Aufsätze

Neuordnung der Institutsaufsicht - von rechtlichen und politischen Zwängen

Die Institutsaufsicht hat sich schubweise zu einer detaillierten, überladenen, streckenweise nicht mehr nachvollziehbaren und für alle insbesondere kleinen Institute auch sehr kostenintensiven Materie entwickelt. Das ist unbestritten und durch das Ende 2006 vom ZKA vorgestellte Gutachten "Bürokratiekosten in der Kreditwirtschaft"1) nochmals bekräftigt worden.

Gleichwohl hat daran auch die 7. KWG-Novelle nichts geändert. Ganz im Gegenteil. An gleich mehreren Stellen ist es zu einer weiteren Überfrachtung des Gesetzes gekommen. Selbst der Präsident der Ba Fin, Sanio, erachtet es für "sehr bedenkenswert", den "Wust auf eine neue Grundlage zu stellen".2)

Eckpunktepapier des Bundesfinanzministeriums

Auch sieht der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien vor, Arbeitsabläufe anzupassen und die Regulierung der Finanzaufsicht auf das notwendige Maß zurückzuführen. Die Beaufsichtigung der Kreditwirtschaft durch die Ba Fin sei zeitnah anhand eines Erfahrungsberichts zu bewerten.3) Die Ergebnisse dieser vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag des BMF durchgeführten Befragung (Erfahrungsbericht Bankenaufsicht)4), an der 65 Prozent der 808 repräsentativ ausgewählten Kreditinstitute teilnahmen, liegen seit November 2006 vor.5)

Nun sei das BMF am Zuge, hieß es, welches dann am 22. Mai 2007 mit halbjährigem Anlauf seine "Eckpunkte zur Reorganisation der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht" vorstellte. Abgesehen davon, dass bereits der Titel des vage formulierten Papiers dessen Inhalt nicht trägt, sind auch die Ausführungen im Detail eher ernüchternd. Das BMF liefert inhaltlich wenig Substanzielles, geschweige denn Neuartiges. Dabei ist es nicht nur politisch, sondern vor allem (verfassungs-) rechtlich dringend erforderlich, die Institutsaufsicht neu zu ordnen.

Direktorium als Leitungsorgan

Der Umbau der Leitungsstruktur der Ba Fin soll durch eine Änderung des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes (Fin DAG) herbeigeführt werden. Vorgesehen hat das BMF lediglich, die Leitung der Ba Fin einem vierköpfigen Direktorium - warum nicht Vorstand? - zu übertragen, das aus einem Präsidenten, Vizepräsidenten und drei Exekutivdirektoren besteht, von denen einer zugleich als Vizepräsident die ständige Vertretung des Präsidenten wahrnehmen soll. Zudem soll das Direktorium mit einfacher Stimmenmehrheit entscheiden und dabei der Stimme des Präsidenten ein "besonderes Gewicht" zukommen, also wie zum Beispiel im Vorstand der Bundesbank (§ 7 Abs. 5 S. 3 BBankG) "den Ausschlag" geben?

Mit Rücksicht auf die Kontrollmängel und millionenschweren Betrugsfälle kann es entgegen ministerieller Bekundungen doch nur darum gehen, die bisherige fachliche und organisatorische Leitungsbefugnis einer einzelnen Person gesamtverantwortlich auf mehrere zu verteilen und durch eine innerorganschaftliche wechselseitige Informations- und Kontrollpflicht zu ersetzen. Aber auch aufgrund der auseinanderfallenden Aufsichtsstandorte, der stetig wachsenden fachlichen und organisatorischen Anforderungen innerhalb der drei Aufsichtssäulen sowie der Aufgabenoffenheit der Ba Fin dürfte ein Kollegial- dem Präsidialmodell grundsätzlich vorzuziehen sein.

