Aufsätze

Landesbanken und die DZ Bank - Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank AG, kurz DZ Bank, ist ohne Zweifel eine Erfolgsgeschichte der über einen langen Zeitraum erfolgten Integration vormals selbstständiger regionaler Institute: In jüngerer Zeit hatte diese in den 1980er Jahren mit der Verschmelzung verschiedener regionaler Zentralbanken zur DG Bank ihren Anfang genommen.

Ein weiterer Meilenstein war zuvor das Zusammengehen der aus der in der 1970er Jahren erfolgten Fusion verschiedener Zentralgenossenschaftsbanken im Südwesten Deutschlands und in Frankfurt entstandenen Südwestdeutschen Genos-senschafts-Zentralbank AG, Frankfurt (SGZ-Bank) und der Genossenschaftliche Zentralbank AG, Stuttgart (GZB-Bank) zur GZ-Bank AG, Frankfurt/Stuttgart. Diese wiederum fusionierte im Jahre 2001 mit der DG Bank zur DZ Bank in ihrer heutigen Struktur. Mit dem im laufenden Jahr auf den Weg gebrachten Zusammengehen von DZ Bank und WGZ Bank wird das lange verfolgte Konzept einer einheitlichen Spitzenbank des genossenschaftlichen Verbundes seinen Abschluss finden.

Diskussion über Landesbankenstrukturen

Anders als die weiterhin im engen Verbund mit ihren Sparkassen regional tätigen Landesbanken, nimmt die Frankfurter DZ Bank AG innerhalb des genossenschaftlichen Finanzsektors die Funktion eines nationalen Zentralinstituts für die rund 1 100 Primärbanken wahr. Darüber hinaus ist die DZ Bank Geschäftsbank für Firmenkunden sowie für institutionelle Kunden aus dem In- und Ausland und insofern wieder ähnlich aufgestellt wie die Landesbanken. Als Holding ist die DZ-Bank-Gruppe mit einer Bilanzsumme von rund 440 Milliarden Euro das fünftgrößte und nach Mitarbeiterzahl das siebtgrößte deutsche Finanzinstitut.

Während die langjährige Strukturdebatte im genossenschaftlichen Finanzverbund sich mit der Schaffung einer einheitlichen Spitzenbank dem Ende nähert, wird seit dem mit der Europäischen Kommission vereinbarten Wegfall der staatlichen Garantien Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Juli 2005 und verstärkt nochmals seit Beginn der Finanzmarktkrise Mitte 2007 in Politik und Öffentlichkeit intensiver denn je über neue Strukturen für Landesbanken diskutiert. Die Überlegungen reichen dabei von einer Reduzierung der derzeit noch sieben selbstständigen Landesbanken auf zwei oder drei Institute bis hin zur Schaffung einer zentralen Landesbank, die ihre Dienstleistungen allen Sparkassen in Deutschland anbietet. Diese Überlegungen sind nicht grundlegend neu: Bereits in den späten 1980er Jahren wurde im Sparkassen-Finanzverbund intensiv über den Bedarf an einem einheitlichen Zentralinstitut für die gesamte Gruppe nachgedacht. Diese Pläne haben sich aus vielerlei Gründen, die nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit unserem föderalen Staatsaufbau stehen, zerschlagen.

Die Finanzmarktkrise stellt auch die Landesbanken vor neue Herausforderungen: So wird der Druck von allen Seiten, über neue Strukturen nachzudenken und den Sektor zu konsolidieren, immer stärker. Durch die Inanspruchnahme der nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz gewährten Bundeshilfe für einige Landesbanken wird sich auch der Bund künftig stärker in die Strukturdebatte über Landesbanken einbringen wollen.

Parallelen in der historischen Entwicklung ...

