Aufsätze

Regulierungspause oder neuer Regulierungsschub?

"Es gibt gute Gründe, die dafür sprechen, eine 'Regulierungspause' einzulegen". Dass jener Satz nicht aus diesen Tagen im Frühjahr 2008 stammt, erscheint naheliegend. Er wurde vom ehemaligen Bundesbank-Vorstand Edgar Meister im Februar 2006 anlässlich eines Vortrages zur Zukunft der Finanzaufsicht in Europa ausgesprochen.1) Wer hat 2006 schon mit derartigen Verwerfungen an den Finanzmärkten gerechnet, wie sie nun Schritt für Schritt bekannt wurden oder noch werden? Der eine oder andere Hedgefonds offenbar, deren Investmentmanager frühzeitig gegen den allgemeinen Trend Short-Positionen auf Sub-prime-Engagements eingingen.

Neue Vorzeichen in der Finanzaufsicht

"Die Bundesbank hat erneut davor gewarnt, die deutschen Banken mit weiteren aufsichtsrechtlichen Neuregelungen zu überlasten", war im Juli 2006 in der Fachpresse zu lesen. Aus damaliger Sicht - Stichwort Regulierungspause - galt das Augenmerk einer besonders sorgfältigen Prüfung weiterer Harmonisierungs- und Regulierungsvorhaben, erwies und erweist sich doch die Umsetzung von Basel II mit allen Säulen in den Instituten als komplexes und aufwendiges Unterfangen. Der Fokus richtete sich deshalb in der EU auf die kohärente Umsetzung der bestehenden EU-Richtlinien, weshalb die sogenannte CRD Transposition Group eingerichtet wurde.2)

Nun aber, im Zeichen der Finanzkrise, gehen die internationalen Aufseher wieder forscher zu Werke. Kaum sind Basel II beziehungsweise die einschlägigen EU-Richtlinien oder deren jeweils nationale Verordnungen mehr oder weniger weit umgesetzt, stehen schon die nächsten regulatorischen Herausforderungen vor der Tür - und dies, obwohl noch eine ganze Reihe von offenen Punkten bei der Umsetzung zum Beispiel der Solvabilitätsverordnung (SolvV) der Auslegung harren, etwa bei Investmentanteilen.3) Aber: Sind neue regulatorische Restriktionen sinnvoll, und wenn ja welche? Hier lohnt sich vor allem ein Blick auf die Verlautbarungen des Financial Stability Forum sowie des Joint Forum vom April 2008, wie auch auf die Vorhaben in der EU.

Das Joint Forum, 1996 unter der Ägide des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS), der IOSCO und der IAIS (Association of Insurance Supervisors) ins Leben gerufen, beschreibt aktuell in einer ausführlichen Darstellung die Problematik eines gruppenweiten Risikomanagements mit besonderem Hinweis auf das Konzentrationsrisiko.4) Erkenntnisse aus den Marktverwerfungen wurden dabei bereits berücksichtigt. Insbesondere wird der Bezug zu Stresstests und dem Liquiditätsrisikomanagement hergestellt.

Abdeckung in den deutschen MaRisk

Aus Sicht der deutschen MaRisk ist festzustellen, dass diese Themenfelder im regulatorischen Kontext bereits vorhanden sind. Sie wurden nur nicht in jedem Institut hinreichend oder angemessen umgesetzt beziehungsweise beachtet. Ein simples Szenario bestand vor Ausbruch der Krise darin zu fragen: Kann es sich die Bank aus Kapitalsicht leisten, eine bestimmte Liquiditätszusage bezüglich eines außerbilanziellen Vehikels in erheblicher Höhe einzugehen? Was passiert, wenn diese Zusage oder Linie tatsächlich gezogen wird?

