Aufsätze

Braucht der deutsche Pfandbrief ein Rating?

Vor 20 Jahren wäre möglicherweise schon die Frage, ob der deutsche Pfandbrief ein Rating braucht, als Ketzerei eingestuft worden. Es reichten Schlagwörter wie "Der Pfandbrief ist sicher" oder "Ein Pfandbrief ist ein Pfandbrief ist ein Pfandbrief". Auch wenn nach wie vor keine Zweifel an der Sicherheit des Pfandbriefs bestehen, wollen zunehmend mehr Investoren sich ein eigenes Bild über die Qualität ihrer Investments machen und sich nicht einzig auf solche Schlagwörter verlassen. Spätestens mit der Internationalisierung der Investorengruppe hat dabei die Bedeutung externer Ratings zugenommen. Internationale Investoren waren mit dem Pfandbrief nicht vertraut und verlangten ein externes Rating, um eine unabhängige Einschätzung der Kreditqualität zu erhalten und einen Vergleich mit anderen Produkten zu ermöglichen.

Geringes Risiko trotz asymmetrischer Informationsverteilung

Eine unabhängige Einschätzung der Kreditqualität wird verlangt, da bei der Emission von Schuldverschreibungen stets eine asymmetrische Informationsverteilung herrscht. Ein Emittent verfügt zwingend über mehr Informationen hinsichtlich seiner Fähigkeit zur Bedienung ausstehender Verbindlichkeiten als ein Investor. Der so entstehende Unsicherheitsfaktor auf Investorenseite soll durch ein externes Rating reduziert werden, denn mit der Vergabe von Ratings geben die Ratingagenturen ihrer Meinung Ausdruck, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Emittent einer Schuldverschreibung in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen aus der Anleihe heraus zeitgerecht und vollständig nachzukommen.1) Hierzu erhalten die Agenturen Informationen vom Emittenten, die Investoren in der Regel nicht zugänglich sind.

Beim Pfandbrief wird der Nachteil einer asymmetrischen Informationsverteilung jedoch bereits auf andere Weise relativiert. Die hohen gesetzlichen Anforderungen an das Pfandbriefgeschäft und die besondere Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dienen dem Schutz des Pfandbriefinvestors und reduzieren das Risiko einer unvollständigen oder verzögerten Bedienung erheblich.2)

Durch die BaFin und den Treuhänder ist gewährleistet, dass unabhängige Dritte ein kritisches und wachsames Auge auf das Pfandbriefgeschäft der emittierenden Bank werfen. Im Gegensatz dazu findet zum Beispiel bei Verbriefungen die einzige weitgehend unabhängige externe Kontrolle durch Ratingagenturen statt. Gleichwohl argumentieren Ratingagenturen, das Pfandbriefgesetz sei kein Garant dafür, dass Pfandbriefe die Anforderungen an die Bonitätsbestnote automatisch erfüllen würden. Ein wesentlicher Grund dafür dürfte jedoch in den Annahmen liegen, die die Ratingagenturen zugrunde legen und die mitunter fernab der Realität sind beziehungsweise nicht auf den deutschen Pfandbrief zutreffen.3) Aber kann man überhaupt davon ausgehen, dass ein AAAgerateter Pfandbrief sicherer ist als ein ungerateter oder ein leicht schlechter bewerteter Pfandbrief? Die Subprime-Krise hat zumindest gezeigt, dass man sich grundsätzlich besser nicht ausschließlich auf externe Ratings verlassen sollte.

Eigenständige Analysen

Das haben auch viele Investoren erkannt und daher angefangen, Pfandbriefe und deren Deckungsmassen sehr viel intensiver eigenständig zu analysieren. Die Basis hierfür bilden die in § 28 Pfandbriefgesetz festgelegten Publizitätsvorschriften, nach denen Pfandbriefbanken verpflichtet sind, vierteljährlich wichtige Informationen über ausstehende Pfandbriefe und die Zusammensetzung der Deckungsmasse zu veröffentlichen. Eine solche gesetzliche Pflicht ist nahezu einmalig im Covered-Bond-Segment. Darüber hinaus haben die im Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) zusammengeschlossenen Pfandbriefbanken eine Transparenzinitiative gestartet, die eine bessere Vergleichbarkeit und einfache Weiterverarbeitung der veröffentlichten Daten zum Ziel hat.

