Aufsätze

Ausgewählte Rechtsfragen der 7. KWG-Novelle

Die Bundesregierung hat am 24. Februar 2006 den "Entwurf eines
Gesetzes zur Umsetzung der neu gefassten Bankenrichtlinie und der neu
gefassten Kapitaladäquanzrichtlinie" vorgelegt.1) Hierzu hat der
Bundesrat am 7. April 2006 Stellung genommen.2) Das Gesetzesvorhaben
ist auch Teil der nationalen Umsetzung der genannten Richtlinien und
enthält zahlreiche das Kreditwesengesetz betreffende Änderungen.3)
\
Aufsichtsbehördliche Bestimmung von Pflichtprüfungsinhalten
\
Der Gesetzentwurf sieht in dem neu eingefügten § 30 KWG-E vor, dass
die BaFin gegenüber einem Institut und über die branchenspezifischen
Abschlussprüferpflichten des § 29 KWG hinaus Bestimmungen über den
Inhalt der Rechnungslegungsprüfung treffen kann, die in der Folge vom
Institutsprüfer im Rahmen seiner Prüfung nach §§ 316 ff. HGB, 29 KWG
zu berücksichtigen sind. Letzteres wiederholt § 29 Abs. 2 S. 4 KWG-E
dann noch einmal ausdrücklich. Nach § 30 S. 2 KWG-E soll die BaFin
insbesondere Schwerpunkte für die Rechnungslegungsprüfungen festlegen
können.
\
Diese Regelung knüpft an § 36 Abs. 3 WpHG an. Ziel der §§ 30, 29 Abs.
2 S. 4 KWG-E ist es, der Institutsaufsicht mehr Flexibilität zu
verschaffen, indem verstärkt auf die individuellen Belange der
Institute eingegangen werden kann. Insoweit ziele die Regelung auch
auf eine Entlastung der Institute, weil durch die frühzeitige
Schwerpunktbildung auf eine gegebenenfalls erforderliche Anordnung
einer Sonderprüfung nach § 44 Abs. 1 S. 2 KWG verzichtet werden könne.
\
Die seitens der Aufsicht selbst durchzuführenden "bankgeschäftlichen
Prüfungen" lässt § 30 KWG-E unberührt. Dass der Abschlussprüfer eine
Anordnung der Aufsichtsbehörde gegenüber einem Institut auch
tatsächlich berücksichtigt, soll § 29 Abs. 2 S. 4 KWG-E sicherstellen.
\
Des § 29 Abs. 2 S. 4 KWG-E bedarf es im Grunde nicht. Die Pflicht, die
nach § 30 KWG-E getroffenen Bestimmungen der BaFin zu berücksichtigen,
ergibt sich wortlautgemäß für den Abschlussprüfer bereits aus § 30
KWG-E selbst. Darüber hinaus ist die BaFin als
Institutsaufsichtsbehörde gegenüber Abschlussprüfern (§§ 319 HGB, 54,
55 Abs. 1 GenG) nicht aufsichtsbefugt, kann also deren
Prüfungstätigkeit ihrerseits nicht überprüfen, dessen Verbesserung
einfordern oder gar die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben anordnen.
Gleichwohl findet dies nach §§ 30, 29 Abs. 2 S. 4 KWG-E über das
aufsichtsunterworfene Institut mittelbar statt.
\
Die von der BaFin formulierten Schwerpunkte müssen schutzzweckbezogen,
das heißt sie dürfen lediglich besonders branchenveranlasst und müssen
für das Institut im Einzelfall verhältnismäßig sein. Mit Rücksicht auf
§§ 44 Abs. 1 S. 2, 7 Abs. 1 KWG, Art. 10 u. 11 Aufsichtsrichtlinie
handelt es um Prüfungen des Kreditgeschäfts, insbesondere Prüfungen
der Werthaltigkeit von Sicherheiten und der Angemessenheit der
Risikovorsorge im Kreditgeschäft (nichtbankgeschäftliche Prüfungen).