Durch eine entsprechend ausgestaltete Satzung, Dienstaufsicht, Geschäftsordnung und Ressortverteilung lassen sich auch im Bereich der Eingriffsverwaltung Entscheidungen eindeutig zuordnen und ein einheitliches Verwaltungshandeln sicherstellen.

Im Übrigen ist den Instituten das "Vier-Augen-Prinzip" vorgegeben. Alle aufsichtsunterworfenen Institute müssen über mindestens zwei zuverlässige und fachlich geeignete Geschäftsleiter verfügen. Hinsichtlich der persönlichen und fachlichen Anforderungen darf für die Aufseher nichts anderes gelten (vgl. § 7 Abs. 2 S. 2 BBankG).

Neuausrichtung der Überwachungsstruktur

Nicht zur Sprache kommt bislang die Überwachungsstruktur. Organe der Ba Fin sind auch der Verwaltungsrat (§ 5 Abs. 1 Fin DAG) sowie der zwingend zu bildende Fachbeirat (§ 8 Fin DAG). Mit der Begründung, dass die aufsichtsunterworfenen Unternehmen die Kosten der Ba Fin tragen, sind diese im Verwaltungsrat mit zehn von insgesamt 21 Mitgliedern vertreten.

Es fragt sich, ob nach Maßgabe von § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 lit. e bis g Fin DAG, § 3 Abs. 1 S. 2, Abs. 6 Sd BaFin (Verbands-)Vertreter der aufsichtsunterworfenen Unternehmen einem Organ angehören sollten, dem sowohl die Kontrolle und Unterstützung als auch die Entlastung der Geschäftsführung der Ba Fin sowie die Feststellung des Haushaltsplans und der Jahresrechnung übertragen ist (s. § 7 Abs. 1 S. 2 Fin DAG; § 4 Sd BaFin)? Ferner ist insoweit die Einschränkung des § 3 Abs. 2 S. 2 u. 3 Sd BaFin und mit ihr wiederum die derzeitige Besetzung des Verwaltungsrats nicht recht in Einklang zu bringen mit der Satzungsermächtigung des § 6 Abs. 2 Fin-DAG und der Vorgabe in § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 lit. e bis g Fin DAG (zum Beispiel "fünf Vertreter der Kreditinstitute").

Durch die Beimengung selbstverwaltungstypischer Organisationselemente in die Struktur einer Eingriffsbehörde drohen das Ansehen und die Strenge der Aufsicht beeinträchtigende Interessenkonflikte zu entstehen. Wäre es daher nicht dienlicher, lediglich eine umfassende Rechts- und Fachaufsicht durch das BMF als Anstaltsträger und einen entsprechend dem Aufgabenspektrum der Ba Fin zu besetzenden Fachbeirat zu errichten?

Dafür spricht auch, dass die Institutsaufsicht zu jeder Zeit und in jeder Hinsicht verhältnismäßig sein muss. Davon umfasst ist die Organisations- und Kompetenzstruktur der Ba Fin, und zwar unter anderem deshalb, weil allein die aufsichtsunterworfenen Unternehmen die Ba Fin unterhalten (§§ 13 bis 17 Fin DAG).

Finanzierung der Aufsicht

Die Verfasstheit der Ba Fin als bundesunmittelbare, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 S. 1 Fin DAG) ist für eine Gewerbeaufsichts- und insoweit Eingriffsbehörde ungewöhnlich und 2002 damit begründet worden, an organisatorischer und personeller Unabhängigkeit hinzu gewinnen zu wollen. Tatsächlich budgetär unabhängig ist die Ba Fin aber nicht etwa durch die anstaltsformbedingte Lösung vom Bundeshaushalt, sondern vielmehr dadurch geworden, dass sie sich "selbst finanziert" - die aufsichtsunterworfenen Unternehmen finanzieren die Aufsichtstätigkeit. Sie haben Gebühren für der Ba Fin zugewiesene Amtshandlungen (§ 14 Fin DAG), gesonderte Kosten (§ 15 Fin DAG) und, soweit dies den gesamten Verwaltungsaufwand der Ba Fin nicht deckt, eine Umlage zu entrichten (§ 16 Fin DAG).

