Aufsätze

Mitarbeiterbeteiligung - Ende der Debatte?

Die Entscheidung der Regierungskoalition für eine Aufstockung der steuerlichen Anreize zur Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung1) und deren derzeitige gesetzliche Umsetzung2) geben Anlass zu einem Rückblick auf die Debatten der vergangenen Monate und Jahre. Es stellt sich die Frage, ob die Koalitionsarbeitsgruppe unter dem gemeinsamen Vorsitz von Bundesarbeitsminister Scholz und des damaligen Bayerischen Finanzministers Huber mit ihren Beschlüssen3) einen Schlusspunkt setzen konnte. Bisher sind die Fragen zur Mitarbeiterbeteiligung mangels zufrieden stellender politischer Antworten zuverlässig alle Jahre wieder "wie das Ungeheuer von Loch Ness"4) in den Zeitungsspalten aufgetaucht. Lassen sich die 2009 in Kraft tretenden Gesetzesänderungen jetzt als dauerhafte Lösung der Problematik gar als "großer Wurf" der Politik kennzeichnen? Wird ein neues Kapitel für die Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland aufgeschlagen?

Der Beschluss der Koalition und seine Umsetzung

Die beschlossenen Maßnahmen setzen bei dem bestehenden Anreiz-Instrumentarium für MKB an und verzichten - mit Ausnahme der MKB-Fonds - auf neue Instrumente. Insbesondere wurde die vielfach geforderte5) nachgelagerte Besteuerung, das heißt die Besteuerung des Vorteils aus dem Beteiligungsrecht erst bei Auflösung und realem Zufluss, nicht verwirklicht. Stattdessen wurde ein neuer Tatbestand als § 3 Nr. 39 in das EStG eingefügt, der den bisherigen § 19 a EStG ersetzen soll. Das Investmentgesetz wurde um einen neuen Abschnitt für die MKB-Sondervermögen ergänzt. Freibeträge und Verdienstgrenzen wurden erhöht. Damit bleibt es im Wesentlichen bei den bisherigen Formen der Mitarbeiterbeteiligung nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz (VermBG).

Die Tatbestände der Mitarbeiterbeteiligung: Die förderfähigen Tatbestände der MKB sind in § 2 Abs. 1 Nr. 1 des 5. VermBG aufgeführt. Nach § 1 Abs. 3 dieses Gesetzes gelten diese Tatbestände nicht für Mitglieder des Leitungspersonals von Unternehmen. Die Gesetzesbegründung zum Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz6) geht derzeit in Deutschland von gut zwei Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in 3 750 Unternehmen aus, welche die im 5. VermBG aufgeführten gesellschafts- und schuldrechtlichen Beteiligungsformen nutzen.

Die häufigste Form ist dabei die Belegschaftsaktie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 a) 5. VermBG. Davon profitieren 1,42 Millionen Arbeitnehmer in 620 Unternehmen. Der Anteil am gesamten Mitarbeiterkapital (rund 13 Milliarden Euro) macht fast drei Viertel aus.7) An Mitarbeiter können Stammaktien oder stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden. Ist das Unternehmen nicht börsennotiert, ist der Wert der Aktien durch eine Unternehmensbewertung festzustellen. § 2 Abs. 1 Nr. 1 b) 5. VermBG nennt außerdem Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen sowie (verbürgte oder gesicherte) Namensschuldverschreibungen.

Genussrechte stehen in verbriefter oder in unverbriefter Form [§ 2 Abs. 1 Nr. 1 f) beziehungsweise l) 5. VermBG] als förderfähige MKB zur Verfügung. Grundsätzlich sind Kontroll- und Verwaltungsrechte mit Genussrechten nicht verbunden, da sie keine Mitgliedschaftsrechte darstellen. Informations- und Kontrollrechte der Mitarbeiter können daher unterschiedlich ausgestaltet sein. Diese Anlageform nutzen gut elf Prozent der Beteiligungsunternehmen für ihre MKB.

Mitarbeiterdarlehen und Geschäftsanteile

Stille Beteiligungen i. S. des § 230 HGB sind in § 2 Abs. 1 Nr. 1 i) 5. VermBG anerkannt, wenn der Arbeitnehmer nicht steuerrechtlich als Mitunternehmer anzusehen ist. Diese Rechtsform wird von fast 28 Prozent der Beteiligungsunternehmen gewählt. Sie macht allerdings nur gut zehn Prozent des gesamten Beteiligungskapitals aus. Für die Abgrenzung der stillen Beteiligung von einem partiarischen Darlehen kommt es auf einen gemeinsamen Zweck der Vertragspartner an. Dafür kann zum Beispiel die ausdrückliche Vereinbarung von Kontrollrechten des Arbeitnehmers sprechen.

Liegt dieser gemeinsame Zweck nicht vor, handelt es sich um ein bloßes Darlehen, das als Mitarbeiterdarlehen ebenfalls zu den begünstigten Tatbeständen gehört [§ 2 Abs. 1 Nr. 1 k) 5. VermBG]. In diesem Fall müssen allerdings die Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Darlehensvertrag bankmäßig verbürgt oder versichert sein. 15 Prozent der Beteiligungsunternehmen wählen diese Rechtsform, der Anteil am Beteiligungskapital beträgt jedoch nur 3,5 Prozent.