Zur Beantwortung derartiger Fragen bedarf es noch keiner statistischen oder anderweitiger komplexer mathematischer Verfahren. Vielmehr ist die materielle Beachtung des § 25a KWG Grundlage der Forderung nach einem adäquaten und wirksamen Risikomanagement. Auch wenn unter dem Regime Basel I beziehungsweise dem alten Meldewesen in Grundsatz I bei entsprechender Gestaltung durch solche Zusagen kein regulatorisches Eigenkapital gebunden wurde, so obliegt es dem internen Bankmanagement gleichwohl, die ökonomischen Effekte und möglichen Folgen jedweden Exposures zu beachten, gleich welcher Art (bilanziell, außerbilanziell).5) Ein Blick in den Jahresbericht der BIZ in Basel vom Juni 2007 zeigt ebenfalls die Entwicklung des Kreditzyklus und das damit verbundene anziehende Pricing für Kreditrisiken.6)

Das Joint-Forum geht aber noch einen Schritt weiter, indem es den "Silo Management" genannten Zustand in Finanzkonglomeraten kritisiert; einzelne Risikoarten werden in diesen Fällen lediglich innerhalb bestimmter Geschäftseinheiten abgebildet, zum Beispiel Ausfallrisiken in Bankeinheiten und Katastrophenrisiken in Versicherungseinheiten. Eine übergreifende Risikosicht fehlt mithin oftmals. Auch hier erweist sich ein Blick in die MaRisk als lehrreich, da eben diese Aufgabe adressiert wird: "Das übergeordnete Unternehmen beziehungsweise übergeordnete Finanzkonglomeratsunternehmen einer Institutsgruppe, einer Finanzholdinggruppe oder eines Finanzkonglomerats hat ein Verfahren einzurichten, das eine angemessene Steuerung und Überwachung der wesentlichen Risiken auf Gruppenebene im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten sicherstellt."7)

Naheliegenderweise wird auch das Thema Liquiditätsrisiko vom Joint-Forum betrachtet;8) die dort vorgetragene Feststellung, dass das Management dieser Risikoart mitunter nicht in gleicher oder ähnlicher Weise wie klassische Bankrisiken in die Risikosteuerung integriert sei, findet sich gleichsam als Öffnungsklausel in den MaRisk wieder. Die Aufsicht war sich bei der Formulierung des Rundschreibens der methodischen Vielfalt in der Institutswelt sehr wohl bewusst und stellt hier im Sinne der Proportionalität auf die Angemessenheit in der Umsetzung ab.9)

Reaktion des Financial Stability Forum

Das Financial Stability Forum (FSF), 1999 von den Finanzministern der G7-Länder und den Zentralbankgouverneuren gegründet, empfiehlt in seinem Bericht vom April 2008 eine ganze Reihe von Maßnahmen, um die Stabilität des Finanzmarktes und der Institute zu stärken.10) Dieser Bericht kam auf Anfrage der G7-Finanzminister und der Zentralbanken aus dem Jahr 2007 zustande; die jeweiligen Zwischenberichte dazu wurden im Februar 2008 beziehungsweise Oktober 2007 vorgelegt.11)

Dabei ist bemerkenswert, dass die Ergebnisse das Produkt einer weitreichenden Kooperation sind, nämlich des BCBS, der IOSCO, IAIS, IASB, CPSS, CGFS, IMF, BIS und weitere.12) Schwerpunkte der Empfehlungen richten sich auf die im Folgenden aufgeführten Themen, wobei der Leser selbst einen Abgleich vornehmen kann, in welcher Form bereits Vorgaben der jeweils nationalen Aufsicht existieren beziehungsweise wie weitreichend diese sind, um mögliche künftige regulatorische Erfordernisse zu erfüllen;13) es ist jedoch absehbar, dass Änderungen oder Ergänzungen jeweils dort erfolgen werden, wo die bestehenden Regelungen keine ausreichende Abdeckung liefern.

Regulatorische Kapitalunterlegung der Risiken

Basel II muss verschärft werden, das heißt das Basler Komitee beabsichtigt, noch 2008 Vorschläge für höhere Kapitalanforderungen vorzulegen; dieses Vorgehen, das von der BaFin grundsätzlich befürwortet wird,14) gilt insbesondere für komplexe strukturierte Kreditprodukte, Kreditrisiken bei Handelsbuchpositionen sowie Liquiditätsfazilitäten bezüglich ABCP Conduits. In diesem Zusammenhang wollen die Aufseher auch die Auswirkungen von Basel II grundlegend begutachten und über zusätzliche Kapitalpuffer befinden. Nicht zuletzt deshalb sollen die Parameter und auch andere Vorkehrungen von Basel II laufend aktualisiert und die Wirkung im Konjunkturzyklus beobachtet werden.15)

