Aufsätze

Crowdfunding: Finanzierung über den Schwarm

Der Schritt in die Selbstständigkeit ist trotz vieler bestehender Risiken beliebt. Fehlende Sicherheiten und eine mangelnde Eigenkapitalausstattung lassen die Kreditverhandlungen mit dem betreffenden Kreditinstitut jedoch schnell scheitern, sodass das Gründungsprojekt letztendlich nicht umgesetzt werden kann. Immer mehr innovative Unternehmen greifen deshalb auf Crowdfunding zurück, eine wachstumsstarke innovative Finanzierungsform, die die bankenunabhängige Finanzierung zum Ziel hat.

Die "Masse" als Unterstützer

Die Bereitstellung von Kapital bildet meistens den kritischen Faktor bei der Realisierung und Umsetzung der Gründungsidee. Denn bevor Kreditinstitute einem Gründer einen Kredit bereitstellen, wird die Geschäftsidee erst einmal kritisch beäugt. Entspricht sie nicht den bankinternen Anforderungen oder ist die Sicherheitsleistung zu gering, wird das Finanzierungsvorhaben meistens abgelehnt oder aber der Jungunternehmer muss hohe Zinsen zahlen. Hier greift das aus den USA stammende Crowdfunding, das diese Lücke in der Finanzierung zu schließen versucht.

Der Begriff Crowdfunding bezeichnet eine alternative Finanzierungsform, bei der viele Menschen, die sogenannte Crowd, kleine Geldbeträge in das Gründungsprojekt stecken und damit praktisch die kreditgebende Bank ersetzen. Crowdfunding wird daher auch mit dem Begriff "Schwarmfinanzierung" gleichgesetzt. Die Beschaffung der Geldmittel erfolgt über spezielle Internet-Plattformen, auf denen sich das junge Unternehmen einer großen Gruppe von potenziellen Geldgebern präsentieren kann. Die Funktionsweise von Crowdfunding ist in Abbildung 1 dargestellt.

Mittlerweile existieren weltweit über 100 Crowdfunding-Plattformen, die allerdings verschiedene Schwerpunkte und Regeln haben. Im Bereich des Crowdfunding werden deshalb auch mehrere Arten beziehungsweise Varianten unterschieden. Entscheidend für die Klassifizierung ist die vertragliche Form der Geldzuwendung und der Status des Geldempfängers.

Beim klassischen Crowdfunding stehen Projekte aus der Kreativ-, Kultur- und Kunstszene sowie dem sozialen Bereich im Fokus, die es umzusetzen gilt. Handelt es sich bei den Geldgebern um Personen, die eine materielle oder immaterielle kreative Gegenleistung für ihre Geldzuwendung erhalten, wird von Crowdsponsoring (Rewardbased Crowdfunding) gesprochen. Bei Filmprojekten werden an die Sponsoren beziehungsweise Unterstützer beispielsweise kleine Filmrollen vergeben. Im Rahmen der Realisierung eines Musikprojekts erhalten die Geldgeber oftmals eine vom Künstler persönlich signierte CD. Stehen hingegen ideelle Themen oder soziale Motive im Mittelpunkt eines Projekts, ist an die Zuwendung in der Regel keine Erwartung geknüpft. In diesem Fall handelt es sich um eine Spende und es wird von Crowddonating (Donationbased Crowdfunding) gesprochen.

Als Crowdinvesting (Equitybased Crowdfunding) wird hingegen eine Beteiligungsfinanzierung von Innovationsprojekten bezeichnet. Die Investoren sind am Unternehmensgewinn beteiligt, nehmen dafür aber auch den Totalverlust des eingesetzten Kapitals in Kauf. Daneben existiert noch das Crowdlending (Lendingbased Crowdfunding). Dieses Segment deckt den Bereich der privaten Mikrokredite für Projekte ab. Hier verleiht der private Geldgeber sein Geld über einen Plattformbetreiber an ein Projekt seiner Wahl. Der Geldbetrag wird entweder zinslos zur Verfügung gestellt oder aber der Geldgeber erwartet neben der Rückzahlung des eingesetzten Kapitals als Rückfluss eine Verzinsung seines Geldbetrags innerhalb einer definierten Laufzeit. Beim Crowdlending fließt der Geldbetrag also entweder zinslos oder verzinst wieder an den Geldgeber zurück. Ein Blick in die Praxis zeigt, dass die Geldgeber beim Crowdfunding mehrheitlich Investoren sind, die eine monetäre Gegenleistung verlangen und es sich deutlich seltener um Spender handelt. Einen Überblick über die verschiedenen Arten von Crowdfunding gibt Abbildung 2.

