Aufsätze

Covered Bonds - nicht nur eine europäische Erfolgsgeschichte!

Das Prädikat "Made in Germany" steht seit 1887 für die Qualität deutscher Exportgüter. Auch wenn sich Finanzprodukte nur schwerlich auf diese Art und Weise kennzeichnen lassen, hätte es der Pfandbrief - und in besonderer Weise das Jumbo-Format - in jedem Fall verdient.

Jumbo-Segment: aus einer Liquiditätskrise geboren

Von der Gründung der Landschaften, den Förderinstituten unter dem preußischen König Friedrich dem Großen, bis zum heutigen Covered-Bond-Universum - einem europaweiten Produkt mit weltweitem Entwicklungspotenzial - haben gedeckte Anleihen einen langen Weg zurückgelegt. Neben dem öffentlichen Interesse an einer hohen Qualität gedeckter Schuldverschreibungen, das in außerordentlich strengen Regelungen, zumeist in Form eines entsprechenden Gesetzesrahmens, zum Ausdruck kommt, verlieh die Erfindung des Jumbo-Standards dem Covered-Bond-Markt wohl am meisten Auftrieb.

Aus einer Liquiditätskrise geboren und mit dem Ziel, den bis dato illiquiden Pfandbriefmarkt auf die Ebene von Länderanleihen zu heben, wurde 1995 das Jumbo-Segment aus der Taufe gehoben. Maßnahmen wie großvolumige Emissionen, die Unterstützung einer Gruppe von Konsortialbanken sowie die Verpflichtung seitens einer Bankengruppe zum Market Making sollten der bereits bestehenden hohen Qualität der Papiere auch eine höhere Tragkraft verleihen.

Der Jumbo-Standard erwies sich auf dem Pfandbriefmarkt als überwältigender Erfolg und machte das Konzept einer hochliquiden Form besicherter Refinanzierung zum Exportschlager. Als erste Länder nach Deutschland richteten Frankreich und Spanien 1999 für ihre Banken vergleichbare Refinanzierungsinstrumente ein. Inzwischen haben fast alle westeuropäischen Länder eine spezielle Gesetzesgrundlage für Covered Bonds geschaffen oder unterstützen zumindest dieses Konzept. In den letzten zwei Jahren traten Emittenten aus fünf neuen Ländern (Italien, Finnland, Schweden, Portugal und Norwegen) mit "Debütanleihen" an den Markt heran.

Dass Konservatismus nicht unbedingt gleichbedeutend mit Stagnation sein muss, zeigte die Entwicklung des europäischen Covered-Bond-Marktes in jüngster Vergangenheit. Obwohl es sich weitgehend um einen AAA-Markt handelt, waren die Innovationskraft und das schiere Wachstum eindrucksvoll. Seit den späten neunziger Jahren legte das Marktvolumen um 15 Prozent jährlich zu - und diese Wachstumsdynamik ist nach wie vor ungebremst. Gleichzeitig mauserten sich Covered Bonds von einem auf ein einziges Land beschränktes Phänomen zu einem weltweiten Produkt mit einem Volumen von rund 2 000 Milliarden Euro, wovon zirka 900 Milliarden Euro auf das hochliquide sogenannte Jumbo-Segment entfallen. Die Einführung der ersten nichteuropäischen Covered Bonds im September 2006 war ein Meilenstein und setzte die internationale Weiterentwicklung dieser Papiere fort.

"E pluribus unum" - eine gemeinsame Basis für Covered Bonds

Trotz ihrer mehr oder weniger gemeinsamen Wurzeln mussten die verschiedenen Covered-Bond-Konzepte in den jeweiligen Ländern natürlich die spezifischen Bedingungen des Hypotheken- oder Staatsfinanzierungsmarktes berücksichtigen, dessen Refinanzierung sie sicherstellen sollten. Auch rechtliche Besonderheiten, zum Beispiel im Insolvenzrecht, waren essenziell. Somit ist allen Covered Bonds zwar der Gedanke gemein, dass sie eine besicherte Anlage mit vollem Rückgriff auf den Emittenten bieten wollen, doch wird dies auf unterschiedlichen Wegen verwirklicht.

Der erste Schritt in Richtung eines gemeinsamen Dachs für die vielen verschiedenen nationalen Covered-Bond-Überlegungen erfolgte 2001, als im Rahmen der Risikogewichte nach Basel I eine eigene Kategorie für Covered Bonds festgeschrieben wurde. In Anbetracht des geringeren mit dieser Art von gedeckten Schuldverschreibungen verbundenen Risikos - im Vergleich zu unbesicherten vorrangigen Engagements definierte die Europäische Union erstmals (in Form einer Richtlinie) lockere Mindestanforderungen, die gedeckte Bankschuldverschreibungen erfüllen mussten, um in den Genuss einer niedrigeren Eigenkapitalunterlegung zu kommen.

