Aufsätze

ABS zwischen neuem Investorenvertrauen, Regulierung und Zentralbankpolitik

Nur zur Erinnerung: Die aktuelle Finanzkrise brach bei amerikanischen Subprime-Verbriefungen aus. Auslöser war der Zusammenbruch zweier Hedgefonds von Bear Stearns im Juli 2007, die stark in Sub-prime-Papieren engagiert waren. Die Welt begann zu realisieren, dass amerikanische Subprime-Verbriefungen "grottenschlecht" sind, weil die ihnen zugrunde liegenden Kredite schlecht waren. Bei ihrer Vergabe hatte keine ordentliche Bonitätsbetrachtung des Kunden stattgefunden, es waren überwiegend "non recourse"-Kredite, das heißt einzig auf die Sicherheit abgestellte Finanzierungen, und ihre Struktur verschleierte oft die wirkliche Belastung für den Kunden - sogenannte Adjustable Rate Mortgages mit anfänglichen Zins- und Tilgungserleichterungen. Zu den fragwürdigen Underlyings kam eine fragwürdige Bewertung der Sicherheiten und Strukturierung der Transaktion hinzu.

Einladung zum Moral Hazard

Letzten Endes, so begriff man langsam, hatten alle Beteiligten nicht so genau hingeschaut, sondern auf ewig steigende Immobilienpreise in den USA gewettet. Und nachdem das auf dem Glauben darauf aufgebaute Kartenhaus kollabierte, dauerte es nicht lange, bis sich folgende Theorie als allgemeine Krisenerklärung durchsetzte: Die Verbriefung erlaubt den Kreditgebern, sich ihrer Risiken zu entledigen. Sie lädt ein zum Moral Hazard, der sich in riskanten Kreditvergaben und Weitergabe nicht durchschaubarer Risiken an Dritte ausdrückt.

Die "FAZ" fasste die verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen hierzu am 16. Juni 2008 unter der Schlagzeile zusammen: "Die Verbriefung ist an allem schuld". Sie stand damit nicht alleine. Die FTD fasste die Stimmung in ihrer Ausgabe am 24. November 11. 2009 kurz zusammen: "Verbietet Verbriefungen! "

Dabei war die Moral-Hazard-Verbriefungstheorie logisch nie ganz eindeutig. Denn von der Aussage: "Alle Subprime-Verbriefungen sind Verbriefungen und alle Sub-prime-Verbriefungen sind schlecht" auf die Folgerung zu schließen, dass daher alle Verbriefungen potenziell schlecht und gefährlich seien, ist wahrscheinlich genauso logisch, als wenn man von der Aussage "alle Pinguine sind Vögel, und alle Pinguine können nicht fliegen" zu der Feststellung käme, folglich können auch alle Vögel nicht fliegen. Moral Hazard als zentrale Erklärung für das Subprime-Debakel heranzuziehen steht auf schwachen Füßen. Denn gerade jene Investmentbanken, die am stärksten auf dem amerikanischen Subprime-Verbriefungsgeschäft engagiert waren, nämlich Bear Stearns, Lehman und Merrill Lynch wurden auch am stärksten von der Krise betroffen, eben weil sie sich gerade nicht der Risiken entledigen konnten oder wollten. Und wie kann mit dieser Theorie erklärt werden, dass seit 2007 Hunderte amerikanischer Banken Pleite gingen, die ihre eigenen Subprime-Kredite auf der Bilanz hielten und nichts mit Verbriefungen zu tun hatten. Nichtsdestotrotz setzte bei der Krisenerklärung sich zunächst die Moral-Hazard- und Verbriefungstheorie durch. Warum? Die Theorie war zumindest eingängig. Wie man schon bei Nietzsche nachlesen kann: Der Mensch verwechselt gerne den Auslöser mit der Ursache, und die Ursache mit der Folge und agiert in der Krise nach dem Motto: Die erste Antwort ist die beste.