\
Konflikt mit der Eigenverantwortlichkeit von WP's
\
Den Abschlussprüfern gesetzlich weitere und über §§ 316, 317 HGB, 53
GenG, 29 KWG hinausgehende Prüfungsinhalte aufzuerlegen, ist
grundsätzlich zulässig. Insoweit besteht auch kein Konflikt mit der in
§§ 43 Abs. 1 S. 1, 44 WPO geregelten Eigenverantwortlichkeit von
Wirtschaftsprüfern. Gesetzliche Vorgaben zu achten, ist Teil einer
gewissenhaften Berufsausübung (siehe auch §§ 43 Abs. 1 S. 1 WPO, 4
Abs. 1 S. 1 BS WP/vBP).
\
Aber zwischen § 29 u. § 30 KWG (wie auch § 44 Abs. 1 S. 2 KWG)
bestehen wesentliche Unterschiede. § 29 KWG ist eine im KWG
angesiedelte, branchenspezifische Rechnungslegungsvorschrift, die in
Absatz 1 Satz 1 jeden Institutsprüfer verpflichtet,
wirtschaftszweigbezogene Inhalte in seine Rechnungslegungsprüfung nach
§§ 316 ff. HGB aufzunehmen.
\
Im Ergebnis jedoch handelt es sich nur um die gesetzliche Niederlegung
der abschlussprüferlichen Selbstverständlichkeit, Prüfungen
fachgerecht durchzuführen. § 30 KWG-E hingegen dient der Entlastung
der Institute von außerordentlichen, nichtbankgeschäftlichen Prüfungen
nach § 44 Abs. 1 S. 2 KWG. Diese jedoch werden von der BaFin im
Einzelfall angeordnet und sind Teil der freiheitsbeschränkenden
Institutsaufsicht (§ 6 Abs. 1 bis 3 KWG).
\
Sich auf Sonderprüfungen zu bewerben und diese durchzuführen, steht
den Wirtschaftsprüfern frei. Sie werden also, anders als dies § 30
KWG-E ermöglicht, von der BaFin nicht nachträglich inhaltlich
gebunden. Für den Einzelfall im Rahmen der regelmäßigen
Rechnungslegungsprüfung mögliche Problemfelder zu identifizieren und
dementsprechend inhaltliche Schwerpunkte festzulegen, ist Sache des
Abschlussprüfers selbst.4) Freilich kann dies auch im Vorfeld durch
den Aufsichtsrat des prüfungsunterworfenen Instituts geschehen.5)
\
Ausgestaltung der Prüfungsberichtsverordnung
\
Im Übrigen öffnet § 30 KWG-E der BaFin Tür und Tor, an § 44 Abs. 1 S.
2 KWG und § 29 Abs. 4 KWG vorbei neue Prüfungsinhalte zu begründen,
deren Einhaltung sie dann selbst beaufsichtigt. Dabei ermächtigt § 29
Abs. 4 S. 2 KWG die BaFin bereits, "durch Rechtsverordnung [unter
anderem] nähere Bestimmungen über den Gegenstand der Prüfung ... [zu]
erlassen", soweit dies der Schutzzweck des KWG rechtfertigt.
Dementsprechend kann die BaFin die Prüfungsberichtsverordnung
ausgestalten. Indes bestünde insoweit ein Widerspruch zur
Einzelfallermächtigung des § 30 KWG-E. Ferner liefe die
Verordnungsermächtigung des § 29 Abs. 4 KWG regelmäßig leer.
\
Überdies kann die BaFin die aufsichtsrechtliche
Sonderprüfungsermächtigung des § 44 Abs. 1 S. 2 KWG, von der sie
inzwischen ohnehin viel zu häufig und umfangreich Gebrauch macht, auf
leisen Sohlen zu einer rechnungslegungsrechtlichen Regelprüfung
umfunktionieren, ohne auf Prüfungsanordnungen nach § 44 Abs. 1 S. 2
KWG verzichten zu müssen. Insofern wäre es verhältnismäßig, für den
Fall der Einfügung von § 30 KWG-E den § 44 Abs. 1 S. 2 KWG erneut
anlassbezogen auszugestalten.