Markt mit hohem Wachstumspotenzial

Auf der Homepage von "Für-Gründer.de" wird regelmäßig der deutsche Markt für Crowdfunding (im Sinne von Crowdsponsoring und Crowddonating) sowie für Crowdinvesting beleuchtet. Laut dem aktuellen Crowdfunding-Monitor ist der Markt für Crowdfunding in 2013 stark gewachsen. Allein auf ausgewählten deutschen Plattformen konnten per Crowdfunding allein über fünf Millionen Euro eingesammelt werden. Gegenüber dem Jahr 2012 entspricht das einem Plus von über 3,4 Millionen Euro oder rund 175 Prozent. Das Finanzierungsvolumen hat sich damit innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt. Dieses starke Marktwachstum hat dazu geführt, dass seit Etablierung dieser innovativen Finanzierungsalternative in Deutschland im Jahr 2010 mittels Crowdfunding insgesamt 7,8 Millionen Euro eingeworben werden konnten.

Von den 1 611 Gesamtprojekten in 2013 wurden insgesamt 922 Projekte mittels Crowdfunding erfolgreich finanziert. Die Erfolgsquote betrug im vergangenen Jahr damit 57 Prozent. Im Jahr 2012 gab es hingegen lediglich 1 150 Gesamtprojekte, von denen nur 494 Projekte oder knapp 43 Prozent erfolgreich waren. Das durchschnittliche Finanzierungsvolumen in 2013 lag bei 5 808 Euro nach 3 950 Euro im Jahr zuvor. Marktführer im Bereich Crowdfunding ist die Plattform Startnext. Seit ihrem Start hat sie bis Ende 2013 rund 6,6 Millionen Euro einsammeln können. Mit knapp 450 000 Euro belegte die Plattform Vision Bakery den zweiten Platz.

Crowdinvesting vor Crowdfunding - soziale Anliegen im Trend

Auch der Bereich Crowdinvesting befindet sich auf kontinuierlichem Wachstumskurs und hat den klassischen Bereich Crowdfunding in Bezug auf das bisher insgesamt eingesammelte Kapital geschlagen. So sind in die Finanzierung von Startup- und Wachstumsunternehmen allein im Jahr 2013 rund 15 Millionen Euro geflossen, wobei das eingesammelte Kapital auf 66 Finanzierungen entfiel. Im Jahr 2012 waren es noch rund 4,3 Millionen Euro und 45 Finanzierungen, nachdem im Startjahr 2011 lediglich 0,45 Millionen Euro bei fünf Finanzierungen eingesammelt wurden. Beim Crowdinvesting betrug das insgesamt eingesammelte Kapital in 2013 dann 19,71 Millionen Euro gegenüber 7,8 Millionen Euro beim Crowdfunding (siehe Abbildung. 3).

Im Bereich Crowdinvesting gilt nach wie vor Seedmatch als Marktführer, auch wenn die Plattform Bergfürst mit der Finanzierung des Unternehmens Urbanara in 2013 einen hohen Marktanteil erreicht hat und es dadurch zu erheblichen Marktverschiebungen kam (siehe Abbildung 4).

Eine Betrachtung des weltweiten Crowdfunding-Markts in 2012 zeigt, dass soziale Anliegen mit 27,4 Prozent die am meisten verfolgten Projekte waren, gefolgt vom Geschäfts- und Unternehmertum mit 16,9 Prozent und Film und Performing Arts mit 11,9 Prozent. Da in Deutschland mehrheitlich Unterstützer anzutreffen sind, die auch eine Gegenleistung für das bereitgestellte Kapital verlangen, deutet die Verteilung der weltweiten Crowdfunding-Projekte darauf hin, dass sich gerade in den USA soziale Projekte einer großen Beliebtheit erfreuen (siehe Abbildung 5).

