Aufsätze

Master-KAG im Blickfeld - ein erfolgreicher deutscher Sonderweg

Seit Ende der neunziger Jahre hat sich in Deutschland ein verstärkter
Trend zu so genannten Master-KAGen (auch: Masterfonds) entwickelt.
Während große institutionelle Anleger traditionell (etwa bis
Anfang/Mitte der neunziger Jahre) verschiedene Spezialfonds bei
unterschiedlichen KAGen unterhielten, für die in der Regel die
Mutterbanken der KAGen als Depotbanken agierten, setzte zunächst eine
Bewegung hin zu so genannten Global Custodians ein, das heißt die
Zusammenführung der Depotbankfunktionen bei einer einzigen Depotbank,
allerdings unter Beibehaltung der Vielzahl von Spezialfonds bei
unterschiedlichen KAGen.
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Vereinheitlichung von Reporting und Administration
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Hintergrund war der Wunsch der Anleger nach Vereinheitlichung des
Reportings und der Administration. Außerdem versprach man sich von
einer nicht mit der KAG verbundenen Bank eine unabhängigere
Wahrnehmung der gesetzlich normierten Kontrollpflichten der Depotbank.
Der logische nächste Schritt in dieser Entwicklung, die seit einigen
Jahren immer schneller verläuft, ist die so genannte Master-KAG
beziehungsweise der Masterfonds. Dabei werden alle Fonds, die bislang
von verschiedenen KAGen verwaltet wurden, bei einer Master-KAG
zusammengefasst (seit das neue InvG die Verschmelzung von Fonds
erlaubt, ist dies auch ohne Aufdeckung der in den alten Fonds
angesammelten stillen Reserven möglich). Gemeinsam mit dem Global
Custodian gewährleistet die Master-KAG einheitliche Arbeitsabläufe,
standardisiertes, an den Anlegerbedürfnissen ausgerichtetes Reporting
sowie die steuerbilanzielle Glättung von Gewinnen und Verlusten über
alle einbezogenen Vermögensanlagen hinweg.
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Die weiterhin gewünschte Diversifikation hinsichtlich des
Fondsmanagements wird erreicht, indem der Fonds schattenbuchhalterisch
in verschiedene Segmente unterteilt wird, deren Disposition man an
unterschiedliche KAGen oder Asset-Ma-nagement-Gesellschaften vergibt.
Dies geschieht entweder im Wege eines Anlageberatungsmandats - der
dritte Manager berät die Master-KAG - oder durch Auslagerung des
Fondsmanagements für das betreffende Segment, wobei sich der Trend zu
letzterer Lösung seit In-Kraft-Treten des InvG mit der gesetzlichen
Regelung der Auslagerung in § 16 InvG verstärkt.
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Master-KAG aus Sicht des Anlegers
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Neben der bereits erwähnten, aus Anlegersicht wünschenswerten
Vereinheitlichung der Reportingstandards über seine gesamte
Assetpalette hinweg, die zu erheblichen administrativen Entlastungen
führt, bietet die Master-KAG eine Reihe weiterer, je nach
individueller Ausrichtung des jeweiligen Anlegers unterschiedlich
attraktive Vorteile:
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- Das Modell der Delegation des Portfoliomanagement verschafft Zugang
zu "Best of Class"-Asset Managern unabhängig von deren Herkunft, Sitz
und Lizenzierung, ohne dass das für deutsche Anleger nach wie vor
optimale Vehikel des Spezialfonds aufgegeben werden muss
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- Gewinne und Verluste können nach HGB und in der Steuerbilanz über
alle Segmente des Masterfonds hinweg saldiert werden, weil rechtlich
nur ein einziger Fonds besteht. Auch die Asset Allokation kann
bilanziell komplett neutral revidiert werden, solange die Umschichtung
zwischen verschiedenen Segmenten eines Masterfonds stattfindet.
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- Die Aufbrechung der Wertschöpfungskette (Custodian, Master-KAG,
Portfoliomanager) resultiert in einem höheren Maß an
Kostentransparenz, effizienten Kontrollstrukturen und fokussierten
Dienstleistern.