\
Offen ist schließlich, zu welchem Zeitpunkt die BaFin die Schwerpunkte
festlegen können soll - vor oder nach der Auftragsannahme durch den
Abschlussprüfer? In welchem Verhältnis steht dann § 30 KWG-E mit Blick
auf die Prüfungsvergabe nach § 44 Abs. 1 S. 2 KWG zu § 28 Abs. 1 und
vor allem auch Abs. 3 KWG?
\
Prüferische Durchsicht von Zwischenabschlüssen
\
Entsprechend § 26 Abs. 1 S. 1 KWG hat ein Institut, das
Zwischenabschlüsse erstellt, diese der BaFin und der Deutschen
Bundesbank gemäß § 10 Abs. 3 S. 5 KWG-E ohne schuldhaftes Zögern
einzureichen. Ferner hat der Abschlussprüfer des Instituts (wie nach §
26 Abs. 1 S. 3 KWG den Abschlussbericht) umgehend "nach Beendigung der
prüferischen Durchsicht der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank
[den Zwischenprüfungsbericht] einzureichen." (§ 10 Abs. 3 S. 6 KWG-E).
Das Gleiche soll nach § 10a Abs. 10 S. 5 und 6 KWG-E für übergeordnete
Unternehmen einer Institutsgruppe oder einer Finanzhol-ding-Gruppe und
deren Prüfer gelten.
\
Der Zwischenprüfungsbericht dient dazu, die Richtigkeit der Ermittlung
der aufsichtlich zu berücksichtigenden Eigenmittelkomponenten zu
bestätigen. Von einer (Legal-)Definition der "prüferischen Durchsicht"
nimmt der Gesetzgeber bewusst Abstand. Es sei noch zu prüfen, ob
internationale Entwicklungen in eine künftige gesetzliche Definition
einzubeziehen seien. "Bis zu einer gesetzlichen Regelung mag es
angemessen sein, zur Auslegung des Begriffs auf in der Praxis
entwickelte Grundsätze zurückzugreifen."
\
Den durch die berufsständische Praxis in Anlehnung an gesetzliche
Vorgaben entwickelten und im IDW-Prüfungsstandard 900 verbindlich
niedergelegten Begriff der "prüferischen Durchsicht" in §§ 10 Abs. 3
S. 6, 10a Abs. 10 S. 6 KWG-E zu verwenden, ohne aber in der
Gesetzesbegründung auf den IDW-Prüfungsstandard 900 zu verweisen,
sondern stattdessen die Anwendung des Prüfungsstandards offen zu
lassen ("mag es angemessen sein, zur Auslegung ...") und vage eine wie
auch immer geartete Definition in Aussicht zu stellen, ist
rechtssystematisch zweifelhaft und schafft unnötige
Rechtsunsicherheit.
\
Insbesondere sind internationale Entwicklungen in Prüfungsstandards
hinreichend berücksichtigt und müssen von Wirtschaftsprüfern ohnehin
angewandt werden. Das erfordert bereits die Pflicht zur gewissenhaften
und fachgerechten Prüfung.
\
Sofern der Gesetzgeber, was nach dessen Begründung näher liegt, auf
internationale Entwicklungen der Institutsaufsicht abhebt, sollten
diese keinesfalls in die (Legal-)Definition einer an sich
wirtschaftszweigübergreifenden prüferischen Tätigkeit einfließen. Die
prüferische Durchsicht ist eine allgemeine betriebswirtschaftliche
Prüfung im Sinne von § 2 Abs. 1 WPO. Es gelten die für den
Abschlussprüfer maßgeblichen berufsrechtlichen Grundsätze. Den
berufsrechtlich klar umrissenen Begriff der prüferischen Durchsicht
derart offen zu gestalten, birgt zudem die Gefahr, dass die BaFin den
insoweit verunsicherten Wirtschaftsprüfern im Einzelfall und ohne
gesetzliche Grundlage inhaltliche Vorgaben zu machen vermag.