Hierin enthalten sind auch der Personal- und Sachaufwand der Bundesbank sowie anderer Personen und Einrichtungen, die im Rahmen von §§ 4 Abs. 3, 15 Fin DAG für die Ba Fin tätig werden. Indes stellt die Bundesbank der Ba Fin den Aufwand für die "laufende Überwachung" (§ 7 Abs. 1 KWG) aufgrund des Doppelcharakters vieler Tätigkeiten nicht in Rechnung; insofern verbleibt durch die Arbeitsteilung jedenfalls ein Teil der Aufsichtskosten beim Staat.

Vorschlag einer erneuten Beteiligung des Bundes

Der Haushaltsplan der Ba Fin sieht 2007 Verwaltungseinnahmen von 18,6 Millionen Euro und übrige Einnahmen (Umlage) von 99,8 Millionen Euro vor, wovon 46,7 Millionen Euro auf das Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entfallen. Der hohe Umlageanteil soll Raum für neue Aufgaben und Ausgabenerhöhungen schaffen. Dies hat zu Diskussionen geführt.

Es steht daher der Vorschlag einer erneuten Beteiligung der Bundes am Haushalt der Ba Fin in Form eines Pauschalbetrags oder in Höhe von zehn Prozent im Raum (vgl. § 51 KWG a. F.).6) Nach dem Haushaltsplan der Ba Fin für 2007 wären dies rund zwölf Millionen Euro; zum Vergleich: bei Errichtung der Ba Fin betrug die Staatsentlastung von zehn Prozent der Kosten 13,5 Millionen DM.7) Das BMF will an dem gelten Finanzierungssystem festhalten und lediglich unter anderem über eine Erhöhung des Gebührenanteils an den Gesamteinnahmen die Verursachungsgerechtigkeit verbessern. Verstoß gegen Prinzip des Steuerstaates

Mangels anderer zulässiger Einnahmequellen dürfen allgemeine Staatsausgaben grundsätzlich nur aus Steuern finanziert werden. Hierher gehört auch die Institutsaufsicht als eine besondere Form der Wirtschaftsaufsicht. Ziel der Institutsaufsicht ist es, die volkswirtschaftlich bedeutsame Funktionsfähigkeit dieses Wirtschaftszweigs sicherzustellen und hierzu die Krisenanfälligkeit der Institute zu verringern, ohne aber deren Insolvenz im Einzelfall zu verhindern. Die Ba Fin nimmt ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr (s. § 4 Abs. 4 Fin DAG). Auch für die Institutsaufsicht gilt das Prinzip des Steuerstaats (Art. 104a bis 115 GG).

Steuern fließen in den allgemeinen Haushalt. Nach Maßgabe des Grundsatzes der Vollständigkeit des Haushaltsplans, ist das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen. Eine staatsseitige Beteiligung an den Gesamtkosten würde den Haushalt der Ba Fin zum Gegenstand des Haushaltsausschusses machen, insoweit parlamentarisch legitimieren, an das Erfordernis des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts koppeln und eine sparsame Haushaltsführung sicherstellen (vgl. §§ 2 S. 3, 7 Abs. 1 BHO).

Insoweit wurde bereits die 90 Prozent- Finanzierung der Ba Fin durch die zu Beaufsichtigenden (vgl. § 51 KWG a. F.) wegen Verstoßes gegen das Prinzip des Steuerstaates als verfassungswidrig eingestuft.8) Das die Grundrechtsausübung begrenzende Aufsichtsrecht bezweckt nicht, den Instituten irgendwelche Vorteile zu verschaffen.

Aufsichtsrecht ist marktbegleitendes und nicht, obschon das Vertrauen in die Branche steigerndes, institutsdienliches Eingriffsrecht. Insofern ist die verwaltungsgerichtliche Einordnung der Umlage als zulässige Sonderabgabe bedenklich. Es wäre also jedenfalls die Umlage (§ 16 Fin DAG) aus Steuermitteln zu finanzieren.

