Gespräch des Tages

Altersvorsorge II - bAV: Kein EU-weiter Markt in Sicht

Eigentlich ist es paradox: Glaubt man der Wahrnehmung der Politik, den regelmäßigen Berichten in (Fach-)Medien sowie der besorgt klingenden, aber beharrlich erfolgenden Aufklärungsarbeit der Anbieter, müsste die Problematik der gewaltigen Risiken in den Pensionsverpflichtungen von Unternehmen längst bekannt sein. Zudem belegen aktuelle Umfragen, wie sie etwa ZEW und Allianz Global Investors jüngst in den größten Altersvorsorgemärkten durchgeführt haben, dass auch hierzulande in der Praxis der betrieblichen Altersvorsorge ganz allmählich ein Trend weg von der leistungsorientierten Zusage (defined benedit, DB) hin zur beitragsorientierten Zusage (defined contribution, DC) festzustellen ist und der Sache nach schon richtig guten Zuspruch hat. Immerhin sprachen sich 81 Prozent der teilnehmenden Fachleute dafür aus.

Ernüchternd bleibt freilich der Status quo und ein kaum gefühlter Handlungsdruck: Bis zu 80 Prozent aller Vorsorgepläne orientieren sich derzeit noch am DB-Ansatz, sagen Branchenkenner. Dass speziell im unterversorgten Mittelstand alleine neue Gesetzgebungen wie das hiesige Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) für genug Impulse sorgen werden, um die Praxis zu den notwendigen Veränderungen zu bewegen, ist ungewiss. Derzeit sehen laut Studie lediglich 57 Prozent der Befragten überhaupt diesen Zusammenhang. Gemessen an der Prognose, dass bei erstmaliger Anwendung des BilMoG ein Anstieg der Pensionsverpflichtungen um bis zur Hälfte zu erwarten steht, liegt dieser Wert erschreckend niedrig.

Sicher auch als Folge der schlechteren wirtschaftlichen Möglichkeiten zur Forcierung der bAV in Zeiten der Finanzkrise wirken die regionalen Märkte zurzeit also recht träge. Dynamischer könnte sich die zukünftige Ausrichtung der betrieblichen Altersvorsorge freilich darstellen - und damit auch deren langfristiger Erfolg -, wenn sich ein einheitlicher europäischer bAV-Markt herausbilden könnte. Sollte ein solcher kommen, so ist man sich in Fachkreisen einig, wird dieser von der beitragsorientierten Vorsorge dominiert werden. Die Zeichen für ein EU-weites bAV-Regime werden indes unter den Befragten nicht besonders rosig gesehen: Die Wahrscheinlichkeit dafür wird auf gerade einmal 50 zu 50 eingeschätzt. Obendrein seien dafür noch weitere Veränderungen der Sozial-, Arbeits- und Steuergesetzgebung notwendig. Und wie steht die Politik dazu? Die neue Bundesregierung hat das Thema der betrieblichen Altersvorsorge im Koalitionsvertrag erst einmal außen vor gelassen. Ob allein multinationale Unternehmen, wie von knapp drei Vierteln der Befragten erwartet, die Aufklärungsarbeit für länderübergreifende bAV-Ansätze tragen müssen?

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