Aufsätze

Die Privatbank vor Ort - eigene Leistungsmarke oder Kooperation?

Seit dem Jahr 2010 steht der Cubanit-farbene Schriftzug der DZ Privatbank in der Partnerübersicht der genossenschaftlichen Finanzgruppe direkt unter den in blauen Lettern gesetzten Volksbanken Raiffeisenbanken. Das ist ein Bild, das die strategische Ausrichtung der Bank, die seit den siebziger Jahren an den Finanzplätzen in Luxemburg und Zürich weitreichende Kompetenzen in der Vermögensverwaltung und der Kreditvergabe in allen Währungen aufgebaut hat, sehr gut beschreibt. Sie will ganz nah an die Primärinstitute in Deutschland rücken, die subsidiäre Unterstützung vor Ort stärker leben, die Marktanteile insbesondere im Private Banking gemeinsam mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken deutlich ausbauen und als Kompetenzzentrum mehr als nur der Produktlieferant von Investmentlösungen sein.

Das sind Botschaften, die bei den Genossenschaftsbanken in den Regionen längst angekommen sind: Wie das Beispiel der VR Bank Untertaunus belegt, versprechen sie den Primärinstituten attraktive Kunden- und Ertragspotenziale in einem über viele Jahre eher unterschätzten und nicht systematisch bearbeiteten Geschäftsfeld.

Kompetenzzentrum für genossenschaftliches Private Banking

Die genossenschaftliche Finanzgruppe hat in der Finanzkrise, die sie erfolgreich und ohne staatliche Hilfe gemeistert hat, deutlich an Vertrauen und Sympathien gewonnen. Zudem hat sich in den letzten Jahren das Anlegerverhalten verändert. Kunden setzen bei der Vermögensanlage längst nicht mehr auf den kurzfristigen Renditeerfolg. Nachgefragt werden heute wertebasierte Anlagekonzepte, die Verantwortung und Nachhaltigkeit genauso berücksichtigen, wie Kapitalerhalt und gesundes Wachstum. Nach eigenen Schätzungen werden immer noch etwa 200 Milliarden Euro an Privatvermögen von Kunden der eigenen Organisation von Banken und Vermögensverwaltern außerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe betreut.

Die regionale Verankerung der lokalen Volksbanken und Raiffeisenbanken und deren großen Erfolge im Privat- und Firmenkundengeschäft sollen sich nun auch in der Zusammenarbeit mit vermögenden Kunden niederschlagen. Studien belegen, dass Genossenschaftsbanken eine Kundenreichweite von 30 bis 40 Prozent erreichen, während allerdings erst drei Prozent das Angebot im Private Banking vollumfänglich nutzen. Die strategische Konzentration von Spezialistenwissen, ein engmaschiges wie auch flexibles Beratungsnetz sowie ein breites Private-Banking-Leistungsangebot machen die bislang noch häufig unterstellte mangelnde Kompetenzvermutung obsolet.

Mit dem Ziel der effektiven Bündelung der Aktivitäten im Private Banking innerhalb der DZ Bank Gruppe und der WGZ Bank Gruppe bei der DZ Privatbank ist die einzigartige Idee des "VR-Private-Banking" ab Sommer 2010 gestartet. Es galt, die Kombination genossenschaftlicher Werte mit den Leistungen einer klassischen Privatbank auch den Kunden der Genossenschaftsbanken umfassend zu erschließen.

Seitdem sind etwa 100 Mitarbeiter an sieben Standorten in Deutschland als direkte Ansprechpartner der regionalen Primärinstitute vor Ort tätig und garantieren kurze Wege zu den Banken und deren Kunden. Ihnen stehen weitere Berater und Fachspezialisten an den internationalen Standorten in Luxemburg, Zürich und Singapur unterstützend zur Seite.

Gemeinsam wird deutschlandweit an der Umsetzung der "Marktinitiative Private Banking" gearbeitet, immer im Einklang mit dem genossenschaftlichen Wertesystem und im Bewusstsein, dass jedes Primärinstitut aufgrund seiner Region, Größe und eigenen Stärken unterschiedliche Voraussetzungen und Anforderungen für das Geschäftsfeld Private Banking mitbringt. Klarer Ausdruck des subsidiären Antritts der Marktinitiative ist, dass die Berater der Genossenschaftsbanken erste Ansprechpartner für ihre Kunden bleiben.