Überblick über besonders beliebte Plattformen

In den vergangenen Jahren sind ständig neue Plattformen entstanden und zwar sowohl international als auch im deutschsprachigen Raum. Das hatte jedoch zur Folge, dass die Unterschiede zwischen den verschiedenen Plattformen immer mehr verschwommen sind und eine scharfe Trennung mittlerweile mehr als schwierig ist. Zudem bieten einige Plattform-Betreiber verschiedene Crowdfunding-Varianten an. Das Informationsportal für Existenzgründer und junge Unternehmen "Für-Gründer.de" teilt die Plattformen gemäß Abbildung 6 in vier Bereiche ein, wobei die Statistiken nur nationale Plattformen berücksichtigen.

Seedmatch: Das auf Crowdinvesting fokussierte Unternehmen Seedmatch ging im August 2011 in der Rechtsform der GmbH an den Start. Seitdem haben sich bis zum 4. Quartal 2013 bereits 51 Projekte erfolgreich über Seedmatch finanziert. Das durchschnittliche Alter der aktiven Investoren auf Seedmatch liegt bei 38 Jahren. Ein Investor legt sein Geld im Durchschnitt in 2,75 Start-Ups an. Sein durchschnittliches Investment in ein Start-Up beträgt rund 720 Euro, insgesamt investiert er durchschnittlich aber fast 1 982 Euro in verschiedene Start-Ups. Einsammeln konnte Seedmatch in 2013 rund 7,42 Millionen Euro, was einer Steigerung von 166 Prozent gegenüber 2012 entspricht. Daraus folgt, dass in Deutschland Crowdinvesting auf großen Anklang stößt, zumal seit November 2012 das partiarische Nachrangdarlehen das Kernstück des Investmentvertrags bildet und damit Finanzierungen möglich macht, die über eine Million Euro hinausgehen.

Aus rechtlicher Sicht handelt es sich bei dem Beteiligungsvertrag in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens bei Seedmatch um eine Sonderform des Darlehens gemäß § 488 BGB, das den Investor am Erfolg des Unternehmens beteiligt. Für den Gründer bietet sich hierdurch die Möglichkeit, Fremdkapital aufzunehmen, ohne dass eine erfolgsunabhängige Liquiditätsbelastung eintritt, was gerade in der Startphase ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, da in dieser Phase häufig noch (Anlauf-)Verluste erzielt werden.

Die Nachrangigkeit führt jedoch dazu, dass die Investoren im Insolvenzfall des Start-Up-Unternehmens gegenüber anderen Gläubigern das Nachsehen haben und damit einem erhöhten Ausfallrisiko unterliegen, das letztendlich zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen kann. Im Gegenzug kann der Anleger aber auch eine höhere Rendite erzielen. Denn aus Investorensicht ist das partiarische Darlehen deutlich attraktiver als die Hingabe eines festverzinslichen Darlehens mit laufender Verzinsung. Schließlich ist der Darlehensgeber am wirtschaftlichen Erfolg, das heißt am Gewinn, beteiligt. Zudem besteht bezüglich des hingegebenen Darlehensbetrags ein Anspruch auf Rückzahlung, der bei einer eigenkapitalfinanzierten Kapitalüberlassung nicht gegeben ist.

Kosteneinsparung durch Verzicht auf Prospekt

Für Start-Ups hat das partiarische Nachrangdarlehen zudem den Vorteil, dass bei öffentlicher Platzierung - je nach vertraglicher Ausgestaltung - kein Verkaufsprospekt erstellt werden muss, sodass Kosten eingespart werden können. Da aber die Prospektpflicht dem Schutz der Anleger dient, ist genau zu prüfen, welche aufsichtsrechtlichen Vorschriften beim Crowdinvesting zu beachten sind. Nach Angaben der BaFin fallen kleinere Projekte mit einem Finanzierungsvolumen unter 100000 Euro unter die Bagatellgrenze und sind von der Prospektpflicht befreit. Nach herrschender Meinung ist es durchaus vertretbar, dass für kleinere Start-Ups mit einem geringen Finanzierungsvolumen auf die Prospektpflicht auch weiterhin verzichtet wird, da die hieraus resultierenden Kosten schnell diese Finanzierungsvariante zunichte machen würden. Da der Finanzierungseinsatz der Anleger beim Crowdinvesting relativ gering ist, dürfte auch ein Totalausfall zu verkraften sein.

