Aufsätze

Overlay Management im Dialog mit dem Investor

Die MAN SE bot den Mitarbeitern ihrer inländischen Konzernunternehmen bis Ende 2008 eine betriebliche Altersversorgung, die im Wesentlichen auf beitragsorientierten Leistungszusagen beruht. Kern der Pensionspläne war der Aufbau eines Kapitals, das im Altersruhestand als Kapitalleistung ausgezahlt wird. Seit 2005 hat die Gesellschaft mit der Kapitaldeckung von Pensionsverbindlichkeiten über ein sogenanntes Contractual Trust Arrangement (CTA) "MAN Pension Trust e. V." begonnen und sukzessiv Kapital einbezahlt. Die ausländischen Pensionsverbindlichkeiten der MAN Gruppe sind schon seit Langem weitgehend ausfinanziert, da zum Beispiel in Großbritannien und der Schweiz die Kapitaldeckung gesetzlich verankert ist.

Eigener Pensionsfonds gegründet

Zur vollständigen Ausfinanzierung der inländischen Pensionsverpflichtungen hat die MAN SE Ende 2007 den eigenen MAN Pensionsfonds AG gegründet, an den ein Volumen von rund 850 Millionen Euro für rund 26 000 Rentner übertragen wurde. Mit dem Pensionsfonds wurden die Verpflichtungen der Gruppe aus geschlossenen, auf die Zahlung lebenslanger Renten beschränkter Versorgungssysteme in einer einzigen Gesellschaft zusammengefasst.

Für die gesamte Administration und das Reporting der Pensionsverpflichtungen hat MAN als Master-KAG die Helaba Invest ausgewählt. Da die Verantwortlichen von Versorgungseinrichtungen bei der Auswahl von Assetklassen und Anlagewerten eine hohe Verantwortung tragen, wurde zur Festlegung der optimalen Strategischen Asset Allokation (SAA) der Pensionsverpflichtungen als Grundlage eine Asset-Lia-bility-Studie (ALM-Studie) genutzt, die im Wesentlichen durch drei Faktoren bestimmt wird:

- das betrachtete Risiko, welches sich beispielsweise im Funding Level widerspiegelt;

- das Renditeziel, da der Asset Return den Pensionsverbindlichkeiten entsprechen sollte, und

- das Anlageuniversum.

Aus der ALM-Studie wurde eine SAA abgeleitet, die geeignet ist, sowohl die Ertrags- und Risikoerwartungen zu erfüllen als auch den für die Bedienung der Pensionsverpflichtungen benötigten Cash-Flow zu sichern. Die Umsetzung der SAA erfolgte in einer Masterfondsstruktur mit mehreren Segmenten. In den einzelnen Segmenten werden Aktien- und Renten-Mandate an spezialisierte Asset Manager vergeben, die damit nur noch für einen Teil und nicht mehr für das Gesamtportfolio verantwortlich sind (Abbildung 1).

Um die Ertragserwartungen auch bei temporär ungünstigen Marktentwicklungen nicht zu verfehlen, stellte sich für MAN die Grundsatzfrage, ob auch in schlechten Marktphasen an der SAA festgehalten werden sollte. In diesem Zusammenhang war ebenfalls zu berücksichtigen, dass temporäre Abweichungen von der SAA durch taktische Eingriffe auch mit Kosten verbunden sein können, die auf lange Sicht die Performance mindern.

Gerade im Hinblick auf die extremen Entwicklungen und Volatilitäten, wie sie seit Mitte 2007 aufgetreten sind, hat sich für das Unternehmen die frühzeitige Implementierung eines Overlay Managements zur Absicherung und Begrenzung von Worst-Case-Risiken ausgezahlt. Die Risikosteuerung des Masterfonds erfolgt dabei ausschließlich durch den Overlay Manager, der auch taktische Positionierungen in die für sich genommen starre Anlagestruktur des Masterfonds in dem dafür vorgesehenen Overlay-Segment vornimmt.

Overlay Manager

Auch die Erfahrung, dass insbesondere Aktien unter Umständen eine sehr lange Periode benötigen, bis die Einstandskurse wieder erreicht beziehungsweise eine angemessene Rendite erzielt werden kann, sprach für die Implementierung eines Risiko-Overlays. Denn durch die gering korrelierte Aktien-Performance zu den Pensionsverpflichtungen (Defined Benefit Obligations) können erhebliche Bilanzrisiken entstehen. Neben einer Risikobegrenzung bietet ein Overlay Management auch die Möglichkeit, durch taktische Entscheidungen Zusatzerträge zu generieren. Da die Performance des Masterfonds immer auch unter einem Asset-Only-Blickwinkel betrachtet wird, stellt dies einen zusätzlichen Nutzen dar.

Die Helaba Invest ist nicht nur als Master-KAG für die Verwaltung und Administration des Masterfonds zuständig, sondern übernimmt darüber hinaus auch die Rolle des Overlay Managers. Die Vorteile eines Overlay Managements durch die Master-KAG liegen dabei auf der Hand:

Aktualität: Die Helaba Invest verfügt sehr zeitnah über die aktuellen Bestände, da die Umsätze der externen Manager direkt an die Master-KAG geliefert werden und damit in den Systemen verfügbar sind.