Begründung und Erwerb eines Geschäftsguthabens bei einer Genossenschaft als Arbeitgeber sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 g) 5. VermBG förderfähig. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer bereits Mitglied der Genossenschaft ist oder dass die Aufnahme als Mitglied vereinbart ist. Bei neun Prozent der Beteiligungsunternehmen gibt es diese Form der Mitarbeiterbeteiligung. Der Kapitalanteil macht allerdings nur 0,3 Prozent aus.

In 6,7 Prozent der Beteiligungsunternehmen mit 0,9 Prozent Anteil am Mitarbeiterkapital beteiligen sich die Mitarbeiter durch Übernahme einer Stammeinlage oder mit dem Erwerb eines Geschäftsanteils einer GmbH. Jede Übertragung von Geschäftsanteilen ist notariell zu beurkunden. Mit dem GmbH-Anteil wird der Mitarbeiter zum Miteigentümer und ist an Gewinn und Verlust beteiligt. Auch eine Nachschusspflicht kann vereinbart werden. Die Rechtsform der GmbH kann auch für indirekte Beteiligungen über eine zwischengeschaltete Beteiligungsgesellschaft genutzt werden. Diese ist dann ihrerseits an der Arbeit gebenden Gesellschaft beteiligt.

Mitarbeiterbeteiligungsfonds als neuer Tatbestand

Mit dem MKBG ist jetzt der in den §§ 90 b) ff InvestmentG geregelte Mitarbeiter- Beteiligungsfonds nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 g) 5. VermBG zu den förderfähigen Tatbeständen hinzugetreten. Bei diesen Fonds muss ein Rückfluss von 75 Prozent in die beteiligten Unternehmen garantiert werden. Damit soll auch bei dieser indirekten, überbetrieblichen Beteiligungsform ein möglichst enger betrieblicher Bezug hergestellt und überdies die Eigenkapitalbasis der Unternehmen gestärkt werden. Auf diese Weise sollen auch bei den Fondsbeteiligungen die spezifischen Vorteile von Mitarbeiterbeteiligungen erreicht werden.

Im InvestmentG werden die Mitarbeiterbeteiligungsfonds als eigene identifizierbare Fondskategorie neu eingeführt. Bei diesen steht nicht - wie bei den sonstigen Fonds - allein die treuhänderische Vermögensverwaltung, sondern ihre besondere Zwecksetzung im Vordergrund. Sie werden von einer Kapitalanlagegesellschaft, das heißt von professionellen und lizenzierten Fondsmanagern verwaltet und stehen unter der Aufsicht der BaFin. Die Fonds beteiligen sich an den Unternehmen durch den Erwerb von unverbrieften Darlehensforderungen, nicht börsennotierten Unternehmensbeteiligungen oder Wertpapieren. 25 Prozent der Fondsvermögen werden in liquide Titel und fungible Vermögensgegenstände wie börsennotierte Aktien und Schuldverschreibungen sowie Geldmarktinstrumente investiert. Bei der Anlage ist der Grundsatz der Risikomischung zu wahren.

Anreizinstrumente und Kosten

Die Anleger haben die Möglichkeit, ihre Anteile an der Kapitalanlagegesellschaft zum Rücknahmepreis zurückzugeben. Wegen der eingeschränkten Liquidität der Vermögenswerte im Fonds ist die Rücknahme höchstens einmal halbjährlich und mindestens einmal jährlich unter Einhaltung einer Rückgabefrist bis zu 24 Monaten möglich. Die Erfolgsaussichten und die mögliche Verbreitung dieses neuen Instrumentes lassen sich derzeit noch nicht abschließend einschätzen. Von Branchenseite ist Skepsis geäußert worden, ob die Mitarbeiterbeteiligungsfonds wegen ihrer streng limitierten Anlagepolitik attraktiv sein werden und mehr Geschäft bringen können.8) Die Begründung zum MKBG empfiehlt zur Steigerung der Erfolgsaussichten der Fonds, dass mehrere Unternehmen - auch über ihre Verbände und unter Einschaltung der Gewerkschaften - gemeinsam die Auflegung solcher Fonds in Angriff nehmen.

Die Koalitionsarbeitsgruppe hatte sich darauf geeinigt, den Fördersatz des 5. VermBG für in Beteiligungen angelegte vermögenswirksame Leistungen von 18 Prozent auf 20 Prozent anzuheben und die Einkommensgrenzen von 17 900/35 800 Euro (Ledige/Verheiratete) auf 20 000/40 000 Euro zu erhöhen. Außerdem sollen der bisherige Steuerfreibetrag (in § 19 a EStG) von 135 Euro/Jahr auf 360 Euro angehoben werden und die bisherige zusätzliche Begrenzung auf den halben Wert der Beteiligung wegfallen.