In der sogenannten Ogaw-Richtlinie (Organismen für gemeinsame Anlage in Wertpapieren) definierte die EU einen Covered Bond als Anleihe, die

- von einem Kreditinstitut ausgegeben und zum Schutz der Inhaber dieser Schuldverschreibungen einer

- besonderen öffentlichen Aufsicht unterliegt. Die betreffenden Schuldverschreibungen müssen

- besichert sein und ihren Inhabern beim Ausfall des Emittenten

- vorrangige Rechte auf die Rückzahlung des Kapitals und der aufgelaufenen Zinsen einräumen. Die Erträge aus der Emission dieser Schuldverschreibungen müssen in

- Vermögenswerten (Hypothekendarlehen und Staatskrediten) angelegt werden, die während der gesamten Laufzeit der Schuldverschreibungen die entsprechenden Verbindlichkeiten ausreichend decken. Sofern die oben genannten Bedingungen erfüllt sind, erhielt und erhält die entsprechende Anleihe ein reduziertes Risikogewicht,

- sobald sie bei der Europäischen Kommission gemeldet ist. Umsetzung der Basel-II-Vereinbarungen

Den zweiten Schritt im Aufbau einer europäischen Grundlage für Covered Bonds stellte die Einführung der Richtlinie zu den Eigenkapitalanforderungen (Capital Requirement Directive beziehungsweise CRD) dar, mit der die EU die Basel-II-Vereinbarungen umsetzte. Zwischen der Einführung der Ogaw-Richtlinie im Jahr 2001 und der CRD-Richtlinie im Jahr 2007 blieb die Zeit jedoch nicht stehen. Obwohl sie auf der Ogaw aufbaut, musste die neue Richtlinie ein deutlich breiteres Universum europäischer Covered Bonds abdecken. In diesem Sechsjahreszeitraum waren in sieben europäischen Ländern (Großbritannien, Irland, Österreich, Italien, Finnland, Schweden und Portugal) Covered Bonds entstanden.

Einerseits erfüllten die meisten neuen Covered Bonds die Anforderungen der Ogaw-Richtlinie; andererseits waren sie auf die besonderen nationalen Anforderungen zugeschnitten (zum Beispiel unterschiedliche Ansätze in der Separierung von Vermögenswerten, in der Bewertung der Hypothekenkreditwerte). Beim Übergang von der breiter gefassten Definition europäischer Covered Bonds in der Ogaw-Richtlinie zu einem detaillierteren Begriff gemäß Basel II/CRD musste jedoch dieser neuen Vielfalt der nationalen Eigenschaften Rechnung getragen werden. Trotz aller Harmonisierungsbestrebungen spricht die CRD-Richtlinie daher einige nationale Besonderheiten explizit an, allen voran die Deckungsstockfähigkeit von Anteilen an finnischen Wohnungsbaugesellschaften.

Gesetzesrahmen oder vertragliche Vereinbarungen - wohin geht der Trend?

Der Eindruck, alle europäischen Covered Bonds erfüllten die Anforderungen der Ogaw- beziehungsweise der CRD-Richtlinie, wäre nicht richtig. Die unterschiedlichen Papiere und Strukturen im Covered-Bond-Markt haben jedoch alle eine wesentliche Gemeinsamkeit: einen vorrangigen Anspruch seitens der Investoren auf einen Sicherheitenpool bei Insolvenz des Emittenten. Aktuell wird dieser Anspruch entweder durch spezifische gesetzliche Bestimmungen oder durch vertragliche Vereinbarungen erreicht.

Während Covered Bonds, die auf einer spezifischen Gesetzesgrundlage beruhen, seit über 200 Jahren emittiert werden (Deutschland und Dänemark spielten hier eine Vorreiterrolle), werden strukturierte Lösungen seit Mitte der neunziger Jahre in Ländern ohne eigenes Covered-Bond-Gesetz wie den Niederlanden, Großbritannien und seit 2006 den USA eingesetzt. Die zuletzt genannten Papiere werden gemeinhin als strukturierte Covered Bonds bezeichnet. In Großbritannien wurden die ersten Covered Bonds auf der Basis vertraglicher Vereinbarungen 2003 von HBOS emittiert; später folgten sieben weitere Institute aus dem Vereinigten Königreich und Irland. Grundsätzlich begründen UK Covered Bonds einen unbesicherten, nicht nachrangigen und unmittelbaren Anspruch gegenüber der emittierenden Bank. Darüber hinaus profitieren sie von einer Garantie eines LLP, einer eigenen juristischen Person in der Rechtsform einer Limited Liability Partnership (Personengesellschaft mit beschränkter Haftung), das zur Separierung der Deckungswerte eingerichtet wird.