Ein besonderer Effekt resultiert dabei aus der Tatsache, dass in Krisenzeiten Schwankungen und Korrelationen über die Maßen unerwartet in die Höhe schnellen können, sodass ex ante Stressrechnungen im Vorfeld einen scheinbar hohen, letztlich aber nicht ausreichenden Kapitalpuffer vorgaukeln können.16)

Dass Liquidität als Thema besondere Aufmerksamkeit erfährt, ist angesichts der gegenwärtigen Finanzmärkte nicht verwunderlich. So hat bei Bear Stearns an einem Freitag ein Refinanzierungsrennen eingesetzt, obwohl am vorangegangenen Donnerstag noch alle geltenden Kapitalanforderungen erfüllt wurden. Das Basler Komitee hat aus diesem Grunde im Juni 2008 eine Neufassung der "Sound Practices on the Management and Supervision of Liquidity" zur Konsultation vorgelegt; darin werden unter anderem folgende Bereiche erfasst:

- Notfallpläne in Verbindung mit außerbilanziellen Vehikeln sowie der Refinanzierung,

- Stresstests mit stärkerer Betonung marktweiter Krisensituationen,

- Management von intra-day Liquiditätsrisiken, auch grenzübergreifend und in Fremdwährung,

- internationale Kommunikation, Kooperation und Konvergenz der Aufseher zum Thema Liquidität.17) Zu den derzeitigen Bestrebungen in den USA, Nicht-Banken schärfer zu regulieren, gab es schon früher entsprechende Überlegungen.18)

Auf europäischer Ebene wurde CEBS von der EU Kommission beauftragt, das Thema Liquidität aufzugreifen; der erste Teil wurde als Bestandsaufnahme im Juli 2007 abgeschlossen, der zweite Teil ist für Herbst 2008 geplant. Dort sollen unter anderem die Interaktion mit anderen Risikoarten behandelt werden, aber auch die Methoden zur Identifizierung und Messung der Liquiditätsrisiken sowie Empfehlungen zur Liquiditätsaufsicht (Proportionalität, Standard- versus interne Modelle).

Aufsichtsrechtlicher Gesamtüberblick zum Risikomanagement

Wegen des bislang praktizierten Risikotransfers außerhalb der Bilanz gilt es künftig, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, folglich Integration außerbilanzieller Vehikel in das Risikomanagement, Verbesserung der Kapitalplanung, Einbezug von Modell- und Bewertungsunsicherheiten sowie von Konzentrationsrisiken und Schwankungen im Laufe des Konjunkturzyklus, jeweils aus ex ante Sicht. Insbesondere ist dabei das Konzept des Value at Risk (VaR) kritisch zu hinterfragen, da in Zeiten geringer Volatilitäten niedrige VaRWerte in einigen Instituten offenbar zu überhöhter Risikobeziehungsweise Positionsnahme geführt haben. Ferner gedenkt das Basler Komitee in 2008 und 2009 Leitlinien zu spezifischen Themen zu veröffentlichen, unter anderem zu unternehmensweiten Risiken inklusive Konzentrationsrisiken.

Ein weiterer Punkt besteht in der Verbesserung der Rechnungslegungsstandards für außerbilanzielle Vehikel (IASB). Zunächst ist festzulegen, in welche Kategorie ein Finanzinstrument einklassifiziert wird (etwa htm, afs). Bei einer Fair-Value-Bewertung im Rahmen einer Mark-to-Model-Berechnung statt - wie in den IFRS vorgegeben auf aktuelle Marktparameter nun etwa auf den Vorschlag von Durchschnittswerten ausweichen zu wollen, milderte zwar einen allzu raschen Werteverfall von Positionen in der Krise ab; offen ist aber, ob dadurch die Prozyklik tatsächlich entschärft werden kann. Entscheidende Fragen sind daneben die nach der Konsolidierung von Conduits und nach der Bilanzierung von komplexen Finanzinstrumenten.19) Diese Fragen treten in ähnlicher Form auch bei der Diskussion der HGB Bilanzrechtsmodernisierung auf (BilMoG), zumal eine Fair-Value-Bewertung für Handelsbestände gegebenenfalls auch steuerliche Implikationen hat.