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- Als zusätzlicher Service kommt - bei entsprechender Ausstattung der
Master-KAG
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- auch die Einbeziehung der Direktanlagen des Kunden in das
Master-KAG-Reporting in Frage, bis hin zur kompletten Auslagerung des
Asset Management (beispielsweise inklusive Taktische Asset-Allokation
und IFRS-Reporting) vom Anleger an die KAG.
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Aus Sicht des Anbieters
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Der Master-KAG-Markt ist in den letzten Jahren trotz niedriger Margen
immer stärker umkämpft. Woran liegt das?
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- Die Verwaltung eines Masterfonds eröffnet der KAG die Möglichkeit,
den Kunden enger an sich zu binden, als das bei herkömmlichen
Asset-Management-Mandaten der Fall ist. Die Bündelung weit gestreuter,
eventuell gar sämtlicher Assets des Anlegers, die breite
Dienstleistungspalette und die enge administrative Zusammenarbeit
zwischen KAG und Kunden führt im Erfolgsfalle zu hoher gegenseitiger
Loyalität. Dies gilt umso mehr, als der Erfolg und die Qualität der
von der Mas-ter-KAG erbrachten Dienstleistung naturgemäß viel stabiler
ist als die Performance aktiver Mandate. Die erwünschte Folge sind
stabile, langjährige Kundenbeziehungen, in denen die KAG in die Rolle
eines "Trusted Advisers" hereinwachsen kann.
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- Für KAGen, die in erster Linie aktives Management anbieten, kann die
Etablierung einer starken Master-KAG-Sparte helfen, schwierige
Marktphasen beziehungsweise Zeiten schwächerer Performance besser zu
verarbeiten, weil Masterfonds von solchen Einflüssen weitgehend
unbeeinflusste, stabile Erträge generieren.
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- Die besondere Kundenbeziehung, die eine erfolgreiche, servicestarke
Master-KAG aufzubauen in der Lage ist, kann in vielen Fällen auch in
einen Wettbewerbsvorteil beim Absatz anderer, aktiver Produkte münden.
Allerdings sollten solche "Cross-Selling"-Überlegungen nicht dominant
im Vordergrund stehen (schon weil ein Teil der Anleger die Verwaltung
des Masterfonds vom aktiven Management trennen möchte); vielmehr wird
eine erfolgreiche Master-KAG so aufzustellen sein, dass sie aus sich
heraus - ohne Quersubventionierung aus solchem "Aligned Business" -
profitabel ist.
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Die "Zutaten" der erfolgreichen Master-KAG
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Das Master-KAG-Geschäft bietet relativ niedrige Margen, stellt aber
hohe Anforderungen an technische Ausstattung und Service-Qualität:
Entscheidend im Wettbewerb der Anbieter sind neben der als
selbstverständlich vorausgesetzten reibungslosen, effizienten
Zusammenarbeit mit den externen Managern vor allem die Fähigkeit der
Buchhaltungssysteme, auch komplexe Investmentprodukte abzubilden (weil
externe Manager sich von Defiziten der IT-Infrastruktur der Master-KAG
nicht bremsen lassen wollen). Die dynamische Entwicklung, die das
Investmentrecht in den letzten Jahren hinsichtlich der Zulässigkeit
innovativer Finanzprodukte (zum Beispiel Swaps, strukturierte
Produkte) genommen hat, setzt insofern gerade den Anbieter von
Masterfonds ständig unter Druck.
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Marktübliche Kommunikationsstandards wie Swift ermöglichen das
reibungslose Zusammenspiel der KAG mit einer Vielzahl von Depotbanken
und erlauben den externen Managern die Nutzung ihrer jeweiligen
etablierten Prozesse und Systeme. Zudem ebnen die standardisierten
Swift-Nachrichtentypen den Weg für eine Automatisierung zum Beispiel
des Bestandsabgleichs zwischen KAG und Depotbank und damit eine hohe
Skalierbarkeit der eingesetzten Applikationen.
