Aufsätze

Auto-ABS als Assetklasse

Aktuell werden in Deutschland rund 75 Prozent aller verkauften Neufahrzeuge finanziert oder geleast. Mit einem Marktanteil von mehr als 67 Prozent sind die Autobanken und die konzerneigenen Leasinggesellschaften, die sogenannten Captives, wichtigster Absatzförderer der Automobilhersteller. Die Volkswagen Financial Services AG finanziert oder verleast jedes zweite vom Volkswagen Konzern in Deutschland verkaufte Fahrzeug. Gemeinsam bilden diese konzerneigenen Absatzfinanzierer das Rückgrat der automobilen Wertschöpfungskette, denn sie erleichtern beziehungsweise ermöglichen erst den Fahrzeugverkauf. Die Kunden kaufen schnel ler wieder Neuwagen, da bei finanzierten Fahrzeugen der Austausch aufgrund der Vertragslaufzeiten erheblich früher erfolgt als bei nichtfinanzierten Automobilen.

Höhere Markenloyalität

Dabei zeigen diese Kunden eine höhere Markenloyalität und entscheiden sich bei finanzierten oder geleasten Fahrzeugen in aller Regel für höherwertige Modelle und bessere Ausstattungen. Mit zusätzlichen Dienstleistungsangeboten, wie Versicherun gen und Garantieverlängerungen, fördern die konzerneigenen Absatzfinanzierungsgesellschaften zudem den Besuch ihrer Kunden in der Markenwerkstatt. Das sorgt beim Handel für eine höhere Auslastung der Werkstätten und steigert das Originalteilegeschäft der Hersteller.

Für die Volkswagen Financial Services (VWFS) ist darüber hinaus die Kreditversorgung des Automobilhandels wichtig, etwa durch die Finanzierung der Lagerwagenbestände. So hat sich der VW Finanzdienstleister selbst in der Krise als zuverlässiger Partner des Handels erwiesen und ihm unvermindert Kredite bereitgestellt. Das Finanzdienstleistungsgeschäft ist heute die zentrale Stütze des Automobilvertriebs; ohne sie käme der Absatz ins Stocken und wesentliche Teile des Automobilhandels wären in ihrer Existenz bedroht.

Die Volkswagen Financial Services AG verfolgt bei ihrer Refinanzierung keine spekulativen Ziele, sondern verwendet die Mittel ausschließlich zur Finanzierung des Absatzes. So kann der Konzern wachsen und Arbeitsplätze werden gesichert. Dabei sind Verbriefungen ein wesentlicher Baustein ihrer Refinanzierung. Sie sind neben den Kundeneinlagen bei der Volkswagen Bank GmbH und unbesicherten Kapitalmarktinstrumenten die dritte strategische Säule der Kapitalbeschaffung. Ziel der Langfriststrategie ist eine breite Diversifizierung, auch wenn dies bedeutet, dass nicht immer die günstigste Refinanzierungsquelle genutzt wird. Denn um die Nachhaltigkeit im Finanzgeschäft zu gewährleisten, ist die Bedeutung von Liquidität wichtiger als die Rentabilität der Refinanzierung.

Auch für die meisten anderen herstellerverbundenen Finanzdienstleister und herstellerunabhängigen Autofinanzierungsgesellschaften ist die Verbriefung von Autoleasing- und Autodarlehensforderungen seit Jahren ein wichtiges Standbein ihrer Refinanzierung. Daran hat auch die Finanzmarktkrise nichts geändert, wenngleich das Volumen der ABS-Emissionen seitdem stark zurückgegangen ist.

Die Volkswagen Financial Services AG ist seit dem Jahr 1996 auf dem ABS-Markt aktiv. Seither wurden 29 öffentliche Emissionen mit einem Gesamtvolumen von über 21 Milliarden Euro durch sie platziert. Damit ist die Finanztochter von Volkswagen der aktivste Emittent im europäischen Auto-ABS-Segment. Die Verbriefungen umfassten Autofinanzierungen aus Deutschland, Großbritannien, Japan, den Niederlanden, Brasilien und Spanien. Insbesondere die beiden letztgenannten Länder sind ein Beleg für die Innovationskraft der Volkswagen Finanz dienstleister und das Vertrauen der Investoren in ihre Emissionen: In Spanien konnten sie die erste Auto-ABS-Transaktion seit der Lehman-Krise im Jahr 2007 platzieren. Die in Brasilien emittierte Driver Brazil One war die erste Transaktion eines ausländischen herstellerverbundenen Finanzdienstleisters und eine der größten ABS-Transaktionen im brasilianischen Markt überhaupt.