Verstoß gegen Gleichheitssatz

Dagegen spricht nicht, dass die Gemeinwohlgefährdung, welche die Institutsaufsicht einzudämmen beabsichtigt, von der geschäftlichen Betätigung der Institute ausgeht. Zum einen hat Institutsaufsicht zugleich ein volkswirtschaftliches und wirtschaftspolitisches sowie zahlungs- und währungspolitisches Moment9), und zum anderen existieren auch andere als für ihre Tätigkeit verantwortlich zu bezeichnende Berufsgruppen, die zwar gebührenpflichtigen Marktzugangsüberprüfungen unterliegen, deren fortlaufende Gewerbebeaufsichtigung für sie aber zu Recht mit keinen gesonderten Kosten verbunden ist (zum Beispiel Gastronomie, für Arbeitgeber im Bereich Umwelt- und Arbeitsschutz).

Dafür, dass nun ausgerechnet die der Ba Fin unterstellten Unternehmen für die Kosten der Aufsicht und der aus politischen (und verwaltungsorganisatorischen) Gründen eigens dafür geschaffenen Bundesanstalt aufkommen sollen, lassen sich sachbezogene Gründe nicht anführen.

Insofern dürfte das bestehende Finanzierungssystem auch gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Eine staatliche Finanzierungsbeteiligung ist daher nicht eine Frage der Verantwortung für den Finanzplatz Deutschland, sondern (verfassungs-)rechtlich notwendig und mit zehn Prozent der Höhe nach nicht angemessen, sondern beliebig.

Keine Mehrung von Gebührentatbeständen

Ebenso wenig liegt die Lösung in der Mehrung von Gebührentatbeständen. Ehedem ist die gegenwärtige Gebühren- und Kostenordnung rechtlich angreifbar, weil mit zahlreichen Amtshandlungen kein individueller Vorteil (zum Beispiel Betriebsals Marktzugangserlaubnis) verbunden ist.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist zum Beispiel besonders befremdlich, dass Institute sogar für die im Einzelfall rechtlich gebotene Befreiung von KWG-Vorschriften aus § 2 Abs. 4 S. 1 KWG und § 31 KWG eine Gebühr entrichten sollen, oder dass die Institute die "Beratungstätigkeit (der Ba Fin) im Zusammenhang mit dem Aufbau und der Unterstützung ausländischer Aufsichtssysteme" umlagefinanzieren.

Aufsichtspolitisch gesehen, würde die Ba Fin durch eine Steuerfinanzierung in ihrem hoheitlichen Handeln freier und der Gesetzgeber könnte der nach § 4 Abs. 1 Fin DAG aufgabenoffen ausgestalteten Ba Fin nicht leichtfertig - unter dem Deckmantel der "Terrorismusbekämpfung" weitere "aufsichtsfremde Tätigkeiten" und damit den Instituten immer neue (Zahlungs-)Pflichten auferlegen.

Doppelarbeit von Ba Fin und Bundesbank

Nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 S. 3 und 4 KWG hat die Bundesbank - in der Regel dezentral durch ihre Landeszentralbanken

- die "laufende Überwachung der Institute" durchzuführen. Sie ist Teil der "laufenden Aufsicht" durch die Ba Fin (s. § 6 Abs. 1 bis 3 KWG) und dient der filtrierenden Erkenntnisgewinnung. Hoheitliche Entscheidungsbefugnisse sind hiermit nicht verbunden. In allen institutsaufsichtlichen Fragen liegen diese bei der Ba Fin (klarstellend § 7 Abs. 2 S. 4 KWG). Gleichwohl hat die Ba Fin ihren aufsichtsrechtlichen Maßnahmen "in der Regel" "die von der Bundesbank getroffenen Prüfungsfeststellungen und Bewertungen" zugrunde gehen (s. § 7 Abs. 2 S. 5 KWG). Dies schließt freilich eine Überprüfung der Feststellungen und Bewertungen, Nachfragen bei der Bundesbank und den Instituten sowie vertiefende eigene Feststellungen der Ba Fin nicht aus. Ganz im Gegenteil. Für die juristische Bewertung - wie sie im Vorfeld jeder Aufsichtsmaßnahme erforderlich wird, die einen sorgsam ermittelten Sachverhalt erfordert - zeichnet die Ba Fin verantwortlich.