Beispiel Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main

Idstein und Taunusstein sind Mittelzentren mit 26 000 beziehungsweise 29 000 Einwohnern im Rheingau-Taunus-Kreis. Die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden ist nur 20 Kilometer entfernt. Bis in die Finanzmetropole Frankfurt am Main mit Adressen in- und ausländischer Großbanken sowie namhafter Vermögensverwalter sind es nur 50 Kilometer. In diesem Kontext hoher Wettbewerbskonzentration bleibt der genossenschaftliche Auftrag - die Mitglieder und Kunden zu fördern und dabei die eigene Marke zu positionieren und auszubauen - für die VR Bank Untertaunus eine tägliche Herausforderung. Differenzierungs- und Alleinstellungsmerkmale sind unabdingbare Faktoren, die allerdings nur in Verbindung mit einem umfassenden Leistungsangebot und einer hohen Produktivität den Markt- und Ertragserfolg dauerhaft sichern.

Ihre Kunden und Mitglieder, die häufig als Arbeitnehmer oder Selbstständige in der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main tätig sind, haben sich bei der Suche nach ihrem Lebensmittelpunkt bewusst für den Untertaunus entschieden. Dem liegt der Wunsch nach einem Wohnort zugrunde, der Lebendigkeit, Nähe und Übersichtlichkeit verkörpert. So ist im letzten Jahr der Stadt Idstein als eine der ersten Kommunen in Hessen das IHK-Gütesiegel "Ausgezeichneter Wohnort für Fach- und Führungskräfte" verliehen worden. Im April dieses Jahres erhielt die Stadt Taunusstein die gleiche Auszeichnung.

Die VR Bank Untertaunus ist als eigenständige Bank vor Ort seit mehr als 150 Jahren mit der Region verwurzelt. Ihre Stärke bezieht sie aus dem Vertrauen und der großen Kundennähe sowie dem passenden Leistungsangebot. Dies ist Chance wie Verpflichtung zugleich.

Die Entscheidung für Private Banking

Die Bank geht diese Herausforderung auch im Segment Private Banking offensiv an. Die hohe Kaufkraft in der Region und die überdurchschnittliche Anzahl vermögender Kunden, aber auch das Ziel, das Wertpapiergeschäft in einer eigenen Organisationseinheit zu forcieren, hat sie schon vor einigen Jahren zum sukzessiven Aufbau des Geschäftsfeldes veranlasst. Heute steht an den Standorten in Idstein und Taunusstein insgesamt ein Beraterteam von zwölf Mitarbeitern für das gehobene Privatkundengeschäft zur Verfügung. Bei der Kundensegmentierung orientiert sich das Institut an den empfohlenen Kriterien des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) für Individualkunden: Monatliches Nettoeinkommen ab 4 000 Euro oder ein frei verfügbares Vermögen von 250000 Euro.

Das Angebot eines ganzheitlichen Beratungsansatzes umfasst bedarfsorientierte Servicekonzepte, strukturierte Angebote zur Vermögensdiversifikation sowie innovative Produkte zur Optimierung der Altersvorsorge und Vermögensnachfolge. In den letzten Jahren zeichnet sich der Trend ab, dass komplexe Beratungsleistungen in der generationsübergreifenden Vermögensplanung, der Unternehmensnachfolge in Familienstrukturen sowie im Stiftungs- und Immobilienmanagement deutlich stärker nachgefragt werden.

Die Bank stieß bei diesen Themen zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen, auch wenn innerhalb des Hauses mit dem Abteilungsleiter ein zertifizierter Estate Planner zur Verfügung steht. Seine Aufgaben als Führungskraft sowie die Beratung eigener Kunden ließen ihm nur geringe Freiräume, die Beratungs- und Betreuungskompetenz bei den Bestandskunden und noch weniger in der Neukundenakquisition im erforderlichen Umfang einzusetzen.

Die strategischen Überlegungen zur weiteren Marktbearbeitung konzentrierten sich schnell auf zwei Zukunftsmodelle: Mit einer optimierten internen Struktur das Private Banking selbstständig weiterzuentwickeln oder auf eine Kooperation mit der DZ Privatbank in der neuen Rolle des ganzheitlichen Prozess- und Lösungsanbieters zu setzen (make or buy). Die Entscheidung zugunsten einer Kooperation fiel schließlich nach einem Grundsatzgespräch mit dem Bankenbetreuer des Partners aus der Niederlassung Frankfurt.

