LEASING

Unternehmenswachstum durch Automatisierung

Leasing-Prozesse im Wandel

Robert Meters, Foto: Prof. Schumann GmbH

Nicht zuletzt durch die Corona-Krise herrscht bei vielen Leasing-Unternehmen ein Umdenken hin zu vermehrt digitalen Prozessen. In der Branche ist eine Art Aufbruchstimmung zu verzeichnen. Durch IT-Unterstützung, Digitalisierung und Automatisierung werden gleichzeitig Kundenwünsche erfüllt und das Geschäft ausgeweitet. Abläufe verlaufen ressourcenschonender und effizienter, denn Entscheidungen können automatisiert abgewickelt werden. Der Beitrag umreißt wichtige Aspekte, die beachtet werden sollten, damit diese Entwicklung zum Erfolg wird. Wer sich dagegen sträubt, wird langfristig das Nachsehen haben. (Red.)

Das Jahr 2021 bringt eine positive Trendwende für das Leasing-Geschäft in der nachlassenden Covid-19-Pandemie. Die Wirtschaft steht vor der besonderen Aufgabe, aufgeschobene Investitionen mit liquiditätsschonender Finanzierung zu realisieren und mit dieser Finanzierungsform für Leasing-Nehmer eine erhöhte Verschuldung nach krisenbedingten Kreditaufnahmen möglichst zu vermeiden, denn Liquiditätsengpässe und eine Schrumpfung der Eigenkapitalbasis belasten Unternehmen.

Eine Geschäftsausweitung der Leasing-Unternehmen kann durch IT-Unterstützung und Digitalisierung sowie Automatisierung erreicht werden. Der Trend zur Digitalisierung wurde in der Corona-Krise verstärkt. Kunden erwarten digitale Lösungen für den Abschluss von Leasing-Verträgen mit einer 24/7-Verfügbarkeit von Webportalen einer Leasing-Gesellschaft.

Erfolgreich werden Leasing-Unternehmen sein, die eine Digitalisierung ihrer Produkte vorantreiben und eine steigende Nachfrage effizient und ohne Ausweitung personeller Ressourcen abwickeln können. Der Einsatz performanter IT-Lösungen ist entscheidend.

Skalierung durch IT-Lösungen

Eine Skalierung des Geschäftsvolumens der Leasing-Unternehmen für risikorelevantes und nicht-risikorelevantes Geschäft kann durch eine IT-gestützte Automatisierung der Leasing-Prozesse erreicht werden. Leasing-Unternehmen, die eine Digitalisierung und Automatisierung ihrer Geschäftsprozesse anstreben, fokussieren IT-Investitionen in Systemlösungen, die folgende Eigenschaften aufweisen:

Erstens, IT-Unterstützung für prozessbasierte, schnelle, automatisierte Einzelvertrags- und Kreditrahmenentscheidungen, workflowgestützte Genehmigungsprozesse inklusive Abbildung von Kompetenzstufen und Vier-Augen-Prinzip. Zweitens, integrierte Datenanalysen und Nutzung relevanter Datenquellen mit technischen Schnittstellen zu Geschäftspartnern und externen Informationslieferanten mit vertrauenswürdigen, effizienten und transparenten Prozessen.

Anforderungen an Kreditrisikomanagement

Eine Investition in IT-Lösungen und die Transformation von Prozessen zur Digitalisierung müssen regulatorischen Rahmenbedingungen entsprechen. Anpassungen der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) gemäß 6. MaRisk-Novelle erhöhen zusätzlich die Anforderungen an das Kreditrisikomanagement der Leasing-Unternehmen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verfolgt das Ziel, ein ganzheitliches Rahmenwerk der MaRisk bereitzustellen.

Im Zusammenspiel von MaRisk und Bankenaufsichtlicher Anforderungen an die IT werden Verhaltensweisen für die Einhaltung des Kreditwesensgesetzes (insbesondere § 25a KWG) konkretisiert. Prüfungen des § 25a KWG erfolgen im Rahmen der jährlichen Abschlussprüfungen, aber auch insbesondere im Zuge von Sonderprüfungen nach § 44 Absatz 1 KWG. Die Anzahl von Sonderprüfungen in Leasing-Unternehmen durch die BaFin ist gestiegen. Eine zusätzlich verstärkte Prüfungspraxis bei Auffälligkeiten kann ausgehend von aktuellen Restrukturierungen innerhalb der BaFin erwartet werden.

Modellierung eines zweistufigen Genehmigungsprozesses mit Business Process Model Notation (BPMN) Quelle: Prof. Schumann GmbH

KWG- und Sonderprüfungen

Die bedeutendsten Erkenntnisse aus regulären KWG- und Sonderprüfungen der laufenden Prüfungssaison können in vier übergeordnete Bereiche gruppiert werden.

