Aufsätze

Refinanzierungsstrategie einer Immobilienbank

Die Refinanzierung einer Bank steht spätestens seit Ausbruch der Finanzkrise stärker im Fokus als je zuvor. Die Zeiten, in denen der Zugang zu kurz- und langfristiger Liquidität jederzeit vorhanden war, sind auf absehbare Zeit vorbei. Jetzt zahlt es sich aus, die Refinanzierung in den vergangenen Jahren solide und strategisch umsichtig in das Geschäftsmodell einer Bank integriert zu haben. Am Beispiel der Aareal Bank sollen im Folgenden die für die Festlegung und Umsetzung einer Refinanzierungsstrategie relevanten Aspekte dargestellt und ihre Bedeutung für die Refinanzierung erläutert werden.

Aktivgeschäft

Von essenzieller Bedeutung für die Festlegung einer Refinanzierungsstrategie ist die Analyse des zu refinanzierenden Kreditgeschäfts, um daraus den für die nächsten Jahre entstehenden Refinanzierungsbedarf abzuleiten. Das erwartete Verhalten der Bestandskunden bezüglich Rückzahlung, Umstrukturierung oder Prolongation und das erwartete Neukreditgeschäft gehen in diese Analyse ein. Der Auslauf der Margenvereinbarung stellt sich dabei als einer der wichtigsten Faktoren für die Steuerung heraus. Mit der Vereinbarung einer neuen Kreditmarge können unter anderem geänderte Refinanzierungskosten an die Kreditnehmer weitergegeben werden. Diese Aspekte sind von entscheidender Wichtigkeit, um daraus vernünftige Annahmen für die Rückzahlung der Kredite abzuleiten und die Refinanzierungsstrategie entsprechend auszurichten.

In der aktuellen Finanzkrise mit der Gefahr einer entstehenden Kreditklemme funktionieren die Steuerungsmechanismen nicht mehr wie gewohnt. Die Prolongationsquote von auslaufenden Krediten ist ebenso wie die Annahmequote bei Neukreditgeschäften extrem hoch. Viele Banken reduzieren ihre Bilanzen oder haben ihre Risikoeinschätzung geändert und den Kreditkunden fehlen dadurch alternative Finanzierungsanbieter. Der abnehmende Wettbewerb führt zwar zu steigenden Kreditmargen, im Gegenzug muss die Bank aber Refinanzierungsmittel bereitstellen.

Der Aareal Bank ist es in den letzten Jahren gelungen, das Kreditportfolio fristenkongruent zu refinanzieren und zusätzliche Liquiditätsüberschüsse aufzubauen. Kurzfristige Einlagen wurden nur in begrenztem Umfang zur Refinanzierung des Kreditportfolios herangezogen. Der größte Teil der Refinanzierungsmittel wurde mittelbis langfristig begeben. Über welche Aktivitäten am Geld- und Kapitalmarkt dies erreicht wurde und wie die Bank in der Finanzkrise agiert, wird in den nächsten Abschnitten beschrieben.

Einlagengeschäft

Geldmarktgeschäfte sind Bestandteil einer jeden Refinanzierungsstrategie. Ergänzend zum Interbankengeschäft steht die Aareal Bank hier im engen Kontakt zu Einlegern aus der Wohnungswirtschaft auf der einen und der öffentlichen Hand, Fonds und Versicherungen auf der anderen Seite. Die Laufzeiten sind in der Regel sehr kurz und betragen maximal zwölf Monate. Zur Refinanzierung des Kreditportfolios werden diese Gelder bei der Bank nur teilweise herangezogen. Die Bank hat aus den Einlagen der Wohnungswirtschaft einen Bodensatz ermittelt, der zur Refinanzierung des Kreditportfolios genutzt wird. Die weiteren Einlagen sind Liquiditätsüberschüsse, die in liquide Wertpapiere investiert werden.

Im Herbst 2008 hat sich gezeigt, wie wertvoll die konservative Annahme eines niedrigen Bodensatzes war, denn die allgemeine Verunsicherung hat kurzfristig zu erheblichen Liquiditätsabflüssen geführt. Die Einlagen der Wohnungswirtschaft waren wesentlich stabiler als die sonstigen Einlagen. Der angenommene Bodensatz wurde immer eingehalten. Auch wenn ein großer Teil der Einlagen in diesem Jahr wieder zurückgekommen ist, hat die Krise bestätigt, dass kurzfristige Gelder genau dann abgezogen werden, wenn Banken auf sie angewiesen sind. Im Falle der Aareal Bank konnten die Abflüsse mit Hilfe des Wertpapierportfolios durch Geldaufnahme am Repomarkt ausgeglichen werden.