Die in Teilen der Politik geäußerte harsche Kritik an einer vermeintlichen Bewegungslosigkeit der Landesbanken und ihrer Eigentümer verkennt allerdings, dass die Landesbanken einschließlich der Deka-Bank als einzige kreditwirtschaftliche Gruppe in den vergangenen Jahren drei erfolgreiche Großfusionen durchgeführt haben. Die Fusion der Landesbanken in Kiel und Hamburg zur HSH Nordbank AG, die aus der Fusion von Landesgirokasse, Südwestdeutscher Landesbank und Landeskreditbank hervorgegangene Landesbank Baden-Württemberg sowie die Fusion von DGZ und Deka zur Deka-Bank sind nachhaltige Erfolgsbeispiele für das Zusammengehen öffentlicher Banken, die man in dieser Größenordnung in anderen Bankengruppen vergeblich sucht. Mit der Integration der Sachsen-Bank sowie der Rheinland-Pfalz Bank in den Konzern Landesbank Baden Württemberg (LBBW) wurden 2008 weitere wesentliche Konsolidierungsschritte vollzogen.

Bei der Frage, ob die heutige Struktur der DZ Bank in ihren Grundzügen Vorbildcharakter für die Landesbanken haben kann, müssen auch die in der Entstehungsgeschichte beider Gruppen teilweise grundlegend unterschiedlich verlaufenen Entwicklungen berücksichtigt werden. Die historischen Wurzeln strahlen noch heute auf wichtige Strukturelemente der Landesbanken aus, so zum Beispiel auf die öffentliche Trägerschaft einschließlich der teilweise komplizierten Eigentümerstrukturen sowie die regionale Verankerung. So wurde die erste öffentliche Bank, die "Herzogliche Leihhausanstalt" bereits im Jahr 1765 gegründet. Sie war einerseits als Sparkasse tätig, andererseits aber auch als Bodenkreditinstitut und Bank für den gewerblichen Kredit. Verfolgt man die Geschichte dieses Instituts, so ist es quasi die Vorgängerin der heutigen Norddeutschen Landesbank (Nord-LB).

Andere Landesbanken haben ähnliche Vorläuferinstitute. Im 18. Jahrhundert wurden eine Vielzahl von Banken in den damaligen deutschen Ländern gegründet, die später in den Landesbanken aufgingen, und deren Struktur im Wesentlichen noch heute erkennbar ist. Bereits damals hatte das Geschäft dieser Banken einen starken regionalen Bezug. Schwerpunkte lagen in der Unterstützung im Außenhandel, in Schuldverschreibungen, in großen Emissionen und insbesondere in der Finanzierung der regionalen Wirtschaft. Über die Jahre und vor allem in Folge des Zweiten Weltkrieges haben sich die Namen der entsprechenden Institute geändert. Aber viele Aufgaben aus der "Gründerzeit" gehören auch heute noch zu den Geschäftsmodellen der Landesbanken.

Nicht viel anders und in einem ähnlichen zeitlichen Umfeld vollzog sich die Gründung der Vorläuferinstitute der heutigen DZ Bank: So errichteten im Jahre 1883 die hessischen Darlehnskassenvereine mit der Landwirtschaftlichen Genossenschaftsbank, Darmstadt, eine eigene regionale Zentralbank in der Rechtsform der Aktiengesellschaft. Deren Aufgabe bestand im Wesentlichen im Liquiditätsausgleich unter den ländlichen Kreditgenossenschaften. Die 1895 errichtete Preußische Zentralgenossenschaftskasse, Berlin (Preußenkasse), eine Anstalt des öffentlichen Rechts, fungierte als Zentralinstitut für zahlreiche regionale genossenschaftliche Zentralbanken. Damit erhielten die regionalen Verbandskassen die Möglichkeit, überschüssige Liquidität gegen angemessene Zinsen anzulegen beziehungsweise zusätzliche Mittel zu mäßigen Zinsen zu beschaffen.

Aus den in der Grundausrichtung ähnlichen Geschäftsmodellen von genossenschaftlichen Zentralbanken und Landesbanken wird deutlich, dass, bei aller gebotenen Differenzierung im Einzelnen, bereits die Vorläuferinstitute der heutigen Banken ein besonderes Anliegen in der Unterstützung des damals noch wesentlich durch Handwerker und Bauern geprägten regionalen Mittelstandes hatten: Eine Aufgabe, die heute mehr denn je große Bedeutung hat.