Die Garantie des LLP kommt nur bei Ausfall des Emittenten oder bei Eintritt bestimmter auslösender Ereignisse (Trigger Events, zum Beispiel eine Rating-Herabstufung) zum Tragen. Um die Insolvenzfestigkeit des Deckungsstocks im britischen Common-Law-Rechtsumfeld sicherzustellen, werden die Sicherheiten durch wirtschaftliche Zession an das LLP verpfändet. Der Rechtsanspruch bezüglich der Kredite verbleibt zunächst bei der kreditgewährenden Bank. Eine Durchsetzung der Eigentumsübertragung und Benachrichtigung der Kreditnehmer erfolgt nur bei Eintritt bestimmter mitteilungspflichtiger Ereignisse, zum Beispiel Ausfall des Emittenten, Rating Trigger. Diese Struktur gewährleistet die Insolvenzfestigkeit der Deckungswerte.

Verbreitertes Angebot

Das Angebot gedeckter Anleihen wurde durch die Emission des ersten französischen strukturierten Covered Bond verbreitert. Obwohl Frankreich mit Obligationes Foncières bereits über einen gut funktionierenden Gesetzesrahmen verfügt, überraschte die BNP Paribas Ende 2006 den Markt mit einer strukturierten Lösung. Sie wurde hauptsächlich gewählt, weil nach dem französischen Covered-Bond-Gesetz garantierte Darlehen nur maximal 20 Prozent des Deckungsstocks (inzwischen 35 Prozent) ausmachen dürfen, während BNP Paribas rund 50 Prozent derartiger Kredite in ihrem Bestand hält (deren Anteil im Neugeschäft sogar noch höher ist). Im Juli 2007 setzte die CM-CIC als zweiter französischer Emittent auf eine Struktur. Darüber hinaus gab die Landesbank Berlin ihre Absicht bekannt, ein Programm für strukturierte Covered Bonds aufzulegen parallel zum deutschen Pfandbriefgesetz (siehe Beitrag Kerstin Stünkel/ Bodo Winkler - Red.)

Diese Entwicklungen betreffen zwar führende Covered-Bond-Märkte, doch ist insgesamt eine Bewegung in die entgegengesetzte Richtung zu sehen - von Strukturen zu spezifischen Gesetzesgrundlagen. Dies ist nicht nur in Großbritannien zu beobachten, wo bis Ende des Jahres ein Covered-Bond-Gesetz eingeführt werden soll, sondern auch in den Niederlanden. In diesen beiden Märkten beläuft sich das Volumen der ausstehenden Jumbo Covered Bonds auf 52 Milliarden Euro beziehungsweise 15 Milliarden Euro. Selbst auf dem US-Markt wird über eine spezifische Gesetzesgrundlage, zumindest auf einzelstaatlicher Ebene diskutiert. Ersten Überlegungen zufolge wird ein solcher Ansatz im Bundesstaat New York erwogen.

Mit der Entwicklung eines eigenen Gesetzesrahmens soll die europäische Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD) umgesetzt werden, die unter anderem verlangt, dass die Emission gedeckter Schuldverschreibungen einem speziellen rechtlichen Rahmen unterliegen soll und deckungsstockfähige Sicherheiten gesetzlich definiert sein müssen, wenn sie von einem reduzierten Risikogewicht profitieren wollen (zehn Prozent im Basel-II-Standardansatz, nach zuvor 20 Prozent). Bündelung von Covered-Bond- Emissionen - eine logische Konsequenz

Die europäische Bankenlandschaft befindet sich aktuell inmitten einer Konsolidierungswelle. Dies belegen grenzüberschreitende Fusionen und Akquisitionen wie Santander/Abbey, der geplante Zusammenschluss Hypo Real Estate/Depfa oder die bevorstehende Übernahme der ABN. Für Covered Bonds bedeutet dies, dass es immer mehr Bankengruppen geben wird, zu der mehr als ein potenzieller oder tatsächlicher Covered-Bond-Emittent gehören. Allerdings ist es wohl suboptimal, mehr als ein Instrument für die besicherte Refinanzierung zu unterhalten oder sogar einzurichten (niedrigere ausstehende Volumina, weniger liquide Emissionen, höherer Marketingaufwand, schwierige Koordination wechselseitiger Verhandlungen). Einfacher wäre es, in der Gruppe ein einziges Institut für die zentralisierte Covered-Bond-Refinanzierung zu benennen.

