Leasing-Gesellschaften sind keine Schattenbanken

EBA-Leitlinien neu definieren

Thomas Hartmann-Wendels

Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels - "Geschäftsbeziehungen zu beaufsichtigten Leasing-Unternehmen fallen nach Auffassung der BaFin nicht in den Anwendungsbereich der zukünftig vorgeschriebenen zusätzlichen Limitsysteme für Kreditinstitute zur Begrenzung ihrer Risikopositionen gegenüber Schattenbanken. Voraussetzung dafür ist, dass Fristentransformation nicht in erwähnenswertem Umfang Bestandteil des Geschäftsmodells der Leasing-Unternehmen wird."1)

Die BaFin sieht in einem Schreiben an den BDL von einer Anwendung der umstrittenen EBA-Leitlinien auf Leasing-Gesellschaften vorerst ab. Der Autor beleuchtet die Hintergründe.

Seit der Finanzmarktkrise sind die Regulierungsvorschriften für Banken massiv verschärft worden. Damit wächst die Sorge, dass - um die Regulierung zu umgehen - zunehmend Bank- oder bankähnliche Geschäfte auf nicht regulierte Finanzdienstleister ausgelagert werden. Finanzdienstleister, die solche Geschäfte durchführen, ohne einer ausreichenden Regulierung zu unterliegen, werden als Schattenbanken bezeichnet.

In einem im März 2015 veröffentlichten Konsultationspapier der European Banking Authority (EBA) über die Begrenzung von Großkrediten an Schattenbanken wird das Finanzierungsleasing als eine Aktivität genannt, deren Ausübung dazu führen

kann, dass ein Finanzdienstleister als Schattenbank qualifiziert wird.2) Dieses Papier reiht sich ein in die Bemühungen anderer mit der Bankenregulierung befasster Institutionen, die Risiken, die von Schattenbanken ausgehen, zu begrenzen. So hat der Financial Stability Board bereits im Oktober 2011 Empfehlungen zur strengeren Regulierung und Überwachung von Schattenbanken veröffentlicht, und der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht hat 2014 im Rahmen der Überlegungen zur Begrenzung von Großkrediten die Forderungen an Schattenbanken thematisiert.3)

Großkreditobergrenzen für Schattenbanken

Hintergrund des Konsultationspapiers der EBA ist Art. 395 Abs. 2 der Capital Requirements Regulation (CRR). Dort ist festgehalten, die EBA solle bis zum 31. Dezember 2014 Leitlinien ausarbeiten für geeignete Gesamtobergrenzen für Großkredite oder niedrigere Obergrenzen für Einzelkredite an Schattenbankunternehmen. Die EBA verfolgt dabei einen zweistufigen Ansatz. Der Principal Approach verlangt, dass die Institute individuelle Limite für Kredite an Schattenbanken sowie ein Limit für das Gesamtexposure gegenüber Schattenbanken festlegen. Dabei haben sie eine Vielzahl an Faktoren zu berücksichtigen. Hierzu gehören geeignete Prozesse und Kontrollmechanismen, die sicherstellen sollen, dass die besonderen Risiken, die mit der Kreditvergabe an Schattenbanken verbunden sind, beherrscht werden können und mit der Risikostrategie der kreditgebenden Bank vereinbar sind.

Bei der Festlegung individueller Limite sind detaillierte Informationen über die finanzielle Lage und die Risikosituation der Schattenbank zu berücksichtigen. Banken, die diese Informationen über die Schattenbanken nicht besitzen oder nicht über geeignete Prozesse verfügen, um diese Informationen zu verarbeiten, müssen auf den Fallback Approach ausweichen. Im Fallback Approach gilt die für andere Kreditnehmer anzuwendende Einzelkreditobergrenze von 25 Prozent der Eigenmittel als Gesamtkreditobergrenze für alle Kredite an Schattenbanken. Begründet wird diese Regelung damit, dass in Abwesenheit von detaillierten Informationen alle Kredite an Schattenbanken wie Kredite an eine Gruppe verbundener Unternehmen anzusehen sind.