Im September 2010 wurden erstmals alle individuellen §[28]-Zahlen der vdp-Mitgliedsinstitute auf der Internetseite des vdp veröffentlicht. Während ein einheitlich gestaltetes PDF-Format eine gute Lesbarkeit gewährleistet, sorgen Excel- und CSV-Dateien dafür, dass Investoren die Informationen nach ihren Wünschen verarbeiten und analysieren können.4) Mit dieser Industrieinitiative wird ein weiterer Beitrag zur Reduzierung der asymmetrischen Informationsverteilung geleistet.

Als Zwischenfazit lässt sich festhalten, dass externe Ratings bei einigen Produkten erforderlich sind, um asymmetrische Informationsverteilungen zu adressieren und Investoren eine unabhängige Einschätzung über die Kreditqualität zu liefern. Im Falle des deutschen Pfandbriefs ist zwar ebenfalls eine asymmetrische Informationsverteilung anzutreffen. Die strengen gesetzlichen Anforderungen und die besondere, öffentliche Aufsicht, ergänzt um die Transparenzinitiative der Pfandbriefbanken, bürgen jedoch auch ohne Rating für ein hohes Maß an Sicherheit.

Pfandbrief-Transparenz ermöglicht Vergleichbarkeit

Als ein weiteres Argument für die Notwendigkeit eines externen Ratings ist mitunter die Möglichkeit zum Vergleich der relativen Kreditqualität von Pfandbriefen und Covered Bonds sowie über die verschiedenen Assetklassen hinweg zu hören. In der Fachwelt wird immer wieder diskutiert, ob Pfandbriefe und andere Covered Bonds als Alternative zu Staatsanleihen zu betrachten sind oder eher zur Welt der "Credits" gehören.

Wie auch immer ein Investor diese Frage für sich beantwortet, für den Vergleich mit Staatsanleihen, "Credits" oder anderen Covered Bonds könnte er sich externer Ratings bedienen wollen. Aber können Ratings zweifelsfrei als Vergleichsmaßstab verwendet werden? Die Ratingagenturen legen zumindest großen Wert auf Vergleichbarkeit. Eine Vielzahl von Mitarbeitern ist damit beschäftigt, die jeweiligen Ratingmethodologien daraufhin zu überprüfen, ob sie eine konsistente Bewertung innerhalb des Segments und über Assetklassen hinweg ermöglichen.

Doch aus Investorensicht ist Vorsicht geboten, wie ein Beispiel aus dem Covered-Bond-Universum zeigt. Seit einigen Jahren sind sogenannte "soft-bullet"-Strukturen unter Emittenten im europäischen Ausland populär geworden. Bei diesen Produkten sehen die Emissionsbedingungen vor, dass unter bestimmten Umständen die Rückzahlung der Anleihe um eine festgelegte Zeit verschoben werden kann. Da Ratingagenturen sich bei ihrer Bewertung an den Prospektbedingungen orientieren, wäre eine entsprechend den im Prospekt festgehaltenen Kriterien hinausgeschobene Rückzahlung um mehrere Monate aus Sicht der Agenturen noch immer eine zeitgerechte Bedienung. Unter der Annahme eines geringeren Liquiditätsrisikos ist mit solchen Strukturen sogar teilweise leichter ein AAA-Rating zu erhalten als mit festen Fälligkeiten. Für Investoren macht es jedoch einen erheblichen Unterschied, ob sie bei gleich gerateten Produkten ihr investiertes Kapital zum Zeitpunkt der ursprünglichen Fälligkeit zurückbekommen, oder aber unter Umständen erst einige Jahre später.