Doch auch wenn davon auszugehen ist, dass der Markt sich selbst reguliert beziehungsweise sogenannte "Schwarze Schafe" unter den Crowdinvesting-Internet-Plattformen den Markt alsbald wieder verlassen müssen, ist anzunehmen, dass der Crowdinvesting-Markt von den Aufsichtsbehörden beziehungsweise dem Gesetzgeber genau beobachtet wird. Die Ausweitung der Prospektpflicht ist nicht auszuschließen, da es letztlich aus der Sicht des Anlegerschutzes keine Rolle spielen kann, ob der Anleger Eigenkapital oder ein partiarisches Darlehen an das Start-Up-Unternehmen überlässt. Das beispielsweise über die Plattform Seedmatch erfolgreich finanzierte Projekt "Erdbär", das sich auf die Produk tion gesundheitsunschädlicher beziehungsweise sogar gesundheitsfördernder Kindersnacks spezialisiert hat, ist das beste Beispiel dafür, dass auch Summen jenseits der 100 000 Euro ohne Erstellung eines Verkaufsprospekts eingesammelt werden können.

Das Unternehmen "Erdbär" als Praxisbeispiel

Im April 2013 haben Alexander und Natascha Neumann, die beiden Gründer der Kindersnack-Marke "Erdbär" in nur neun Stunden über die Crowdfunding-Plattform Seedmatch 250 000 Euro einsammeln können (Fundinglimit). Damit gehören die beiden Jungunternehmer zu einer Reihe von Gründern, die sowohl das Internet als auch das Potenzial der Masse nutzten, um ihr Wachstum weiter voranzutreiben. Das Fundinglimit von 250 000 Euro ist für die Finanzierung zweier neuer Produkte sowie für die Einstellung neuer Mitarbeiter gedacht. Die beiden Gründer haben sich zudem bewusst für Crowdfunding entschieden. Auf Nachfrage betonten sie explizit, dass Banken ihrer Aufgabe, der mittelständischen Wirtschaft Kredite bereitzustellen, nur unzureichend nachkommen.

Sie äußerten sich dahingehend, dass Banken bei Unternehmen, die noch keine drei Jahre alt sind, äußerst konservativ agieren und diese Unternehmen durch extrem hohe Zinsen bestraft werden. Firmiert ein Unternehmen nun auch noch in der Rechtsform einer GmbH, so wie es Erdbär tut, sind die Sicherheitsanforderungen kaum zu bewältigen. Zudem ist der finanzielle Aufwand, der mit Crowdfunding verbunden ist, äußerst gering. So haben sie lediglich ein Video drehen müssen, das etwas gekostet hat. Damals haben sich die beiden Gründer für die Plattform Seedmatch entschieden, die im Bereich des Crowdinvesting als Marktführer gilt und über die sich Investoren bereits ab 250 Euro beteiligen können.

Einen neuen Rekord stellte allerdings das Karlsruher Unternehmen evolo auf. Dieses Unternehmen konnte im Dezember 2013 in drei Tagen, neun Stunden und 52 Minuten insgesamt 1,2 Millionen Euro von 751 Investoren einsammeln.

Bergfürst: Die Plattform Bergfürst ist der Handelsplatz für Beteiligungen an Wachstumsunternehmen. Wie bei jeder anderen Plattform auch, liegt die Intention von Bergfürst darin, innovative Unternehmen in der Wachstumsphase mit potenziellen Investoren zusammenzubringen. Wie bei Seedmatch können sich private Anleger bereits ab 250 Euro an einem Unternehmen beteiligen. Im Unterschied zu Seedmatch erhalten die Investoren jedoch keine stille Beteiligung, sondern Aktien, die sie im Anschluss direkt auf der Internet-Plattform handeln können. Zudem richtet sich Bergfürst nicht an Start-Ups, also Unternehmen, die gerade erst in den Startlöchern stehen, sondern an junge Unternehmen, die bereits seit einiger Zeit am Markt etabliert sind. Das auf Heimtextilien fokussierte Berliner Unternehmen Urbanara hat über die Plattform Bergfürst Ende 2013 rund drei Millionen Euro Wachstumskapital einsammeln können. Dabei haben rund 1 000 Investoren die Aktie gezeichnet und somit rund 3000 Euro investiert.