Es ist noch nicht entschieden, ob der Fallback Approach nur für die Kredite gilt, bei denen die Voraussetzungen für die Anwendung des Principal Approachs nicht erfüllt sind, oder ob der Fallback Approach auf alle Exposures gegenüber Schattenbanken angewendet werden muss, sobald die Anforderungen des Principal Approach für einen einzigen Kredit an eine Schattenbank nicht erfüllt sind. Die EBA favorisiert dabei die strengere Variante zwei.

Schattenbanken bleiben demnach auch künftig unreguliert, allerdings ist ihre Finanzierung durch Kreditinstitute mit besonderen Auflagen und Beschränkungen verbunden. Eine Qualifizierung von Leasing-Gesellschaften als Schattenbanken hätte drastische Auswirkungen auf deren Refinanzierungsmöglichkeiten.

Definition Schattenbank

Bei der Definition des Begriffs Schattenbank stellt die EBA zum einen auf die Aktivitäten eines Finanzdienstleisters als Kreditintermediär ab und zum anderen darauf, ob der Finanzdienstleister bereits anderweitig vergleichbaren Regulierungsvorschriften unterliegt. Ein Finanzdienstleister ist demnach eine Schattenbank, wenn

- erstens die Kreditintermediation Fristentransformation, Liquiditätstransformation, Verschuldung, Kreditrisikotransfer und ähnliche Aktivitäten, die als besonders risikoreich angesehen werden, beinhaltet, und

- zweitens der Finanzdienstleister nicht bereits anderweitig Regulierungsvorschriften unterliegt, die vergleichbar sind zu den Vorschriften, die für Banken gelten.

Um aufzuzeigen, welche Geschäfte konkret als Schattenbankaktivität in Frage kommen, verweist das Konsultationspapier auf den Anhang I der Capital Requirements Directive (CRD). Dort wird unter anderem auch das Finanzierungsleasing genannt. Von der Definition als Schattenbank ausgenommen sind Unternehmen, die aufgrund eines Tochter-Mutter-Verhältnisses in die Aufsicht auf konsolidierter Basis einbezogen sind, sowie solche Unternehmen, die aufsichtlichen Anforderungen unterliegen, die "in terms of robustness" vergleichbar sind mit der Aufsicht über Banken. Damit stellt sich die Frage, ob Finanzierungsleasing eine Aktivität darstellt, die als Kreditintermediation im Sinne der EBA anzusehen ist und falls ja, ob die regulatorischen Anforderungen, die Leasing-Gesellschaften zu beachten haben, im Hinblick auf die Robustheit der Bankenaufsicht vergleichbar sind.

Zunächst ist zu prüfen, ob Finanzierungsleasing Kreditintermediation im Sinne der EBA ist. Dies ist dann der Fall, wenn Finanzierungsleasing eine der folgenden vier Kerneigenschaften beinhaltet:

- Fristentransformation in der Form, dass kurzfristige Verbindlichkeiten eingegangen werden, um damit längerfristige (Finanz-) Investitionen zu refinanzieren.

- Liquiditätstransformation, die darin besteht, dass Verbindlichkeiten mit geldnahem Charakter eingegangen werden, um damit illiquide Vermögenswerte wie zum Beispiel Kredite zu finanzieren.

- Verschuldung, also die überwiegende Refinanzierung durch Fremdkapital.

- Kreditrisikotransfer, das heißt die Übertragung des Kreditausfallrisikos auf eine andere Person gegen Entgelt.

Von Finanzinstituten, deren Geschäfte durch diese Merkmale gekennzeichnet sind, gehen nach Ansicht der EBA sowohl einzelwirtschaftliche, also mikroprudenzielle Risiken, als auch systemische, das heißt makroprudenzielle Risiken aus. Diese werden im Folgenden näher beleuchtet.

Fristentransformation und Bank-Run

Fristentransformation liegt immer dann vor, wenn die Dauer der Kapitalverwendung nicht mit der Dauer der Kapitalaufnahme übereinstimmt. Von besonderem Interesse ist der Fall, dass eine langfristige Kapitalbindung kurzfristig refinanziert wird. In diesem Fall sind mit der Fristentransformation sowohl Zinsänderungs- als auch Liquiditätsrisiken verbunden.