Rolle und Gebrauch von externen Ratings

Die Finanzkrise hat offenbart, dass die Ratingurteile der Agenturen vielfach zu unkritisch als Gütesiegel für Sachverhalte herangezogen wurden, denen sie nicht entsprachen, zum Beispiel als Maß für die Liquidität oder den Marktpreis. Unabhängig davon sind Verbesserungen möglich und auch sinnvoll. So müssen gemäß dem FSF externe Ratingagenturen die Qualität ihres Ratingprozesses verbessern und Verfahren für den Umgang mit Interessenkonflikten beim Rating strukturierter Kreditprodukte umsetzen. IOSCO stellt zu diesem Zweck einen neuen Code of Conduct bereit. Dazu wurde im März 2008 ein Konsultationspapier über Verschärfungen im Verhaltenskodex für Ratingagenturen verschickt, in dem neue Anforderungen an die Qualität und die Integrität der Ratingverfahren und -prozesse vorgeschlagen wurden.

Ende Mai wurde der neue Verhaltenskodex von der IOSCO schließlich verabschiedet.20) Darin wurden außerdem zusätzliche Kriterien für die Unabhängigkeit der Agenturen und zur Vermeidung von Interessenkonflikten aufgestellt sowie die Verantwortlichkeiten gegenüber den Investoren und den Emittenten präzisiert.21) So sollen die Ratingagenturen unter anderem künftig offenlegen, ob sie für die erste Beurteilung eine sogenannte Break-up-Fee erhalten haben, auch wenn das Produkt schließlich nicht benotet wurde.22) Ebenso wird die funktionale Trennung von Advisory und Ratingdurchführung angesprochen.

Grundsätzlich besteht das Problem jedoch darin, dass sowohl der Emittent als auch der Investor eine von Informationsasymmetrie gekennzeichnete Principal-Rolle gegenüber der Agentur (Agent) einnehmen, allerdings mit jeweils gegenläufigen Interessen.23) Deshalb wird auch die Offenlegung darüber diskutiert, ob ein Forderungspool angepasst wurde oder gegebenenfalls weitere, zum Beispiel Sicherungsmaßnahmen ergriffen wurden, um das gewünschte Rating zu erhalten. Wer die Kontrolle über die Kodexerfüllung erhalten soll, ist noch offen; im Gespräch ist eine Zuordnung an CESR.

Zur Erhöhung der Klarheit muss laut FSF überdies für strukturierte Kreditprodukte entweder eine eigene Ratingskala eingeführt werden oder anhand von Zusatzsymbolen erkennbar sein, dass es sich um diesen Produkttypus handelt. Ferner müssen die Agenturen ihre Prüfung bezüglich der Originatoren-Prozesse verbessern und offenlegen, welche qualitativen Merkmale sie dabei auf die Underwriting-Standards der Originatoren anwenden. Aber auch Investoren müssen den Gebrauch externer Agenturratings in ihren Richtlinien gegebenenfalls überarbeiten, da externe Ratings eine interne Risikoeinschätzung nicht ersetzen.24) Dies entspricht dem Grundgedanken der IRBA-Bedingung in der SolvV, weshalb die zusätzliche FSF-Anforderung aus Sicht des Meldewesens vom Grundgedanken her im Wesentlichen als erfüllt gelten kann, nach der eine Überprüfung der Verwendung externer Ratings in den Regulierungsvorschriften zu erfolgen hat.

Stärkung der regulatorischen Reaktionsmöglichkeiten

Aufgrund des zum Teil beobachteten Verhaltens in der Krise wird gefordert, dass die Aufseher proaktiv mit dem Management einer Bank in Kontakt treten, damit frühzeitig Maßnahmen bei problematischer Risikolage oder Mängeln im Risikomanagement ergriffen werden.25) Als Voraussetzung dafür zählt auch der Ausbau der Kooperation und des Informationsaustausches in der weltweiten Finanzaufsicht. Dies betrifft einerseits die Zusammenarbeit internationaler Vereinigungen wie FSF und IMF. Andererseits sind global besetzte, sogenannte "Colleges of Supervisors" zu etablieren. Es ist vorgesehen, diese bis Ende 2008 für jedes der größten internationalen Finanzinstitute eingerichtet zu haben. Eine Testphase für die Colleges schließt sich planungsgemäß im Jahr 2009 an.