Entscheidung für eine vertiefte Marktbearbeitung

Beide Häuser hatten schließlich ausreichend Argumente für eine Intensivierung der Zusammenarbeit: Hohes Kundenpotenzial, variables Kooperationsmodell, vollumfängliches Leistungsangebot, wertebasierte Beratung, kompakte Umsetzung, kurze Wege, langjährige Erfahrung im Private Banking. In der Summe war es die Kombination aus Gemeinsamkeiten und passenden Ergänzungen, die beide Geschäftspartner von der Kooperation überzeugte. Mit den vorhandenen Strukturen und Kompetenzen sollte der vereinte Start in die vertiefte Marktbearbeitung möglichst schnell gelingen und die komparativen Vorteile genutzt werden.

Zunächst wurden alle Private-Banking-Berater der VR Bank Untertaunus in einem Workshop von ihren Führungskräften und dem Bankenbetreuer der DZ Privatbank über die Ergebnisse der Initialisierungsphase und das weitere Vorgehen informiert. Die Festlegung einer Gesamtzahl von Zielkunden und Kundenterminen sowie abgestimmter Ansprachestrategien kennzeichneten die gemeinsamen Erwartungen für den ersten Betrachtungszeitraum. Der Termin diente außerdem der persönlichen Vorstellung des zugeordneten Kundenbetreuers, der die zwölf Berater in Idstein und Wehen zukünftig bei ausgewählten Kundenterminen unterstützen und begleiten sollte.

In den anschließenden Vier-Augen-Gesprächen lernten sich die Kundenberater beider Banken noch besser kennen und formten eine homogene Beratungseinheit als Grundlage für die erfolgreiche Kundenansprache. Diese Form des intensiven Austauschs, der sich vor jedem Kundentermin wiederholt, dient einer präzisen Gesprächsvorbereitung und Kundenreflexion mit Festlegung von Inhalt, Struktur und Rollenverteilung. Der gesamte Kundenakquisitions- und Betreuungsprozess basiert zudem auf der strikten Einhaltung bestimmter Qualitätsmerkmale hinsichtlich Service (Erreichbarkeit, Diskretion), Verbindlichkeit (Schnelligkeit der Ausführung), Transparenz (bei Kosten und Prozess) und Sicherheit (Einlagensicherung, risikoabgesichertes Leistungsangebot). Die Berater der VR Bank Untertaunus sind von dem gemeinsamen Antritt und der strukturierten Vorgehensweise überzeugt. Sie haben die Philosophie des VR-Private-Banking sehr schnell verinnerlicht und den "neuen Kollegen" der DZ Privatbank mit großer Offenheit aufgenommen. Die angesprochenen Zielkunden, die die Bank häufig nur als Nebenbankverbindung nutzten und ihre Vermögenswerte bisher bei anderen Banken betreuen ließen, reagieren ebenso positiv auf die persönlich wie fachlich abgestimmten Beratungsteams. Sobald die Gespräche mit allen im Vorfeld festgelegten Zielkunden durchgeführt sind, wird es eine erste Zwischenbilanz mit allen Beteiligten geben. Die ersten Ergebnisse belegen, dass der eingeschlagene Weg bereits Früchte trägt. Vor Kurzem fand ein ergänzender Private Banking Workshop für die Firmenkundenbetreuer statt.

Zielgruppe Unternehmer und Selbstständige

Auch Unternehmer und Selbstständige, die die VR Bank Untertaunus seit vielen Jahren als verlässlichen Finanzierungspartner kennen, sollen zu den neuen Möglichkeiten im Private Banking beraten und als zufriedene Privatkunden noch stärker an ihre Hausbank gebunden werden. Besonders dem Wunsch nach Trennung des Firmen- und Privatvermögens kann aufgrund der Aktivierung verschiedener Buchungsstellen innerhalb der DZ Privatbank (Standorte im In- oder Ausland) individuell und diversifiziert entsprochen werden.

Die beste Empfehlung für eine Zusammenarbeit sind die eigenen Erfahrungen. Im privaten und gewerblichen Währungs-Kreditgeschäft arbeiten beide Partner bereits seit einigen Jahren erfolgreich zusammen. Vor Einführung der Verbraucherkreditrichtlinie im Sommer 2010 stand die Bank vor der Entscheidung, das Kreditgeschäft in anderen Währungen weiterhin im eigenen Handelsbuch abzubilden oder per Aval an die genossenschaftlichen Spezialisten der DZ Privatbank zu übertragen. Sie entschied sich für die Übertragung des Kreditportfolios nach Luxemburg, die Vorteile waren zu deutlich und der Transfer innerhalb kürzester Zeit abgeschlossen.