Banken betreiben Fristentransformation in der Weise, dass kurzfristige Einlagen in Form von Sicht-, Spar- und Termineinlagen überwiegend dazu verwendet werden, mittel- und langfristige Kredite auszuleihen. Dabei geht die Fristentransformation mit einer Liquiditätstransformation einher: Während die Kredite illiquide sind, sind die Einlagen entweder unmittelbar Zahlungsmittel wie bei den Sichteinlagen oder sie haben geldnahen Charakter, da sie kurzfristig abgerufen werden können.

Eine weitere Besonderheit bei Banken liegt darin, die Verbindlichkeiten sequenziell nach dem Prinzip "first-come, first-served" zu bedienen. Das Zusammenspiel aus Fristen- und Liquiditätstransformation mit der sequenziellen Bedienung der Einlagen führt zu einer potenziellen Instabilität der Banken. Kommen Zweifel an der Solvenz einer Bank auf, so kommt es für jeden Anleger darauf an, möglichst schnell, also möglichst vor den anderen, seine Einlagen abzuziehen.

Aufgrund der Investition der Kundeneinlagen in illiquide Aktiva ist eine Bank nämlich nicht in der Lage, alle Kundenverbindlichkeiten, die abrufbar sind, auch tatsächlich jederzeit zurückzuzahlen. Eine Beschaffung liquider Mittel durch Desinvestition von Krediten ist nur mit erheblichen Verlusten möglich, die dazu führen, dass nicht alle Verbindlichkeiten der Bank bedient werden können. Die Wahrscheinlichkeit für einen Sparer, seine Einlage zurückzuerhalten, hängt somit nicht nur von der Solvenz der Bank, sondern auch vom Verhalten der anderen Sparer ab.

Dies schafft eine spieltheoretische Situation: Glaubt ein Sparer, dass hinreichend viele andere ihre Einlagen zurückfordern, so kommt es für ihn darauf an, vor den anderen seine Einlage abzurufen, und zwar unabhängig davon, ob der betrachtete Sparer selbst die Solvenz der Bank anzweifelt. Im Extremfall kann es sogar zu einem Bank-Run kommen, ohne dass es hierfür eines externen Anlasses bedarf, wie etwa das Aufkommen von Gerüchten über eine Schieflage der Bank. Allein die Befürchtung, andere Anleger könnten - aus welchem Grund auch immer - ihre Einlagen zurückfordern, reicht aus, dass aus Sicht jedes einzelnen Sparers das vorzeitige Abrufen seiner Einlage eine optimale Strategie darstellt.4)

Eine weitere Gefahr ist, dass ein Bank-Run sich auf andere Banken ausweitet (Contagion). Tritt bei einer Bank eine Schieflage ein, so ändert sich möglicherweise die allgemeine Risikowahrnehmung der Kunden bezüglich der Sicherheit ihrer Einlagen bei Banken überhaupt, wodurch die Gefahr eines Bank-Runs auch bei anderen Banken steigt.

Ein wirksames Instrument, um einen Bank-Run zu verhindern, ist eine Einlagensicherung, welche die Rückzahlung der Einlagen garantiert. In diesem Fall ist nämlich die Rückzahlung der Einlagen nicht davon abhängig, ob andere Kunden ihre Einlagen vorzeitig abrufen, das heißt alleine die Existenz einer Einlagensicherung verhindert, dass es aus Angst davor, andere könnten ihre Einlagen vorzeitig abrufen, zu einem Bank-Run kommt. Um die Gefahr eines Bank-Runs zu verhindern, muss jede Bank einer Einlagensicherungseinrichtung angehören, so schreibt es das Gesetz vor. Der Mindestbetrag des Sicherungsumfangs wurde infolge der Finanzmarktkrise von ursprünglich 20 000 Euro auf 100 000 Euro angehoben. Als weiteren Schutzmechanismus gegen Liquiditätsengpässe haben Banken einen besonderen Zugang zu Liquidität, indem sie sich gegen Verpfändung dafür zugelassener Assets Zentralbankgeld beschaffen können.