Der steuerliche Fördertatbestand ist aus systematischen Gründen in die neue Nr. 39 des § 3 EStG verlagert worden. Der bisherige § 19 a EStG gilt für laufende Beteiligungen bis Ende 2015 weiter.9) Anknüpfungspunkt für die Steuerbefreiung sind nach wie vor die im Rahmen eines Dienstverhältnisses unentgeltlich oder verbilligt überlassenen Vermögensbeteiligungen im Sinne der Tatbestände in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 bis 5 des 5. VermBG. Die Beträge sind bis zum Höchstbetrag von 360 Euro nicht nur steuerfrei, sondern nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgelt VO zusätzlich auch frei von der Sozialversicherungspflicht.

Die Höchstgrenze für die vermögenswirksamen Leistungen beträgt nach § 13 Abs. 1 5. VermBG für MKB-Tatbestände 400 Euro. Dieser Betrag ist nach § 2 Abs. 6 5. VermBG steuer- und sozialversicherungspflichtiges Einkommen. Arbeitnehmer innerhalb der Einkommensgrenzen können darauf auf Antrag 20 Prozent, also maximal 80 Euro AN-Sparzulage bekommen. Diese Förderung kann daher zusätzlich zu dem Steuerfreibetrag hinzukommen.

Bisher ist nach den Subventionsberichten der Bundesregierung von 80 Millionen Euro/Jahr Mindereinnahmen durch die Steuerbefreiung nach § 19 a EStG und 270 Millionen Euro/Jahr Arbeitnehmersparzulage für Beteiligungen ausgegangen worden.10) Der Entwurf rechnet jetzt mit zusätzlichen Steuermindereinnahmen von 101 Millionen Euro für 2009, die sich bis 2013 - je nach Erfolg des Anreizsystems auf eine volle Jahreswirkung von 229 Millionen Euro steigern könnten. Für die Änderungen im 5. VermBG setzt das MKBG laut Gesetzesbegründung jährliche Kosten von 21 Millionen Euro (beginnend ab 2016) an.

Fördergrundsätze

In den Verhandlungen der Koalitionsarbeitsgruppe waren beiden Partnern die Grundsätze der (doppelten) Freiwilligkeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie die Zusätzlichkeit der Vermögensbeteiligung zum normalen Arbeitslohn wichtig. § 3 Nr. 39 a) EStG legt deshalb als Voraussetzung der Steuerfreiheit ausdrücklich fest, dass die Vermögensbeteiligung als

freiwillige Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn überlassen und nicht auf bestehende oder künftige (Lohn-) Ansprüche angerechnet wird. Die Vermögensbeteiligung ihrerseits soll mit ihren Rahmenbedingungen (Höhe der Beteiligung, Gewinn- und Verlustbeteiligung, Laufzeiten, Kündigungsbedingungen, Informations- und Kontrollrechten, Verwaltung et cetera) im Wege freiwilliger Vereinbarungen zwischen Belegschaft und Unternehmen festgelegt werden. Bei den MKB-Fonds sind diese Konditionen zum Teil bereits im InvestmentG und in den Vertragsbedingungen des Investmentvermögens geregelt.

Es gilt außerdem der Grundsatz der Gleichbehandlung. § 3 Nr. 39 EStG legt deshalb als weitere Voraussetzung für die Steuerfreiheit fest, dass die Beteiligung allen Arbeitnehmern offen stehen muss, die in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen. In der Gesetzesbegründung ist ausdrücklich klargestellt, dass dies bei einem Konzernunternehmen nicht für die Beschäftigten der übrigen Konzernunternehmen gelten soll. Außerdem hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates erklärt, dass das Gesetz eine Differenzierung nach objektiven Zugangskriterien, zum Beispiel eine Mindestbetriebszugehörigkeit, zulässt, sofern sie sachlich gerechtfertigt ist und für alle Beschäftigtengruppen gleichermaßen gilt.11)

Insolvenzschutz

Die Koalitionsarbeitsgruppe hat in ihrem Beschluss vom 21. April 2008 ausdrücklich von einer allgemeinen, verpflichtenden Insolvenzabsicherung abgesehen. Zwar wird durchaus eingeräumt, dass mit einer Insolvenz des Unternehmens das Risiko eines Totalverlustes der Kapitalbeteiligung verbunden sein kann. Absicherungen dagegen seien aber auf dem Markt erhältlich - zum Beispiel in Form von Versicherungen gegen entsprechende Vergütung. Somit verteuere eine Verpflichtung zur Absicherung die Modelle der Mitarbeiterbeteiligung und verringere damit deren Akzeptanz.