Die fristenkongruente Refinanzierung der Bank konzentriert sich hauptsächlich auf den Kapitalmarkt. Das hier bekannteste Refinanzierungsinstrument der Immobilienbanken ist der Pfandbrief. Aufgrund seiner langen Tradition, einer investorenfreundlichen und auf Marktänderungen reagierenden Gesetzgebung, seinen hohen Anforderungen an die Qualität der Deckungsmasse, einer intensiven Bindung des Emittenten an die Deckungsmasse und einer starken politischen Unterstützung genießt er großes Vertrauen.

Pfandbrief und ABS

Neben der Qualität der Deckungsmasse hat auch die Bindung des Emittenten an seinen Pfandbrief einen hohen Wert für den Investor. Dies wird häufig unterschätzt. Der Pfandbriefemittent ist daran interessiert, auch in Zukunft neue Pfandbriefe am Markt platzieren zu können. Die Deckungsmasse wird vom Emittenten dynamisch gesteuert und gepflegt. Von diesem professionellen Portfoliomanagement profitieren auch die Bestandsinvestoren bis zur Fälligkeit ihres Pfandbriefs. Letztlich haftet nicht nur die Deckungsmasse, sondern auch der Emittent für die Zinszahlung und Rückzahlung der Pfandbriefe.

In den letzten Jahren haben strukturierte Verbriefungsformen, sogenannte Asset Backed Securities (ABS), dem Pfandbrief immer stärkere Konkurrenz gemacht. Diese unterliegen aber nicht den gleichen strengen gesetzlichen Anforderungen wie Pfandbriefe und haben deswegen teilweise geringere Anforderungen an die Qualität der zugrunde liegenden Aktiva. Im Gegensatz zu den Deckungsmassen der Pfandbriefe, befinden sich die Aktiva von Verbriefungen nicht mehr auf der Bilanz der ursprünglich akquirierenden Bank, sondern in für die Verbriefung aufgelegten Vehikeln. In Zeiten gestiegener Kreditausfälle und Liquiditätsknappheit haben die Banken daher geringeres Interesse daran, ihre aufgelegten ABS zu unterstützen. Das Resultat ist, dass der Markt für ABS fast völlig zum Erliegen gekommen ist. Der Pfandbrief hat sich klar als das investorenfreundlichere Produkt herausgestellt und wird in den nächsten Jahren weiter davon profitieren können.

Pfandbriefe werden von der Aareal Bank in erster Linie als Hypothekennamenspapiere mit mittleren bis längeren Laufzeiten begeben, die auf die individuellen Investoreninteressen zugeschnitten sind. Aus dem Debt Issuance Programme (DIP) können auch Inhaberpfandbriefe, insbesondere Jumbopfandbriefe, begeben werden. Hier werden eher mittelfristige Laufzeiten nachgefragt. Jumbopfandbriefe nutzt die Bank unter anderem zur Gewinnung neuer, internationaler Investoren, die sich ausschließlich auf Benchmarkanleihen mit einem Emissionsvolumen von mindestens einer Milliarde Euro konzentrieren.

Pfandbriefe können sowohl in Euro als auch in Fremdwährungen begeben werden. Da die Bank auf drei Kontinenten vertreten ist, begibt sie einen Teil ihres Kreditgeschäfts in Fremdwährungen. Deshalb besteht ein großes Interesse daran, die Kredite auch mittels Pfandbriefe in der jeweiligen Fremdwährung zu refinanzieren. Neben der währungskongruenten Refinanzierung des Kreditgeschäfts kann so ein mögliches Fremdwährungsrisiko innerhalb der Deckungsrechnung eliminiert werden. Zusätzlich zu dieser Währungseindeckung setzt die Bank erfolgreich Sicherungsderivate in der Deckungsmasse ein.

