Aufsätze

Maschinenbauer mit eigener Bank

Trumpf ist ein weltweit führendes Technologieunternehmen mit den Geschäftsfeldern Werkzeugmaschinen, Lasertechnik und Elektronik. Seine Produkte und Leistungen aus der Fertigungstechnik kommen in nahezu jeder Branche zum Einsatz. Das Unternehmen ist Technologie- und Marktführer bei Werkzeugmaschinen für die flexible Blechbearbeitung und bei industriellen Lasern. 2013/14 wurde mit rund 11 000 Mitarbeitern ein Umsatz von 2,58 Milliarden Euro (vorläufige Zahlen) erwirtschaftet (Abbildung 1). Mit mehr als 60 Tochtergesellschaften und Niederlassungen ist die Gruppe in fast allen europäischen Ländern, in Nord- und Südamerika sowie in Asien vertreten. Produktionsstandorte befinden sich in Deutschland, China, Frankreich, Großbritannien, Japan, Mexiko, Österreich, Polen, in der Schweiz, in Tschechien und in den USA (Abbildung 2). Und: Trumpf hat eine eigene Bank.

Absatzfinanzierung als Vorläufer

Bereits 2001 hat sich das Unternehmen entschieden, die Absatzfinanzierung, also die gezielte Förderung des Maschinenverkaufs durch lösungsgerechte Finanzierungsangebote, selbst anzubieten. Damals wurde die Trumpf Leasing + Service GmbH + Co. KG gegründet. Impulsgeber waren die erfolgreichen Modelle der Automobilhersteller und die positive Erfahrung mit diesem Instrument der Absatzförderung aus den vorhergehenden Kooperationen mit externen Leasinggesellschaften.

Eine Konsequenz aus den ersten eigenen Erfahrungen war der Ausbau des Finanzierungsgeschäfts mit Hilfe von Kooperationspartnern im europäischen Ausland. 2005 konnten so bereits elf Länder abgedeckt werden. Nach der Gründung einer zweiten eigenen Leasinggesellschaft in der Schweiz im Jahr 2007 und der Ausweitung der Aktivitäten unter anderem nach China und in die USA werden heute Kunden in 22 Ländern bedient, die Hälfte davon mit den beiden eigenen Gesellschaften.

Zeitgleich mit der Finanzkrise - aber nicht wegen dieser - wurden im Jahr 2008 die deutschen Leasinggesellschaften der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Bundesbank unterworfen. Vielmehr war ein Übereinkommen zwischen dem Interessensverband BDL (Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen) und dem Finanz- und Wirtschaftsministerium ausschlaggebend. Bis dato konnten die Leasinggesellschaften das Gewerbesteuer-Privileg nicht wie beispielsweise die Banken nutzen. Durch die Aufsicht "KWG light" sollte sich dies ändern. Die Aufsicht brachte aber nicht nur Erleichterungen, sondern in Folge auch umfängliche Auflagen und Anforderungen für die Branche.

Und: Die Anwendung des KWG und der MaRisk bleibt nicht auf dem "light"-Niveau. Im Rahmen der sich ständig weiterentwickelten Finanzaufsicht auf allen Ebenen (welt-, europa-, deutschlandweit) sind auch die Leasinggesellschaften betroffen. Dies trifft die deutschen Gesellschaften teilweise härter und unvorbereiteter als die europäischen Wettbewerber. In der hiesigen Leasingindustrie findet man die typischen Strukturen deutschen Erfolgs - den Mittelstand - in großem Maße wieder. Ganz anders im europäischen Ausland: Dort ist die Leasinggesellschaft in der Regel die Tochter einer Bank und damit automatisch der vollen Regulation unterworfen.

Geschäftsmodell überdacht

Die stetig steigenden Anforderungen im regulatorischen Umfeld sowie die Tatsache, dass die Produktpalette praktisch nicht ausgebaut werden kann - eine Leasinggesellschaft darf keine Kredite herauslegen und erhält zum Beispiel keinen Zugang zu Fördermitteln - muss zwangsläufig zum Überdenken des eigenen Geschäftsmodelles führen. Dies hat man bei Trumpf Financial Services getan.

Trumpf generiert seinen Umsatz zu rund 25 Prozent in Deutschland, 75 Prozent verteilen sich relativ gleichmäßig auf das restliche Europa, Asien (hier in starkem Maße China) und die USA. Eine Geschäftsstrategie muss also immer auch das Ausland im Blickfeld haben. Im europäischen Ausland gibt es eine große Uneinheitlichkeit bei der Regulierung des Leasinggeschäftes. Teilweise fällt es unter die Bankaufsicht und erfordert eine Banklizenz, teilweise eine Lizenz für Finanzierungsleasing wie in Deutschland oder es ist im engen Rahmen von sogenannten Operate Lease- oder Rentingverträgen frei. Eine europäische Lösung musste also weitgehende Rechtssicherheit in Regulierungsfragen beinhalten.