Eine Einlagensicherung mag zwar einen Bank-Run verhindern, sie schafft aber zugleich neue Probleme, indem sie die Sparer dazu verleitet, allzu sorglos ihr Geld anzulegen. Ohne die Existenz einer Einlagensicherung werden sie zu einem gewissen Grad darauf achten, bei welcher Bank sie ihre Ersparnisse anlegen. Diese Kontrollfunktion der Gläubiger, die eine disziplinierende Wirkung auf das Bankmanagement hat, fehlt aber, wenn die Rückzahlung durch eine Einlagensicherung gewährt wird. Um die fehlende Kontrolle durch die Gläubiger auszugleichen, bedarf es daher einer Bankenaufsicht, die quasi stellvertretend für die Gläubiger handelt.

Eine ähnliche Situation gibt es bei offenen Investmentfonds, bei denen der Anleger das Recht hat, die Investmentanteile jederzeit zurückzugeben. Machen die Anleger in hohem Umfang von diesem Recht Gebrauch, müssen in großem Ausmaß Assets verkauft werden, was je nach Liquiditätsgrad der Assets zu erheblichen Preisabschlägen führen kann. Aus diesem Grund werden Investmentfonds von der EBA grundsätzlich als Schattenbanken klassifiziert.

Grundsätzlich sind mit der Fristentransformation auch dann Zinsänderungs- und Liquiditätsrisiken verbunden, wenn die Finanzierung nicht mit Instrumenten erfolgt, die jederzeit oder kurzfristig abgezogen werden. Das Ausmaß dieser Risiken und die Frage, inwieweit diese einer Regulierung bedürfen, hängen davon ab, in welchem Umfang Fristentransformation betrieben wird und welche Finanzinstrumente zum Einsatz kommen. Ein hohes Risiko ist dann gegeben, wenn das Geschäftsmodell vornehmlich darin besteht, Gewinne zu erzielen, indem langfristige Wertpapiere in Form verbriefter Forderungen durch die Ausgabe kurzfristiger Kapitalmarkttitel refinanziert werden. Kapitalmarktinvestoren stellen sehr schnell die Finanzierung ein, wenn nur geringe Zweifel an der Bonität des Kreditnehmers auftauchen; das haben die Erfahrungen während der Finanzmarktkrise gezeigt.

Fristentransformation bei Leasing-Gesellschaften

Eine ganz andere Situation ist dagegen bei Leasing-Gesellschaften gegeben. Fristeninkongruenzen zwischen der Laufzeit der Leasing-Verträge und der Fristigkeit der Verbindlichkeiten lassen sich auch hier nicht ganz vermeiden. Dies ergibt sich schon alleine daraus, dass aufgrund von Verlängerungsoptionen, Kündigungsmöglichkeiten, vorzeitiger oder verspäteter Rückgabe des Leasing-Objekts sowie aufgrund von Ausfällen von Leasing-Nehmern die Höhe und zeitliche Verteilung künftiger Einzahlungen nicht mit Sicherheit prognostiziert werden kann. Diese Inkongruenzen sind aber vergleichsweise gering, und sie sind nicht Bestandteil des Geschäftsmodells einer Leasing-Gesellschaft.

Hinzu kommt: Die Refinanzierung von Leasing-Gesellschaften erfolgt überwiegend über langfristige Geschäftsbeziehungen, die sich meist auch in schwierigen Zeiten als stabil erweisen. Leasing-Gesellschaften betreiben somit keine Fristen- und Liquiditätstransformation, die mit Risiken einhergehen, welche mit denen von Banken oder Zweckgesellschaften vergleichbar sind. Insbesondere sind Leasing-Gesellschaften nicht dem Risiko eines Bank-Runs oder eines ähnlichen panikartigen Abzugs von Verbindlichkeiten aufgrund von mangelndem Vertrauen ausgesetzt.

Risiken durch hohe Verschuldung

Als weitere Kerneigenschaft der Kreditintermediation wird die Verschuldung genannt. Ein wichtiges Geschäftsmodell von Banken besteht darin, Verbindlichkeiten einzugehen, um damit Kredite zu vergeben. Banken weisen daher einen vergleichsweise hohen Verschuldungsgrad auf. Im Vorfeld der Finanzmarktkrise haben einige Banken trotz der regulatorischen Eigenkapitalanforderungen ihren bilanziell gemessenen Verschuldungsgrad deutlich erhöht, die bilanzielle Eigenkapitalquote betrug bei manchen Banken nur wenige Prozentpunkte.