Eine ganz normale Kreditkrise

Heute, fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise, hat sich ein differenziertes Bild durchgesetzt. Es herrscht eine ganz normale Kreditkrise wie sie in den Werken von Schumpeter, Mises, Hayek schon in den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts beschrieben wird und in den achtziger Jahren glänzend von Hyman Minsky untersucht wurde.

Es scheint so, als ob das Verhältnis von aggregiertem Kreditvolumen und Bruttosozialprodukt alle sechzig bis siebzig Jahre aus den Fugen gerät, dass es Zeiten eines dynamischen Kreditaufbaus gibt, der alle Vermögenswerte steigen und die Risikokosten sinken lässt, der privaten und staatlichen Konsum treibt, der die öffentliche Stimmung über Dekaden beflügelt, bis dann der Punkt erreicht ist, an dem die Gläubiger kollektiv beginnen, an der Bonität ihrer Schuldner zu zweifeln und damit einen schmerzhaften Entschuldungsprozess einleiten. Dieser geht dann mit schrumpfenden Kreditvolumen, rückläufigen Vermögenspreisen, steigenden Risikokosten und schwierigen Wirtschaftszeiten einher (Abbildung 1).

Das Wachstum der Dekaden vor 2007 war in hohem Maße kreditfinanziert. Die Verschuldung von Staaten und Privathaushalten kannte nur eine Richtung - nach oben. Auf jedes Prozent Bruttosozialproduktwachstum kamen am Schluss vier bis fünf Prozent Kreditwachstum. Und auf diese Kreditexpansion traf das Gleiche zu wie auf die Kreditexpansion der späten zwanziger Jahre, es war "creation of new purchasing power out of nothing", wie Schumpeter es treffend charakterisierte (Schumpeter, 1934). Das ist ein Kontext, den in der neuen Zeit keiner so gut analysierte wie Hyman Minski in den achtziger Jahren. Zwischen Leveraging und Deleveraging steht fortan der Minsky-Moment, das heißt, der Punkt, an dem die Gläubiger kollektiv beginnen kritisch zu werden und die Spreads anfangen, nachhaltig zu steigen. Diesen Punkt kann man für die aktuelle Krise heute zweifellos bestimmen. Er trat ein in den Julitagen des Jahres 2007 (Abbildung 2).

Es war kein Zufall, dass der amerikanische Subprime-Markt zum Auslöser wurde. Denn die goldenen Regel des Bankgeschäfts, dass man niemand einen Kredit geben darf, der nicht in der Lage ist, Zins und Tilgung aus laufenden nachhaltigen Einnahmeüberschüssen zu bedienen, war hier am deutlichsten durchbrochen worden. Ebenso hatte man hier am klarsten Abschied genommen von der Regel, dass maximale Kredithöhe und laufendes Einkommen des Kreditnehmers sich in einer vernünftigen Relation zueinander bewegen sollen.

Besinnung auf alte Kreditregeln

Die regulatorischen Learnings aus der Krise jedoch wurden schnell gezogen und betrafen - neben strengeren Eigenkapital-, Liquiditäts- und Finanzierungsregeln für Banken - vor allem Verbriefungen. Mit der CRD II wurden 2010 strenge Auflagen für Originatoren und Investoren erlassen, die weit über andere Assetklassen hinausgehen. Und ebenso bei Solvency II und Basel III im aktuellen Diskussionsstand werden Verbriefungen bislang im Vergleich mit anderen Assetklassen benachteiligt.

Die Investoren jedoch zogen aus der Sub-prime-Krise noch andere Folgerungen. Man begann, sich auf die alten Kreditregeln zu besinnen, und so kamen ab 2009 alle Kreditnehmergruppen in den Fokus, bei denen Zweifel an ihrer Bonität angebracht erschienen, vorweg die Staaten der Peripherie Europas. Diese hatten in den letzten zwanzig Jahren nicht nur ständig mehr ausgegeben als eingenommen, auch ihre Verschuldungshöhe hatte im Verhältnis zu ihren Einnahmen Relationen erreicht, die Zweifel an der Rückzahlbarkeit aufkommen ließen, wie es unter anderem die amerikanischen Wissenschaftler Rogoff/Reinhart in ihrem glänzenden Buch "This time is different" 2010 herausarbeiteten. Sie hatten auch seit Einführung der Währungsunion ständig an Wettbewerbsfähigkeit verloren.