Bewertung: Die Master-KAG bewertet die Fonds sowie die Einzelinstrumente und hat damit für angemessene Preisquellen und Preise zu sorgen.

Anlagerichtlinien und Vereinbarungen: Mit der Master-KAG als Overlay Manager ist die Abstimmung der für das Overlay relevanten Vereinbarungen (zum Beispiel Anlagerichtlinien) einfacher durchzuführen als unter Einbeziehung eines externen Managers.

Schnittstellen: Die für den Datentransfer notwendigen Schnittstellen sind bei der Master-KAG bereits implementiert und müssen nicht für das Overlay-Mandat neu eingerichtet werden (Abbildung 2).

In Bezug auf das Overlay Management spielt das Risikomanagement für MAN eine entscheidende Rolle. Entsprechend den individuellen Anforderungen hat sich die Gesellschaft für ein Overlay Management entschieden, das aus den folgenden drei Komponenten besteht: Risiko-Overlay für Aktien, Risiko-Overlay für Renten (reine Asset-Only-Betrachtung) und Taktisches Overlay zur Erzielung von zusätzlichem Alpha.

Vorgaben für die Zusammenarbeit

Zu Beginn der Zusammenarbeit hat die MAN SE zunächst die Vorgabe für das Overlay Management definiert. Hierzu zählen ein Limit-System für die Überwachung der Risikobudgets sowie Handelsbandbreiten für normale Marktphasen. Die Vorgehensweise ist dabei zu 100 Prozent systematisch, sodass auch bei Nichterreichbarkeit des Anlegers eine Handlungsfähigkeit für den Overlay Manager gegeben ist. Des Weiteren sind taktische Maßnahmen in einem vorgegebenen Rahmen zulässig.

Limitsystem zur Überwachung der

Risikobudgets: Das Limitsystem für Aktien und Renten sieht eine konsequente Reduzierung des Exposures bei Erreichen definierter Risikokapitalgrenzen vor. So war ursprünglich beispielsweise für Aktien ein Risikokapital von 15 Prozent vorgegeben. Sind in der ersten Stufe 50 Prozent des Risikokapitals aufgezehrt, wird das Aktienexposure um 50 Prozent reduziert. Die weitere Absicherung erfolgt in zusätzlich festgelegten Stufen. Das gleiche Vorgehen wird auch auf der Rentenseite angewandt, jedoch mit deutlich geringeren Risikobudgets.

Taktische Asset Allokation Overlay (TAA): Während sich das Limitsystem allein am verfügbaren Risikobudget orientiert, verfolgt das Taktische Asset Allokation Overlay (TAA) das Ziel, durch Nutzung kurzfristiger Marktchancen eine Outperformance gegenüber der SAA zu erwirtschaften. Die Grundlage der taktischen Allokationsentscheidung ist ein lernendes Modell, das anhand der jüngsten Vergangenheit Faktoren identifiziert, die die Performance der jeweiligen Assetklasse im Folgemonat determinieren. Auf subjektive Meinungen (Bauchentscheidungen) wird dabei vollkommen verzichtet, sodass es sich um einen rein quantitativen Ansatz handelt. Einer der Vorteile dieses systematischen Ansatzes besteht darin, dass die Ergebnisse der Methodik, aus der Prognosen abgeleitet und darauf aufbauend Allokationsentscheidungen getroffen werden, historisch zurückgerechnet werden können.

Renditeprognose

Die folgenden Schritte führen zur Renditeprognose für eine Assetklasse: Im ersten Schritt erfolgt eine Vorselektion potenziell möglicher Einflussgrößen (Faktoruniversum) anhand ökonomischer Kriterien. Die Menge möglicher Einflussfaktoren enthält dabei diverse Konjunktur- und Inflationsindikatoren, Bewertungs- und Profitabilitätskennzahlen, Momentumsgrößen sowie Risiko- und Sentimentindikatoren. Pro Assetklasse umfasst das Faktoruniversum bis zu 250 Einflussgrößen. Ausgehend von diesem Faktoruniversum wird im Anschluss anhand statistischer und ökonomischer Kriterien zunächst eine Untermenge von Faktoren selektiert, die einzeln betrachtet eine hohe Prognosekraft besitzen und zudem untereinander möglichst sachlich unabhängig sind.

Kontinuierliche Abstimmung

Mit dieser komprimierten Faktormenge werden im nächsten Schritt Mehrfaktormodelle auf ihre Prognosekraft hin analysiert und jenes Modell selektiert, das sich durch die besten Prognoseeigenschaften innerhalb einer Kalibrierungs- und Teststichprobe auszeichnet. Dieses Modell wird abschließend zur Prognoseerstellung am aktuellen Rand verwendet und ist damit Grundlage der taktischen Allokationsentscheidung für den Folgemonat. Der Prozess der Prognoseerstellung unterliegt dabei einem strengen monatlichen Monitoringprozess, sodass sich die Faktor- und Modellselektion flexibel an sich verändernde Rahmenbedingungen anpassen kann.