\
Sonderprüfungen bei Auslagerungsunternehmen
\
§ 25a Abs. 2 KWG regelt die dauerhafte Auslagerung von für die
Durchführung der Institutsgeschäfte wesentlicher Tätigkeiten oder
Funktionen auf ein anderes Unternehmen (Outsourcing). Als
erlaubnisfreies Nichtinstitut tritt ein Auslagerungsunternehmen der
BaFin gegenüber aber nicht an die Stelle des auslagernden
Kreditinstituts. Anordnungen, Mängel in fremdbezogenen
Geschäftsbereichen zu beseitigen, sind (nach § 6 Abs. 1 bis 3 KWG)
ausschließlich an das auslagernde Kreditinstitut zu richten. Das KWG
kennt keine unmittelbare Aufsichtsbefugnis gegenüber
Auslagerungsunternehmen (siehe auch § 25a Abs. 3 KWG-E).
\
Die BaFin ist, soweit sie auf der Grundlage des KWG tätig wird, nur
Institutsaufsichtsbehörde. Auslagerungsunternehmen sind, weil hierzu
verfassungsrechtlich gerechtfertigt kein Anlass besteht, weder nach §§
4 Abs. 1 FinDAG, 6 Abs. 1 und 3 KWG noch nach § 44 Abs. 1 S. 2 Halbs.
2 KWG unmittelbar der Institutsaufsicht unterstellt. Weil
außerordentliche Prüfungen (nach § 44 Abs. 1 S. 2 KWG) Teil
regelmäßiger Aufsichtstätigkeit sind (klarstellend § 7 Abs. 2 S. 4
KWG) gilt: ohne laufende Beaufsichtigung auch keine anlassunabhängige
Überprüfung.
\
Im Übrigen beschränken sich die Sachverhaltsermittlungskompetenzen der
BaFin gegenüber Nichtinstituten auf die §§ 44c u. 44b KWG. Aus
verfassungsrechtlichen Gründen vermag die BaFin nur in eng umrissenen
Fällen gegenüber Nichtinstituten tatsächlich einzuschreiten (siehe §
37 KWG). Insoweit taugt § 25a Abs. 2 KWG nicht als Grundlage für
hoheitliche Eingriffe in Nichtinstitute. Soweit § 20 S. 3 AnzV oder
das Rundschreiben des BAKred zu § 25a Abs. 2 KWG6) dahingehend
Eingriffsbefugnisse vorsehen, sind diese unzulässig.
\
Kein eigenständiges Anordnungsrecht
\
Auch der durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. Juni
2002 neu eingefügte Halbsatz des § 44 Abs. 1 S. 2 KWG verpflichtet
Auslagerungsunternehmen lediglich, auf den gegenständlich
erlaubnispflichtigen und von ihnen übernommenen Bereich bezogene
Prüfungshandlungen der BaFin zu dulden. Indes gibt die Vorschrift der
BaFin über Halbsatz 1 Fall 1 hinaus kein eigenständiges
Anordnungsrecht. Aufsichtsrechtlich bleibt die fremdbezogenen
Tätigkeit Teil des Kreditinstituts.
\
Mit § 25a Abs. 2 KWG ist nicht bezweckt, außerordentliche Prüfungs-
und Aufsichtskompetenzen der BaFin über §§ 44b f., 37 KWG hinaus zu
erweitern. Deshalb ist eine anlassabhängige Ausweitung auf
Auslagerungsunternehmen angezeigt. Die Prüfungsanordnung der BaFin
nach § 44 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 Fall 1 KWG darf ausgelagerte
Geschäftsbereiche nicht stets "ohne jeglichen Anlass" einschließen
können. Vorzuziehen wäre eine kombinierte Anordnung, wonach die in
rechtlich selbstständige Vereinigungen ausgelagerten Bereiche ihrer
aufsichtsrechtlichen Bedeutung entsprechend nur hilfsweise geprüft
würden.