Eine niedrige Eigenkapitalquote schwächt nicht nur das Vertrauen in die Banken, sondern kann vor allem auch systemische Risiken verursachen, indem in Krisenzeiten massive Entschuldungsprozesse notwendig werden. Treten beispielsweise bei einer Eigenkapitalquote von vier Prozent Verluste in Höhe von einem Prozent der Bilanzsumme auf, so müssen 24 Prozent der Aktiva veräußert werden, um die ursprüngliche Eigenkapitalquote wiederherzustellen. Die Reduktion der Aktiva lässt sich durch eine Einstellung der Neukreditvergabe sowie durch die massive Veräußerung von Wertpapieren bewerkstelligen. Wird die Neukreditvergabe eingestellt, verstärken sich in einer Wirtschaftskrise prozyklische Wirkungen: Ohne Neukreditvergabe können keine Investitionen finanziert werden - mit der Folge, dass sich die Symptome der Wirtschaftskrise verstärken. Eine Veräußerung von Wertpapieren in hohem Umfang geht mit massiven Kursabschlägen ("fire sale"-Preise) einher. Diese wiederum führen zu Abschreibungen bei anderen Instituten, und die daraus resultierenden Verluste können weitere Institute in Schwierigkeiten bringen.

Um derartigen systemischen Risiken entgegenzuwirken, müssen Banken zukünftig eine risikoungewichtete Mindesteigenkapitalquote (Leverage Ratio) einhalten.

Bei Leasing-Gesellschaften bestehen derartige Gefahren nicht. Massive Entschuldungsprozesse sind nur dann zu erwarten, wenn entweder regulatorische Kapitalanforderungen eine Erhöhung der Eigenkapitalquote erfordern oder wenn die Aktiva fristeninkongruent finanziert sind und die Anschlussfinanzierung nicht gelingt. Beide Voraussetzungen sind bei Leasing-Gesellschaften nicht gegeben. Für Leasing-Gesellschaften gelten die starren, quantitativen Eigenkapitalvorschriften der CRR nicht, darüber hinaus finanzieren sich Leasing-Gesellschaften weitgehend fristenkongruent. Es besteht auch nicht die Gefahr von Ansteckungseffekten auf andere Finanzdienstleistungsinstitute oder auf Banken.

Leasing-Gesellschaften sind anders als Banken nicht durch gegenseitige Kreditvergaben miteinander verbunden, sodass die Insolvenz einer Leasing-Gesellschaft nicht zu Ausfällen bei anderen Leasing-Gesellschaften führen kann. Besteht dagegen eine hinreichend enge kapitalmäßige Verflechtung mit einer Bank, so wird die Leasing-Gesellschaft in die konsolidierte Bankenaufsicht mit einbezogen und muss letztlich alle Regulierungsvorschriften, die für Banken gelten, vollumfänglich erfüllen. Geht die Verbindung dagegen über eine reine Kreditgewährung nicht hinaus, gibt es keinen Grund, diese Kredite regulatorisch anders zu behandeln als Kredite an Nichtinstitute. Im Rahmen der CRR gibt es bereits für Kredite an Finanzunternehmen, die durch die CRR nicht reguliert werden, besondere Vorschriften; daran sei in diesem Zusammenhang erinnert. Ermittelt die kreditgewährende Bank die regulatorischen Vorschriften nach dem auf internen Ratings basierende Ansatz (IRBA), so wird der Korrelationsfaktor, der im Rahmen der IRBA-Formel zur Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen verwendet wird, um 25 Prozent erhöht (Art. 153, 2 CRR). Da von Leasing-Gesellschaften keine systemischen Risiken ausgehen, kann aus dem Aspekt der Verschuldung keine Begründung für besondere Beschränkungen der Kreditgewährung an Leasing-Gesellschaften abgeleitet werden.

