Gespräch des Tages

Kapitalmarkt - Zu wenig private Aktionäre

Das Beispiel aus der Praxis und die Bestätigung durch die Statistik des deutschen Aktieninstitutes (DAI) kamen fast zeitgleich. Als erste der größeren Fondsgesellschaften hat in der letzten Januarwoche 2011 Fidelity berichtet. Bei allem unbestreitbaren Erfolg mit Nettozuflüssen bei Aktienfonds in der Kategorie Asien und Emerging Markets waren bei europäischen Aktienfonds noch größere Mittelabflüsse zu verzeichnen. So durfte die Gesellschaft sich zwar einigermaßen zufrieden geben, mit ihrer Marketingkampagne im vergangenen Jahr auf den richtigen Trend gesetzt zu haben, aber unter dem Strich musste sie im Geschäftsfeld Asset Management eindeutig die anhaltende Vorsicht der Privatanleger registrieren und sich mit deutlich niedrigeren Mittelzuflüssen abfinden als im Vorjahr (162 nach 937 Millionen Euro).

Mit Blick auf Aktienfonds zeigt sich ebendieses Bild auch in der BVI-Statistik per Ende November 2010. Auch dort haben die Nettozuflüsse in Aktienfonds gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich abgenommen, wobei man in der Gesamtstatistik noch den positiven Einfluss der ETFs berücksichtigen muss (8,8 nach 13,2 Milliarden Euro). Anders als in der Branche, in der enorme Zuwächse der Mischfonds einmal mehr die Unsicherheit der Anleger hinsichtlich der richtigen Anlageentscheidung dokumentieren (14,1 nach 5,4 Milliarden Euro), hat dieses Segment bei Fidelity ebenfalls gelitten.

Da passt die Statistik des DAI zur Zahl der Aktienanleger gut ins Bild. Um fast eine halbe Million auf 8,176 Millionen Anleger ist die Zahl der direkten und indirekten Aktienbesitzer gesunken. Als reine Aktienanleger direkt investiert sind damit rund 2,208 (im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres noch 2,493) Millionen Bürger. 1,209 (1,400) Millionen halten sowohl Aktien als auch Aktien- beziehungsweise Mischfonds und 4,759 (4,708) Millionen beschränken sich allein auf Fonds. Dass diese letztere Kategorie zugenommen hat, liegt an dem auch in der BVI-Statistik ablesbaren Erfolg der Mischfonds, die in Zeiten der Unsicherheit regelmäßig ihre Renaissance feiern dürfen. Genau das ist aber auch mit der Grund für die tiefe Enttäuschung des DAI, die in einer einmal mehr ernüchternden Erkenntnis gipfelt: "Die Aktie wird in Deutschland von weiten Bevölkerungskreisen noch nicht als langfristiges Instrument zur Altersvorsorge wahrgenommen, sondern nur in ihren kurzfristigen Kursschwankungen."

Wenn sich schon die Zahl der Aktienfreunde aus freien Stücken offensichtlich nicht signifikant erhöhen lässt, so kann man über fest disponiertes Aktiensparen mit Fonds wenigstens die Renditeentwicklung fördern. Das hat Mitte Januar der BVI mittels langlaufender Fondssparpläne mit Aktien vorgerechnet. Und Fidelity hat bei einer statistischen Auswertung der Daten auf ihrer amerikanischen Fondsplattform der Tendenz nach herausgefunden, dass in dem unbestritten kritischen Zeitfenster von September 2008 bis März 2010 diejenigen Pensionskonten nach 401 (k) die mit weitem Abstand beste Performance erreicht haben, die ihre Aktienquote durchgehend über Null Prozent gehalten und nicht selbst versucht haben, die Gesamtperformance durch eine Reduktion des Aktienanteils zu optimieren.

Schlussfolgerung in beiden Fällen also: Die Anleger müssen letztlich zu ihrem (Rendite-)Glück gezwungen werden. Am besten funktioniert das über eine Förderung der regelmäßigen privaten beziehungsweise betrieblichen Altersvorsorge. Sind solche Verträge erst einmal geschlossen, erzielen die Anleger langfristig den erhofften Erfolg. Diese Argumentation dürfte die Politik in den kommenden Wochen und Monaten von der gesamten Fondsbranche wie auch von der DAI noch öfter zu hören bekommen.

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