Viele andere Beispiele

Auch andere Captives von Pkw und Lkw-Herstellern wie BMW, Daimler, Porsche, Toyota, Renault, Fiat, Peugeot, Ford und MAN und herstellerunabhängige Finanzierungsgesellschaften wie die Deutsche Leasing, Albis, die akf Bank, die Santander Bank und Gefa setzen bei ihrer Refinanzierung seit Jahren auf die Verbriefung von Autoleasing- und Autodarlehensforderungen. Neben öffentlichen Verbriefungen, die bei Investoren platziert wurden, sind ABCP-Conduit-Finanzierungen und Transaktionen zur Nutzung der EZB-Repo-Fazilitäten zum Einsatz gekommen.

Die Autofinanzierer haben als häufige Emittenten am ABS-Markt, sogenannte Frequent Issuer, in vielen ihrer Emissionsprogramme stark zur Standardisierung bei der Strukturierung und Dokumentation von ABS-Transaktionen und damit zur Wiederherstellung des Vertrauens von ABS-Investoren in dieses Kapitalmarkt segment beigetragen. ABS-Programme wie die Driver- und VCL-Transaktionen der VWFS stehen heute bei Investoren als Synonym für bestimmte Strukturfeatures bei der Tranchierung des Portfolios und der Absicherung von ABS-typischen Risiken. Die Dokumentation ist weitgehend vereinheitlicht. Dies zielt darauf ab, den Investoren die Analyse der Transaktionen stark zu vereinfachen. Sobald sie sich einmal mit den Grundstrukturen vertraut gemacht haben, können sie sich bei der Investmententscheidung für zukünftige Transaktionen des gleichen Programms im deutschen Inland wie im Ausland vor allem auf die Analyse des verbrieften Portfolios konzentrieren.

Auswirkung der Regulierung

In EMEA wurden nach Angaben der Ratingagentur Moody's im Jahr 2011 verbriefte Anleihen im Wert von 367 Milliarden Euro platziert. Das klingt zwar nach einem großen Finanzierungsvolumen, aber im Jahr 2008 lag der Wert der emittierten ABS noch bei 739,1 Milliarden Euro und damit mehr als doppelt so hoch. Den Rückgang haben insbesondere ABS-Anleihen verursacht, die mit minderwertigen (Subprime-) Hypotheken in den USA besichert wurden. Als die Immobilienblase in den USA platzte, entpuppten sich etliche Papiere als wertlos und Verbriefungsstrukturen als intransparent. Dies führte zu massiven Verlusten bei den Investoren. Das aus dieser Erfahrung resultierende Misstrauen ist bis heute noch nicht vollständig überwunden.

Die Umsetzung von Basel III tangiert auch den Verbriefungsmarkt, obgleich er mit den bisherigen Regulierungen im Rahmen der CRD II bereits das am besten regulierte Kapitalmarktsegment sein dürfte. Insbesondere besteht die Gefahr, dass Auto-ABS nicht mehr als hochliquide Aktiva für die Liquidity Coverage Ratio (LCR) zugelassen werden. Auch die Regulierung der Versicherungen im Rahmen der Solvency II erschwert mit den geforderten EK-Unterlegungen im Standardansatz erheblich das Investment von Versicherungen in ABS und lässt befürchten, dass europäische Versicherer ihr Investment in Verbriefungen drastisch reduzieren oder schlimmstenfalls gänzlich aufgeben werden. Dies würde auch Auto-ABS treffen, die ohnehin schon kleine Investorenbasis würde sich weiter reduzieren. Perspektivisch könnte damit eine wichtige Refinanzierungsquelle versiegen. Das aber wäre ein Widerspruch zu den bestehenden Anforderungen aus den MaRisk. Dort wird eine ausreichende Diversifizierung der Vermögensstruktur eben dieser Banken und Versicherungen gefordert, wie sie ABS gerade durch ihre Unabhängigkeit vom Emittenten in idealer Weise darstellen.