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Ferner stellt der institutionelle Investor ständig wachsende Ansprüche
an ein aussagefähiges Online-Reporting mit frei definierbaren
Reporting-Zeiträumen sowie Download-Möglichkeiten über Fonds und
gegebenenfalls Direktbestände hinweg, außerdem idealerweise
Risikokennzahlen (Value-at-Risk) und Performance-Attributionsanalysen.
Gestiegen ist schließlich auch die Nachfrage nach einem Reporting
gemäß den International Financial Reporting Standards (IFRS), sei es
in Form eines Excel-Spreadsheets, das beim Investor weiterverarbeitet
werden kann und die wesentlichen IFRS-Inhalte wie Haltekategorien,
Impairments und Anhangangaben abdeckt oder in Form einer Schnittstelle
in die Buchhaltungssysteme des Investors, die diesem durch tägliche
Übermittlung von Rohdaten eine einfache Konsolidierung erlaubt.
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Langfristig entscheidend für den nachhaltigen Markterfolg einer
Master-KAG ist insoweit auch die Fähigkeit, schnell auf steigende
Anforderungen zu reagieren, also eine flexible Systemarchitektur in
Verbindung mit einer vorausschauenden strategischen Planung von
Weiterentwicklungen der Infrastruktur.
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Die hohen Anforderungen an die Administrationsplattform der Master-KAG
führen folgerichtig dazu, dass die "kritische Masse" für die
Rentabilität des Produkts relativ hoch anzusetzen ist; laut
Telos-Studie 2006 setzen Master-KAGen selbst diesen Wert überwiegend
um zirka zehn Milliarden Euro an. Hieran gemessen wären nur sieben der
insgesamt zirka 15 am Markt operierenden Master-KAGen profitabel
(Assets under Management von neun Milliarden Euro oder mehr hatten per
März 2006 laut BVI-Statistik die Master-KAGen Universal, Inka,
Activest, Helaba, dbi, Metzler und DeAM).
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Hierzu passt, dass nach Jahren des zahlenmäßigen Zuwachses an
Anbietern in der jüngsten Vergangenheit eine Marktkonsolidierung
einzusetzen scheint, im Zuge derer mit JP Morgan und BHW Invest
bereits zwei kleinere Master-KAGen dieses Geschäft aufgegeben haben.
Die ständig wachsenden Anforderungen lassen vermuten, dass sich der
Trend zu wenigen volumenstarken Anbietern fortsetzen wird, wobei
allerdings nicht zwangsläufig diejenigen profitieren müssen, die in
der Vergangenheit am erfolgreichsten waren; vielmehr bedeutet jede
"Innovationsrunde" eine eigene, neue Herausforderung, der sich alle
Master-KAGen immer wieder neu zu stellen haben.
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Vehikel Master-KAG wächst überproportional
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Per Ende 2005 wurde laut BVI-Statistik 227 Milliarden Euro (= 38
Prozent der gesamten Spezialfondsanlagen) als Masterfonds
administriert. Ende 2004 waren es 190 Milliarden Euro (36 Prozent) und
Ende 2003 rund 132 Milliarden Euro (26 Prozent). Das Vehikel
Master-KAG partizipiert also offenbar überproportional an einem
wachsenden Markt.
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Das verbleibende Potenzial zur Umschichtung von "normalen"
Spezialfondsanlagen zur Master-KAG wird in der Telos-Studie 2006 auf
zirka 200 Milliarden Euro geschätzt, hinzu kommen gegebenenfalls frei
werdende Mittel aus der oben angesprochenen Marktkonsolidierung;
insgesamt also weiterhin ein attraktives Feld für diejenigen
Kapitalanlagegesellschaften, die über eine leistungsfähige
Infrastruktur verfügen und die notwendige kritische Masse mitbringen
beziehungsweise kurzfristig erreichen können.