Abwicklungsplattform für Finanzierungen

Die DZ Privatbank bietet seit mehr als zwanzig Jahren unter der Produktmarke Lux-Credit eine Abwicklungsplattform für Finanzierungen etwa in US-Dollar, Schweizer Franken, japanischen Yen und natürlich auch in Euro sowie allen anderen handelbaren Währungen an. Das Modell ist einfach: Die Genossenschaftsbank bleibt in der Beraterrolle vor Ort und vermittelt die Verbindlichkeit als Avalgeber an die DZ Privatbank. Als Risikoprämie erhält sie eine mit dem Kunden fest vereinbarte Avalprovision. Im Hintergrund, ohne direkten Kundenkontakt, nimmt die DZ Privatbank die Rolle des Dienstleisters ein. Als Garantieempfänger und Kreditgeber wickelt sie alle notwendigen Vorgänge in Abstimmung mit der vermittelnden Genossenschaftsbank ab: Von der Erstellung des Darlehensvertrages und der Auszahlung der Valuta bis zur Prolongation und Abwicklung von Zins- und Tilgungstransaktionen: Schnell und effizient im standardisierten Online-Verfahren über die Vertriebsarbeitsplätze in den Banken vor Ort.

Kunden der VR Bank Untertaunus setzen Währungsfinanzierungen zur Diversifikation ihres Kreditportfolios ein und nutzen dabei Zinsdifferenzen oder Kurschancen. Bei exportorientierten Unternehmen liegt die Motivation in der Absicherung des Wechselkurses bei eingehenden Zahlungen in ausländischer Währung. Die gewählte Darlehensform ist in der Regel kurzfristig revolvierend. Der manuelle Aufwand der internen Abbildung blieb vor der Zusammenarbeit nur durch ein eingeschränktes Währungs- und Laufzeitangebot beherrschbar. Als sich die Außenhandelsspezialistin mehr mit der Abwicklung von Geschäftsprozessen als mit der Beratung ihrer Kunden beschäftigte, musste die Bank reagieren.

Die überdurchschnittliche Beanspruchung der begrenzten internen Ressourcen war nur ein Grund dafür, die Leistungen im Lux-Credit-Geschäft anzufordern. Die komplexe Refinanzierung fremder Währungen und die vertragliche Umsetzung einer Vielzahl von Regulierungsvorschriften, die nun der Partner in Luxemburg übernimmt, tragen zu einer deutlichen Reduzierung der eigenen Liquiditäts- und Rechtsrisiken bei. Ein Gesamtpaket, das zum Geschäftsmodell Kredit der VR Bank Untertaunus passt und den Kunden auf Dauer vollumfängliche Lösungen für ihren Finanzierungsbedarf - ob in Euro oder in anderen Währungen - garantiert.

Höhere Wertschätzung und Kompetenzsteigerung

Ein wichtiger Teil der Wertschöpfung innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe resultiert aus der effizienten Kombination des dezentralen Marktantritts der Genossenschaftsbank vor Ort mit der zentralisierten Bereitstellung von Kompetenzen, Produkten und Abwicklungsplattformen angeschlossener Spezialinstitute. Am aufgezeigten Beispiel lässt sich dieses arbeitsteilige Kooperationsmodell sehr gut erkennen. Es sorgt bei sehr spezialisierten Beratungsleistungen und Produkten im Private Banking und im Kreditgeschäft mit allen Währungen dafür, dass über strukturierte und hocheffiziente Prozesse sowie die Losgrößentransformation die kritische Masse hinsichtlich Kunden und Volumina generiert und ein ertrags- sowie kostenoptimierter Vertrieb möglich wird.

Der regelmäßige Transfer von Spezialisten-Know-how wird mittelfristig zu dem Ergebnis führen, dass die Mitarbeiter der Genossenschaftsbanken im Rahmen ihrer ganzheitlichen Beratung auch komplexe Bedarfsfelder kompetent und eigenständig bei ihren Kunden beraten und dabei auf Lösungen in Form der Vermögensverwaltung zurückgreifen, die ihrerseits wieder von der DZ Privatbank bereitgestellt werden. Jede Genossenschaftsbank, die sich dem Kreis dieser subsidiären Partnerschaft anschließt, steigert damit die Kompetenz des eigenen Hauses, erhöht den Gesamtnutzen für die beteiligten Banken und stärkt die Marktposition der genossenschaftlichen Finanzgruppe.

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