\
Eine Prüfung auf Auslagerungsunternehmen auszudehnen (Halbsatz 2)
müsste danach "erforderlich" sein (siehe § 44 Abs. 1 Nr. 1 KWG a.F.).
Die BaFin hätte sich fortan grundsätzlich auf das
kreditwirtschaftliche Unternehmen in seiner (in den Gesetzesgrenzen
des § 25a Abs. 2 und 1 KWG i.V.m. dem Rundschreiben des BAKred)
vereinsautonomen variablen Art und Größe zu beschränken.
\
Anordnungsrecht bei Aufsichtsbeeinträchtigungen
\
Insofern bietet sich folgende Neufassung des § 44 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2
KWG an: "...; diese schließen wesentliche Bereiche im Sinne des § 25a
Abs. 2 Satz 1 ein, die ein Institut auf ein anderes Unternehmen
ausgelagert hat."7)
\
Der Gesetzentwurf sieht in § 25a Abs. 3 S. 1 KWG-E eine zusätzliche
Anordnungskompetenz der BaFin vor. Sofern bei einer Auslagerung nach §
25a Abs. 2 KWG Prüfungs- und Kontrollrechte der BaFin beeinträchtigt
sind, soll die BaFin Anordnungen treffen können, die geeignet und
erforderlich sind, die Beeinträchtigung zu beseitigen. Nach § 25a Abs.
3 S. 2 KWG-E bleibt die Anordnungsbefugnis der BaFin gegenüber
Instituten aus § 25a Abs. 1 S. 5 KWG unberührt.
\
Aus dem Wortlaut der Vorschrift (Satz 1) geht anders als aus § 25a
Abs. 1 S. 5 KWG nicht hervor, dass Anordnungsadressaten die Institute
sein sollen. Insoweit ist die Vorschrift zu unbestimmt und taugt nicht
als Ermächtigungsgrundlage für belastende Verwaltungsakte.
\
Inhaltlich zielt § 25a Abs. 3 S. 1 KWG-E aber in die richtige
Richtung. Die mit der Betriebserlaubnis einhergehende
Alleinverantwortung für die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftstätigkeit
(im Sinne des KWG) kann nicht befreiend auf andere übertragen werden.
Nach § 25a Abs. 2 KWG ausgelagerte Risiken bleiben daher
Institutsrisiken. Die Institute müssen aufsichtlich sensible Bank- und
Finanzdienstleistungsfunktionen sowie deren Teilrisiken weiterhin
beherrschen, das heißt feststellen, beurteilen und steuern, können. Ob
sie das tun und inwieweit branchenspezifische Risiken in ausgelagerten
Bereichen entstehen oder solche anderorts nachhaltig beeinflussen,
muss die BaFin weiter beaufsichtigen können.
\
Anordnungsbefugnis erforderlich?
\
Ausweislich der Gesetzesmaterialien ist die Befugnis des § 25a Abs. 3
S. 1 KWG-E, durch gezielte Anordnungen einen gesetzmäßigen Zustand
wieder herstellen zu können, Teil einer Neukonzipierung des
aufsichtlichen Maßnahmenkatalogs. Mit Rücksicht auf eine verstärkt
qualitativ ausgerichtete Institutsaufsicht (Supervisory Review
Process) soll § 25a Abs. 3 KWG-E der BaFin eröffnen, abgestufter und
gezielter als bislang möglich gegen Verstöße aus dem Bereich der
Auslagerung wesentlicher Bereiche eingreifen zu können.
\
Hierzu jedoch bedarf es einer solch ausdrücklichen Anordnungsbefugnis
gar nicht. Bei einem Verstoß gegen § 25a Abs. 2 KWG (i.V.mit dem
normkonkretisierenden Rundschreiben des BAKred sowie § 25a Abs. 1 S. 3
Nr. 1 bis 6 S. 1, Abs. 1a KWG) vermag die BaFin bereits nach § 6 Abs.