Damit die beschriebenen internationalen Entwicklungen aus dem Financial Stability Forum beziehungsweise dem Joint Forum in der EU frühzeitig aufgegriffen werden, ist beabsichtigt, eine Überarbeitung der bestehenden EU-Eigenkapitalrichtlinien in Angriff zu nehmen. Dazu konnten betroffene Akteure im Rahmen einer Konsultation bis 16. Juni 2008 ihre Stellungnahmen abgeben.26) Parallel dazu wird eine Folgenabschätzung über die möglichen Änderungen eingeleitet; diese steht im Einklang mit den Leitlinien, die von den drei Level 3 Komitees (3L3) Ende April 2008 veröffentlicht wurden, um den Impact Assessment genannten Prozess konform zur "Better Regulation" Agenda der EU-Kommission besser zu strukturieren.27)

Zeitliches Ziel der Richtlinien-Überarbeitung ist die Verabschiedung einer Neufassung bis spätestens März 2009. Der Hintergrund dieses Zeitplanes liegt unter anderem darin begründet, dass die Maßnahmen im Zustimmungsverfahren unter Einschluss des Europäischen Parlamentes erfolgen sollen; im Juni 2009 jedoch stehen die Wahlen zum EU-Parlament an. Um die chronologische Vorgabe einzuhalten, wurde die Kommission aufgefordert, Vorschläge bis September 2008 abzugeben.

EU-Konsultation an den Inhalten des FSF orientiert Thematisch folgt die EU-Konsultation in weiten Teilen den Inhalten des FSF, soweit sie die Eigenkapitalrichtlinie betreffen:

- Erweiterung der Transparenzanforderungen,

- Verschärfung der Vorschriften für außerbilanzielle Positionen;28) zudem sollen auch Klumpenrisiken außerhalb der Bilanz vermieden, das heißt möglichst keine Umgehungstatbestände geschaffen werden, die durch Splitten von Liquiditätslinien auf mehrere Conduit-Kaufgesellschaften zustande kommen.29) In diesem Zusammenhang sei auch auf das HGB-Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz verwiesen, nach dem eine Konsolidierung auf die einheitliche Leitung abstellt und das Beteiligungserfordernis entfallen soll.

- Vermeidung von Fehlanreizen im Origi-nate-to-Distribute-Prozess bei Verbriefungen: Hier wird überlegt, die regulatorische Kapitalentlastung beim Originator zu beschränken; dadurch soll eine Anreizwirkung bei der Kreditvergabe im Primärgeschäft vor Verbriefung erzeugt werden. Allerdings ist zu bedenken, dass es nicht zwingend dem Mechanismus der Verbriefung bedarf: Auch Einzelengagements können nach kurzzeitiger Hereinnahme auf das Handelsbuch weiterveräußert werden.

- Überarbeitung der Liquiditätsanforderungen,

- Verschärfung im Großkreditbereich.30) Die von CEBS empfohlene Begrenzung der Interbankenliquidität ist dabei allerdings sehr umstritten. Im Gegensatz dazu wird aus der Bankenbranche gefordert, die geltenden Regelungen beizubehalten.31)

- Ausbau der internationalen Zusammenarbeit in der Aufsicht, um den Regelungs-Aufwand für die länderübergreifend tätigen Institute zu reduzieren. Zu diesem Zweck wurde im Dezember 2007 eine "Roadmap" für die Finanzaufsicht in Europa beschlossen. Ein wichtiges Element darin besteht in der Übertragung einer Art "Europäisches Mandat" an nationale Aufseher in Verbindung mit der Etablierung der sogenannten Colleges of Supervisors.32) CEBS soll dabei im Sinne eines Level Playing Field die Konsistenz und Kohärenz zwischen den Colleges sicherstellen. Die Funktion eines Consolidating oder gegebenenfalls künftigen Lead Supervisor soll gestärkt werden, vergleichbar etwa dem Vorgehen bei der grenzübergreifenden Genehmigung von IRB-Verfahren. Dann allerdings müsste zumindest ein Mediationsverfahren vorgesehen werden, um berechtigte Interessen eines involvierten Host Supervisors zu wahren. Der derzeit diskutierte Einbezug von Host-Aufsehern systemrelevanter Niederlassungen in die Colleges dürfte sich jedoch in der Entwicklung des europäischen Binnenmarktes als Rückschritt zum jetzigen Stand erweisen.

