Gespräch des Tages

Lobbyarbeit - Mehr Mut

Schließung wegen Erfolglosigkeit? Diesen (eher provokativen) Vorwurf wollte man sich beim Deutschen Aktieninstitut nicht gefallen lassen. Tatsächlich hat die breite Akzeptanz der Aktie in den vergangenen Monaten und Jahren zwar abgenommen. Lediglich 3,4 Millionen Deutsche beziehungsweise 5,3 Prozent der Bevölkerung sind derzeit direkt in Aktien investiert, Tendenz weiter sinkend. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit auf den hinteren Rängen. Doch dürfte in Sachen Aktie auch selten so viel im Argen gelegen haben wie derzeit - um das DAI ein wenig in Schutz zu nehmen. Da wäre etwa das gerade verabschiedete Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und zur Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (AnsFuG). So sehr dessen Absicht aus Sicht des DAI zu loben ist, so unausgereift sei es in der praktischen Umsetzung - etwa hinsichtlich der Notwendigkeit von Produktinformationsblättern (PIB): Zum einen werden dabei Aktien mit komplexen Finanzprodukten in einen Topf geworfen, wie das Aktieninstitut rechtens hervorhebt. Zum anderen sei nicht geklärt, wie und von wem die Info-Blätter erstellt werden sollen und welche Rolle die Emittenten dabei spielen. Ergebnis: Im Zweifelsfall gibt es kein PIB und dann dürfen Banken die Papiere gar nicht verkaufen. Wenn sich eine Bank aus der Einzelberatung zu Aktien vor diesem Hintergrund also ganz verabschiedet, so könne das aus DAI-Sicht wenig verwundern.

Auch auf das im schwarz-gelben Koalitionsvertrag angekündigte Ende der Doppelbesteuerung von Aktienerträgen insbesondere im Rahmen der Abgeltungssteuer wartet man noch vergebens. Dass sich die Politik überhaupt mit dem Thema auseinanderzusetzen scheint, darf wohl auch als Verdienst des langjährigen Beharrens seitens des Aktieninstituts gewertet werden. Zu Recht beäugt man zudem die in der geplanten Aktienrechtsnovelle vorgesehene zwangsweise Wandlung von Inhaber- in Namensaktien bei börsennotierten Gesellschaften kritisch. Viel mehr sollte vor dem Hintergrund der beabsichtigten Verhinderung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung die zentrale Verwahrung der Aktien in den Vordergrund rücken, so der sinnvolle Alternativvorschlag.

Aber auch außerhalb der Politik findet das DAI Einsatzgebiete. Dass man beim geplanten Zusammenschluss der beiden Handelsplatzbetreiber in Frankfurt und New York davor warnt, dass auch nach der Fusion von der Deutschen Börse AG als Gesellschaft nach deutschem Recht und als deutscher Träger der Frankfurter Wertpapierbörse "noch etwas erhalten bleiben müsse", dürfte angesichts der möglichen Einflussnahme der US-Börsenaufsicht SEC sowohl im Interesse der Emittenten wie auch dem der Anleger sein (siehe auch Beitrag Wastl in diesem Heft).

Nein, das DAI sollte nicht geschlossen werden. Denn so mancher Privatanleger wäre vielleicht gut beraten, sich nicht nach Finanzprodukten, die er nicht versteht, sondern stärker bei Aktien umzuschauen. Aber etwas lauter, etwas unbequemer und etwas direkter darf das Institut werden. Die "Macht" hätte es, denn es vertritt indirekt ja nicht nur die Emittenten von Aktien. Auch ein wesentlicher Teil komplexerer Instrumente wie Derivate baut bekanntlich auf genau diesen auf - florierende Aktienmärkte sollten also auch hier von Interesse sein. Mit dem fortschreitenden Zerfall der Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) könnte sich dem DAI zudem die Möglichkeit bieten, bei weiteren relevanten Themen in die Bresche zu springen, etwa was (betriebliche) Altersvorsorge, Mittelstandsfinanzierung oder kapitalmarktrelevanten Verbraucherschutz anbelangt. Es sei also mehr Mut angeraten. Manchmal muss man die Redewendung "auf die Füße treten" eben (fast! ) wörtlich nehmen.

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