Es lohnt sich nunmehr ein Vergleich der tatsächlichen Ausfallraten bei unterschiedlichen Kapitalmarktsegmenten. Seit Ausbruch der Finanzkrise sind laut Fitch- und S&P-Untersuchungen kumuliert lediglich gut ein Prozent der europäischen ABS-Anleihen ausgefallen, hingegen 2,7 Prozent der Unternehmensanleihen, und nach Griechenland kommen auch die europäischen Staatsanleihen auf ähnliche Werte. So widerlegt die Empirie die These von der Gefährlichkeit von ABS auf das Trefflichste.

Nutzen oder Schaden für die Finanzmarktstabilität?

Heute ist es daher an der Zeit zu fragen, ob die relative Benachteiligung von ABS in den Regulierungen in Vorbereitung der Finanzmarktstabilität nutzt oder schadet. Um dieser Frage nachzugehen muss man etwas ausholen: Drei Regulierungen gilt es dabei zu betrachten: Das neue Bankenrestrukturierungsrecht, in Deutschland bereits gültig, in Europa in verschärfter Form für 2013 erwartet. Zum anderen die Regulierung der Versicherungen im Rahmen der Solvency II und die Regulierung der Banken im Rahmen von Basel III.

Das neue Bankenrestrukturierungsrecht erlaubt der Bankenaufsicht den vorinsolvenzlichen Zugriff auf die ungesicherte Fremdfinanzierung, wird also die Gläubiger in ungedeckten Schuldverschreibungen und Einlagen, die nicht einer Einlagensicherung unterliegen, erheblich abschrecken, während die gedeckten Finanzierungsinstrumente des Covered Bond, Pfandbrief, Structured Covered Bond und ABS davon nicht betroffen sind. Es leitet daher die Investments in Bankrisiken von Versicherungen und Pensionskassen um: Sie sind erheblich incentiviert, gedeckte Finanzierungen zu nutzen, aber auch Einlagen bis zu der Grenze, die die Einlagensicherungsfonds garantieren, und diese ist durchaus hoch.

Solvency II, eine Regulierung die ebenfalls in Vorbereitung ist, begünstigt erheblich Investments der Versicherungen in Staatsanleihen sowie regulierte Covered Bonds/Pfandbriefe und erschwert langlaufende Investments in ungedeckte Bankrisiken, aber - nach dem aktuellen Diskussionsstand - auch ABS-Investments.

Basel III, was stufenweise ab 2013 eingeführt wird, wiederum begünstigt im Zusammenspiel von den Liquiditäts- und Net Stable Funding Ratios auf der Passivseite der Bankbilanz langlaufende Refinanzierungen und Privat-, ebenso wie Geschäftskundeneinlagen. Darüber hinaus werden auf der Aktiva Investments in Staatspapiere sowie Covered Bonds/Pfandbriefe, aber auch Unternehmensanleihen incentiviert, während alle Arten der Interbankenfinanzierung und Unternehmenskredite benachteiligt werden. Die Diskussion um die Regelung von Investments in ABS ist noch nicht abgeschlossen.

Eine weitere öffentliche Regelung gilt es in diesem Zusammenhang ebenfalls im Auge zu behalten: Die EZB-Geldmarktpolitik und Repo-Bedingungen. Die EZB hat seit 2007 mehrere Ankaufprogramme für Covered Bonds/Pfandbriefe gestartet. Sie kaufte wohlgemerkt, macht nicht nur Repo-Geschäfte damit und hat auch Einfluss auf die Spreadentwicklung in diesem Marktsegment genommen.