Auch beim Blick über das Covered-Bond-Universum hinaus können Zweifel an der Geeignetheit von Ratings zur Vergleichbarkeit der relativen Kreditqualität von Investments aufkommen. Als Moody's in den Jahren 2006/2007 die Bankratingmethodologie durch Einführung des sogenannten Joint-Default-Ansatzes änderte - übrigens unter anderem mit dem Ziel einer weltweiten Vergleichbarkeit der Bankenratings vergab die Agentur für drei große isländische Banken Aaa-Ratings.5) Zur selben Zeit wurden die Öffentlichen Pfandbriefe der damaligen AHBR von Moody's mit A1 bewertet, die der HVB immerhin mit Aa1. Vor dem Hintergrund der bekannten Entwicklung der isländischen Banken darf die Frage erlaubt sein, ob die Ratings der Agentur Moody's tatsächlich geeignet waren, um das Risiko von Anlagen in ungedeckte Schuldverschreibungen einer isländischen Großbank mit dem Engagement in Pfandbriefen zu vergleichen.

Ratingvolatilität ohne Qualitätsschwankung

Das erwähnte Beispiel eignet sich überdies, um ein weiteres Problem zu illustrieren. Allein durch die Änderung der Ratingmethodologie von Moody's hatten sich die Ratings der isländischen Banken um vier beziehungsweise fünf Stufen verbessert. Kurze Zeit später revidierte die Agentur den Ansatz, woraufhin die Ratings der isländischen Banken wieder leicht herabgestuft wurden.6)

Auch im Covered-Bond-Segment sind es nicht selten Änderungen der Ratingmethodologien, die eine gewisse Ratingvolatilität auslösen, wenngleich die tatsächlichen Ratingmaßnahmen mitunter deutlich geringer ausfallen als von den Agenturen zunächst angekündigt. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang die Ratingagentur Standard&Poor's (S&P), die im Februar 2009 bei der Vorstellung erster Überlegungen zur neuen Ratingmethodologie für Covered Bonds mitgeteilt hatte, dass 60 Prozent aller von S&P gerateten Covered Bonds die neuen Anforderungen voraussichtlich nicht erfüllen würden.7) Sie hatte damit für erhebliche Verunsicherung im Markt gesorgt. Nachdem die Agentur im Dezember 2009 die finale neue Ratingmethodologie veröffentlichte, die nicht zuletzt aufgrund deutlicher Kritik von Investoren vom ersten Entwurf abwich, ist die Zahl der Ratingherabstufungen, die auf die neuen Anforderungen zurückzuführen waren, wesentlich geringer ausgefallen.

Die Ratingagentur Fitch stellte indes im Juli 2009 alle gerateten Pfandbriefe und Covered Bonds im Zuge von geänderten Annahmen zum Liquiditätsrisiko auf den Status "under analysis".8) Nach Beendigung der Überprüfung im Oktober 2009 wurden neun deutsche Hypothekenpfandbriefe auf "under analysis" belassen, da nun die Einschätzungen zur gewerblichen Immobilienfinanzierung überarbeitet wurden.9) Anfang 2011 stehen noch immer fünf Pfandbriefe auf der Beobachtungsliste, das heißt seit weit über einem Jahr ist das Fitch-Rating dieser Hypothekenpfandbriefe mit Unsicherheit behaftet.