Zwei Möglichkeiten zum Erwerb von Aktien

Insgesamt können Investoren auf zwei Wegen Aktien erwerben. Entweder können sie im Rahmen einer Neuemission eine Zeichnung einstellen, um Aktien im Wege des jeweiligen öffentlichen Angebots zu erhalten. Die Zuteilung erfolgt zu dem höchsten Preis innerhalb der Bookbuilding-Spanne, zu dem alle angebotenen Aktien bei einer breiten Investorenbasis platziert werden können. Oder sie können Aktien auf dem elektronischen Handelsplatz von Bergfürst kaufen und verkaufen, also eine auf dem Sekundärmarkt klassische Order einstellen. Nach dem Ende der Zeichnungsphase wurde der Ausgabepreis der Aktie von Urbanara auf zehn Euro festgelegt. Derzeit steht die Aktie bei 10,30 Euro. Das entspricht einem Gewinn von drei Prozent.

Vision Bakery: Die Plattform Vision Bakery fällt unter den Bereich Crowdsponsoring. Das bedeutet, dass Investoren, die die Geschäftsidee eines Unternehmens befürworten, Kapital bereitstellen. Dieses muss jedoch nicht zurückgezahlt werden; das begünstigte Unternehmen bietet vielmehr als Gegenleistung Produkte oder Dienstleistungen an. Nach Angaben von Vision Bakery hat ein Unternehmen maximal 55 Tage Zeit, seine Geschäftsidee auf der Website zu präsentieren und Kapital einzusammeln. Kommt innerhalb dieser Zeit die angestrebte Projektsumme zusammen oder wird sie sogar übertroffen, gilt das Projekt als erfolgreich finanziert und das Kapital wird an das betreffende Unternehmen ausgezahlt. Falls das Projekt seiner Finanzierungsabsicht nicht entspricht, wird das von den Unterstützern bereitgestellte Kapital an diese zurücktransferiert und zwar inklusive der erbrachten Gebühren für Transaktionskosten (0,36 Euro je Transaktion).

Die Kapitalgeber gehen also kein Risiko ein, denn die Plattform agiert nach dem "Alles-oder-Nichts-Prinzip". Ist das Projekt jedoch erfolgreich ausgegangen, wird eine Provision in Höhe von zehn Prozent fällig sowie 1,9 Prozent für die Paypal-Transaktion. Allerdings bekommen Unternehmen auch Unterstützung bei der Umsetzung und Präsentation auf der Website von Vision Bakery.

Finmar: Die Plattform Finmar ist die erste in Deutschlands gestartete Crowdfunding-Plattform für mittelständische Kredite bis 25 000 Euro. Die Besonderheit ist, dass hinter jedem Kreditprojekt ein konkretes geschäftliches Vorhaben steht, das es umzusetzen gilt. Zu diesem Zweck verleihen viele Privatanleger kleinere Geldbeträge (ab 250 Euro) und bekommen im Gegenzug für den gewährten Kreditbetrag überdurchschnittlich hohe Zinsen, deren Höhe sich nach der persönlichen Bonität des Kreditnehmers richtet beziehungsweise vom sogenannten Schufa-Score abhängt. Kommt die benötigte Geldmenge zusammen, vergibt die in München ansässige Fidor Bank den Kredit und wickelt auch die Zahlung ab.

Von der Kreditsumme wird allerdings noch eine Servicegebühr von 5,95 Prozent einbehalten. Auf der Webseite von Finmar kann sich der Kreditnehmer mithilfe einer interaktiven Maske über die Modalitäten der Kreditaufnahme informieren. Möchte er beispielsweise einen Kredit in Höhe von 25 000 Euro mit einer Laufzeit von 60 Monaten aufnehmen, beträgt der Effektivzinssatz 7,57 Prozent, wenn seine Schufa-Bonität bei "A" liegt. Zudem wird eine Servicegebühr von 1 487,50 Euro (25 000 Euro x 5,95 Prozent) fällig (Tabelle 1).

Kein Garant für Erfolg

Unternehmen sollten allerdings bedenken, dass Crowdfunding als alternative Finanzierungsform kein Garant für Erfolg ist. So sollte das zu finanzierende Projekt eine gewisse Genialität aufweisen, denn das ist die Grundvoraussetzung für den Erfolg eines Crowdfunding. Darüber hinaus ist es wichtig, die Anleger von der Leistungsfähigkeit des Initiators/Unternehmers zu überzeugen. Dies fordert eine glaubhafte Präsentation der agierenden Personen sowie der erwarteten Entwicklung der Geschäftsidee. Verwirklicht wird dies im klassischen Businessplan, der die in Tabelle 2 aufgeführten Bestandteile enthalten sollte.