1 und Abs. 3 S. 1 KWG "geeignete und erforderliche" Maßnahmen zu
ergreifen und dem betreffenden Institut eine Auslagerung
gegebenenfalls zu untersagen, dessen Erlaubnis zum Betreiben von
Bankgeschäften zu versagen (§ 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 KWG) oder
aufzuheben (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 Fall 1 u.Nr.6 KWG). Auch die Abberufung
eines einzelnen unbelehrbaren Geschäftsleiters, seine Verwarnung oder
ihm die Berufsausübung zu untersagen sind möglich (§ 36 KWG).
\
Auch die Verweisung in § 25a Abs. 3 S. 2 KWG-E auf § 25a Abs. 1 S. 5
KWG-E ist überflüssig. Gleiches gilt für die Regelung in § 45b Abs. 1
KWG-E. Unmittelbar selbst wird die BaFin anstelle eines Instituts
Verträge mit Auslagerungsunternehmen nicht kündigen, aber wohl die
zuständigen Gremien auffordern können, dies zu tun (vergleiche
insoweit § 36 Abs. 1 S. 1 KWG). Stets ist jedoch die
Eigenverantwortung der Institutsleitung zu achten.8)
\
Überfrachtung des Gesetzes
\
§ 25a Abs. 3 KWG-E ist ein treffliches Beispiel für die
gesetzessystematischen Verfehlungen im KWG. Klarstellende Regelungen
wie die der §§ 6 Abs. 3 S. 1 Fall 1, 25a Abs. 1 S. 2, 31 Abs. 2 S. 5,
25a Abs. 1 S. 3 Nr. 1, 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 6 S. 2 KWG (siehe auch § 29
Abs. 2 S. 4 KWG-E) sind kritisch zu würdigen, weil sie das Gesetz
überfrachten und dessen Anwendung erschweren. Das und die umfassende
Dokumentation unternehmerischer Selbstverständlichkeiten haben zur
Folge, dass die bankwirtschaftlichen Kernziele ins Abseits geraten und
eine Systemgläubigkeit entstehen lassen. Insbesondere nehmen sie dem
Gesetz die Systematik, hemmen die (auch deregulierende)
Rechtsentwicklung und drohen, nicht zuletzt bei Gesetzesänderungen,
Unklarheiten und Widersprüche hervorzurufen.9)
\
Dies belegen etwa auch die Sätze 4 und 5 von § 25a Abs. 1 KWG-E. § 25a
Abs. 1 S. 2 KWG 2002 ist, normsystematisch verfehlt, statt als Satz 4
des Absatzes 1 als Satz 2 in § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 6 KWG eingefügt
worden. Dennoch geht der Gesetzgeber jetzt davon aus, dass es sich um
§ 25a Abs. 1 S. 4 KWG handelt, fügt einen anderen Satz 4 ein und
ändert aus seiner Sicht folgerichtig die Angaben "in dem neuen Satz
5".
\
Wie auch die Anordnungsbefugnis des § 25a Abs. 3 KWG-E soll es § 45b
KWG-E der BaFin ermöglichen, "gezielter als bisher auf die Bereinigung
der Schwachstellen eines Instituts hinwirken zu können.". In einem
ersten Schritt soll die BaFin das Institut zur Beseitigung der
Organisationsmängel nach § 25a Abs. 1 S. 5 KWG-E anhalten.
\
Maßnahmen bei organisatorischen Mängeln
\
Erst mit Fristablauf "kann" die Bundesanstalt dann von den in § 45b
Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KWG-E exemplarisch angeführten Aufsichtsmitteln
Gebrauch machen. In Ausnahmefällen ermöglicht Absatz 3 auch, Maßnahmen
nach Absatz 1 zu verhängen und eine Anordnung nach § 25a Abs. 1 S. 5
KWG-E mit einer Maßnahme nach Absatz 1 zu verbinden. Ausschlaggebend
ist, wie schwer der nicht behobene oder vorhandene Mangel ist und in
welcher Risikolage sich das Institut befindet.
