Managementberatung, Risikomanagement, Aufsichtsrecht, Gesamtbanksteuerung, Leasing und Prozessberatung.
E-Mail: thomas.schmidt[at]plenum[dot]de
 
MICHAEL BOSSELMANN ist geschäftsführender Gesellschafter der Inveos GmbH, Hamburg. Er berät Leasing-Gesellschaften zu den Themen Planung, Controlling und Risikosteuerung und ist in dem Zuge für Entwicklung einer Steuerungs- und Planungssoftware verantwortlich.
E-Mail: michael.bosselmann[at]inveos[dot]com
Thomas Schmidt , Managing Director , RS&M Risk, Sustainable Finance & More, Bürgel
Michael Bosselmann , geschäftsführender Gesellschafter , Inveos GmbH, Hamburg

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