Die derzeitigen Anstrengungen, dem europäischen Gesetzgeber die negativen Steuerungseffekte, die aus dieser Regulierung hervorgehen, aufzuzeigen, werden von der deutschen Auto-ABS-Branche daher unterstützt. Denn Auto-ABS sind nicht zuletzt aufgrund ihrer transparenten Struktur bestens für eine Verbriefung geeignet. Sie generieren einen gut prognostizierbaren und regelmäßigen Zahlungsstrom und haben überschaubare Laufzeiten. Zudem verfügt das verbriefte Forderungsportfolio über eine hohe Granularität, da es sich aus vielen kleinen Leasing- beziehungsweise Finanzierungsverträgen verschiedener Seg mente zusammensetzt, was zu einer breiten Risikoverteilung führt.

Die konzerneigenen Absatzfinanzierer haben über Jahrzehnte mit Hilfe ausgeklügelter und bewährter Bonitätsbeurteilungsverfahren gelernt, das Ausfallrisiko der Kunden zu beurteilen. Die Werthaltigkeit der den Forderungen eines Auto-ABS zugrundeliegenden Fahrzeuge ist jederzeit seriös kalkulierbar, weil es öffentlich zugängige, stets aktuelle und unabhängige Quellen für klar definierte Restwerte gibt. Diese Transaktionen unterscheiden sich grundlegend von Subprime-Hypotheken Verbriefungen darin, dass bei Neufahrzeugen eine statistisch verlässliche Gebrauchtwertentwicklung angenommen werden kann und keine Spekulation auf Wertgewinne stattfindet, wie dies im US-Immobilienmarkt geschehen ist und letztlich zu einer Spekulationsblase geführt hat.

Nicht nur die granulare Assetqualität - auch die Verbriefungsstrukturen der Auto-ABS-Transaktionen selbst haben in Europa ihre Sicherheit unter Beweis gestellt: In einigen wenigen Insolvenzfällen von kleineren herstellerunabhängigen Leasinggesellschaften konnten alle nach der ABS-Vertragsdokumentation vorgesehenen Rechte des ABS-Emittenten im Insolvenzverfahren erfolgreich geltend gemacht und die Cash-Flows aus den verbrieften Forderungen zur Rückzahlung der emittierten Schuldtitel aus der Insolvenzmasse ausgesondert werden. Dies erklärt auch, warum Banken herstellerunabhängigen Leasinggesellschaften langsam wieder mehr Vertrauen schenken und Finanzierungen über ABCP Conduits bereitstellen. Der Zugang zum Termmarkt ist diesen Mittelstandsfinanzierern aufgrund der kleineren Finanzierungsvolumina regelmäßig versperrt.

Auto-ABS-Transaktionen sind top geratet und krisenresistent. Alle europäischen Transaktionen zwischen 2007 und 2011 hatten eine Ausfallquote von nur 1,2 Prozent. Volkswagen Financial Services hatte seit Aufnahme der Refinanzierungsaktivitäten über ABS in 1996 noch nie einen Ausfall.

Transparenz

Schon seit Jahren gibt es in Deutschland die Initiative der True Sale International GmbH. Hier haben sich unter anderem Banken, Rechtsanwaltskanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zusammengeschlossen und einen hohen Standard für Verbriefungen entwickelt. Das TSI-Markenzeichen steht für ABS höchster Güte sowohl in Bezug auf die Qualität der zugrunde liegenden Vermögenswerte als auch hinsichtlich der Transparenz und der Konstruktion der Produkte. VWFS emittiert ihre ABS in Deutschland ausschließlich unter dem Gütesiegel der TSI - sozusagen Asset Backed Securities made in Germany.

Auch auf europäischer Ebene gibt es eine entsprechende Initiative: Die Association for Financial Markets in Europe (Afme) hat im Juni ein Gütesiegel "Prime Collateralised Securities (PCS)" vorgestellt, das ABS europaweit vereinheitlichen und vergleichbar machen soll. Beide Initiativen zeigen, wie wichtig ABS für die Realwirtschaft sind und wie hohe Standards gesichert werden können. Ziel aller regulierenden Maßnahmen muss es sein, den Captives die krisenresistente Refinanzierung unter anderem durch ABS auch in Zukunft zu erhalten und damit den Vertriebsmotor der europäischen Automobilindustrie zu stärken.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X