Regelmäßige Überprüfung vorgeschrieben

Nun ist es nicht nur das gute Recht einer Ratingagentur, mit einer Änderung der Methodologien auf neue Rahmenbedingungen zu reagieren. Durch die Einführung der EU-Verordnung zur Regulierung von Ratingagenturen verlangt nun auch der Gesetzgeber von ihnen eine regelmäßige Überprüfung.10)

Zudem dürfen die positiven Aspekte nicht unerwähnt bleiben: Über viele Jahre hinweg sind Umfang und Komplexität der am Kapitalmarkt platzierten Produkte deutlich gestiegen, während die Analyseressourcen der Investoren nicht in gleichem Maße gewachsen sind. Da in puncto Regulierung und Transparenz kaum ein Kapitalmarktprodukt das Niveau des Pfandbriefs erreicht, leisten die Ratingagenturen mit ihren Bonitätsurteilen einen Beitrag, diese Lücke zu schließen. Und auch mit Blick auf den Pfandbrief muss konstatiert werden, dass ein Rating umso bedeutender wird, je weniger ein Investor mit dem Produkt, dem Markt und den gesetzlichen Vorschriften vertraut ist.

Die aufgeführten Beispiele verdeutlichen jedoch eines: Investoren müssen sich bewusst sein, dass externe Ratings nur bedingt als Vergleichsmaßstab taugen. So kann allein die Änderung von Ratingmethodologien oder-annahmen zu einer erhöhten Ratingvolatilität führen, ohne dass sich an der Qualität der Emission oder des Emittenten tatsächlich etwas geändert hat. Die Ratingagenturen weisen ihrerseits stets darauf hin: Ein Rating ist lediglich Ausdruck einer Meinung zur Bonität. Und Meinungen können sich bekanntlich ändern. Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden greifen jedenfalls in keiner Weise in die Methodologien der Ratingagenturen ein.11)

Externes Pfandbrief-Rating von Investoren gefordert

Trotz aller Schwächen scheinen viele Investoren aus diversen Gründen nach wie vor auf ein externes Rating, auch bei Pfandbriefen, zu bestehen. Insbesondere bei kleineren Investoren spielt sicherlich die fehlende Alternative eine Rolle, mit der ohne großen Aufwand ein individueller Vergleich der relativen Kreditqualität vorgenommen werden kann. Mit Blick auf den Pfandbrief dürfte allerdings die Transparenzinitiative der Pfandbriefbanken in diesem Punkt Abhilfe schaffen.

Einen vielleicht wenig beachteten Aspekt könnte die individuelle Absicherung darstellen. Für die handelnden Personen auf Investorenseite dürfte es bei Existenz eines externen Ratings einfacher sein, geplante Anlagen oder im Nachhinein misslungene Investments zu rechtfertigen, wenngleich die Rolle der Ratingagenturen in der Finanzkrise diesen Schutzmechanismus nicht gerade gestärkt hat.

Unabhängig davon, ob ein Portfolio aktiv oder passiv gemanagt wird, orientieren sich viele Investoren zudem an Indizes, deren Indexregeln als Anleihekriterium zur Aufnahme in den Index in der Regel ein Rating vorsehen.12) Somit tragen auch Indexanbieter indirekt dazu bei, dass Investoren Wert auf ein externes Rating legen.

EZB-Fähigkeit

Die Europäische Zentralbank (EZB) wiederum hatte für das von Juli 2009 bis Juni 2010 laufende Ankaufprogramm für Pfandbriefe und andere Covered Bonds ein hohes Mindestrating gefordert, damit die Anleihen von den Notenbanken gekauft werden durften.13)

Generell knüpft das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) die Akzeptanz von Wertpapieren als Sicherheiten für Offenmarktgeschäfte (auch EZB-Fähigkeit genannt) an die Existenz eines Ratings.14) Zwar muss es sich dabei nicht zwingend um ein Emissionsrating handeln; ein Emittentenrating von mindestens A- ist ausreichend.15) Für Pfandbriefbanken mit geringer Bonität oder ohne Emittentenrating führt jedoch kein Weg am Pfandbriefrating vorbei. Die Akzeptanz als sogenannte EZB-Sicherheit ist deshalb so wichtig, weil Banken - die eine große Investorengruppe darstellen - unter anderem mit Blick auf ihr Liquiditätsmanagement großen Wert auf die EZB-Fähigkeit legen.