Das Jahr 2008 hat mit der Finanzmarktkrise alle Marktteilnehmer vor besondere und zum Teil neue Herausforderungen gestellt. Umso wichtiger ist in diesen Krisenzeiten eine kontinuierliche Abstimmung zwischen Anleger und Overlay Manager. Als Reaktion auf die starken Kursrückgänge und die hohen Volatilitäten hat MAN während der Finanzmarktkrise gemeinsam mit der Helaba Invest verschiedene Maßnahmen im Bereich der Strategischen Asset Allokation und des Overlay Managements ergriffen. In Bezug auf die Strategische Asset Allokation wurde zum einen die Aktienquote seit Mitte 2007 deutlich reduziert, zum anderen wurde das Risiko des Gesamtfonds durch einen höheren Geldmarktanteil reduziert.

Im Jahr 2008 waren neben den Volatilitäten an den Aktienmärkten auch sehr hohe Tagesschwankungen an den Rentenmärkten keine Seltenheit. So lag beispielsweise die Schwankungsbreite des Bundfutures teilweise zwischen 100 und 200 Stellen. In dieser Phase kann das Overlay Management zu erhöhten Transaktionen und damit zusätzlichen Kosten führen. Um dies zu vermeiden haben sich MAN und die Helaba Invest dazu entschlossen, die Volatilität als Einflussfaktor in die Wertsicherungsmethodik mit aufzunehmen. So kann das Sicherungsniveau in Abhängigkeit von der Volatilität variieren.

Im Rahmen des Aktien-Overlays wurde Anfang Januar 2008 aufgrund des gesunkenen Risikokapitals eine vollständige Sicherung umgesetzt. Um die möglichen Verluste für die Zukunft zu reduzieren, wurde einerseits das freigegebene Risikokapital reduziert, andererseits wurden zusätzliche Limitstufen eingeführt. Diese Maßnahmen waren maßgeblich für ein erfolgreiches Overlay Management im Krisenjahr.

Auf der Rentenseite hat die bewusste Entscheidung, Limitsignale aufgrund der hohen Volatilität auszusetzen, dazu geführt, dass erhöhte Absicherungskosten vermieden werden konnten (Abbildung 3).

Ausstieg aus der Sicherung

Sofern ein Absicherungssystem voll zum Zuge kommt und eine Vollsicherung vorgenommen wird, schließt sich unmittelbar die allerdings nicht kleinere Herausforderung des Wiedereinstiegs an, der nur über die Bereitstellung neuen Risikokapitals erfolgen kann. Auch bei dieser Fragestellung kommt der Kommunikation mit einem Austausch kurz- und mittelfristiger Markteinschätzungen zwischen dem Kunden und der Kapitalanlagegesellschaft hohe Bedeutung zu. Als denkbare Varianten sind beispielsweise der Beginn eines neuen Kalenderjahres, eine strategisch und taktisch positive Markteinschätzung, die Vereinbarung technisch relevanter Indexstände oder ein Einstieg in kontinuierlichen Schritten über die Zeit denkbar. Bei dieser wichtigen Entscheidung hat sich die MAN SE auf der Aktienseite erfolgreich für einen sukzessiven Wiedereinstieg in gleichmäßigen Schritten über die letzten Monate entschieden.

Aus Sicht der MAN SE hat sich die Implementierung eines Overlay Managements ausgezahlt, da die Verluste auf der Aktienseite durch die Sicherungsmaßnahmen nennenswert kompensiert werden konnten. Durch ein konsequentes Wiederein-stiegs-Konzept wird die Gesellschaft an einer kommenden Markterholung vollumfänglich partizipieren. Die systematische Vorgehensweise der Helaba Invest konnte dabei überzeugen.

Im Allgemeinen ist ein Risiko-Overlay über einen längeren Zeitraum nicht frei von Absicherungskosten. Anleger und Overlay Manager sollten daher gerade in extrem volatilen Marktphasen wie im Jahr 2008 nicht "den Kopf ausschalten", sondern in enger gegenseitiger Abstimmung Entscheidungen zu vorzunehmenden Absicherungsschritten oder zur Vorgehensweise beim Aufbau von Exposure treffen. Dabei ist eine regelmäßige, auch tägliche, Kommunikation ein entscheidender Erfolgsfaktor, da der Anleger letztendlich die alleinige Verantwortung für die erwirtschafteten Anlageergebnisse hat.

Reines Beitragssystem

Die MAN Gruppe hat die betriebliche Altersversorgung mit Wirkung ab Mitte 2009 auf ein - soweit dies in Deutschland möglich ist - reines Beitragssystem (Defined Contribution) umgestellt. Die Mitarbeiter partizipieren im Rahmen eines Life-Cycle-Konzepts direkt an der Wertentwicklung ausgewählter Assetklassen. Das Asset und Risiko Management wurden hierbei entsprechend angepasst.

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