Wie wird dies alles zusammengenommen auf die Geschäftsfelder von Banken und ihre Refinanzierung sowie auf die Finanzmarktstabilität wirken? Eine deutliche Verschiebung der Refinanzierung von Banken ist im Werden. Covered Bonds sind dabei die übrigen Segmente zurückzudrängen, und es stellt sich die Frage, ob in dieser Dimension die Konzentration auf ein Kapitalmarktsegment nicht neue Risiken für die Finanzmarktstabilität entstehen.

Verlagerung des Insolvenzrisikos

Bei der Emission eines regulierten Covered Bond verlangen die Ratingagenturen Überdeckungen, das heißt, es muss im Insolvenzfall der Bank mehr ausgesondert werden als der Nennwert der entsprechenden Cov-ered-Bond-Emission beträgt. Je schlechter die Lage auf den Finanzmärkten und der Emissionsbank wird, umso höher steigen die Überdeckungsanforderungen der Agenturen.

Somit wird dieser Trend immer mehr Bankenaktiva belegen, was konsequent zu Ende gedacht die Position ungedeckter Gläubiger immer unattraktiver werden lässt - insbesondere in der Finanzkrise. Der nicht durch Einlagensicherungssysteme geschützte Gläubiger wird unter diesen Bedingungen den Rückzug antreten. Diesen Prozess kann man seit Monaten in den Südländern bereits gut beobachten. Die Überbesicherungsquote griechischer Covered Bonds zum Beispiel beträgt schon jetzt über 100 Prozent, Aktiva, die im Falle der Insolvenz der Bank den anderen Gläubigern fehlen würde. Damit jedoch wird das eigentliche Insolvenzrisiko immer mehr auf die Einlagensicherungssysteme, den Staat und die Zentralbank verlagert.

Doch auch die Aktivseite der Banken wird von den neuen Regulierungen getroffen. Auch auf sie wirken vor allem die neue Liquiditäts- und Net Stable Funding Ratios. Diese begünstigen - wie schon erwähnt vor allem die Investments in (europäische) Staatsanleihen (die unabhängig von ihrem Rating und der täglichen Nachrichtenlage als hochliquide definiert werden) und regulierten Covered Bonds. Andere Aktiva, das heißt Forderungen an andere Banken, Kredite an Unternehmen, werden eher benachteiligt.

Und auch der Gleichlauf von Basel III und Solvency II bezüglich der Investments in Staatsanleihen und Covered Bonds wird diese Assetklassen weiter begünstigen. Aus Sicht eines Investors geht die Regulierung selbstverständlich in die richtige Richtung. Doch die relative Sicherheit des Covered-Bond-Investors in der Krise geht einher mit einer höheren Unsicherheit der restlichen Gläubiger, die umso höhere Lasten zu tragen haben, je sicherer der Covered Bond ist. Bei ABS hingegen beruht die Sicherheit der AAA-Tranche auf den nachrangigen Tranchen, die die Verluste abfangen. Im Falle einer Verschlechterung der Bonität des Portfolios oder wesentlicher Transaktionsparteien würden diese Tranchen zuerst downgeratet, die EK-Anforderungen bei den jeweiligen Haltern würden steigen. Die Risiken werden damit nicht vom Investor auf die ungedeckten Gläubiger beziehungsweise Einlagensicherungssysteme transferiert.

Erschwerte Rückkehr zur Kapitalmarktfinanzierung der Banken?

Und einem weiteren Gedanken sollte man nachgehen: Erschwert die relative Benachteiligung von ABS nicht die Rückkehr zur Kapitalmarktfinanzierung der Banken? Seit Ausbruch der Finanzkrise sind die Interbankenmärkte gestört. Immer weniger vertrauen Banken anderen Banken. Mehr und mehr tritt die EZB in die Rolle der Bankenfinanzierung ein. Die EZB-Bilanz ist in den letzten fünf Jahren um etwa zwei Billionen Euro gewachsen auf nunmehr über drei Billionen Euro. Doch die EZB macht ihre Kreditgeschäfte mit Banken nur gegen die Hinterlegung von Sicherheiten. Da die überwiegende, in den Bankenbilanzen sich befindlichen zulässigen Unternehmens-, Banken- und Staatsanleihen bereits als Sicherheiten bei der EZB hinterlegt sind, sind europäische Banken darauf angewiesen, Teile ihres Kreditportfolios zu verbriefen, um an EZB-Geld zu kommen. Seit Ausbruch der Krise wurde daher ein großer Teil der neuen Kreditherauslagen der EZB mit ABS unterlegt.

