Quo vadis 2021?

MICHAEL PRÜFER, GESCHÄFTSFÜHRER, BUNDESVERBAND FACTORING FÜR DEN MITTELSTAND E. V. (BFM), BERLIN, Foto: BFM

Als ich im vergangenen Jahr das Editorial zum Heft 2 der FLF schrieb, habe ich mich von den guten Zahlen des Jahres 2019 leiten lassen und die positiven Aussichten der Factoring-Branche für 2020 repliziert. Aber schon bei Veröffentlichung des Heftes waren Zweifel angebracht, ob die allgemeine Lage solch positive Ausblicke noch zulässt. Der Frühjahrs-Lockdown hat Stressszenarien auf den Prüfstand gestellt und die Herausforderungen einer erfolgreichen Arbeit unter unvorhergesehenen Bedingungen aufgezeigt. Die Ausblicke der Mitglieder des Bundesverbandes Factoring für den Mittelstand e. V. (BFM) in der durchgeführten Sonderumfrage waren im Frühsommer 2020 verhalten, aber nicht tendenziös negativ. Besonders stark von der Corona-Pandemie betroffene Branchen ließen sich recht schnell ermitteln. Der Sommer gab unseren Mitgliedern in vielen Fällen Gelegenheit, Luft zu holen und verloren gegangene Umsätze teilweise aufzuholen. Das zweite Halbjahr verbindet die Factoring-Branche erfahrungsgemäß mit steigendem Umsatz. Die spannende Frage war: Reichte der Schwung des Sommers, um die Umsatzeinbrüche des Frühjahres zu kompensieren?

Antworten brachte uns die traditionell zum Jahresende 2020 durchgeführte Umfrage zu Umsatz und Geschäftserwartungen unter den Mitgliedern des BFM. Wohl eher erwartungsgemäß als überraschend haben die Mitglieder die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Wirtschaftswachstums für das Jahr 2020 in etwa abgebildet. Factoring ist eben das Spiegelbild der aktuellen wirtschaftlichen Situation. Naheliegend war, dass sich diese Entwicklung nicht bei allen Mitgliedern gleichmäßig niederschlägt. Denn die Krise hat nicht alle Branchen gleichmäßig in Mitleidenschaft gezogen. Erstaunliche 42 Prozent unserer Mitglieder haben die guten bis sehr guten Factoring-Umsätze des Vorjahres erreicht oder sogar übertroffen.

Der Blick auf die derzeitigen Rahmenbedingungen ist trotz alledem kritisch und wachsam. So geht die Factoring-Branche unisono für das Jahr 2021 davon aus, dass es zu einem Anstieg der Debitoreninsolvenzen kommen wird. Diese Erwartung knüpft zunächst an das absehbare Ende des Schutzschirms für Warenkreditversicherer und die Wiedereinsetzung der Insolvenzantragspflicht an, hegt aber vielleicht auch die Hoffnung auf eine Rückkehr zur Normalität.

Das Krisenjahr 2020 hat uns andererseits ebenfalls gezeigt, dass sich Factoring offensichtlich als krisentaugliches Finanzinstrument bewährt hat und auf immer breitere Akzeptanz stößt. Factoring wird im Jahr 2021 einen entscheidenden Baustein zur raschen Erholung der Realwirtschaft liefern. Ein erwartetes Wachstum wird schnelle Liquidität benötigen, um die selbst erwirtschafteten Werte eines Unternehmens umgehend in die Erholung dieser Firma transformieren zu können.

Über 90 Prozent unserer Mitglieder gehen deshalb für das laufende Jahr davon aus, das aktuelle Ankaufsniveau halten zu können oder gar zu wachsen. Hierbei hat der Factoring-Markt nicht nur das Bestandskundengeschäft im Blick, sondern eben gerade auch das Neugeschäft. Es bestehen daher positive Anzeichen für eine gute Entwicklung der Factoring-Branche. Das Produkt Factoring wird gebraucht, in Wachstumszeiten wie in Krisenzeiten.

Michael Prüfer , Geschäftsführer , Bundesverband Factoring für den Mittelstand e. V. (BFM), Berlin
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