Ein internationaler Immobilienfinanzierer benötigt für sein Kreditgeschäft darüber hinaus auch ungedeckte Refinanzierungsmittel. Inhaberschuldverschreibungen können als Privatplatzierung oder im Benchmarkformat aus dem DIP heraus begeben werden. Treasuries von Kreditinstituten und Fondsgesellschaften sind dabei die häufigsten Investoren.

Wesentliche Rolle der Schuldscheine

In Deutschland spielt der Schuldschein eine wesentliche Rolle. Im Fall der Aareal Bank sind Schuldscheine und Pfandbriefe sogar in ihrer Bedeutung ebenbürtig. Schuldscheine werden häufig für das Anlagevermögen der Investoren gekauft und bis zur Fälligkeit gehalten. Der Investor muss dabei keine Marktwertschwankungen innerhalb der Laufzeit ausweisen. Weiterhin ist der Schuldschein durch die Einlagensicherung der privaten Banken geschützt. Selbst in der aktuellen Finanzkrise wurden die Anleger des insolventen Bankhauses Lehman Brothers entschädigt. Die privaten Banken haben damit klar ihre Unterstützung des Einlagensicherungssystems bekräftigt und über ein Umlageverfahren die notwendigen Mittel bereitgestellt. Auch in Zukunft werden die privaten Banken auch mit Unterstützung der Bundesregierung alles daran setzen, dass Schuldscheine als sicheres Investment betrachtet werden.

Das Vertrauen der Investoren ist die Voraussetzung für eine nachhaltige Refinanzierung. Die Aareal Bank betreibt deshalb eine offene Kommunikation mit bestehenden und potenziellen Investoren. In regelmäßigen Roadshows sowie in Einzelgesprächen erläutert die Bank ihren Investoren ihr Geschäftsmodell und die Refinanzierungsstrategie. Sie hat für sich drei wichtige Investorengruppen am Kapitalmarkt identifiziert. Erstens die Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die hauptsächlich in langfristige Namenspapiere zur Deckung ihrer Auszahlungsverpflichtungen investieren. Die zweite Gruppe machen internationale Fondsgesellschaften aus, die eher in kurz- bis mittelfristige liquide Benchmarkanleihen investieren und auf vorzeitige Verkäufe bei Fondsabflüssen angewiesen sind. Bei der dritten Investorenguppe handelt es sich um Treasuries von Kreditinstituten.

Aktuelle Refinanzierungsbedingungen

Nach Ausbruch der Finanzkrise sind die einzelnen Kapitalmarktprodukte in den Hintergrund getreten. Vielmehr interessieren sich Investoren jetzt verstärkt für die finanzielle Situation und Strategie eines Emittenten. Auch hat ein Umdenken bezüglich der Risikoanalyse eingesetzt: Die Eigenanalyse tritt wieder verstärkt in den Vordergrund, externe Ratings verlieren an Gewicht und Diversifikation bekommt einen noch höheren Stellenwert. Auch der Umfang vermeintlich risikoloser Investments (zum Beispiel Staatsanleihen) wird von den Investoren stärker limitiert. Die Investorenpflege und Vertrauensbildung hat deswegen bei der Aareal Bank eine immer wichtigere Bedeutung.

Seit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers haben sich die Kapitalmarktbedingungen drastisch verschlechtert. Eine langfristige ungedeckte Refinanzierung ist zurzeit für Banken nur sehr eingeschränkt und zu stark erhöhten Risikoaufschlägen möglich. In diesem Marktumfeld profitiert die Bank von ihrer soliden Refinanzierung der vergangenen Jahre.

Funktionierende Kapitalmärkte, an denen neue langfristige ungedeckte Refinanzierungsmittel zur Verfügung stehen, sind jedoch die Voraussetzung, um auch zukünftig die Vergabe von Krediten sicherzustellen. Um die Flexibilität in der Refinanzierung zu wahren, hat die Bank vorsorglich von dem deutschen Regierungsprogramm zur Stärkung des Bankensektors Gebrauch gemacht. Danach stellt der Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) der Bank eine unbefristete stille Einlage in Höhe von 525 Millionen Euro zur Verfügung und räumt ihr einen Garantierahmen für neu zu begebende ungedeckte Emissionen im Gesamtvolumen von bis zu vier Milliarden Euro ein. Dadurch ist die ungedeckte Refinanzierung der Aareal Bank auch für die vermutlich schwierigen nächsten Jahre gesichert.