Weil sich die Kritik der Institute laut "Erfahrungsbericht Bankenaufsicht" nun gerade auf die Doppelarbeit von Ba Fin und Bundesbank und das Kosten-/Nutzen-Verhältnis der Aufsicht konzentriert habe, will das BMF künftig vor allem diese Zusammenarbeit von Ba Fin und Bundesbank besser aufeinander abgestimmt wissen. Bei der Zuständigkeitsordnung der §§ 6 u. 7 KWG soll es bleiben. Diese sei aber strikt umzusetzen.

Neue Kompetenzaufteilung?

Solange für die inhaltliche Vor- und Aufbereitung von Aufsichtsmaßnahmen sowie für deren Anordnung - wie in § 7 KWG festgelegt - zwei unterschiedliche Behörden zuständig und verantwortlich sind, werden sich zeit-, fehler- und kostenträchtige Doppelarbeiten auf allen Aufsichtsebenen nicht vermeiden lassen. Das kann indes nicht bedeuten, "systemrelevante Institute" (Art. 3 Abs. 2 S. 1 Aufsichts RL) und Spezialbanken exklusiv der Ba Fin unterstellen zu wollen. Gerade für deren Beaufsichtigung ist die Einbindung der Bundesbank von Bedeutung.10) Umgekehrt sollte vielmehr intensiv geprüft werden, ob die Institutsaufsicht nicht auch vollständig oder jedenfalls für "nicht systemrelevante Institute" in Teilen auf die Bundesbank übertragen werden kann. Der "Erfahrungsbericht Bankenaufsicht" legt dies jedenfalls nahe. Die Institute stufen die Mitarbeiter der Landeszentralbanken als zügig, kompetent, mit der Materie vertraut, pragmatisch und praxisbezogen sowie besser als diejenigen der Ba Fin ein.

Insoweit ließen eine Übertragung der Aufsicht auf die Bundesbank und die Vermeidung zwischenbehördlicher Abstimmungsprozesse die angestrebte Verbesserung des Kosten-/Nutzen-Verhältnisses erwarten. Auf persönliche Präferenzen, die Zufriedenheit von Behördenleitern, "dass die Landeszentralbanken regional eine ... von der Bundesanstalt weitgehend abgekoppelte Aufsicht betreiben" und dies die Ba Fin schwäche, kommt es insoweit nicht an. Zu Maßnahmen, welche die Marktteilnehmer mehr als nötig belasten, besteht kein Anlass. Ebenso wenig überzeugt, dass die aufsichtsrechtliche Verantwortung trotz der Arbeitsteilung auch im Sinne der Wettbewerbsneutralität in einer Hand bleiben müsse. Zum einen kann mit diesem Argument auch die Anordnungskompetenz auf die Bundesbank übertragen werden, und zum anderen müssen die Landeszentralbanken, um eine einheitliche Beaufsichtigungspraxis zu gewährleisten, ohnehin (aufsichts-) gesetz- und richtlinienmäßig handeln (s. § 7 Abs. 2 S. 1 KWG). Maßgeblich für eine "gute Aufsicht" sind die Einhaltung und Durchsetzbarkeit eines einheitlichen öffentlich-rechtlichen Instrumentariums.

