Gespräch des Tages

Kreditgenossenschaften I - Endlich geschafft! - oder?

Wenn in der Kreditwirtschaft wirklich bedeutende strategische Weichenstellungen zur Entscheidung gestellt werden, gibt es normalerweise eine öffentliche Presseerklärung. Bei börsennotierten Firmen gehört das zu den Usancen guter Unternehmensführung, in vielen anderen Rechtsformen zählt es zu den geübten und gerne genutzten Standards der Öffentlichkeitsarbeit. Mit Blick auf die genossenschaftliche Bankengruppe ist die Empfehlung beider Aufsichtsräte der großen Rechenzentren Fiducia und GAD, einer Fusion zuzustimmen, sicher solch ein Fall von großem öffentlichen Interesse. Angesichts der zähen Vorgeschichte für diese in der zweiten Oktoberwoche 2014 bekanntgewordene Beschlusslage der beiden Kontrollgremien wäre es aber zumindest nachvollziehbar, wenn die Verantwortlichen erst nach der Zustimmung der Eigentümerversammlungen mit einer gebührenden Erfolgsmeldung an die Öffentlichkeit gehen.

In der Sache ist die Zusammenführung der genossenschaftlichen IT in einer Unternehmenseinheit ohnehin keine wirkliche Überraschung. Seit Monaten war bekannt, dass Gespräche laufen, und allgemein wurde diesen eine große Aussicht auf Erfolg bescheinigt. Angesichts der vielen vergeblichen Anläufe für diese Fusion in der Vergangenheit, durfte und darf man zudem von einer fachlichen Tiefe der Sondierung ausgehen. Welches Kernbankensystem die Basis des neuen Unternehmens bilden wird, welche Kosten auf die von der Umstellung betroffenen Ortsbanken zukommen werden, welche Standorte erhalten bleiben, wie viele Mitarbeiter möglicherweise eingespart werden und wie lange man sich Zeit für die Migration lässt, sind bei Zusammenschlüssen solcher Größenordnungen die üblichen Hürden.

Soweit das den ersten Medienberichten zu entnehmen ist, hat man sich bei dem Projekt Fiducia und GAD auf das seit gut zehn Jahren praxiserprobte Fiducia-System Agree geeinigt, will aber in einer Art Best-Practice-Auswahl geeignete Funktionen der GAD-Anwendung Bank 21 aufnehmen. Sollte man sich bei der auf fünf Jahre angesetzten Migrationsphase in der genossenschaftlichen Bankengruppe tatsächlich auf ein Kostenmodell einigen können, alle Ortsbanken angemessen an den zweifellos anfallenden Mehrkosten der Umstellung für die heutigen GAD-Banken zu beteiligen, würde das nicht nur die Zustimmung dieser Eigner erleichtern, sondern wäre ein Zeichen gelebter genossenschaftlicher Solidarität, das viele Kreditinstitute aus anderen Bankengruppen in der Vergangenheit nicht zustande gebracht haben und deshalb mit einer Zusammenlegung der Systeme gescheitert sind.

Nur zur Erinnerung: Das mit großem öffentlichem Getöse verkündete Fusionsvorhaben von Deutscher Bank und Dresdner Bank ist vor vielen Jahren nicht zuletzt daran zerbrochen, dass die Kosten einer Migration der IT bis hinein in die komplizierten Sphären des Investment Bankings für die beiden Vorstandsgremien offensichtlich keine oder zumindest eine völlig untergeordnete Rolle gespielt haben. Und der oft belächelte und geschmähte, weil unendlich lang erscheinende Weg der deutschen Sparkassenorganisation zur Bündelung ihrer IT in der Finanzinformatik hat ebenfalls immer wieder zeitliche Verzögerungen ertragen müssen, weil man sich nicht über eine angemessene Kostenverteilung einigen konnte. So mühsam dieser Prozess zur Bündelung der Sparkassen-IT aber auch erscheinen mochte und so wenig er sich gleich in der Migrationsphase in nennenswerten Kostenvorteilen niedergeschlagen hat, so sehr bringt er inzwischen eine erhebliche Entlastung bei den Verwaltungsaufwendungen. Nicht zuletzt bei der Haspa und der LBBW als langjährige Verfechter einer hauseigenen IT hat die GuV-Rechnung nach Abschluss der Migration erhebliche Einspareffekte gezeigt.

Sollten sich die Eigentümer von GAD und Fiducia Ende November beziehungsweise Anfang Dezember dieses Jahres auf eine Fusion mit einem realistischen Migrationsfahrplan verständigen können, hätte die Genossenschaftsorganisation eine weitere Effizienzreserve erfolgreich angezapft. Selbst wenn sich die positiven Auswirkungen erst nach einer Migrationszeit zeigen, die möglicherweise für eine ganze Reihe der amtierenden Ortsbankvorstände nicht mehr in ihrer eigenen Amtszeit zu den gebührenden Entlastungen führt, ist die Fu sion aus einer Gesamtsicht der Gruppe ein überfälliger Schritt.

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