Kreditwesen international

Banken und Bankenregulierung in Kasachstan

Nur wenig Positives gab es während der letzten Jahre über den kasachischen Bankensektor zu berichten. Mit dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 2007 hat sich die Qualität der Kreditportfolios deutlich verschlechtert. Zwei große Universalbanken, eine große Hypothekenbank sowie ein kleineres Institut konnten 2008 im Sog fallender Immobilienpreise nur durch staatliche Unterstützung vor dem Bankrott gerettet werden. Und die Zeichen stehen auch weiterhin auf Sturm: Die ehemals größte Bank Kasachstans durchläuft nach einer ersten "Rettung" vor drei Jahren gerade ihre zweite Restrukturierung. Aber auch die Bilanzen anderer Banken geben teilweise Anlass zur Sorge.

Eigentlich sehen die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Kasachstan gut aus: Das Wirtschaftswachstum lag in den Jahren 2010 und 2011 bei mehr als sieben Prozent, und selbst in den Krisenjahren 2008 und 2009 wurde nach Angaben des Internationalen Währungsfonds ein Wirtschaftswachstum von 3,2 Prozent respektive 1,2 Prozent erreicht. Dennoch gelang es den meisten kasachischen Banken nicht, von diesem Wirtschaftswachstum zu profitieren.

Eine starke Wirtschaft mit schwachen Banken

Die Ursachen dafür sind vielfältig und liegen zum Teil in der einseitigen, auf den Export von Bodenschätzen ausgerichteten Wirtschaftsstruktur des Landes. Größtes Problem der kasachischen Banken sind jedoch die Nachwehen eines Immobilienbooms, der 2007 zu einem abrupten Ende kam. Wurden 2007 nach amtlichen Angaben noch durchschnittlich mehr als 2800 US-Dollar für einen Quadratmeter neu fertig gestellten Wohneigentums in Almaty bezahlt, so fiel dieser Wert 2009 auf nur noch durchschnittlich 1600 US-Dollar. Zum Teil noch dramatischer verlief die Entwicklung im gewerblichen Immobiliensektor.

Mit dem Fall der Quadratmeterpreise einher ging praktisch ein Erliegen der Bautätigkeit für Wohn- und Gewerbeimmobilien, und wer heute durch Almaty fährt kann die halb fertig gestellten und verlassenen Bauruinen allerorten besichtigen auch wenn hier in letzter Zeit die Bauaktivität wieder etwas zunimmt.

Deutlich verschlechterte Qualität der Aktiva

Die Krise des Bausektors hat deutliche Spuren in den Bilanzen der kasachischen Geschäftsbanken (sogenannte "Tier 2 Banks") hinterlassen. Die nach den Kriterien der Bankenaufsicht als "schlecht" qualifizierten Forderungen sind von 0,9 Prozent des gesamten Forderungsvolumens Anfang 2007 auf 17,3 Prozent Anfang 2012 gestiegen, und auch die als zweifelhaft klassifizierten Forderungen haben sich von 26,9 Prozent Anfang 2007 auf 36,9 Prozent Anfang 2012 erhöht. Der Anteil der gebildeten Wertberichtigungen stieg von 2,8 Prozent auf 24,4 Prozent des Forderungsvolumens im Betrachtungszeitraum.

Bei näherer Analyse stellt man fest, dass nicht alle Banken in gleichem Maße vom Wertberichtigungsbedarf betroffen waren.

Offensichtlich ist dabei, dass nicht nur die bereits in der Vergangenheit restrukturierten Institute BTA Bank und Alliance Bank einen hohen Anteil überfälliger Forderungen und gebildeter Wertberichtigungen aufweisen (siehe Abbildung 1). Auch andere Banken mussten im Zuge der Immobilienkrise teilweise deutliche Wertabschläge bei ihren Kreditportfolios verkraften.

Diese Wertabschläge der vergangenen Jahre haben dabei bei einigen Banken einen Großteil ihres Eigenkapitals aufgezehrt und auch zu Verwerfungen in der Bankenstruktur geführt. So gibt es neben den restrukturierten Banken, die deutliche Markteinbußen hinnehmen mussten, auch Banken, die die schwierige Situation dieser Marktteilnehmer zur Ausweitung ihres eigenen Marktanteils genutzt haben (Abbildung 2).

Abschreibungen belasten die Profitabilität

Die Gewinn- und Verlustrechnungen vieler Banken waren während der letzen drei Jahre von einem dramatischen Anstieg der Zuführungen zu den Wertberichtigungen für notleidende Kredite charakterisiert. Wurden 2007 im gesamten Geschäftsbankensystem Kasachstans lediglich 1,9 Prozent des Bruttokreditvolumens wertberichtigt, so stieg dieser Wert im Jahre 2009 auf 35,9 Prozent. Und auch 2011 - vier Jahre nach Ausbruch der kasachischen Hypothekenkrise - mussten noch 16,9 Prozent des Bruttokreditvolumens neu wertberichtigt werden.

Und die von der Bankenaufsicht veröffentlichten Meldedaten der Banken lassen zudem vermuten, dass dieser Anpassungsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Ein deutlicher Indikator für die weiterhin schlechte Qualität der Kreditportfolios liefert der Prozentsatz der kapitalisierten Zinsen (accrued interest) in Relation zu den Bruttozinserträgen. Betrug dieser Wert 2007 noch 24,6 Prozent, so ist er während der letzten Jahre kontinuierlich auf zuletzt 111,2 Prozent im Jahre 2011 gestiegen (siehe Abbildung 3).