Es bleibt also bei den bisherigen gesetzlichen Verpflichtungen zur Insolvenzabsicherung. Nach § 2 Abs. 5 a) des 5. VermBG hat der Arbeitgeber vor der Anlage vermögenswirksamer Leistungen im eigenen Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter Vorkehrungen zu treffen, die der Absicherung der angelegten vermögenswirksamen Leistung bei einer während der Dauer der Sperrfrist eintretenden Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers dienen. Nach Nr. 8 des Anwendungsschreibens des Bundesfinanzministeriums zum 5. VermBG ist dies allerdings nicht Voraussetzung für den Anspruch des Arbeitnehmers auf die AN-Sparzulage und für den Steuerfreibetrag. Der Koalitionsbeschluss stellt dazu fest, dass entsprechende Absicherungen wegen ihrer finanziellen Aufwändigkeit in der Praxis selten vorkommen.12)

Publizitätspflichten

Im Vorfeld des Koalitionsbeschlusses war die Besorgnis geäußert worden, Unternehmen könnten ihre Mitarbeiterbeteiligungen einschränken oder ganz einstellen, weil zu hohe Hürden, insbesondere durch das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) bestünden.13) Nach § 3 Abs. 1 WpPG muss der Anbieter für Wertpapiere, die im Inland öffentlich angeboten werden, grundsätzlich einen Prospekt veröffentlichen. Bis zur Umsetzung der EU-Prospektrichtlinie (durch das WpPG) galt für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme noch eine vollständige Ausnahme.

Nunmehr lässt das WpPG Ausnahmen noch zu für Angebote an weniger als 100 Anleger, für Angebote an Arbeitnehmer, sofern Informationen über Anzahl und Art der Wertpapiere sowie weitere Einzelheiten gegeben werden, und für Wertpapiere, die bereits zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.

Für nicht in Wertpapieren verbriefte Anteile an Gesellschaften besteht nach § 8 f) des Verkaufsprospektgesetzes grundsätzlich ebenfalls Prospektpflicht. § 8 f) Abs. 2 Nr. 6 dieses Gesetzes lässt hier allerdings Ausnahmen zu für solche Vermögensanlagen, die einem begrenzten Personenkreis oder nur den Arbeitnehmern von ihrem Arbeitgeber angeboten werden.

Trotz der vorangegangenen Debatte und obwohl im Beschluss des Bundesvorstandes der CDU/CSU vom 4. September 200614) gefordert worden war, das WpPG zu "entbürokratisieren", belässt es das MKBG generell bei der bestehenden Rechtslage. Nur für die Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen gibt es in § 90 p InvestmentG eine eigene Regelung der Prospektpflichten. Danach haben diejenigen Kapitalgesellschaften, die Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen verwalten, abweichend von den sonstigen Vorschriften des InvestmentG nur einen ausführlichen Verkaufsprospekt mit den Vertragsbedingungen zugänglich zu machen.

Altfälle

Die bisherige Regelung in § 19 a EStG gilt für laufende Beteiligungen bis Ende 2015 weiter. Arbeitnehmer, die derzeit bereits einen Anspruch auf unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Vermögensbeteiligungen haben, genießen also Bestandsschutz. Die Steuerfreiheit gilt danach allerdings nur bis zum halben Wert des Vermögensvorteils und bis zu 135 Euro. Hier sind auch sonstige Aktien oder Investmentfonds erfasst, wie sie in § 2 Abs. 1 Nr. 1 a) oder c) 5. VermBG enthalten sind. Die Beteiligten haben selbstverständlich die Möglichkeit, ihre Vereinbarungen anzupassen, wenn sie in Zukunft von der Neuregelung profitieren wollen.

Grundzüge der Debatte um die Mitarbeiterbeteiligung

Die Debatte zum Thema Mitarbeiterbeteiligung wird einerseits durch typische interessenbedingte Standpunkte der Eigentümer- und der Arbeitnehmer-/Gewerkschaftsseite geprägt. Andererseits spielt auch das generelle Verhältnis der Mitarbeiterbeteiligung zur Vermögensbildung eine Rolle. Schließlich wird vor dem Hintergrund einer kontroversen Einschätzung der ökonomischen Wirkung von Mitarbeiterbeteiligungen die Frage nach dem Sinn einer staatlichen Unterstützung solcher Modelle gestellt.

Die politischen Beweggründe für das MKBG: Den Anstoß für die Debatte um die Mitarbeiterbeteiligung, die jetzt zu den gesetzlichen Maßnahmen der Großen Koalition geführt hat, hatte Ende 2005 Bundespräsident Köhler mit der Anregung gegeben,15) die Ertragsbeteiligung der Arbeitnehmer oder ihre Beteiligung am Produktivvermögen "auf den Tisch zu bringen". Bundeskanzlerin Merkel nahm das Thema mit der Begründung auf, in Zeiten deutlicher Gewinnzuwächse sei es wichtig, die Arbeitnehmer am Erfolg der Unternehmen zu beteiligen.16) Die Einkommen aus Kapitalbeteiligungen entwickelten sich seit Jahren besser als die Löhne.

Im Zusammenhang mit der Schließung des Nokia-Werkes in Bochum bezeichnete die Bundeskanzlerin eine starke Beteiligung der Mitarbeiter auch als zukunftsweisendes Instrument, mit dem Firmenverkäufe an unerwünschte Investoren erschwert oder verhindert werden könnten.17) Bundeswirtschaftsminister Glos setzte sich Anfang des Jahres 2007 für eine verstärkte Beteiligung von Mitarbeitern am Gewinn ihrer Unternehmen auch als Chance für situations- und branchengerechte flexible Lohnabschlüsse ein.18) Die Arbeitnehmer könnten so am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben. Die positiven Wirkungen auf Wettbewerbsfähigkeit und Finanzierung von Unternehmen nutzten der gesamten Volkswirtschaft.