  • Fehlende oder unzureichende Dokumentation: Eine Vielzahl der Befunde ist auf eine fehlende oder mangelhafte Dokumentation zurückzuführen. Dazu zählt, dass Entscheidungsprozesse unzureichend dokumentiert und historisiert werden. Die Bewertungslogik ist nicht schriftlich definiert und bleibt somit intransparent. Aber auch die Dokumentation potenzieller Risikoarten, die Risikokategorisierung oder die schriftliche Ermittlung des zukünftigen Risikokapitalbedarfs werden häufig bemängelt.

Ein möglicher Grund der unzureichenden Dokumentation kann auf Systemumbrüche bei Leasing-Entscheidungen zurückgeführt werden. Eine Anfrage erfolgt beispielsweise über ein Kundenportal, die Kundenstammdaten werden über Onlineanalysen geprüft und mit dem Vorsystem abgeglichen. Die Kreditwürdigkeit wird über das Auskunftei-Portal abgefragt und die Auskunft wird in einer Kundenakte hinterlegt. Die Bewertung des Leasing-Antrages erfolgt manuell über ein Tabellenkalkulationsprogramm, in dem Stammdaten, Auskunftsbewertung und individuelle Bewertungskriterien zusammengefasst und das Rating sowie das Limit festgelegt werden. In den meisten Leasing-Unternehmen gibt es Standardprozesse für die Bewertung von Leasing-Anträgen, jedoch die Dokumentation, die Überwachung und die Historisierung kommen in einigen Fällen zu kurz.

  • Nicht nachvollziehbare Risikoprüfungen: Mit einer unzureichenden Dokumentation geht oftmals eine nicht nachvollziehbare Risikoprüfung einher. Dies bedeutet zum einen, dass häufig angewendete Bewertungskriterien für Leasing-Antragsentscheidungen nicht transparent sind. Zum anderen fehlen insbesondere Prozesse zur Ermittlung des zukünftigen Risikokapitalbedarfs, einheitliche und nachvollziehbare Kriterien zur Risikoklassifizierung (Bonitätsprüfung, individuelles Rating) und ein systematisches Vorgehen bei eingetretenen Schäden, wie Bonitätsabstufungen oder Eskalationsmaßnahmen.

Die Qualität, mit der Antragsentscheidungen getroffen werden, sind häufig nicht ausreichend hergeleitet. Nach dem KWG müssen die zu nutzenden Modelle begründet und dokumentiert werden. Die genutzten Risikodaten werden in den beanstandeten Fällen nicht in einheitlichen Risikodatenbanken gespeichert und machen eine Historisierung sowie eine Risikoberichterstattung nicht nachprüfbar.

  • Unzureichendes Monitoring: Fehlende Risikoberichterstattung und Dokumentation erschweren die Überwachung von getroffenen Antragsentscheidungen. Manuelle Prozesse machen es notwendig, Beschlüsse in regelmäßigem Abstand händisch zu prüfen, um Antragsentscheidungen aufgrund aktualisierter Informationen zur Bonität des Kunden neu zu validieren. Definierte Handlungsmaßnahmen müssen im Fall einer neuen Informationslage verfügbar sein. In der Praxis erfolgt häufig eine unzureichende Kontrolle, sodass statt standardisierter Prozesse individuelle Maßnahmen gewählt werden. Die Nachvollziehbarkeit von Beschlüssen muss aber sichergestellt werden.
  • Weitere häufige Erkenntnisse: Weitere wiederholte Beobachtungen, die nicht direkt den definierten Gruppen zugeordnet werden können, sind fehlende Vertretungsregeln, eine unzu reichende Definition von Zugriffsrechten und keine vollständige, mehrjährige, risikoorientierte Planungsprüfung.

Automatisierte Entscheidung

Softwarelösungen zur Bewertung von Kreditrisiken und zur Durchführung von Antragsentscheidungen können Firmen bei der Abbildung ihrer Leasing-Prozesse unterstützen und Befunde bei KWG-Prüfungen zukünftig vermeiden.

Ein technisch unterstützter Ende-zu-Ende-Prozess kann in einem Kundenportal beginnen. Hier wird der Leasing-Antrag gestellt. Durch die technische Integration von Stammdatenprüfungen, Knowyour-Customer inklusive Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten sowie Betrugsvermeidungsprozessen anhand von Daten spezialisierter Informationslieferanten können Onboarding-Prozesse im Sinne einer optimalen Kundenzufriedenheit beschleunigt werden. Strukturbildungen können mit der IT-Lösung automatisch unterstützt werden.