Vor Kurzem hat die EZB den Ruf nach der Bazooka mit der dicken Bertha beantwortet. Mit der Bereitstellung von über einer Billion Finanzierungsvolumen, netto, nach Herausrechnen von "Umschuldungen" kurzfristiger Ausleihungen beträgt das Volumen immerhin noch über 500 Milliarden Euro, hat die EZB-Bilanz die drei Billionen Euro deutlich überschritten. Man schätzt nunmehr, dass etwa 600 bis 700 Milliarden ABS als Sicherheiten von Banken bei der EZB dafür hinterlegt sind.

Die derzeitige Zentralbankgeld-Wirtschaft kann aber nur ein Übergangsregime sein. Der beste Weg, die Risiken der Zentralbank-Geldwirtschaft abzubauen besteht darin, den ABS-Markt wiederzubeleben. Dies hängt jedoch nicht alleine von der EZB ab. Es kommt ebenso auf das Zusammenspiel von EZB-Politik und neuen Regulierungen an.

Denn für ein harmonisches Zusammenspiel von Notenbankfinanzierung und Kapitalmarktfunktionalität ist eine hohe Marktgängigkeit von ABS wichtig. Ansonsten steht die Frage im Raum: Was passiert 2015, wenn Solvency II und Basel III ihre volle Wirkung entfalten, mit den dann wahrscheinlich deutlich mehr als 700 Milliarden Euro ABS-Bonds bei der EZB? Von daher wäre alles ein Beitrag zur Entspannung der an sich angespannten Finanzmärkte, was dazu beiträgt, ABS auch regulatorisch unter Banken und Versicherungen wieder marktgängiger zu machen.

Auswirkungen auf das Verhältnis von Banken und Wirtschaft

Es gilt auch zu bedenken: Die vorliegenden Regulierungen werden auf lange Sicht die Finanzierungsstruktur der deutschen Wirtschaft verändern, denn mit der Bevorzugung von Kapitalmarktfinanzierungen gegenüber Krediten sowie ABS, dem Kapitalmarktinstrument, über das Banken ihre Kredite liquide machen können, wird auch die Intermediationsfunktion der Banken für die Wirtschaft betroffen und sich die Finanzierungsstruktur der Wirtschaft nachhaltig verändern, weg von der Kreditfinanzierung hin zur Innen- und Kapitalmarktfinanzierung. Dies wird Auswirkungen auf das Verhältnis von Banken und Wirtschaft haben und das deutsche "Hausbanken"-Modell weiter Richtung Kapitalmarkt verschieben. Denn deutsche Banken haben zwar einen Marktanteil von gut 80 Prozent in der Kreditfinanzierung deutscher Unternehmen, aber nur einen Marktanteil von knapp 20 Prozent in deren Kapitalmarktfinanzierung. Hier dominieren Auslandsbanken, vor allem angelsächsische Investmentbanken.

Des Weiteren werden die vorliegenden Regulierungen die Wirtschaftsfinanzierung von den Banken zu den Versicherungen lenken. Auch hier gilt, die relative Erschwerung der Versicherungsinvestments in ungedeckte Bankanleihen, und ABS wird die Versicherungen ermuntern, direkt Kreditrisiken auf ihre Bilanz zu nehmen und sich im Kreditgeschäft zu engagieren, wozu sich große Versicherungen bereits jetzt bekennen und seit Längerem entsprechende Projekte aufgesetzt haben.