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Es sind verschiedentlich Zweifel gesät worden sowohl an der Zukunft
des Spezialfonds insgesamt als auch an der mittelbis längerfristigen
Wettbewerbsfähigkeit der Master-KAG im Speziellen. Unter Stichworten
wie "Quo vadis, Spezialfonds" wird seit einigen Jahren diskutiert, ob
die Konzernabschlüsse nach IFRS, zu denen zunehmend breite
institutionelle Anlegerschichten verpflichtet sind, dem Vehikel
Spezialfonds die Attraktivität rauben könnten. Nach IFRS sind
Spezialfonds so genannte Special Purpose Entites, die vom Anleger
bilanziell zu konsolidieren sind (wenn der Anleger die wirtschaftliche
Kontrolle über den Spezialfonds ausübt, was in der Regel der Fall
ist). Er muss dann jede im Fonds enthaltene Position einzeln verbuchen
und bewerten, die rechtliche Hülle des Fonds ist transparent. Aus
diesem Grunde, so verschiedene Stimmen in der Literatur der letzten
Jahre, würden sich auch institutionelle Anleger - zulasten des
Spezialfonds - verstärkt dem Publikumsfonds zuwenden.
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Außerdem wird die Master-KAG von einigen Marktbeobachtern auch
insoweit kritisch betrachtet, als sie - entsprechende rechtliche
Änderungen vorausgesetzt mittelfristig in Konkurrenz zu den "Global
Custodians" stehen könnte. In der Tat wird ein erheblicher Teil der
von einer Master-KAG erbrachten Leistungen im angelsächsischen
Rechtskreis, der ein dem Spezialfonds vergleichbares Institut nicht
kennt, von den Custodians erbracht. Es sieht indes bislang nicht
danach aus, als würden sich die betroffenen institutionellen Anleger
den Spezialfonds oder die Master-KAG von jenen Skeptikern ausreden
lassen.
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Wohl gewinnen Publikumsfondsanlagen an Bedeutung im institutionellen
Asset Management; das Motiv hierfür ist jedoch in aller Regel eher die
dadurch erreichte Diversifikation in eher abgelegene Märkte trotz
kleinerer "Losgrößen", als das "IFRS-Problem". Das wird auch daran
sichtbar, dass diese Anlagen in Publikumsfonds häufig innerhalb von
Spezialfonds getätigt werden, man auf das Vehikel Spezialfonds also
offenbar selbst dann nicht verzichten will, wenn man die
Schutzmechanismen des Investmentgesetzes bereits über den
Publikumsfonds genießt. Wohl aber mag das IFRS-Reporting, also die
Frage, ob und inwieweit die (Master-)KAG in der Lage ist, den Kunden
hierbei zu unterstützen, zum wettbewerbsrelevanten Faktor werden.
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Was die potenzielle Konkurrenz der Global Custodians betrifft, so hat
sich der deutsche Sonderweg über den Spezialfonds zwar international
nicht durchgesetzt, aber durchaus national bewährt, und es spricht
derzeit nicht viel dafür, dass der Gesetzgeber die durch den Spezial-
beziehungsweise Masterfonds erreichte höhere Kontrolldichte und
gegenseitige Überwachung von Depotbank und KAG aufgeben wird. Zudem
zielt das Dienstleistungsangebot von Custodians zumindest derzeit eher
auf die Erzielung von Zusatzerträgen durch Wertpapierleihe oder
Commission-Recapture-Programme, während die Master-KAG neben der
reinen Administration in erster Linie Overlay-Strategien und
Unterstützung bei der Asset Allokation anbieten wird.
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Anhaltender Trend
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Der Trend zur Master-KAG hält an. Sie ist aus Sicht des
institutionellen Inverstors das optimale Vehikel, um effiziente,
einheitliche Administration mit unlimitierter Ma-nager-Diversifikation
zu verbinden, und sie kann andererseits - bei leistungsfähiger,
skalierbarer Infrastruktur - auch für den Anbieter langfristig stabile
Erträge generieren. Dabei werden jene Master-KAGen nachhaltig
erfolgreich sein, die sich auf ständig veränderte und erweiterte
Anforderungen kurzfristig - beziehungsweise nach Möglichkeit
antizipierend - werden einstellen können.

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