Die EZB-Fähigkeit von Pfandbriefen war nicht immer an ein externes Rating geknüpft. Erst im Jahre 2007 hatte der EZB-Rat beschlossen, ab Januar 2008 emittierte Pfandbriefe und andere gedeckte Schuldverschreibungen den gleichen Ratinganforderungen zu unterwerfen, die für andere marktfähige Sicherheiten schon vorher gegolten hatten.16) Anders verhält es sich bei nicht marktfähigen Sicherheiten. Zwar muss auch hier ein Bonitätsurteil vorliegen. Dies kann jedoch über ein Bun-desbank-internes Bonitätsbeurteilungsverfahren erlangt werden, das heißt die Bundesbank ermittelt die Bonität selbst.17) Vielleicht lässt sich ja dieses Instrument langfristig auf Pfandbriefe ausweiten.

Bedeutung externer Ratings vom Gesetzgeber verantwortet

Auch der Gesetzgeber auf nationaler wie auf EU-Ebene trägt maßgeblich zur gestiegenen Bedeutung externer Ratings bei, gibt es doch kaum noch regulatorische Vorschriften, die nicht auf externen Ratings basieren. Für Banken sind unter anderem die Vorschriften zur Eigenkapitalunterlegung in der EU-Bankenrichtlinie und den entsprechenden nationalen Vorschriften relevant.18) Der komplette Standardansatz zur Messung des Kreditrisikos (KSA) orientiert sich an externen Ratings, und auch im internen Ratingansatz (IRBA) finden externe Ratings zumindest im Basis-IRBA noch Eingang.

Darüber hinaus hängt die privilegierte Behandlung von Covered Bonds gegenüber ungedeckten Schuldverschreibungen zumindest teilweise von der Erfüllung vorgegebener Ratingkriterien für Deckungswerte ab. So verlangt die EU-Bankenrichtlinie für eine privilegierte Eigenkapitalunterlegung des Pfandbriefs, dass Forderungen gegen die öffentliche Hand aus Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschafts- und Währungsraumes nur dann als Deckungswerte für Pfandbriefe und andere Covered Bonds zulässig sind, wenn sie der Bonitätsstufe 1 zugeordnet werden können. Vereinfacht formuliert bedeutet dies, dass diese Deckungswerte grundsätzlich mindestens über ein AA-Rating verfügen müssen, damit die damit besicherten Pfandbriefe und anderen Covered Bonds in den Genuss einer privilegierten Behandlung bei der Eigenkapitalunterlegung kommen können.

Unterschiedliche Anforderungskataloge

In Reaktion auf die Finanzmarktkrise arbeiten die weltweiten Aufseher gegenwärtig unter dem Stichwort "Basel III" unter anderem intensiv an einer Verschärfung der regulatorischen Vorgaben zur Adressierung des Liquiditätsrisikos bei Banken. So sollen Banken künftig besondere Stresssituationen ohne eigenen Zugang zum Kapitalmarkt überstehen.19) Hierzu ist der Aufbau eines Liquiditätspuffers für die nächsten 30 Tage vorgesehen. Die sogenannten "highly liquid assets", mit denen der Liquiditätsbedarf abgedeckt werden soll, sind eng definiert. Während inländische Staatsanleihen und solche, die der Bonitätsstufe 1 zugeordnet werden, uneingeschränkt darunter fallen sollen, gilt dies für Pfandbriefe nur eingeschränkt und nur unter Einhaltung bestimmter Kriterien. Auch hier soll ein hohes Rating Bestandteil des Anforderungskatalogs sein. Erfüllen Pfandbriefe die Kriterien nicht, schmälert dies ihre Attraktivität für Banken als Investoren, da sie die Pfandbriefe nicht zur Abdeckung ihres Liquiditätsbedarfs verwenden dürfen.

Die erwähnten Beispiele verdeutlichen, dass der Gesetzgeber mit dafür verantwortlich ist, dass Pfandbriefe für Banken als Investoren insbesondere dann interessant sind, wenn sie über ein hohes externes Rating verfügen.