Geeignete Informationsquellen, beispielsweise je Land, Kundensegment und Unterscheidung der Risikorelevanz, können automatisiert abgerufen werden. Das Zuordnen und die Aggregation von Bewertungen auf Basis von Auskünften und Finanzanalysen zu einem Leasing-Nehmer auf einer einheitlichen Bewertungsskala macht die Risikobeurteilungen im Kundenportfolio vergleichbar. Die Ermittlung jeder Einstufung ist transparent, dokumentiert und revisionssicher historisiert. Aktualisierungen von Informationen werden automatisch durchgeführt, historisiert und bei Bedarf gemeldet. Spezielle Produkte von Dienstleistern erleichtern zudem Analysetätigkeiten, wie zum Beispiel die Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit.

Um schnelle und integrierte Prozesse einzuführen, sind eine Implementierung von Enterprise-Integration-Layer-Verbindungen zu internen Verwaltungssystemen sowie Application-Programming-Interfaces (APIs) zu entscheidungsrelevanten Informationen von externen Auskunfteien erforderlich. Die Anbindung von Schnittstellen minimiert Systemumbrüche und ermöglicht die zentrale Speicherung relevanter Informationen. Auf Basis von Auslösern und Parametern können Prozesse in Ende-zu-Ende-Lösungen gesteuert und verkettet werden. Zur gleichzeitigen Abbildung von risikorelevanten und nicht-risikorelevanten Geschäften werden Kompetenztableaus und prüfungsrelevante Kriterien angewendet. Zeitpunkt der Entscheidung und Entscheider sind im Leasing-Antrag gespeichert, um die Regelkonformität der Antragsentscheidung zu dokumentieren. Eine Überwachung von laufenden sowie abgeschlossenen Entscheidungen ist immer möglich.

Insbesondere in Zeiten hoher Unsicherheit müssen Prozesse und Regelwerke zur Abbildung der Kreditpolitik eines Leasing-Unternehmens flexibel und schnell an geänderte Rahmenbedingungen angepasst werden können. In moderner Software geschieht dies mit einem flexiblen, integrierten Workflow-Management (Business Process Model Notation, BPMN) und mit Entscheidungsmaschinen (Decision Model and Notation, DMN). Prozesse und Regelwerke können mit dieser Technologie einfach konfiguriert werden. Entscheidend für den Erfolg ist ein tiefes Verständnis der Verfahren im Prozessdesign.

Eine effektive Modellierung und erfolgreiche Implementierung von Leasing-Prozessen kann mithilfe eines iterativen Business Process Management Cycles erfolgen. Arbeitsabläufe werden optimiert, indem sie visualisierbar, analysierbar und automatisierbar werden. Die Einhaltung von definierten Abläufen wird technisch sichergestellt und revisionssicher historisiert, sodass Auswertungen und Monitorings zu Prozessausführungen jederzeit möglich sind.

IT-gestützte Genehmigungen

Spezialisierte Software unterstützt zudem mehrstufige Genehmigungsprozesse bei risikorelevanten Entscheidungen unter Einbeziehung von Markt und Marktfolge. Die Abbildung zeigt die Modellierung eines zweistufigen Genehmigungsprozesses mit BPMN: Nutzerbezogene Prozessschritte werden direkt einem Entscheidungsträger zugeordnet. Entscheidungen werden historisiert und dokumentiert. Die Entscheidungsgrundlagen sowie die Ermittlung einer Einstufung anhand standardisierter und nachvollziehbarer Parameter werden transparent dargestellt.

Automatisierte Prozessschritte unterscheiden sich in der Darstellung von manuellen Nutzertätigkeiten. Derartige Nutzerausgaben können an Benutzerrechte gebunden werden, damit undefinierte Zugriffsrechte verhindert werden. Ein manuelles Monitoring des Kundenportfolios und der Leasing-Entscheidungen ist nicht notwendig. Die Software überwacht automatisiert im Hintergrund. Sie informiert den Nutzer, sobald neue entscheidungsrelevante Informationen vorliegen, und leitet automatisch definierte Handlungsalternativen wie den Anstoß einer neuen Entscheidung im Genehmigungsprozess ein - Management-by-Exception. Die Prüfungen werden dokumentiert, ebenso wie angestoßene Monitoringprozesse.

IT-Lösungen bieten alle Voraussetzungen, um eine Geschäftsausweitung ohne die Bereitstellung zusätzlicher personeller Ressourcen zu unterstützen, auf das Marktumfeld schnell zu reagieren und regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Standardisierte, IT-unterstützte Workflowprozesse machen die Anwendung der Kreditrisikopolitik im Leasing-Unternehmen transparent. Entscheidungen können schnell und nachvollziehbar getroffen werden. Digitalisierung und Automatisierung sind entscheidende Treiber zukünftig erfolgreicher Leasing-Gesellschaften.

Robert Meters , Head of Global Business and Financial Services , Prof. Schumann GmbH
Anja Carolin Marszalek , Consultant und Project Manager , Prof. Schumann GmbH

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