Kreditrisikotransfer

Als weiteres Merkmal der Kreditintermediation, die zu einer Klassifizierung als Schattenbank führt, nennt das Konsultationspapier der EBA den Kreditrisikotransfer. Dieses Merkmal zielt vorrangig auf Zweckgesellschaften ab, die in Verbriefungstransaktionen involviert sind. Kennzeichnend für die Tätigkeiten der Zweckgesellschaften ist: Im Falle eines True-Sales erwerben sie Kredite und die damit verbundenen Ausfallrisiken, beziehungsweise im Fall einer synthetischen Verbriefung übernehmen sie nur die Ausfallrisiken und übertragen diese Risiken dann auf die Erwerber der Verbriefungstranchen. Da die Verbriefungstranchen nach Seniorität gestaffelt bedient werden, erfolgt nicht nur eine reine Weiterleitung der Ausfallrisiken, sondern zugleich auch eine Umstrukturierung dieser Risiken.5) Es ist offensichtlich: Leasing-Gesellschaften betreiben keinen Kreditrisikotransfer in diesem Sinne.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Das Finanzierungsleasing beinhaltet keines der mit der Kreditintermediation verbundenen besonderen Risiken. Fristentransformation gehört nicht zum Geschäftsmodell von Leasing-Gesellschaften, darüber hinaus besteht keine die Gefahr, dass es zu einem panikartigen Abzug von Verbindlichkeiten kommt, da Leasing-Gesellschaften stabil refinanziert sind und keine Liquiditätstransformation erbringen.

Es gibt auch kein systemisches Risiko als Folge einer hohen Verschuldung, da Leasing-Gesellschaften fristenkongruent refinanziert sind und quantitative Eigenkapitalvorschriften für sie nicht gelten. Leasing-Gesellschaften betreiben auch keinen Kreditrisikotransfer. Da Finanzierungsleasing keine der vier Kerneigenschaften beinhaltet, welche die Kreditintermediation ausmachen, liegt bereits die erste der beiden Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Qualifikation von Leasing-Gesellschaften als Schattenbanken in Frage käme, nicht vor.

Regulierung

Finanzunternehmen, die zwar aufgrund ihrer Tätigkeiten für eine Qualifikation als Schattenbank in Frage kämen, sollen nach dem Vorschlag der EBA dennoch von den besonderen Großkreditvorschriften ausgenommen werden, wenn diese anderweitig entweder auf konsolidierter oder auf Einzelbasis im vergleichbaren Umfang reguliert werden ("carve out"). Damit sind Investmentfonds - mit Ausnahme von Geldmarktfonds -, die nach den Regularien der EU oder nach vergleichbaren Vorschriften ausgegeben werden, von den besonderen Großkreditvorschriften ausgenommen.

Weiterhin hat diese Ausnahmeregelung zur Konsequenz, dass alle Leasing-Gesellschaften, die als Bankentochter in die konsolidierte Bankenaufsicht einbezogen sind, allein schon aufgrund dieser Vorschrift von den besonderen Großkreditvorschriften befreit sind, unabhängig davon, ob man Finanzierungsleasing als Schattenbankaktivität ansieht oder nicht. Leasing-Gesellschaften, die nicht in die konsolidierte Bankenaufsicht einbezogen sind, unterliegen in Deutschland einer eingeschränkten Bankenaufsicht. Diese Leasing-Gesellschaften fallen unter die Ausnahmeregel, wenn die eingeschränkten Regulierungs- und Aufsichtsvorschriften vergleichbar sind "in terms of robustness" zu den Vorschriften, die für Banken gelten.

Der Unterschied zu einer Vollaufsicht besteht im Wesentlichen darin, dass für Leasing-Gesellschaften die quantitativen Eigenkapitalanforderungen sowie die Liquiditätsvorschriften der CRR nicht gelten.6) Leasing-Gesellschaften müssen aber die qualitativen Vorschriften zur Geschäftsorganisation sowie zur Risikotragfähigkeit beachten, die in der CRD enthalten sind und im Wesentlichen in den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) umgesetzt sind. Leasing-Gesellschaften müssen somit ebenso wie Banken ihre Risikotragfähigkeit nachweisen. Das bedeutet, es muss ausreichend Eigenkapital gewährleistet sein, um alle Verlustrisiken - auch unter Stressbedingungen - auffangen zu können.