Fairer Anteil am Unternehmenserfolg

Politisch standen damit die verbesserte Teilhabemöglichkeit an wirtschaftlichen Erfolgen für Arbeitnehmer und die Gewinnung von unternehmens- statt ausschließlich renditeinteressierter Ankerinvestoren für Unternehmen im Vordergrund. Auch die amtliche Begründung zum MKBG nennt als Ziel, Arbeitnehmern einen fairen Anteil am Unternehmenserfolg zu sichern und diese stärker als bisher am wirtschaftlichen Erfolg zu beteiligen. Dies sei ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Gerechtigkeit, da zum Beispiel in den Jahren 2003 bis 2007 Unternehmens- und Vermögenseinkommen um 37,6 Prozent, Arbeitnehmereinkommen dagegen nur um 4,3 Prozent gestiegen seien. Der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen sei zuletzt stetig gesunken (64,7 Prozent im Jahre 2007).

Die Unternehmersicht: Aus Unternehmersicht knüpfen sich Befürchtungen weniger an reine Ertragsbeteiligungen von Mitarbeitern, sondern eher an Kapitalbeteiligungen, weil damit vielfach gesetzliche Mitwirkungs- und Mitspracherechte verbunden sind. Die Kombination von MKB-Modellen mit anderen Instrumenten wie der Mitbestimmung oder gewerkschaftsdominierten Fonds begründe die Gefahr eines generellen Übergewichtes der Arbeitnehmerseite. Besonders verbreitet ist die Furcht vor zu viel Arbeitnehmer-Mitsprache bei mittelständischen Unternehmen mit personaler Eigentümerstruktur. Um diesen personalen Charakter mittelständischer Unternehmen - auch als Vertrauensbrücke zu Kunden und Lieferanten - zu erhalten, werden MKB in diesem Wirtschaftssegment zum Teil rundheraus abgelehnt.19)

Übersehen wird in dieser Argumentation vielfach, dass die im 5. VermBG angebotenen Formen der Mitarbeiterbeteiligung sehr vielfältig sind.20) Die nicht-mitunternehmerischen Formen bis hin zum bloßen Mitarbeiterdarlehen bieten Inhaber-Unternehmen ausreichend Möglichkeiten, auch unter Wahrung ihrer Entscheidungshoheit Mitarbeiter zu beteiligen und dafür die steuerlichen Anreize zu nutzen.

Gerade auf der Unternehmerseite sind aber auch die mit der Mitarbeiterbeteiligung verbundenen ökonomischen Vorteile für die betriebliche Praxis durchaus anerkannt. So hat etwa der Präsident des Bundesverbandes mittelständischer Wirtschaft, Michael Ohoven, die Pläne der Regierungskoalition mit der Feststellung begrüßt, wer am Gewinn seines Unternehmens teilhabe, identifiziere sich mit dem Betrieb, sei motivierter und bringe mehr Leistung.21) Nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung aus dem Jahre 199822) lag in den untersuchten Beteiligungsbetrieben die Wertschöpfung je Mitarbeiter bei 64 000 Euro, in Betrieben ohne Mitarbeiterbeteiligung dagegen nur bei etwa 40 600 Euro. Verschiedene - auch internationale - Studien aus den Jahren 1992 bis 200523) zeigen weit überwiegend positive wirtschaftliche Ergebnisse für Beteiligungsbetriebe. Produktivitätssteigerungen lagen in Größenordnungen von 1,4 bis zu 21 Prozent, technischer Fortschritt wurde mit sechs bis acht Prozent im Plus gemessen und das Produktionsvolumen stieg um vier bis fünf Prozent. Auch ergaben sich Verbesserungen beim Gewinn-Kurs-Verhältnis, eine höhere Investitionstätigkeit, niedrigere Krankenstände und höhere Wachstumsraten bei der Wertschöpfung.

Längerfristige Anlage erwünscht

Die Bundesregierung hat in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage ebenfalls diese positiven Wirkungen hervorgehoben24) und betont, dass auf diese Weise breiteren Kreisen der Bevölkerung ein Zugang zu den Kapitalmärkten ermöglicht und die wünschenswerte längerfristige Anlage von Beteiligungskapital gegenüber kurzfristigen Interessen reiner Finanzinvestoren gestärkt werde. Das Deutsche Aktieninstitut DAI sieht ebenfalls in Mitarbeiterbeteiligungen einen grundsätzlich geeigneten Weg zur Erhöhung der Aktienakzeptanz.25) Die Gewinnung von motiviertem, verantwortungsbereitem Personal bringt schließlich auch noch den weiteren Vorteil mit sich, Nachfolgeprobleme oder Management-Buy-outs leichter lösen zu können.26)

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, der sich in einem Schreiben an Bundesminister Glos vom 17. April 200827) sehr kritisch mit den Gesetzgebungsplänen zur MKB auseinandergesetzt hat, räumt eine Reihe von Beispielen für sehr gute Unternehmenserfahrungen mit Mitarbeiterbeteiligungsmodellen ein. Dabei sieht er aber Ursache und Wirkung verwechselt. Gerade in den ohnehin erfolgreichen Unternehmen sei die Bereitschaft der Belegschaft, sich an Kapital oder Ertrag zu beteiligen, größer als im Durchschnitt. Zudem würden gerade die ohnehin überdurchschnittlich motivierten Arbeitnehmer Arbeitsplätze in Unternehmen mit finanziellen Anreizen bevorzugen.