Probleme bei der Konsolidierung der Covered-Bond-Refinanzierung wirft in der Regel vor allem die Übertragung der Hypothekendarlehen auf - insbesondere auf grenzüberschreitender Basis. Stolpersteine sind hier aufsichtsrechtliche und steuerliche Fragen sowie Verwaltungsaufwendungen, ganz zu schweigen von konzerninternen Diskussionen über den Standort dieses Zentralinstituts. Eine Zentralisierung oder "Bündelung" von Emissionen ist jedoch nichts Neues, wenngleich dies bisher zumeist innerhalb der geografischen Grenzen eines spezifischen Covered-Bond- Gesetzes stattfand. Hervorzuheben ist hier allerdings eine besonders wegweisende, erfolgreiche Bündelungsstruktur.

Der französische Emittent CIF Euromortgage strukturiert seine Covered Bonds nach praktischen Überlegungen: - in völliger Übereinstimmung mit der spezifischen nationalen Gesetzgebung und - entsprechend aller Anforderungen der CRD-Richtlinie. Zahlreiche Gesellschaften der CIF-Gruppe (Crédit Immobilier de France) verkaufen ihre Deckungswerte an eine nach französischem Recht errichtete Zweckgesellschaft (Fond Comun de Créances). Die Vermögenswerte werden verbrieft, und die vorrangige Tranche wird an CIF Euromortgage, das Covered-Bond-"Zentrum" der CIF-Gruppe, verkauft. Letztere verwendet diese Tranchen als Sicherheiten für Obligations Foncières - französische Covered Bonds. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Struktur prinzipiell unabhängig davon funktioniert, ob die operativen Gesellschaften und das Refinanzierungszentrum im gleichen Land angesiedelt sind oder nicht, ermöglicht die interne Produktion, Verbriefung und letztendliche Refinanzierung der Deckungswerte Covered-Bond-Investoren eine präzise Analyse der Ri-sikostruktur der zugrunde liegenden Forderungen. Solange die europäische Bankenlandschaft ihre Konsolidierung fortsetzt und die regionale Diversifizierung der Finanzinstitute weiter zunimmt, wird sich auf die eine oder andere Weise auch die Vielfalt europäischer Covered Bonds weiter konsolidieren - zum Vorteil der Emittenten und Investoren gleichermaßen. Erstere können ihre Refinanzierungsstruktur verbessern, während Letzteren ein klarer definiertes Investmentuniversum mit qualitativ hochwertigen Emissionen und stetig steigendem Liquiditätsgrad zur Verfügung steht.

Globales Substitut für Staatsanleihen

Die bedeutendste Entwicklung der letzten Jahre war sicherlich der Export des Cover-ed-Bond-Konzepts über die Grenzen Europas hinaus, der im September 2006 mit der erfolgreichen Platzierung des ersten US-Covered-Bond vollzogen wurde. Damit ist die Geschichte jedoch noch nicht zu Ende. Potenzielle kanadische Emittenten sitzen bereits in den Startlöchern, und Mexiko könnte die nordamerikanische Covered-Bond-Verbindung abrunden.

Argentinien hat bereits grundlegende Regelungen für einen Gesetzesrahmen für Covered Bonds verabschiedet. Zusammen mit potenziellen australischen Covered Bonds, über die ständig gemunkelt wird, sowie Covered Bonds im mittel- und osteuropäischen Raum führt dies dazu, dass sich gedeckte Bankschuldverschreibungen mit vollem Rückgriffsrecht - in ihrer Entwicklung ausgehend von den Preußischen Landschaften im 18. Jahrhundert über ein rein inländisches und später dann europäisches Refinanzierungsprodukt - hin zu einem globalen Substitut für Staatsanleihen entwickeln.

Eine interessante neue Anlageklasse

Dabei könnten insbesondere Covered Bonds aus Ländern mit vergleichbar schlechterer Bonität eine interessante neue Klasse definieren. Während im Hinblick auf Kreditqualität und Preisgestaltung bislang emittierte Covered Bonds in mehr oder weniger der gleichen Liga spielen, ist dies bei Covered Bonds etwa aus Argentinien oder der Türkei möglicherweise nicht der Fall. Obwohl diese Anleihen wohl aus rechtlicher Sicht hohen Ansprüchen genügen, werden sich die Ratings dieser Anleihen, wenn überhaupt, dann nur kaum merklich über dem der jeweiligen Staatsanleihen befinden.

Das Resultat wird vermutlich eine Art High-Yield Covered Bond sein. Die Investorenbasis derartiger Covered Bonds wird sich wohl deutlich von derjenigen heute existenter gedeckter Anleihen unterscheiden. Auf der Grundlage eines soliden und verlässlichen Gesetzesrahmens sollten sich diese neuen Produkte dennoch ebenso positiv auf die Bondlandschaft auswirken, wie dies auch ganz zu Beginn der Geschichte der Covered Bonds in Preußen der Fall war, als am Anfang ein König und eine Krise standen und sich daraus der größte nichtstaatliche Anleihenmarkt der Welt entwickelte.

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