Neuer Regulierungsschub oder freiwilliger Code of Conduct?

Insgesamt soll nach Ansicht der deutschen Bundesbank trotz der maßgeblichen Aktivitäten auf internationaler wie auf EU-Ebene jedoch kein neuer Regulierungsschub ausgelöst werden, denn: Wegen zeitlich gestaffelter Einführung 2007/2008 in der EU konnte Basel II seine Wirkung noch nicht rechtzeitig vor Einsetzen der Finanzkrise entfalten und beginnt erst jetzt, sukzessive seinen Einfluss unter Beweis zu stellen. Die zeitlich versetzte Einführung in den USA ab 2009 unterstreicht diese Aussage.33)

Vor einer Überregulierung warnt beispielsweise auch der Bundesverband deutscher Banken, zumal das Institute of International Finance (IIF) einen Katalog von Selbstverpflichtungen und Anregungen für die Branche vorgelegt hat.34) Insbesondere wird bei der gesamten Diskussion der in Rede stehende Kapitalpuffer kritisiert. Dabei ist zu bedenken, dass bereits Basel II mehrere solcher Puffer enthält, etwa im aufsichtsrechtlichen IRB-Skalierungsfaktor oder den Floors für die gesamte Kapitalanforderung - letztere zumindest in den ersten Jahren der Einführung.

Prinzipienorientiert und interessensneutral

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die internationale Finanzkrise eine vor zwei Jahren noch nicht erwartete neue Dynamik in den Aktivitäten der internationalen Regulatoren ausgelöst hat. Der damals im Anschluss an Basel II noch vorgesehenen "regulatorischen Pause" heute noch das Wort zu reden, ist weitgehend hinfällig. Ob vor der nächsten größeren Entwicklungsstufe - Basel III lässt grüßen - die geplanten einzelnen Zwischenetappen griffige Namen erhalten wie zum Beispiel Basel II b oder Ähnliches, ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Allerdings zeigt die EU-Konsultation für die CRD-Änderungsrichtlinie, dass erste Ansätze auf dem Weg zu Basel III bereits bestehen.

Aus deutscher Sicht gilt es nun, die aufsichtsrechtlichen Zügel in den einzelnen Basler Säulen mit Bedacht enger zu ziehen. Denn unter anderem mit den MaRisk existiert bereits ein Rahmen für das institutsinterne Risikomanagement, das in einem umfassenden Ansatz schon heute grundsätzlich alle wesentlichen Risiken mit einbezieht.35) In all diesen Fällen kommt es vielmehr in erster Linie auf die konsequente, angemessene und wirksame Umsetzung der Aufsichtsanforderungen an. In Säule 1 hingegen wird sich der bekannte Hase-Igel-Wettlauf fortsetzen.

Aus gegenwärtiger Sicht ist zu erwarten, dass die regulatorische Antwort auf die Krise den Instituten dennoch neue Pflichten abverlangt; dabei ist insbesondere die Einbindung von wirksamen Stresstests und zugehörigem Kapitalmanagement von Bedeutung, da sich gerade in Krisenzeiten Mängel der Modelle und deren Parametrisierung offenbaren.

Dabei muss beachtet werden, dass eine moderne und schlagkräftige Aufsicht, die den Entwicklungen und kurzen Zyklen der internationalen Finanzmärkte im Sinne der "Better Regulation" gerecht werden will, sich nur dann wirksam entfalten kann, wenn prinzipienorientiert und interessensneutral geprüft wird; die Regelbasierung tritt also weiter in den Hintergrund, während zugleich auf internationaler Ebene die Zusammenarbeit der Aufseher (Home Host) auf der Grundlage bestehender sowie künftiger Gesetze ausgebaut wird.

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