\
Aber auch der Vorschrift des § 45b KWG-E bedarf es im Grunde nicht.
Welche Mittel die BaFin wann einsetzt, ist Teil ihres
Aufsichtsermessens und Ausdruck von Verhältnismäßigkeit. Angemessen,
das heißt schutzzweckbezogen "geeignete und erforderliche" Anordnungen
zu treffen, wie sie § 45b KWG-E bei einem Verstoß gegen § 25a Abs. 1
KWG vorsieht, ist der BaFin gegenwärtig ebenfalls nach §§ 6 Abs. 1 u.
3 KWG möglich. Das bestätigt Art. 12 Aufsichtsrichtlinie, wonach es
der BaFin obliegt, die Inhalte und den Zeitrahmen einer
Mängelbeseitigung festzulegen.
\
Die nach §§ 76 Abs. 1 AktG, 27 Abs. 1 S. 1 GenG, 91 Abs. 2 AktG für
eine ordnungsmäßige Geschäftsleitung allgemein selbstverständlichen
organisatorischen Mindestanforderungen des § 25a Abs. 1 KWG gar nicht
oder nur unzureichend einzuhalten, gilt stets als ein
institutsbezogener Missstand im Sinne von § 6 Abs. 3 S. 1 KWG und
zugleich als Verstoß gegen "die Vorschriften dieses Gesetzes" (§ 6
Abs. 1 KWG, siehe § 25a Abs. 1 KWG). Hierauf geht die Begründung mit
keinem Wort ein.
\
Stattdessen kommentiert sich das Gesetz gleichsam selbst. In dieser
Weise die Kompetenzen der BaFin "zu erweitern", heißt die
Anordnungsermächtigungen des § 6 Abs. 1 bis 3 KWG aus ihren sachlichen
Zusammenhängen zu lösen; zumal mit § 25a Abs. 1 S. 4 KWG-E eine nach §
6 Abs. 1 u. 3 KWG sanktionsfähige Kontrollpflicht der Institute
eingefügt werden soll. Im Übrigen sind auch Maßnahmen nach § 36 KWG
möglich.
\
Institutsgruppe, Bankenaufsicht, Institutsbezogenes Sicherungssystem
\
Die in § 10a Abs. 2 u. 2a KWG gewählte Definition einer
Institutsgruppe (siehe auch § 10a Abs. 1 und 2 KWG-E) geht an dem
herkömmlichen Sprachgebrauch in Deutschland vorbei, wonach es drei
"Gruppen von Instituten" gibt: öffentlichrechtliche Sparkassen, Volks-
und Raiffeisenbanken sowie die übrigen Privatbanken. Insoweit sei auch
auf § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KWG verwiesen. Dem entspricht der
besondere Bezeichnungsschutz der §§ 39 u. 40 KWG.
\
Genauso irreführend ist es, für die Tätigkeit der BaFin nach §§ 4 Abs.
1 FinDAG, 6 Abs. 1 KWG den Begriff "Bankenaufsicht" zu verwenden.
Sachlich zutreffend übt die BaFin auf der Grundlage des KWG eine
"Institutsaufsicht" aus. Die so genannte Bankenaufsicht stellt davon
nur noch eine Teilaufgabe dar.10)
\
Schließlich taucht in § 10c Abs. 2 KWG-E der Begriff des
"institutsbezogenen Sicherungssystems" auf. Was heißt
institutsbezogen? Handelt es sich dabei mit Blick auf § 1 Abs. 1
Statut der Sicherungseinrichtung des BVR, § 12 Abs. 1 EuAG, § 10 Abs.
2 S. 1 Nr. 11 KWG-E um die "institutssichernden Einrichtungen"
(i.S.von § 12 Abs. 1 EuAG) der Volks- und Raiffeisenbanken und
Sparkassen? Wenn ja, was die BT-Drucks. 16/1140 nahe legt, dann bietet
sich jedenfalls eine einheitliche Terminologie an.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X