Setzt man die kapitalisierten Zinsen zu den Nettozinseinnahmen (das heißt dem Zinsergebnis) der Banken in Relation, ergibt sich für Ende 2011 ein Wert von 288,2 Prozent. Mithin wurde also bei den Geschäftsbanken annähernd das Dreifache des gesamten jährlichen Zinsergebnisses nicht bezahlt. Es gibt jedoch zwischen einzelnen Banken deutliche Unterschiede, wie Abbildung 4 verdeutlicht.

Dies gibt Anlass zu der Vermutung, dass es keinen "klaren Schnitt" bei den Kreditwertberichtigungen gegeben hat, über die bereits gebildeten Wertberichtungen hinaus weitere Abschreibungen notwendig sind und die Banken somit nur sehr langsam aus der Krise herauswachsen. Um den Banken eine weitere Bereinigung ihrer Kreditportfolios zu ermöglichen, wurde 2012 innerhalb der Nationalbank eine Zweckgesellschaft zum Aufkauf bestimmter notleidender Forderungen geschaffen. Zudem haben Banken darüber hinaus die Möglichkeit, eine bankeigene Zweckgesellschaft zu gründen und dorthin ihre notleidenden Forderungen auszulagern.

Dabei sehen die Renditekennziffern der kasachischen Banken auf den ersten Blick nicht schlecht aus. Oftmals werden Zinsmargen und Zinsspreads deutlich oberhalb von drei Prozent erreicht (siehe Abbildung 5). Einige kasachische Banken erzielten mit ihren Bankgeschäften im Jahre 2011 eine Eigenkapitalrendite (nach Steuern) von 20 Prozent und mehr. Es ist also keineswegs so, dass im kasachischen Bankenmarkt keine guten Geschäfte gemacht werden könnten.

Bankenregulierung: Internationale Vorgaben nur zum Teil umgesetzt

Bei einem stagnierenden oder nur leicht wachsenden "Kreditmarkt" konnten dabei manche Institute ihren Marktanteil erhöhen und mit expandierenden Kreditportfolios und wohl teilweise auch auf Kosten anderer Banken aus der Krise herauswachsen.

Zuständig für die Bankenüberwachung ist das "Komitee zur Kontrolle und Überwachung des Finanzmarktes und der Finanzinstitute". Dieses ist ein Teil der Nationalbank von Kasachstan und aus der im April 2011 auf die Nationalbank verschmolzenen Agentur zur Regulierung und Überwachung des Finanzmarktes und der Finanzinstitute hervorgegangen.

Für das laufende Meldewesen wurde von der Aufsicht eine Reihe unterschiedlicher Indikatoren ermittelt. So sind Banken monatlich dazu verpflichtet, neben den Solvabilitätskennziffern auch ihre Großkreditkennziffern, Liquiditätskennziffern sowie das Fremdwährungsrisiko zu melden. Insbesondere bei den Solvabilitätsvorschriften hat sich die Bankenaufsicht dabei in der Vergangenheit teilweise sehr flexibel gezeigt. So wurden etwa für die restrukturierten Banken niedrigere Schwellenwerte definiert.

Die aufsichtsrechtlichen Kapitalbestandteile werden weitgehend in Übereinstimmung mit den internationalen Vorschriften des Basler Ausschusses ermittelt. Basel II wurde in Kasachstan allerdings nur in Ansätzen eingeführt: Einzig erlaubter Ansatz zur Berechnung der Kreditrisiken ist der Standardansatz, die Risikogewichte für die unterschiedlichen Risikoaktiva unterscheiden sich aber zum Teil deutlich von den in BaselII vorgegebenen Risikogewichtungen.

Die zwei wesentlichen Solvabilitätskennziffern sind die Ziffern K 1-2 und K 2. Bei der Kennziffer K 1-2 handelt es sich um eine Kernkapitalquote, der einzuhaltende Schwellenwert beträgt in der Regel sechs Prozent. Kennziffer K 2 ist eine Gesamtkapitalquote, der einzuhaltende Schwellenwert liegt in der Regel bei zwölf Prozent. Für beide Kennziffern sind Kreditrisiken, Marktpreisrisiken und operationelle Risiken mit aufsichtsrechtlichem Kapital zu unterlegen.

Auch die Nationalbank von Kasachstan hat jedoch wie viele andere Aufsichtsbehörden weltweit angekündigt, ab 2013 sukzessive die Vorschriften von Basel III einzuführen. Ob und inwieweit es zu nationalen Abweichungen kommen wird sowie weitere Erläuterungen hinsichtlich des genauen Fahrplanes der Einführung standen zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels noch aus.

Probleme des Bankensektors nicht gelöst

Wie aus den Ausführungen zu sehen ist, wurden und werden die aus der Vergangenheit resultierenden Probleme eher langsam gelöst. Die Kreditportfolios sind nach wie vor von schlechter Qualität und werden den Bankensektor sicher auch noch während der nächsten Jahre mit Aufräumarbeiten beschäftigen.

Es ist aber auch deutlich zu sehen, dass nicht alle Banken in gleichem Maße unter der Krise zu leiden hatten. Es gibt auch einige Krisengewinner, die Marktanteile hinzugewinnen konnten und mit ihren Bankgeschäften gute Gewinne erzielen.

Alexander Kottmann , PwC, Director, Financial Services Risk & Regulation, Berlin
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