Diese Möglichkeit bietet der EU-Passport nach § 53 b KWG beziehungsweise nach Artikel 25 ff. der EU Banking Directive (2006748/EEC). Allerdings ist dieser Passport Einlagenkreditinstituten beziehungsweise nach der neuen Sprachregelung CRR-Instituten vorbehalten. Ziel von Trumpf war und ist die Absatzförderung. Einlagengeschäft zu betreiben war niemals im Fokus des Maschinenbauers. Um den EU-Passport zu erlangen, ist dies nun aber zwingende Voraussetzung. Die Entscheidung, das Einlagengeschäft in das Geschäftsmodell zu integrieren war nach anfänglichen Bedenken gegen das "artfremde" Geschäft relativ schnell beschlossen (Abbildung 3).

EU-Passport als Türöffner

Durch den EU-Passport ist die Trumpf Bank heute in der Lage, in allen EU-Ländern die gesamte Produktpalette von Finanzierungsleasing und Operate Lease über Kredit bis zu Einlagen ohne weitere, regionale Banklizenzen anzubieten. Die Anmeldungen der Aktivitäten bei der jeweiligen Aufsicht im Gastland erfolgt durch die BaFin. Voraussetzung hierfür ist die Einreichung eines Businessplans unter Angabe der jeweiligen Produkte. Erste Zulassungen für die Niederlande, Dänemark, Großbritannien und Spanien liegen bereits vor.

Davon werden die Kunden in Südeuropa direkt profitieren. Die Auswirkungen der Finanzkrise sind hier noch immer sehr deutlich zu spüren. Der klassische Bankmarkt ist mit sich selbst beschäftigt und versucht die Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten, nicht immer erfolgreich wie man an den zahlreichen Bankenschließungen beziehungsweise Verstaatlichungen ablesen kann. Der Kunde, speziell der Firmenkunde, steht dabei nicht im Fokus des Handelns. Aber gerade jetzt ist hier Unterstützung gefragt. Die Realwirtschaft in diesen Ländern fasst langsam wieder Fuß. Lang aufgeschobene Investitionen zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Umfeld müssen jetzt getätigt werden - und nicht erst dann wenn man seiner Hausbank wieder die Bilanzen von drei guten Jahren vorlegen kann.

Trumpf selbst erlangt durch die Bankgründung ein hohes Maß an Unabhängigkeit von externen Refinanzierungspartnern. Bisher wurde die Refinanzierung zum überwiegenden Teil über Leasinggesellschaften dargestellt, ein kleinerer Teil über die konzerneigene Treasury. Die externe Refinanzierung - bei Übernahme der Leasingobjekte und dem wesentlichen Teil des Adressausfallrisikos - bietet die Möglichkeit in der konsolidierten Gruppenbilanz die Finanzierungsgeschäfte als True-Sale auszuweisen. Dies führt zu einer geringeren Ausweitung der Bilanz durch Objekte und Forderungen und einem Ausweis der tatsächlichen Umsätze und Erträge aus dem Kerngeschäft, dem Maschinen- und Laserverkauf.

Einlagen der Mitarbeiter im eigenen Haus

Der Markt für Refinanzierungen mit Übernahme des Adressausfallrisikos und vor allem auch mit einer entsprechenden Bilanzreduzierung durch Übernahme der Objekte ist sehr volatil. In Abhängigkeit von der jeweiligen strategischen Ausrichtung der Partner waren hier in der Vergangenheit, insbesondere auch als Auswirkung der Finanzkrise, starke Schwankungen festzustellen. Dies beschäftigt die Leasingindustrie seit Jahren. Grund hierfür ist nicht etwa ein höheres Ausfallrisiko - dies wurde erst vor Kurzem wieder durch eine umfassende Studie im Auftrag von Leaseurope, des europäischen Dachverbandes der Leasingindustrie, eindrucksvoll belegt.

Die Risikokosten der Leasinggesellschaften sind in aller Regel deutlich geringer als bei Banken. Insbesondere die Nähe zum Kunden, das Verständnis seiner Bedürfnisse, die Kenntnis der zu finanzierenden Objekte und die Marktnähe mit weitreichenden Vermarktungsmöglichkeiten sind die Grundlage hierfür. In und nach der Krise haben sich viele Refinanzierer auf ihr Kerngeschäft konzentriert, was einherging mit einer starken Reduzierung der Bilanzsumme, um die entsprechenden Eigen kapital-Quoten zu erfüllen. Für die Leasingindustrie fehlte schlichtweg die notwendige Kapazität auf der Bankbilanz.

Durch die eigene, konzernunabhängige Refinanzierungsquelle Einlagengeschäft kann Trumpf künftig auch die anspruchsvollen Wachstumsziele im europäischen Ausland abdecken. Gerade die Finanzierung der Kunden in Südeuropa wird hierdurch dauerhaft und stabil abgesichert. Darüberhinaus senkt es die Einstandssätze und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit. Die Mitarbeiter der Gruppe werden davon profitieren und ihre Sparguthaben direkt im Unternehmen anlegen zu können. Dies war gerade während der Finanzkrise - durchaus als Ausdruck des Misstrauens gegenüber dem stark renditeorientierten Bankenmarkt - immer wieder eine Forderung aus der Belegschaft.