Richtet man das Augenmerk auf die Versicherungen als weitere große Investorengruppe, kann konstatiert werden, dass deren regulatorische Vorgaben zwar heute schon Bezug auf externe Ratings nehmen.20) Gleichwohl wird für Versicherungen nicht zwingend vorgeschrieben, nur in hoch geratete Anleihen zu investieren. Kommen Versicherer bei einer eigenen Risikoanalyse zu dem Ergebnis, dass das Produkt eine hohe Qualität aufweist, ist ein Engagement auch ohne Rating möglich.

Mit "Solvency II" wird jedoch auch für Versicherer ein risikobasierter Ansatz zur Eigenkapitalunterlegung eingeführt, was grundsätzlich zu begrüßen ist. Darin wird zwar ein externes Rating für Kapitalanlagen nicht zwingend vorgeschrieben. Aber die Existenz eines - möglichst hohen - externen Ratings wird maßgeblichen Einfluss auf die Höhe des zu unterlegenden Eigenkapitals bei Investments in Pfandbriefen und anderen Wertpapieren haben.21) Eine mögliche Konsequenz aus dieser Neuerung ist, dass Versicherer bei ihren Pfandbriefinvestments künftig stärker auf ein hohes externes Rating achten werden.

Die Vorschriften für die Fondsindustrie sehen ebenfalls nicht zwingend ein externes Rating für ihre Investments vor. Die hier maßgebliche EU-Richtlinie erlaubt den regulierten Fonds, in Pfandbriefe und andere Covered Bonds eines einzelnen Emittenten 25 Prozent statt der für andere Wertpapiere erlaubten fünf Prozent des Sondervermögens zu investieren, sofern die Covered Bonds bestimmte Kriterien erfüllen.22) Externe Ratings gehören ausnahmsweise nicht zum Anforderungskatalog. Indes dürfte sich aus den weiter oben aufgeführten Gründen auch bei sehr vielen Fonds ein Mindestrating in den Anlagevorschriften finden.

Externe Ratings aufgrund regulatorischer Vorgaben

Externe Ratings sollen vor allem als Gegengewicht zur asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Emittent und Investor dienen. Zwar existiert auch beim deutschen Pfandbrief eine asymmetrische Informationsverteilung. Dieses Problem wird aber durch die strengen gesetzlichen Anforderungen und die besondere öffentliche Aufsicht erheblich reduziert, indem sie den Investoren ein hohes Maß an Sicherheit bieten. Zudem ermöglichen die gesetzlichen Transparenzvorschriften und die Initiative der Pfandbriefbanken einen einfachen Vergleich der relativen Kreditqualität einzelner Pfandbriefe. Betrachtet man diese Aspekte isoliert, wäre ein externes Rating für den Pfandbrief nicht zwingend erforderlich.

Daraus lässt sich indes nicht schließen, dass die Frage, ob der deutsche Pfandbrief ein Rating braucht, zweifelsfrei mit Nein zu beantworten ist. Nicht zuletzt die regulatorischen Vorgaben für Investoren sorgen für eine anhaltende Nachfrage nach externen Ratings auch von Pfandbriefen.

Zudem werden Ratings umso wichtiger, je stärker Investoren erreicht werden sollen, die mit dem Produkt nicht vertraut sind. Dies erklärt, warum mit zunehmender Internationalisierung der Investorenschaft externe Ratings an Bedeutung gewonnen haben und insbesondere große Pfandbriefemittenten mit einem hohen ausstehenden Pfandbriefvolumen Ratings von allen drei großen Ratingagenturen aufweisen. Angesichts eines abnehmenden Refinanzierungsbedarfs vieler Pfandbriefbanken geht der Trend derzeit jedoch wieder in die andere Richtung. Viele Institute haben die Zahl ihrer Pfandbriefratings bereits auf eins oder zwei reduziert. Solange aber der Gesetzgeber in den verschiedenen regulatorischen Vorgaben externe Ratings vorschreibt, werden Pfandbriefe gänzlich ohne externes Rating die Ausnahme bleiben.

