Gespräch des Tages

Kreditgenossenschaften - "Entspannt und zufrieden"

"Entspannt und zufrieden". Diese Beschreibung der Gemütslage eines Bankers Anfang 2013 lässt auf einen ausgesprochen auskömmlichen und guten Zustand seines Hauses schließen. Und in der Tat kann der Vorstand der Wiesbadener Volksbank, Matthias Hildner und Jochen Kerschbaumer, von sich behaupten, vieles richtig gemacht zu haben. Der Generationswechsel ging ruhig und harmonisch über die Bühne, das erfolgreiche Geschäftsmodell wurde kaum verändert, die über viele Jahre praktizierte Vorsicht dominiert weiterhin das Geschäft, und die sich bietenden Möglichkeiten in der prosperierenden Region Rhein/Main/Wiesbaden werden genutzt. Marktanteile von 50 Prozent im gewerblichen Geschäft, 30 Prozent im Privatkundenbereich und gut 20 Prozent im Private Banking sprechen eine deutliche Sprache, und auch 2012 wird die Wiesbadener Volksbank gemessen an der Ertragskraft unter den Volks- und Raiffeisenbanken wieder ganz weit vorne zu finden sein. Nicht viele andere Institute dürften ein Ergebnis von 1,5 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme erzielt haben. Eine Dividende von nach wie vor üppigen sechs Prozent lässt die Mitglieder am Erfolg teilhaben, die neuerliche kräftige Stärkung der Rücklagen nach § 340 f HGB freut die Controller und Aufsichtsbehörden. Mit einer Kernkapitalquote von 17,4 Prozent nach den künftigen Anforderungen von Basel III und 20 Prozent nach derzeitigem Basel II kann man in der hessischen Landeshauptstadt allen Anforderungen "gelassen entgegensehen".

Grund ist ein neuerliches Rekordergebnis von 52,4 Millionen Euro. Und das obwohl vor Jahresfrist ein spürbarer Rückgang von bis zu zehn Prozent für das abgelaufene Geschäftsjahr angekündigt wurde. Doch manchmal kommt es anders. Bezieht man noch den außerordentlichen Ertrag aus der Hebung stiller Reserven durch Hochschreiben der Beteiligung an der DZ Bank mit ein, liegt das Ergebnis gar bei bemerkenswerten 70 Millionen Euro. Im "gewöhnlichen" Geschäft schlägt vor allem das deutlich geringer ausgefallene Bewertungsergebnis (2,3 nach 5,5 Millionen Euro im Vorjahr) zu Buche. Hier zahlt sich das anhaltende Niedrigzinsumfeld ausnahmsweise einmal aus, da die dadurch steigenden Kurse bei Wertpapieren zu Wertaufholungen von rund 3,5 Millionen Euro geführt haben. Für das laufende Jahr rechnet der neue Vorstandsvorsitzende Matthias Hildner wiederum nicht mit steigenden Kreditrisiken, die auf eine Konjunkturabschwächung und höhere Insolvenzzahlen zurückzuführen sind. An anderer Stelle haben die niedrigen Zinsen dagegen Spuren hinterlassen, wenn auch nur leichte und sehr viel geringere als bei anderen Instituten: Der Zinsüberschuss, nach wie vor maßgebliche Ergebnisgröße der Wiesbadener, ging marginal von 85,7 auf 85,2 Millionen Euro zurück. Tendenz allerdings weiter sinkend: "Die durchschnittliche Verzinsung auf der Aktivseite sinkt konstant, es sind heute noch gerade mal 50 Prozent des Wertes von vor zehn Jahre zu erzielen", so Hildner. Da auf der Passivseite die Verzinsung zwar angepasst werde, sich allerdings der Nulllinie nähere, sei mit spürbar sinkenden Zinsüberschüssen in der Zukunft zu rechnen. Für 2012 betrug die Zinsspanne 2,45 Prozent, 2011 lag sie noch bei 2,53 Prozent.

Ähnlich wie das Zinsergebnis fällt auch der Provisionsüberschuss besser aus, als es das Umfeld erwarten ließ. Er stieg um 2,5 Prozent auf 24,4 Millionen Euro. Hier sind den Verantwortlichen in Wiesbaden die neuen Verbraucherschutzregeln ein Dorn im Auge. "Die Verunsicherung bei den Beratern ist groß. Die gestiegenen Anforderungen an die Beratung führen dazu, dass tendenziell eher Sparprodukte und weniger Wertpapiere verkauft werden, um Risiken zu vermeiden. Das ist aus Kundensicht ebenso wie aus Bankensicht unerfreulich", fasst Kerschbaumer die Stimmungslage zusammen. Mit Blick auf das laufenden Jahr sind die Wiesbadener gewohnt vorsichtig. Angesichts des Umfelds sei ein Ergebnisrückgang von rund zehn Prozent zu erwarten. Allerdings liege man selbst damit noch deutlich über der von Hildner bezifferten "normalen" Ergebnisspanne von rund einem Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme.

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