Kerngeschäft Absatzförderung

Sobald die Voraussetzungen für den direkten Zahlungsverkehr gegeben sind, wird die Trumpf Financial Services GmbH zunächst für die deutsche Belegschaft Spar- und Festgeldkonten zu attraktiven Konditionen anbieten und das Produktangebot in der Folge Schritt für Schritt erweitern. Davon profitieren dann mehr als 5 500 Beschäftigte - das ist die Summe der in Deutschland tätigen Mitarbeiter zum Stichtag 30. Juni 2014 (Geschäftsjahresende). Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ausweitung auf die Mitarbeiter im europäischen Ausland angedacht. Auch eine Öffnung für die Firmenkunden von Trumpf und deren Mitarbeiter ist möglich.

Das Kerngeschäft, die Absatzförderung, wird durch neue Produkte, zum Beispiel den klassischen Investitionskredit ergänzt. Ebenso können Betriebsmittel-Kredite vergeben werden. Die Beantragung der Akkreditierung bei Förderbanken ist eine weitere Möglichkeit, dies ist reinen Leasinggesellschaften ohne Bankhintergrund bisher verwehrt und führt regelmäßig zu einer Verzerrung im Wettbewerb mit den Hausbanken des Kunden.

Das klassische Finanzierungsgeschäft mit Finanzierungsleasing, Mietkauf und Operate-Lease-Modellen bleibt weiterhin ein Hauptbestandteil der Aktivitäten. In Kombination mit Krediten ergeben sich hier jedoch ebenfalls vielfältige Möglichkeiten. Die neue Bank kann ihren Kunden nun eine breite Palette an individuellen Lösungsansätzen für die Investition in Trumpf Maschinen bieten. Mit dem Erfahrungsschatz des vergangenen Jahrzehnts, dem tief greifenden Verständnis des Marktumfelds und der Prozesse der Kunden können die Vertriebsmitarbeiter eine zielgerichtete Auswahl beziehungsweise Kombination der Angebote erstellen. Im Vordergrund steht dabei immer die Investition in die Maschine - und in die dauerhafte Kundenbeziehung.

Off-Balance-Lösungen für den Kunden - eine Besonderheit, die ihm die Hausbank nicht bieten kann - sind je nach lokalen Rechnungslegungsvorschriften oder dem jeweiligen Bilanzierungsverhalten des Kunden (Local GAAP, IFRS, US-GAAP) über Finance Lease oder Operate-Lease-Modell möglich. Auch eine kurzfristige Miete von Produktionskapazitäten mit Rückgabe am Laufzeitende wird angeboten.

Neue Geschäftsmöglichkeiten

Speziell beim Operate Lease wird mit marktgerechten Restwerten, Optionen wie Rückgabe, Vertragsverlängerung oder Prolongation des Vertrages kalkuliert. Regelmäßig können auch weitere Leistungen wie Maschinenbruchversicherung, Wartungsverträge auf verschiedenen Levels, Software inklusive Updates und sogar Programmier-, Bediener- und Wartungskurse in das Leasing eingeschlossen werden. Dabei ist auch die Tatsache nicht zu vernachlässigen, dass Trumpf über eine weltweit agierende Gebrauchtmaschinen-Abteilung mit eigenem Wiederaufbereitungs-Center verfügt.

Die Vorteile erschöpfen sich aber keineswegs in der breiten Produktpalette. In der Krise hat sich gerade das Angebot aus der Realwirtschaft für die Realwirtschaft als grundlegende Hilfe für betroffene Kunden erwiesen. Trumpf hatte weltweit die gleichen Auswirkungen in Auftragseingang und Umsatz zu spüren bekommen wie die Kunden, war also ebenfalls direkt Betroffener. Dies führte zum gleichen Verständnis der Situation, unabhängig von Bilanzzahlen oder Sicherheitsdenken. Durch vielfältige Maßnahmen, von der Tilgungsaussetzung bis hin zur Beratung hat Trumpf die Voraussetzung für ein wirtschaftliches Überleben einer nicht kleinen Zahl von Unternehmen im In- und Ausland geschaffen. Ein entscheidender Vorteil ist hierbei die direkte Anbindung an den Hersteller und die Sicherheit im Objekt.

Durch die Transformation der bestehenden Leasinggesellschaft in eine Vollbank wurde die anstehende Regulierung in der Leasingindustrie vorweggenommen, der direkte Zugang zu Refinanzierungsmöglichkeiten ermöglicht, die Produktpalette erweitert und die Öffnung des EU-Marktes für die Absatzförderung erreicht. Und letztlich eine Plattform für die Lösung der Anforderungen der Zukunft geschaffen.

Hans-Joachim Dörr , Geschäftsführer, Trumpf Financial Services, Ditzingen
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