Ausschlaggebend dürfen einzig die aufsichtsunterworfenen Unternehmen und die tatsächliche (dezentrale) Struktur ihres Marktes (mit mehreren Finanzplätzen) sein.1) Die Aufsicht und damit die Ba Fin sind nicht um ihrer selbst, sondern des Gemeinwohl willens da. Es ist irrelevant, ob einer politisch lieb gewonnen Behörde Aufsichtsfunktionen entzogen werden oder die Aufsicht zersplittert. Vielmehr muss diese auch in organisatorisch-finanzieller Hinsicht für jedes einzelne Institut angemessen sein.

Neuausrichtung des Institutsaufsichtsrechts

Desgleichen ist es unvermeidlich, dass die aufsichtsrechtlichen Vorgaben immer zahlreicher, tief greifender und damit schwieriger umsetzbar werden. Dem liegt ein rechtlich verfehltes Verständnis von fördernder Wirtschaftsaufsicht und den Aufgaben einer aufsichtsführenden Behörde wie der Ba Fin zugrunde.

Aufsichtsrechtliche Vorgaben sind Akte öffentlicher Gewalt, die tief in den Geschäftsbetrieb der Institute und die Rechtssphäre ihrer Leiter eingreifen. Grundlage und Grenze der Institutsaufsicht ist das Rechtsstaatsprinzip. Hieran ist auch der Gesetzgeber gebunden. Er hat zu berücksichtigen, dass bankgeschäftliche Risiken nicht nur vom Inhalt der Tätigkeit, sondern maßgeblich auch von der gewählten Rechtsform, der daraus folgenden Wirtschaftsweise, Institutsstruktur, -größe und -gruppe oder auch den Gesellschafterrechten, dem Geschäftsbezirk und damit der Beschaffenheit des Wirtschaftsraums sowie von selbstverantworteten oder gesetzlich auferlegten Eigensicherungsmechanismen abhängen.12)

Ersetzungsfunktion privater Eigensorge

Vereinigungsformübergreifend verfügen alle Institute und jede ihrer drei Institutsgruppen über eine "private Eigensorge". Hier muss der Hebel für eine verhältnismäßigere Institutsaufsicht angesetzt werden. Unternehmen der Finanzbranche müssen im Einzelfall, ihre - auf den Schutzzweck des Gesetzes bezogene - Systemrelevanz berücksichtigend, gleich behandelt werden.

Systemimmanent und strukturell bedingte Sicherheitsvorsprünge sind nicht normativ verordnet und insoweit beseitigenswerte Wettbewerbsnachteile für andere Institute. Es handelt sich vielmehr um kundengeformte oder aus eigener Kraft erarbeitete und damit auf die Institutsaufsicht - jedenfalls soweit nach deren Zwecksetzung möglich - voll anrechenbare spezifische Wettbewerbsvorteile.

Das ist bislang nicht hinreichend geschehen. Stattdessen wirken die für alle Institute weitgehend undifferenzierten Vorgaben und Maßnahmen als "Gleichmacher" und verletzen das Gleichbehandlungsgebot. Sie stehen der Wettbewerbsfreiheit entgegen und verzerren den Institutswettbewerb.

Insoweit zum Beispiel die zahlreichen nicht systemrelevanten Institute mit ihrem geringeren Gefährdungs- und branchenweiten Wechselwirkungspotenzial aus der umfassenden Beaufsichtigung in eine "Regulierung light" nicht entlassen zu wollen, zeugt von einer sich verselbstständigenden Institutsaufsicht. Geht es ernsthaft noch darum, der unternehmerischen Freiheit willen (Art. 9 Abs. 1, 12, 14, 2 Abs. 1 GG) möglichst ein Weniger an Aufsicht anzustreben, die Eigeninitiative und -verantwortung zu stärken sowie das Risiko einer Institutsinsolvenz für den Einzelfall angemessen einzudämmen?