Fußnoten

1) Moody's: Ratingsymbole und-definitionen, März 2007.

2) Eine ausführliche Beschreibung des Pfandbriefrechts findet sich unter anderem bei Stöcker, Otmar: "§ 86a: Grundzüge des Pfandbriefrechts", in: Schimansky/Bunte/Lwowski: Bankrechts-Handbuch. München 2007.

3) Als Beispiel sei hier auf Moody's verwiesen, die zum Beispiel von einer extremen Liquiditätslücke ausgehen, indem sie unterstellen, dass bei Insolvenz der Pfandbriefbank mindestens die Hälfte der ausstehenden Deckungswerte refinanziert werden muss; selbst wenn zum Zeitpunkt der vierteljährlichen Datenlieferungen an die Agentur eine nahezu komplette Fristenkongruenz zwischen Pfandbriefen und Deckungswerten besteht (siehe Moody's Rating Approach to Covered Bonds, S. 5 und Annex D2; 4. März 2010).

4) Winkler, Bodo: "vdp-Transparenzinitiative", in: vdp: Der Pfandbrief 2010/2011.

5) Moody's-Pressemitteilung "Moody's announces bank rating actions resulting from implementation of JDA methodology- Iceland", 24. Februar 2007.

6) Moody's-Pressemitteilung, "Moody's lowers bank ratings following refinement of methodology", 10. April 2007.

7) S&P-Veröffentlichung "Covered Bonds Rating Methodology", 4. Februar 2009, Seite 3.

8) Fitch-Pressemitteilung: "Fitch updates Covered Bond liquidity risk assessment; downgrades three Covered Bonds", 7. Juli2009.

9) Fitch-Pressemitteilung: "Fitch reviews assumptions for Covered Bonds secured by commercial mortgage loans", 7. Oktober 2009.

10) EU-Verordnung 1060/2009, Amtsblatt der Europäischen Union L 302 vom 17. November 2009, Seite 1ff, Artikel 8 Abs. 5.

11) EU-Verordnung 1060/2009, Amtsblatt der Europäischen Union L 302 vom 17. November 2009, Seite 1ff, Erwägungsgrund 23.

12) Zum Beispiel iboxx: "Markit iBoxx EUR Rating Rules", April 2010, Seite 3.

13) EZB-Pressemitteilung 4. Juni 2009.

14) EZB: Durchführung der Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet, November 2008, Kapitel 6.3.2.

15) Im Rahmen der Maßnahmen zur Adressierung der Finanzmarktkrise hat die EZB die Ratingschwelle derzeit auf BBB- gesenkt (EZB-Pressemitteilung 8. April 2010).

16) EZB-Pressemitteilung 22. Februar 2007.

17) EZB: Durchführung der Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet, November 2008, Kapitel 6.3.3.

18) EU-Richtlinie 2006/48/EG, Amtsblatt der Europäischen Union L177 vom 30. Juni 2006, Seite 1ff; §20a KWG, § 45 SolvV.

19) Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht; Konsultationspapier Nr. 165 International framework for liquidity risk measurement, standards and monitoring, 17. Dezember 2009.

20) BaFin-Rundschreiben 15/2005, A. II.1, 20. August 2005.

21) EU-Richtlinie 2009/138/EG, Amtsblatt der Europäischen Union L 335 vom 17. Dezember 2009, Seite 1ff; EU-Kommission: QIS 5 Technical Specifications, 5. Juli 2010.

22) EU-Richtlinie 2009/65/EG, Amtsblatt der Europäischen Union L 302 vom 17. November 2009, Seite 32ff, Art. 52 (4).

Sascha Kullig , Bereichsleiter Pfandbrief, Kapitalmarkt und Investor Relations, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin
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