Der wesentliche Unterschied zu den quantitativen Eigenkapitalvorschriften besteht darin, dass die Eigenkapitaldefinition an die Besonderheiten des Leasing-Geschäfts angepasst werden kann. Darüber hinaus müssen Leasing-Gesellschaften über geeignete Verfahren verfügen, um alle aufsichtlich relevanten Risikoarten zu erfassen und zu messen. Die Einhaltung dieser Vorschriften überprüft die Bankenaufsicht in der gleichen Weise wie bei Banken, und es werden bei der Überprüfung dieselben Maßstäbe angewendet wie bei Banken. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Finanzierungsleasing risikoarm ist, muss die eingeschränkte Aufsicht, die für Leasing-Gesellschaften gilt, als gleichwertig "in terms of robustness" mit der Bankenaufsicht angesehen werden.

Als Fazit ist damit zu fordern, Finanzierungsleasing aus dem Katalog der Schattenbankaktivitäten zu streichen. Für deutsche Leasing-Gesellschaften gilt zudem, dass sie in einer Weise reguliert und beaufsichtigt werden, die unter Berücksichtigung der geringen Risiken, die mit dem Finanzierungsleasing einhergehen, als gleichwertig zu einer Bankenaufsicht anzusehen ist. Damit fallen deutsche Leasing-Gesellschaften unter die Ausnahmeregel. Das heißt, selbst wenn Finanzierungsleasing weiterhin im Katalog der Schattenbankaktivitäten verbleiben sollte, sind die besonderen Großkreditvorschriften dennoch nicht auf Kredite an Leasing-Gesellschaften anzuwenden.

Inzwischen vertritt auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) die Ansicht, dass Finanzierungsleasing nicht unter die Schattenbankaktivitäten zu subsumieren ist, vorausgesetzt, dass Fristentransformation nicht in nennenswertem Umfang betrieben wird und nicht Teil des Geschäftsmodells einer Leasing-Gesellschaft ist. Die Position der BaFin ist zu begrüßen, da sie sachgerecht ist. Sie sollte darüber hinaus Anlass für die EBA sein, den Katalog der Schattenbankaktivitäten neu zu definieren. Der Verweis auf einen Anhang der CRD, in dem es um Tätigkeiten geht, für die die gegenseitige bankaufsichtliche Anerkennung gelten sollen, ist nicht geeignet, Kreditintermediation zu identifizieren.

1) Rundschreiben vom 8. 9. 2015 Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e. V. Az. 4/ 15.

2) European Banking Authority: Draft EBA Guidelines on Limits on Exposures to Shadow Banking Entities which Carry out Banking Activities outside a Regulated Framework under Article 395 Para. 2 Regulation (EU) No. 575/ 2013.

3) Financial Stability Board: Shadow Banking: Strengthening Oversight and Regulation, 27 October 2011; Basel Committee on Banking Supervision: Supervisory framework for measuring and controlling large exposures, Basel April 2014.

4) Siehe Diamond, D. W.; Dybvig, P. H.: Bank Runs, Deposit Insurance, and Liquidity, in: Journal of Political Economy, Vol. 91, 1983, S. 401 - 419.

5) Vgl. Rudolph, B.; Hofmann, B.; Schaber, A.; Schäfer, K.: Kreditrisikotransfer - Moderne Instrumente und Methoden, 2. Aufl., Berlin, Heidelberg 2012.

6) Vgl. zu Einzelheiten: Nemet, M.; Ulrich, P.-O.: Aufsicht für Leasing-Gesellschaften: Überblick und Anforderungen, in: Finanzierung Leasing Factoring, 56. Jg., Nr. 1/2009, S. 6 - 10.

DER AUTOR: Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Köln, ist seit 1999 Direktor des Seminars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre an der Universität zu Köln und außerdem geschäftsführender Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht sowie des Forschungsinstituts für Leasing. Er lehrte an den Universitäten in Osnabrück, Aachen und Köln Finanzierungs- und Bankbetriebslehre.E-Mail: hartmann-wendels[at]wiso.uni-koeln[dot]de
Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels , Direktor, Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre, Universität zu Köln, Köln, geschäftsführender Direktor, Institut für Bankwirtschaft und Bankrecht, Forschungsinstitut für Leasing
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