Moderne Präsentationsmittel - wie beispielsweise ein Video - schaffen zusätzliches Vertrauen. Eine vorgeschaltete Marktanalyse ist ebenfalls in Betracht zu ziehen. Grundsätzlich gilt nämlich, dass transparente Aussagen und Informationen vor, während und nach der Finanzierungsmaßnahme das Vertrauen der Kapitalgeber stärken und begründetes Vertrauen die Grundlage für ein erfolgreiches Crowdinvesting ist.

Entdeckung des Crowdfunding durch Volksbanken

Der Trend zum Crowdfunding als alternative Finanzierungsform dürfte sich auch in Zukunft weiter fortsetzen. Dementsprechend beginnen auch die Banken, auf das Phänomen Crowdfunding adäquat zu reagieren. Ein Beispiel dafür, dass Banken langsam Crowdfunding entdecken, ist die Fidor Bank, die mittlerweile mit diversen Crowdfunding-Plattformen kooperiert und die Kreditvergabe sowie die Zahlungsmodalitäten bei einem erfolgreich finanzierten Projekt abwickelt. Die Plattform Bergfürst hat hingegen die Berliner Volksbank als Anteilseigner gewinnen können. Aus der Sicht von Bergfürst ist diese Beteiligung deshalb ideal, weil die Berliner Volksbank über einen großen Kundenstamm und eine sehr lange Tradition verfügt und dadurch für einen bedeutenden Wachstumsschub für die Emissionen von Bergfürst sorgen kann. Die Berliner Volksbank hingegen kann durch die Beteiligung neue wachstumsstarke Firmenkunden akquirieren, mit denen sie ebenfalls Wachstum realisieren kann. Einen anderen Weg ging die Volksbank Bühl, die mit "viele-schaf fenmehr.de" eine eigene Crowdfunding-Plattform gelauncht hat, auf der sie ihren Kunden eine Möglichkeit der Schwarmfinanzierung anbietet.

Dennoch sind viele Banken gegenüber dem Thema Crowdfunding eher skeptisch eingestellt. Denn obwohl der Markt für Crowdfunding und Crowdinvesting zunehmend wächst, befassen sich derzeit lediglich drei Banken mit dieser alternativen Finanzierungsform. Der Grund hierfür dürfte sein, dass zunächst die Sicherung des eigenen Geschäfts im Vordergrund steht. Dass diese Sichtweise zu kurz greift, zeigt sich jedoch spätestens dann, wenn die Unternehmen der klassischen Finanzierung über die Bank vermehrt den Rücken kehren und lieber zu Crowdfunding greifen. Banken tun also gut daran, den Trend zum Crowdfunding nicht zu verschlafen, auch wenn Crowdfunding ohne Banken derzeit noch dahingehend beschränkt bleibt, dass für größere Geldbeträge mehrheitlich der rechtliche Rahmen fehlt.

Mehr als eine flüchtige Finanzierungsalternative

Bis vor einiger Zeit wurde Crowdfunding als alternatives Finanzierungsinstrument als Strohfeuer eingestuft. Viele Marktakteure vertraten die Ansicht, dass es sich hier lediglich um eine kurzfristige Erscheinung handelt, die keine Zukunft hat. Das enorme Marktwachstum in den vergangenen Jahren hat jedoch gezeigt, dass Crowdfunding mehr als eine flüchtige Finanzierungsalternative ist. Die weit mehr als über 100 existierenden Plattformen sind ein Beleg dafür und zeigen, dass das Thema Kapitalanlage im Zusammenhang mit Unternehmensfinanzierung und Unternehmensgründung für die kapitalsuchenden Unternehmen von besonderem Interesse ist. Es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, bis Crowdfunding zum festen Bestandteil der Finanzierungslandschaft werden wird.

Auch für Anleger kann Crowdfunding eine interessante Anlagealternative sein. Sie sollten allerdings bedenken, dass sie bei der Bewertung der Erfolgswahrscheinlichkeit und Vertrauenswürdigkeit des Kreditnehmers auf sich alleine gestellt sind und auch das Ausfallrisiko des Kreditnehmers tragen, sodass es zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals kommen kann.

Prof. Dr. Diethard B. Simmert , Studiengangsleiter Finance & Management , International School of Management (ISM), Dortmund, Frankfurt am Main
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