Die Sicht der Gewerkschaften

Dieser alte Streit, ob Henne oder Ei zuerst da waren, ist letztlich auch bei der Mitarbeiterbeteiligung kaum zu lösen. Festzuhalten bleibt aber, dass Mitarbeiterbeteiligung ein wirtschaftliches Erfolgsmodell ist. Die Studien lassen es auch als durchaus plausibel erscheinen, dass gerade durch die Einführung der Beteiligungsmodelle die wirtschaftlichen Parameter verbessert werden konnten. Bei weiterer Verbreitung der Mitarbeiterbeteiligung könnten also mehr gesunde und stärkere Unternehmen auch einen volkswirtschaftlich spürbaren positiven Effekt bewirken.

Bereits in den gesellschaftspolitischen Debatten der sechziger und siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gab es auf Gewerkschaftsseite immer auch die klare Ablehnung der Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen. Als Alternativen zu diesem "abgebrannten Irrlicht in der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung"28) galten die Demokratisierung ökonomischer und politischer Macht, staatliche Reformen, Ausbau der sozialen Sicherheit und gewerkschaftliche Lohnpolitik. In dieser Tradition steht etwa auch MdB Dreibus von der Fraktion "Die Linke", wenn er den Ausbau der Mitarbeiterbeteiligung als "Lohnraub per Gesetz" ablehnt.29)

Ebenfalls auf dieser Linie bezeichnet der damalige IG-Metall-Vorsitzende Peters30) es als Zumutung für die Arbeitnehmer, dass Investivlöhne an die Stelle einer "aktiven Tarifpolitik" rücken könnten. Auch für den DGB-Vorsitzenden Sommer sind Mitarbeiterbeteiligungen jedweder Form als Alternative zu Lohnerhöhungen nicht akzeptabel.31) Einige Gewerkschaftsführer wie Bsirske (Verdi)32) oder Schmoldt (IG BCE)33) äußern sich allerdings auch differenzierter und sprechen von einem "spannenden Thema". Bejaht wird von dieser Seite vor allem das verteilungspolitische Ziel der MKB ("mehr Teilhabe"). Im Übrigen gilt aber auf Gewerkschaftsseite die Formel, dass "Barlohn vor Sparlohn" gehen müsse. Das MKBG hat diese Position mit dem strikten Zusätzlichkeits-Erfordernis in § 3 Nr. 39 EStG im Grunde akzeptiert.

Das Vermögens-Argument

Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi hat in dem erwähnten Schreiben34) seine Sorge vor dem MKBG in erster Linie mit dem damit verbundenen Risiko für Arbeitnehmer begründet. Unternehmenserfolg und Unternehmenswert unterlägen starken Schwankungen, denen der verständige Anleger nur durch eine ausreichende Streuung seiner Anlagen begegnen könne. Der Beirat sieht gerade in einer Beteiligung an demjenigen Unternehmen, dessen Arbeitsplatzrisiko der Arbeitnehmer ohnehin schon ausgesetzt ist, eine letztlich unverantwortliche Verstärkung seines Gesamtrisikos. Der Staat locke mit Anreizmodellen dieser Art die Arbeitnehmer geradezu in ein ganz besonders risikoreiches Anlageverhalten. Konsequent lehnt der Beirat daher auch die speziellen Anreize für Geringverdiener (in Gestalt der AN-Sparzulage) ab. Für diese Bevölkerungsgruppe seien statt privater Vermögensbildung die staatlichen sozialen Transferleistungen bestimmend. Staatlich geförderte Mitarbeiterbeteiligung könne deshalb die Vermögensbildung dieser Gruppe kaum beeinflussen.

Dieses doppelte oder auch "Klumpenrisiko" taucht in der Debatte als Argument immer wieder auf. Es wird gelegentlich in das Bild gefasst, kein vernünftiger Mensch lege "alle Eier in einen Korb".35) Naheliegend und deshalb einer der verbreitetsten Einwände gegen die MKB ist dieser Gedanke, weil ja in der Tat Risikostreuung geradezu die eherne Grundregel jeder Portfoliobildung ist und sein muss. Zudem haben spektakuläre Skandalfälle wie der Zusammenbruch des US-Energiekonzerns Enron im Jahre 2001, bei dem die kapitalgedeckte Altersvorsorge der etwa 20 000 Mitarbeiter stark auf das eigene Unternehmen konzentriert war, entsprechende Ängste genährt.

