Gespräch des Tages

Rechenzentren - Angst vor Langeweile in Karlsruhe

"Was nun?" scheint man sich derzeit bei der genossenschaftlichen Fiducia zu fragen. Alle 800 angeschlossenen Volks- und Raiffeisenbanken sind auf das aus vier Fusionen heraus destillierte Kernbanksystem "Agree" migriert. Das neue Rechenzentrum ist fertig gestellt, samt ausgegliedertem Leitstand für ein Mehr an Sicherheit. Das Geschäftsjahr 2007 stellt man bei einem Umsatz von 692 (732) Millionen Euro gemessen an Preissenkungen und operativer Effizienz als das "beste in der Geschichte des Unternehmens" heraus - als Gruppen-Dienstleister arbeitet man freilich nicht gewinnorientiert. Die versprochenen Kostenvorteile in Höhe von 100 Millionen Euro pro Jahr konnte man dabei sogar etwas schneller an die Trägerbanken weitergeben, als ursprünglich geplant. Wird den Badensern nun langweilig, geht ihnen ohne weitere Großaufgaben sogar bald der Schwung aus? Zu erledigen gibt es in der Banken-IT freilich immer etwas, dafür sorgen schon die Brüsseler und Berliner Regulierungsbemühungen: Basel II, Sepa, MiFID und nun die Abgeltungssteuer halten nicht nur den genossenschaftlichen Dienstleister intern weiterhin gründlich auf Trab. Strategischen Positionierungsspielraum bieten derartige Arbeiten aber nicht, und schon gar nicht generieren sie Kostenvorteile - sie sind nicht mehr als ein notwendiges Übel.

Wie soll es nun also weitergehen in Punkto Wachstum? Aus strategischer Sicht bleiben im Wesentlichen zwei Baustellen offen. Zum einen wäre da der Ausbau des Fremdgeschäfts außerhalb der Genossenschaftsorganisation. Der läuft derzeit, wenn auch traditionell langsam, denn die großen Volumina liegen ziemlich zementiert in der dreisäuligen Struktur des deutschen Bankenwesens. Allenfalls die ein oder andere kleinere Privatbank aus dem deutschsprachigen Raum hat sich hier in der Vergangenheit gewinnen lassen. Echte, große "Fremdgänger" gibt es bislang nur in Randbereichen, etwa in der Wertpapierabwicklung bei der DWP Bank. Zum anderen steht die Fusion mit der GAD in Münster weiterhin aus. Anläufe hat es bekanntlich mehrfach gegeben, finden konnte man sich bislang nicht. Im Jahr 2010 könnte es klappen, hat man im Westen des Landes zum Jahresanfang vage verlauten lassen. Im Süden würde man gerne früher zusammenkommen. Kontakte diesbezüglich gebe es derzeit aber nicht. Die alt bekannte Frage, wie lange sich die Genossen noch zwei Rechen zentren "leisten" können, lässt sich auch anders formulieren: Welche Kostenvorteile gehen verloren, wenn beide nebeneinander agieren?

Frischen Wind könnte nun die geplante Fusion des Genossenschaftsverbands Frankfurt mit dem norddeutschen Pendant bringen: Denn die Hannoveraner sind bei der GAD angeschlossen, während sich die Hessen der Fiducia als Rechenzentrum bedienen. Aber auch wenn das Zusammengehen der beiden Verbände den verbundpolitischen Druck zumindest auf den kleineren Anbieter erhöhen wird - ein Problem wird bleiben: Die GAD-Banken haben unlängst für gutes Geld auf das Verfahren "Bank 21" umgestellt. Es wird also nicht in ihrem Interesse liegen, gleich wieder in ein neues System zu investieren, insbesondere, wenn das keine wirklich signifikanten Vorteile mit sich bringt. Als Träger können sie einer Fusion allein aus diesem Grund nicht so einfach zustimmen.

Die Lage ist also ähnlich verzwickt, wie auch andernorts im genossenschaftlichen Lager. Denn so lange nicht auch die beiden Geno-Zentralinstitute DZ Bank und WGZ Bank zueinander gefunden haben, wird der nötige Ansporn auch für den genossenschaftlichen IT-Sektor fehlen. Dabei wurde einigerorts sogar auf eine Signalwirkung in umgedrehter Richtung gehofft. Wenn durch die geplante Verbändefusion nicht die notwendige Überzeugungskraft zustande kommt, könnte diese tatsächlich frühestens im Jahr 2010 kommen. Ob man im deutschen Süden strategisch so lange erst einmal Däumchen drehen wird?

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