Gefahren- statt Gütesiegel

Die in ihren unternehmerischen Aufgabenbereichen bevormundete Kreditwirtschaft scheint sich an das hohe Maß der Fremdbestimmung gewöhnt zu haben und stuft den Dauerstaatseingriff vermehrt als Gütesiegel ein.13) Dabei ist Institutsaufsicht vielmehr ein Gefahrensiegel. Denn hinter jedem Mehr an Aufsicht muss sich stets ein Mehr an Gefahr für das gemeine Wohl verbergen, das es zu verringern gilt. Ansonsten ließe sich das Aufsichtsrecht verfassungsrechtlich gar nicht rechtfertigen. Die Aufgabe besteht darin, die grundsätzlich bestehende Freiheit des Staates zu wirtschafts- und sozialpolitischer Gestaltung mit dem Freiheitsschutz der Grundrechtsträger zu vereinbaren.

Dass dies häufig nicht gelingen will, liegt auch daran, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als vollziehende Gewalt zu stark in den Prozess der Gesetz- und Verordnungsgebung eingebunden ist, sich unentbehrlich macht und für weitere Anstaltsaufgaben empfiehlt. Die dem Gewaltenteilungsprinzip innewohnende Distanz und deren Korrektivfunktion geht hierdurch verloren. Zudem mangelt es der aufsichtsführenden Ba Fin an durchsetzungsfähigen - weil nicht aufsichtsunterworfenen - Gegenkräften. Auch deshalb neigt die Institutsaufsicht zur Überreglementierung. Hinzu treten Gründe wie politische Macht und persönliches Ansehen.

Maßgeblich ist, dass jeder privat organisierten Eigeninitiative eine Ersetzungs- und dem Instrumentarium der marktdienenden Institutsaufsicht lediglich eine die Schutzlücken der privatrechtlichen Risikoabsicherung schließende Ergänzungsfunktion zukommt. Für die Zukunft vorstellbar ist ein Aufsichtsrecht, das sich im Wesentlichen auf eine die Selbstverantwortung der im Wettbewerb miteinander stehenden Institute und Institutstypen stärkende Beaufsichtigung der substituierenden Eigenüberwachung beschränkt. Beispielsweise hätte die Aufsicht für die Gruppe der als eG verfassten Institute dann als "Allfinanzaufsicht" in erster Linie beim BVR und der nach § 12 Abs. 2 Eu AG bestehenden Solvenzaufsicht über dessen Sicherungseinrichtung anzusetzen (eingehend Geschwandtner, Staatliche Aufsicht über das genossenschaftliche Kreditwesen, 2005).

Erneuerung des KWG

Entgegen der Ankündigungen im Koalitionsvertrag und der mit dem Erfahrungsbericht verfolgten Zielsetzung, Ansatzpunkte für eine Entbürokratisierung zu finden, geht das BMF-Papier auf die methodische Überarbeitung des Institutsaufsichtsrechts gar nicht ein.

Dabei sollten vor allem die verstreuten, teilweise doppelt vorhandenen Anordnungskompetenzen der Ba Fin neu geordnet und das normative Ordnungssystem durchgehalten werden. Ferner tut es Not, die umfangreichen Verordnungen, Richtlinien und Rundschreiben sowie Anzeige-, Melde- und Informationspflichten zu durchforsten. Gleiches muss für die vielfältig belastenden Vorschriften zur Erfüllung staatlicher, bankgeschäftsfremder Aufgaben gelten. Auch die Vielzahl rein klarstellender Regelungen ist kritisch zu würdigen, weil sie das Gesetz überfrachten und dessen Anwendung erschweren. Das hat zur Folge, dass die finanzwirtschaftlichen Kernziele ins Abseits geraten und eine Systemgläubigkeit entsteht. Insbesondere nehmen sie dem Gesetz die Systematik und drohen Unklarheiten und Widersprüche hervorzurufen (zum Beispiel §§ 45b, 25a Abs. 3 Satz 1 u. 2, Abs. 1 Satz 5 KWG).