Auch der grenzüberschreitende Kapitaltransfer wird durch die Regulierungen modifiziert, denn die vorliegenden Regulierungen haben lenkende Wirkung auf die Form des Kapitaltransfers von den Überschuss- zu den Defizitländern. Deutschland ist auch ein Land mit hohen Handelsbilanzüberschüssen. Die Gegenposition in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist der Saldo der Kapitalbilanz, das heißt der Kapitalexport. Dieser kann, stark vereinfacht ausgedrückt, über Auslandsinvestments von deutschen Finanzinstituten (typisches Beispiel: Kauf von ausländischen Anleihen durch deutsche Banken) oder durch Finanzierung von Direktinvestitionen deutscher Firmen im Ausland erfolgen. Die aktuelle Diskussion um die Target-2-Salden soll hier außen vor bleiben. Die Wirkung der neuen Regulierungen ist eindeutig: Der Kauf von ausländischen Staatsanleihen und Covered Bonds wird stark incentiviert; die Kreditvergabe, das heißt Finanzierung von Auslandsinvestitionen deutscher mittelständischer Unternehmen hingegen nicht.

Ausgleichsfunktion

Die Zurückdrängung der Verbriefung ist somit Teil des Problems und nicht die Lösung, denn ein wesentlicher Teil der vertrackten Logik in den neuen Regulierungen ergibt sich aus der durchgängigen Erschwerung von ABS wie sie sich im Gefolge der letzten Krise in fast allen Regulierungen durchsetzte. Warum? Vor der Finanzkrise finanzierten sich europäische Banken in etwa gleichgewichtig über Covered Bonds, ungedeckte Anleihen und Verbriefungen. Die ungedeckte Bankschuldverschreibung, aber auch die Bankeinlagen (natürlich ohne die EZB-Kredite) sind seitdem deutlich auf dem Rückzug. Von daher gilt es Ersatz zu schaffen, alle Formen von gedeckten Finanzierungen kommen dazu in Frage. Man kann dem Covered Bond nicht alleine die Last aufbürden.

ABS könnten somit dazu beitragen, mit sicheren, weil ebenfalls gedeckten Schuldverschreibungen, welche aber aufgrund ihrer anderen Struktur andere Wirkungsmechanismen in der Finanzkrise entfalten, die Kapitalsammelstellen für die Bankenfinanzierung zu gewinnen und zudem die Ausgleichsfunktion zwischen passiv- und aktivlastigen Banken sicherzustellen, ohne dass die investierende Seite vom Insolvenzrisiko der finanzierenden Seite und den Bail-in-Risiken der neuen Rechtslage betroffen wäre. Vorurteilsfrei und offen überdenken

Sie wären somit auch ein Beitrag zu einem geordneten Deleveraging. Und Verbriefungen könnten zudem dazu beitragen, die Zentralbanken in ihrer Intermediationsfunktion, in die diese zunehmend aufgrund der Funktionsschwäche des Interbankenmarktes kommen, zu entlasten. Denn perspektivisch stellt sich ohnehin die Frage, wie die EZB in einigen Jahren ihre hohen Kreditvolumina an Banken wieder auf ein Normalmaß zurückführen will, ohne dass ihre Hauptsicherheit, nämlich ABS-Bonds, wieder marktgängig werden oder die Alternative Platz greift, ein beschleunigtes Deleveraging der Bankbilanzen mit all ihren Folgen.

Doch die nachhaltige Fixierung auf die durch den amerikanischen Subprime-Markt ausgelösten Schockerlebnisse verhindert immer noch den vorurteilsfreien Umgang mit dem Instrument ABS, obgleich ein Blick auf die Performance europäischer ABS über die Finanzkrise hinweg für sich spricht. Denn vier Jahre nach Ausbruch der Krise haben sich europäische ABS auch ohne staatliche und Notenbank-Hilfen wie sie Staatsanleihen, aber auch den Covered-Bond-Märkten zugute kamen, hervorragend behauptet. Von daher bleibt nur zu hoffen, dass Politik und Regulierung insbesondere die Eigenkapitalbestimmung für ABS in der Solvency II (QIS-[5]-Regelungen) sowie die Behandlung von ABS im Rahmen der Basel III LCR-Ratios offen und vorurteilsfrei zu überdenken.

Dr. Hartmut Bechtold , Global Writers Group GmbH
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