... dennoch markante strukturelle Unterschiede

Trotz nicht zu verkennender historischer Parallelen haben sich zwischen den genossenschaftlichen Zentralbanken und den Landesbanken in der Folge markante Unterschiede herausgebildet: Nachdem die ersten genossenschaftlichen Zentralinstitute noch eine öffentlich-rechtliche Rechtsform hatten, im Grunde genommen also öffentliche Banken waren, wandelte sich diese im Laufe der Zeit, dem genossenschaftlichen Prinzip folgend, hin zu einer privaten Rechtsform (Genossenschaftsanteile). Die Landesbanken hingegen verblieben in öffentlicher Trägerschaft, im Wesentlichen der Bundesländer und der Sparkassen, in denen sie ihren Sitz hatten.

Die öffentliche Trägerschaft der Landesbanken hatte zur Konsequenz, dass sie, mit regionalen Unterschieden, über lange Zeit ausschließlich die Interessen der regionalen Wirtschaft im Fokus hatten. Mit staatlichen Garantien und damit auch mit einer guten Bonität ausgestattet, konnten sie durch stabile Erträge erwirtschaften, die ihnen die Erfüllung ihrer zahlreichen, gesetzlich zugewiesenen Aufgaben ermöglichten.

Wie bei den früheren genossenschaftlichen Zentralbanken, war und ist noch heute die regionale Bindung der Landesbanken ein Markenzeichen, das für die starke Präsenz und Verwurzelung der heute noch sieben selbstständigen Landesbanken in den wichtigsten Wirtschaftsregionen Deutschlands steht. Die ausgeprägte Regionalstruktur der Landesbanken hat vor allem den Vorteil, dass diese sehr langfristig und bedarfsgerecht auf ganz unterschiedliche Anforderungen ausgerichtet werden konnten, die zum Beispiel durch die regionale Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur vorgegeben waren. So versteht es sich, dass in einer besonders stark durch mittelständische Wirtschaftsstrukturen geprägten Region die dort tätige Landesbank auf die speziellen Finanzierungsbedürfnisse des Mittelstandes besonders ausgerichtet ist.

Die traditionelle starke regionale Verwurzelung der Landesbanken betont bei diesen die Maxime, dass ein funktionierendes, langfristig stabiles und Ertrag bringendes Geschäftsmodell einem auf zentralistische Strukturen abzielenden Fusionsmodell vorzuziehen ist. Grundlage für langfristigen Markterfolg und die gute Wettbewerbsposition einer Bank im Markt ist allein ein funktionierendes Geschäftsmodell. Bei Landesbanken hat sich die regionale Verwurzelung mit einer breiten Unternehmenskundenbasis als wichtiges Asset erwiesen. Größe für sich ist hingegen kein eigenständiger Erfolgsfaktor. Dies gilt im Übrigen grundsätzlich für alle Banken, nicht nur für die Landesbanken.

"Super-Landesbank" löst keine Probleme

Auch können die gegenwärtigen Probleme bei einigen Landesbanken durch die Schaffung einer großen Super-Landesbank nicht gelöst werden. So würde die reine Addition von Bilanzsummen in der heutigen Finanzmarktkrise schon alleine aufgrund der schwierigen Refinanzierungssituation nachteilig sein. Daher müssten, bevor über derartige Maßnahmen ernsthaft nachgedacht wird, zunächst die heutigen Bilanzsummen abgeschmolzen werden. Schon dies setzt kurzfristigen Entscheidungen über Großfusionen von Landesbanken Grenzen. Besser ist es daher, die bereits vorhandenen Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln und an die Erfordernisse des Marktes anzupassen.

Bei der Frage, ob die heutigen Strukturen der DZ Bank auch für die Landesbanken passen könnten, müssen zudem die unterschiedlichen Größenordnungen und die Mitarbeiterzahl berücksichtigt werden: Während die DZ Bank eine Bilanzsumme von rund 440 Milliarden Euro aufweist, beläuft sich die kumulierte Bilanzsumme aller Landesbanken auf rund 2 000 Milliarden Euro. Zudem haben die Landesbanken aktuell rund 63 000 Mitarbeiter und damit ein Vielfaches der Bankmitarbeiter der DZ Bank.