Mit der Garantie des SoFFin können in 2009 ungedeckte Inhaberschuldverschreibungen mit Laufzeiten bis zu drei Jahren begeben werden. Mit Änderung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes (FMStG) sind unter gewissen Rahmenbedingungen auch fünfjährige Emissionen möglich. Mit dieser Garantie kann eine Immobilienbank trotz der schwierigen Kapitalmärkte neue internationale Investorenkreise erschließen und ungedeckte langfristige Refinanzierungsmittel aufnehmen.

Das klassische Privatplatzierungsgeschäft kann dadurch allerdings nicht ersetzt werden. Die Flexibilität hinsichtlich Volumen, Laufzeit und Kuponstruktur kann eine vom SoFFin garantierte Anleihe nicht bieten. Dies ist auch politisch nicht gewollt, denn der Finanzmarkt soll durch den SoFFin nur stabilisiert und nicht ersetzt werden.

Wichtige Rolle der Regulatoren

Wann die Kapitalmärkte für ungedeckte Emissionen wieder ohne größere Einschränkungen aufnahmefähig sein werden, ist schwer vorherzusagen. Neben dem notwendigen Vertrauen bei Investoren wird dies aber auch von den Regulatoren abhängen. Eine umfassende Regulierung aller Marktteilnehmer wurde von den G20 auf ihrem Treffen im April 2009 beschlossen. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen und notwendig. Es besteht aber auch die Gefahr der Überregulierung und dadurch einer weiteren Verstärkung der regulatorischen Prozyklizität. So sollen Banken angehalten werden, mehr Eigenkapital und längere Refinanzierungsmittel vorzuhalten. Von Versicherungen ist auf der anderen Seite vereinzelt zu hören, dass die Regulatoren den Kauf von Bankenschuldscheinen kritisch hinterfragen. Wenn das Finanzsystem wieder auf eigenen Füßen stehen soll, muss es Investoren weiterhin möglich sein, ungedeckte Emissionen von Banken zu kaufen.

Staatsgarantierte Emissionen aus Deutschland haben die Platzierbarkeit von Pfandbriefen im ersten Quartal 2009 nicht beeinflusst. Für den klassischen deutschen Namenspfandbriefkäufer sind staatsgarantierte Anleihen keine Alternative, weil sie weder die benötigte Laufzeit noch die notwendige Verzinsung bieten. Namenspfandbriefe haben in der Regel eine längere Laufzeit und konnten daher auch in den letzten Monaten erfolgreich am Kapitalmarkt platziert werden.

Jumbopfandbriefe mit mittleren Laufzeiten könnten durch fünfjährige staatsgarantierte Emissionen negativ beeinflusst werden, zumal internationale Investoren zurzeit ohnehin relativ zurückhaltend gegenüber Covered Bonds und Pfandbriefen sind. Demzufolge wären für Fonds und Versorgungseinrichtungen, die zu den wichtigsten Investoren im Laufzeitbereich von fünf Jahren bei Jumbopfandbriefen gehören, laufzeitidentische staatsgarantierte Anleihen eine Alternative. Darüber hinaus ist der internationale Emissionsdruck von Staaten und staatsnahen Institutionen sehr groß. Diese stellen für den Jumbopfandbrief ebenfalls eine ernst zu nehmende Konkurrenz dar. Die Jumbopfandbriefe, die im ersten Quartal 2009 begeben wurden, belegen jedoch, dass nach wie vor ein Markt für dieses Produkt vorhanden ist, der derzeit vor allem von inländischen Investoren getragen wird.

Die Refinanzierung wird auch in den nächsten Monaten für die Banken eine hohe Herausforderung darstellen. Aus heutiger Sicht ist der Pfandbrief das Refinanzierungsinstrument, das den Banken als Erstes wieder in nennenswertem Umfang ohne Staatshilfe zur Verfügung stehen wird.

Die von der Aareal Bank in den letzten Jahren verfolgte Refinanzierungsstrategie belegt die Wichtigkeit einer soliden und nachhaltig belastbaren Refinanzierungsstrategie. Die Einbindung in das Geschäftsmodell, Fristenkongruenz und Pflege der Investorenbasis sind dabei die wesentlichen Erfolgsfaktoren.

Dr. Tammo Diemer , Geschäftsführer, Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur, Frankfurt am Main
Noch keine Bewertungen vorhanden


X