Mit dem Stichwort Altersvorsorge wird aber auch deutlich, dass die Warnung vor der MKB als Mittel der Vermögensbildung im Grunde nur eine Selbstverständlichkeit ausdrückt. Das Argument geht am eigentlichen Kern der MKB vorbei, denn "Vermögensbildung" kann in der Tat die Mitarbeiterbeteiligung nicht rechtfertigen. Diese verlangt zwingend Risikostreuung, wenn sie rational und zweckmäßig sein soll. Jene dagegen ist ganz wesentlich betrieblich, das heißt aus den wirtschaftlichen Vorteilen für die Arbeit- und für die Kapitalseite im Unternehmen begründbar.

Auch diesen Gedanken nimmt das MKBG auf. Die Gesetzesbegründung nennt als ausdrückliche Zielsetzung für die MKB, nicht in Konkurrenz zur betrieblichen oder privaten Altersvorsorge zu treten. Bundesarbeitsminister Scholz hat es in einem Schreiben an die Mitglieder der Koalitionsfraktionen vom 21. April 200836) als schweren Fehler bezeichnet, wenn die Mitarbeiterbeteiligung durch falsch eingesetzte öffentliche Subventionen zu einer Konkurrenz für die Altersvorsorge würde und diese damit aufs Spiel gesetzt würde. Das Mittel dagegen sei das gesetzliche Erfordernis, dass MKB freiwillig sein müssen, also gemäß § 3 Nr. 39 a) EStG zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu erbringen sind. Außerdem bleibe die Höhe der geförderten MKB mit 360 Euro/Jahr deutlich hinter den förderfähigen Beträgen bei der betrieblichen Altersvorsorge (bis zu 4 344 Euro im Jahre 2008) zurück. Schließlich sei auch die Zielsetzung eine andere: Geförderte Altersvorsorge ziele auf die Alterssicherung und garantiere deshalb zumindest die Rückzahlung der Beiträge, während MKB als teilweise Übertragung unternehmerischer Verantwortung gerade dies nicht garantiert.

Von diesem Standpunkt aus hat die Koalitionsarbeitsgruppe konsequent die Vorschläge37) nicht realisiert, die auf eine "Integrierung" der MKB in die steuerlich geförderte sowie in die betriebliche Altersvorsorge abzielten. In den Beratungen der Arbeitsgruppe waren die Warnungen vor einer "Kannibalisierung" der Altersvorsorge durch eine steuerlich zu attraktive MKB bei beiden Koalitionspartnern auf fruchtbaren Boden gefallen. Im Verhältnis Vermögensbildung/Altersvorsorge einerseits zur MKB, andererseits bleibt es natürlich dabei, dass der Euro nur einmal ausgegeben werden kann. Der Arbeitnehmer, der sich an seinem Betrieb beteiligen will, muss sich der Tatsache bewusst sein, dass vernünftiger Vermögensaufbau zur Altersvorsorge eine persönlich vorrangige Aufgabe ist. Dies schränkt naturgemäß den für eine MKB zur Verfügung stehenden Teil seines Einkommens ein.

Das Subventions-Argument

Aus ökonomischer Sicht gilt die staatliche Förderung von MKB-Modellen teils als Einschränkung des Freiwilligkeitsprinzips und als unzulässige Privilegierung gegenüber reinen Erfolgsbeteiligungen,38) teils wird auch gefragt, warum man denn ein wirtschaftliches Erfolgsmodell auch noch subventionieren müsse. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi hat sich diesen Bedenken angeschlossen.39) Er sieht keinen Anlass, in dieser Form in die Verwendung der Arbeitnehmereinkommen einzugreifen. Stichhaltige Gründe für den Einsatz von Steuermitteln sieht er auch nicht in positiven Effekten für Motivation und Produktivität der Mitarbeiter. Ausgehend von seinem Standpunkt, nur ohnehin erfolgreiche Unternehmen seien auch bereit für Mitarbeiterbeteiligungen,40) kommt er zu dem Schluss, eine vom Staat organisierte oder mit Steuermitteln geförderte Mitarbeiterbeteiligung könne hinsichtlich ihrer Wirksamkeit nur zu Enttäuschungen führen.

Die Größenordnung der für die Zwecke des MKBG aufzuwendenden Mittel41) lässt sich jedoch im Verhältnis zu dem angestrebten Ziel, in Zukunft eine gesundere und leistungsfähigere Eigentümerstruktur sowie mehr Teilhabe von Arbeitnehmern am wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen, als durchaus maßvoll und vertretbar bezeichnen. Zudem sind gerade solche angestrebten und bei Weitem noch nicht erreichten Zielsetzungen eine politische Rechtfertigung für die Aufwendung öffentlicher Mittel. Außerdem könnten durch das MKBG im Erfolgsfall wegen der größeren Zahl betriebswirtschaftlich erfolgreicher Unternehmen auch volkswirtschaftlich positive Effekte und Steuermehreinnahmen entstehen. Das Gesetz wahrt damit eine vertretbare Balance gegenüber dem Vorwurf einer "Verschwendung" von Steuergeldern.