Alles in allem kann die DZ Bank als Spitzeninstitut des genossenschaftlichen Verbundes aus struktureller Sicht keinen Vorbildcharakter für die künftigen Strukturen der Landesbanken haben. Diese werden ungeachtet ihrer letztendlichen Anzahl ihre starke regionale Präsenz und Verwurzelung als entscheidendes Wesensmerkmal erhalten.

Die DZ Bank und der Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB)

Die DZ Bank ist über ihr Vorgängerinstitut, die DG Bank, bereits seit 1976 außerordentliches Mitglied des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB). Deren Vorgängerinstitut, die Deutsche Zentralgenossenschaftskasse findet sich in den Verbandsannalen bereits in den Jahren 1939 bis 1947 als Verbandsmitglied erwähnt. Die DZ Bank in ihrer heutigen Struktur ist seit dem Jahr 2002 Mitglied des VÖB.

Die DZ Bank und die Landesbanken haben, nicht zuletzt aufgrund ähnlicher Größenordnungen und Geschäftsfelder zahlreiche inhaltliche Gemeinsamkeiten, die sich zum Beispiel auf ihre Aktivitäten in der grenzüberschreitenden Mittelstandsfinanzierung sowie an den europäischen und internationalen Finanzmärkten beziehen. Hieraus resultieren ähnlich gelagerte Anforderungsprofile an die bankaufsichtlich-regulatorischen sowie die bilanziellen Rahmenbedingungen.

Die DZ Bank ist in diesen und zahlreichen anderen Themen, so zum Bespiel auch in Bezug auf den umfangreichen Brüsseler Regulierungsrahmen, ein wertvoller und geschätzter Gesprächspartner der Landesbanken, der sich mit diesen auf gleicher Augenhöhe austauscht. Dies spiegelt sich unter anderem in der regen Inanspruchnahme der Verbandsgremien durch die DZ Bank wider. Dass die DZ Bank, insofern ähnlich wie die Landesbanken, neben ihren bereits erwähnten Funktionen auch diejenige der Zentralbank für ihre Primärinstitute erfüllt, sei hier nur am Rande erwähnt.

Die engagierte Mitarbeit der DZ Bank beim Bundesverband Öffentlicher Banken führt grundsätzlich nicht zu inhaltlichen Kollisionen oder Abgrenzungsproblemen mit dem Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), dessen Ausrichtung und fachlicher Fokus aufgrund der kleinteiligeren Struktur seiner Mitgliedsinstitute eine andere ist. Eine enge und im Ergebnis sehr erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen VÖB und BVR findet ohnehin seit Jahrzehnten im Zentralen Kreditausschuss statt, der gemeinsamen Plattform für das fachliche und politische Zusammenwirken aller kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände. Die DZ Bank positioniert sich über den VÖB auch öffentlich, so zum Beispiel durch die langjährige Teilnahme an der zweimal jährlich stattfindenden Zinsprognose-Pressekonferenz des Verbandes in Frankfurt.

Beitrag zur Stabilität für den Finanzplatz Deutschland

Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschland gratuliert der DZ Bank zu ihrem 125-jährigen Jubiläum! Sicher, die gesamtwirtschaftlichen Begleitumstände hierfür könnten besser sein. Dennoch: Trotz und vielleicht gerade wegen der Finanzmarktkrise sehen wir die Zukunft des genossenschaftlichen Verbundes mit einer starken DZ Bank an der Spitze als ge sichert. Der sich auf mehr als tausend lokale Primärinstitute abstützende genossenschaftliche Verbund hat sich gerade in Zeiten der Finanzmarktkrise als verlässlicher Partner seiner privaten und gewerblichen Kunden bewährt und wird auch in Zukunft eine herausragende Bedeutung für die Stabilität und Krisenfestigkeit des Finanzplatzes Deutschland haben.

Dr. Siegfried Jaschinski , Partner, Augur Capital AG, Frankfurt am Main
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