Freilich ist die Umsetzung im Detail schwierig. Aber das darf niemanden abschrecken. Es gehört zu den originären Aufgaben des Gesetzgebers, permanent zu untersuchen, inwieweit die Eigenarten eines Wirtschaftszweigs befriedigende Ergebnisse wettbewerblicher Prozesse verhindern und aufsichtsrechtliche Vorgaben gebieten. Sobald staatliche Einflussnahmen ausufern, sind diese auf das sachlich unerlässliche Ausmaß zu begrenzen: Deregulierung ist eine Daueraufgabe - und zwar unabhängig von Umfragen oder der (öffentlichkeitswirksam von der Pflichtvergessenheit ablenkenden) Errichtung eines Normenkontrollrats.

Orientiert an den jeweils tatsächlichen Marktgegebenheiten, dem engen Schutzzweck des KWG, einer wettbewerblich neutralen Wirkungsweise sowie den europarechtlichen Zwängen muss es in einem ersten Schritt darum gehen, ein institutsaufsichtsrechtliches Mindestgerüst zu erarbeiten. Für weitergehende Aufsichtsregelungen ist eine differenziertere Vorgehensweise vorgeschrieben: Alle institutsaufsichtsrechtlichen Regelungen müssen, vor allem unter Anrechnung des organisationsrechtlichen Mindestschutzes, für jeden ihrer Adressaten verhältnismäßig sein (Stufensystem).

Zusammenspiel von § 30 mit § 44 KWG

Schließlich will das BMF das Zusammenspiel von § 30 mit § 44 KWG verbessern und hierzu das KWG novellieren. Durch eine gezielte Vorgabe des erweiterten Inhalts von Jahresabschlussprüfungen und einer besseren Ergebnisverwertung müsse es zu einer Reduzierung von nach § 44 KWG anzuordnenden Sonderprüfungen kommen. Der Abstimmungsbedarf ist freilich nicht neu und wurde bereits bei Einführung von § 30 KWG angemahnt. § 30 KWG ist in gleich mehrfacher Hinsicht und nicht lediglich im Verhältnis zu § 44 KWG bedenklich (eingehend Geschwandtner, ZfgK 2006, 580 ff.).

Vor allem öffnet § 30 KWG der Ba Fin Tür und Tor, neue Prüfungsinhalte zu begründen, deren Einhaltung sie dann selbst beaufsichtigt. Dabei ermächtigt § 29 Abs. 4 S. 2 KWG die Ba Fin bereits, "durch Rechtsverordnung (unter anderem) nähere Bestimmungen über den Gegenstand der Prüfung ... (zu) erlassen", soweit dies der Schutzzweck des KWG rechtfertigt. Dementsprechend kann die Ba Fin die PrüfbV ausgestalten. Indes besteht insoweit ein Widerspruch zur Einzelfallermächtigung des § 30 KWG. Ferner läuft die Verordnungsermächtigung regelmäßig leer. Überdies kann die Ba Fin die aufsichtsrechtliche Sonderprüfungsermächtigung des § 44 Abs. 1 S. 2 KWG auf leisen Sohlen zu einer rechnungslegungsrechtlichen Regelprüfung umfunktionieren, ohne auf Sonderprüfungsanordnungen verzichten zu müssen. Insofern kann eine verhältnismäßige Lösung darin liegen, für den Fall einer Anordnung nach § 30 KWG den § 44 Abs. 1 S. 2 KWG insoweit erneut anlassbezogen auszugestalten.

Die §§ 30, 44 KWG verdeutlichen exemplarisch die Aufgabe. Eine Umgestaltung der Institutsaufsicht muss sich vom zu dichten Geflecht der geltenden, obschon durchweg sinnvollen, Vorschriften lösen und konzeptionell völlig neu anzusetzen. Auf dem Boden unserer freiheitlichen Gesell- schafts-, Wirtschafts- und Rechtsordnung hat dies soweit wie möglich rational zu geschehen.

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