Die gesellschaftspolitische Dimension

Die Überwindung des klassischen Lohnarbeitsverhältnisses und das Hineinwachsen des Arbeiters in die Position eines eigenverantwortlich handelnden Eigentümers der Produktionsmittel gehört zu den Grundforderungen der katholischen Soziallehre. Der Gedanke ist in der abendländischen Tradition tief verwurzelt. Bereits der Kirchenlehrer Thomas von Aquin (1225 bis 1274) leitet das Recht auf Privateigentum selbst - obwohl doch die Gegenstände der Schöpfung ihrer Natur nach ursprünglich allen Menschen gemeinschaftlich zustünden - aus der "potestas procurandi et dispensandi" des Menschen, also aus seiner Fähigkeit ab, zweck- und zielgerichtet zu arbeiten.42)

In dieser Tradition stehen die päpstlichen Sozialenzykliken. Sie empfehlen, den Arbeitsvertrag an ein Gesellschaftsverhältnis anzunähern, und halten es für wünschenswert, dass Arbeiter in geeigneter Weise in Mitbesitz an ihren Unternehmen hineinwachsen.43) Mit der im Juli 2008 vorgestellten EKD-Denkschrift44) zum "Unternehmerischen Handeln in evangelischer Perspektive" spricht sich von einer personalen Sicht auf Wirtschaft und Unternehmertum her auch der Rat der evangelischen Kirche für Mitarbeiterbeteiligungen aus, weil diese die Chance einer gerechten Vermögensverteilung eröffneten. Allerdings betont die EKD das doppelte Risiko für Beschäftigte und gibt deshalb reinen Ertragsbeteiligungen den Vorzug vor Kapitalbeteiligungen.

Die Vision von einer allmählichen Ersetzung des Lohn- durch ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis im Unternehmen mag nicht durchgängig geteilt werden. Ausgewiesene Vertreter des Liberalismus können der These aber zumindest in der Tendenz zustimmen. Otto Graf Lambsdorf hat die "Gesellschaft von Teilhabern" als das "Ideal" der sozialen Marktwirtschaft bezeichnet.45) Schon in der Frühphase der Industrialisierung setzte sich zum Beispiel der sogenannte "Kathedersozialist" Ernst Engel (1821 bis 1896) für diese Ziele ein, um den Gegensatz zwischen Kapitaleigentümern und Arbeitern ohne Beeinträchtigung der Unternehmensfunktionen aufheben zu können.46)

Das MKBG bemüht sich im Blick auf die wesentlichen Strukturen und Argumente der jahrzehntelangen Debatte zur Mitarbeiterbeteiligung, gerade auch auf kritische Einwände teilweise eine Antwort zu geben. Entscheidend sind danach nicht vorrangig Vermögensbildung oder Altersvorsorge, sondern die betrieblichen Effekte. Den Vorwurf einer übermäßigen Subventionierung widerlegt im Grunde bereits die Größenordnung der aufzuwendenden Mittel im Verhältnis zu den angestrebten Zielen des MKBG.

Raum für kreative Gestaltung

Es wäre nicht gerechtfertigt, von dem Gesetz schnelle Effekte zu erwarten, denn strukturelle Veränderungen brauchen ihre Zeit. Jetzt kommt es darauf an, wie Unternehmer und Arbeitnehmer die neuen Möglichkeiten nutzen. Immerhin lassen sich bei optimaler Kombination von steuerfreien Beteiligungen und versteuerten Eigenmitteln (gegebenenfalls mit Hilfe der AN-Sparzulage) jährlich 760-Euro-Pakete schnüren. Damit könnten im Laufe der kommenden Jahre durchaus beachtliche Arbeitnehmeranteile aufgebaut werden. Wenn Kapitalbeteiligungen als zu belastend für personal geführte kleine und mittlere Unternehmen kritisiert werden, darf der differenzierte Katalog von gesellschafts- und schuldrechtlichen Beteiligungsformen im 5. VermBG nicht übersehen werden. Das MKBG hat diesen Katalog noch um die Mitarbeiter-Beteiligungsfonds erweitert. Der kreativen Gestaltung in den Unternehmen sind also kaum Grenzen gesetzt. Werden solche Beteiligungen aber letztlich doch als zu risikoreich für Arbeitnehmer eingeschätzt, steht immer noch der Weg reiner Ertragsbeteiligungen offen, um auf relativ einfache Weise viele ökonomische Vorteile von Mitarbeiterbeteiligungen zu realisieren.

Realistisch gesehen dürfte auf absehbare Zeit mit mehr und höheren staatlichen Anreizen für MKB nicht zu rechnen sein. Damit hat das MKBG tatsächlich einen gewissen Schlusspunkt gesetzt. Einige Fragen aus der jahrzehntelangen Debatte konnte das Gesetz einer Lösung näher bringen. Jetzt sollte es nicht mehr um die Fortsetzung dieser Debatte, sondern um die Entwicklung der betrieblichen Praxis gehen.

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