Aufsätze

Risiko- und Forderungsmanagement als Erfolgsbaustein

Zwischen einer Kreditfinanzierung und Leasing von Investitionsgütern besteht ein wesentlicher Unterschied, der auch das Risikomanagement prägt. Während bei einem Kredit die Bank einen Finanzierungsvertrag direkt mit dem Nutzer des Objekts schließt, der zugleich dessen Eigentümer ist, ist beim Leasing der Leasinggeber dazwischen geschaltet. Dieser ist wirtschaftlicher und insbesondere zivilrechtlicher Eigentümer des Objekts und aktiviert es in seiner Bilanz (siehe Abbildung 1).

An die Stelle des Kreditvertrags treten damit zwei getrennte Verträge:

- zum einen der Leasingvertrag, der dem Leasingnehmer gegen Zahlung fester Raten, die der Leasinggeber entsprechend seinen Abschreibungs-, Refinanzierungs- und sonstigen Kosten kalkuliert, während der Laufzeit das volle Nutzungsrecht am Objekt gewährt;

- zum anderen der Finanzierungsvertrag zwischen Bank(en) und Leasinggeber; dabei kann es sich entweder um eine Refinanzierungstranche handeln, mit der die Leasinggesellschaft die Anschaffung einer größeren Anzahl von Fahrzeugen, Maschinen oder Geräten für unterschiedliche Leasingnehmer finanziert, oder um die individuelle Refinanzierung eines größeren Investitionsobjekts.

Transparenz durch Objektgesellschaften

Insbesondere im Immobilienleasing, aber auch bei "Big Tickets" - also Ausrüstungsinvestitionen, deren Wert in die Millionen geht, wie zum Beispiel Großanlagen oder Flugzeugen - fungieren Einzel-Objektgesellschaften als Leasinggeber, in denen die Leasinggesellschaft die Geschäftsführung übernimmt und die steuerlich als eigenständige Unternehmen behandelt werden. Die Abkapselung des Engagements ist nicht nur im Interesse des Leasingnehmers, der seine Bilanz entlastet, sondern auch des Leasinggebers und vor allem der finanzierenden Bank(en). Weil sämtliche Zahlungsströme über das Konto der Objektgesellschaft abgewickelt werden, hat die Bank oder das Finanzierungskonsortium stets vollkommene Transparenz. Bei Vertragsstörungen, insbesondere Insolvenz des Leasingnehmers, können die Leasinggesellschaft und die finanzierende Bank ihre Interessen abstimmen und gezielt wahrnehmen.

Generell ist die finanzierende Bank beim Leasing wegen der konkreten und gesicherten Eigentümerposition des Leasinggebers deutlich näher am Objekt als bei einer klassischen Kreditfinanzierung. Das ist ein entscheidender Vorteil, wenn der Leasingnehmer in wirtschaftliche und finanzielle Schwierigkeiten gerät. Die Leasinggesellschaft muss sich keinem Wettlauf mit anderen Gläubigern liefern, da sie Eigentümerin der Leasingobjekte ist. Zudem hat sie im Insolvenzfall ein Aussonderungsrecht.

Für Kreditinstitute kann es daher auch unter Risikoaspekten sehr sinnvoll sein, ihren Kunden für die Finanzierung von Investitionen Leasinglösungen zu vermitteln (und damit Provisionserträge zu erzielen) und anstatt eines konventionellen Kredits - die Forfaitierung von Leasinggeschäften zu übernehmen. Das gilt nicht nur für Mobilien und Immobilien, sondern auch für immaterielle Wirtschaftsgüter und sogar Umlaufvermögen, für die ebenfalls strukturierte Finanzierungen nach Leasingmuster angeboten werden.

Der Faktor Flexibilität

Ein weiterer Vorteil von Leasing, der letztlich auch dem Finanzierer zugute kommt, ist seine Flexibilität. Denn der Leasingnehmer kann das Investitionsobjekt nicht nur wie ein Eigentümer eigenverantwortlich nutzen, sondern durch geeignete Vertragsgestaltung auch seine wirtschaftlichen Chancen erhöhen und die Risiken minimieren. Leasingverträge lassen sich durch standardisierte Module oder maßgeschneiderte Gestaltung an nahezu jedes Kundenbedürfnis hinsichtlich Nutzungsdauer, laufender finanzieller Belastung und Verwertung oder Weiterverwendung anpassen.

So können Leasingverträge kürzer laufen als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, die das Finanzamt für die steuerlichen Abschreibungen ansetzt. Damit lassen sich veraltete Maschinen, Geräte oder Software schneller durch neue ersetzen, die leistungsfähiger sind und/oder Kosten sparen helfen.

Andererseits bieten Mietverlängerungsoptionen oder Ankaufsrechte zu definierten Zeitpunkten die Möglichkeit, die Objekte auch länger zu nutzen. Und auch für produzierende Unternehmen, deren Auslastung schwankt, gibt es eine Lösung: Pay-as-you-earn-Modelle mit nutzungsabhängigen Leasingraten - ähnlich wie bei Kilometerverträgen im Pkw-Leasing. Aus dieser Flexibilität erwachsen freilich auch spezielle Asset-Risiken: Der Anschaffungswert wird oft nur teilweise durch die Zahlung des Kunden amortisiert. Die Differenz müssen die Verwertungserlöse auf dem Gebrauchtmarkt erbringen. Die Wert- und Ertragsrisiken aus Verträgen mit offenen Restwerten beziehungsweise dem Operate-Leasing nach IFRS unterliegen zudem im Vertragsverlauf aufgrund der Marktentwicklung zum Teil deutlichen Schwankungen. Der Restwert-Kalkulation kommt damit entscheidende Bedeutung zu - positiv wie negativ. Wer zum Beispiel Kunden mit niedrigen Raten zu ködern versucht, indem er die Restwerte hoch ansetzt, riskiert erhebliche Verwertungsverluste, wenn der Markt und die Preise einbrechen - wie jüngst im Neuwagen-Leasing der Autohersteller. Umgekehrt droht eine Leasinggesellschaft Neugeschäft zu verlieren, wenn sie übervorsichtig ist und die Restwerte zu niedrig festlegt. Für Restwertrisiken existieren deshalb interne Limitvorgaben, die regelmäßig überprüft und angepasst werden.

Objekt- statt Bonitätsorientierung

Aus der Eigentümerposition und dem damit verbundenen Asset-Risiko folgt, dass der Fokus der Risikobeurteilung bei Leasinggesellschaften - im Gegensatz zu Banken - zunächst auf dem finanzierten Objekt liegt. Die Bonitätsprüfung reduziert sich damit auf das offene Risiko. Das heißt, je geringer die Werthaltigkeit des angeschafften Objekts (zum Beispiel wegen hoher Kosten für Verschleißwerkzeuge, Fundamente und Installation, die sich bei einer Verwertung nicht wieder hereinholen lassen) und je ungünstiger die erwartete Wertentwicklung während der Vertragslaufzeit, desto mehr spielt die Bonität des Leasingnehmers eine Rolle bei der Entscheidung, ob und zu welchen Bedingungen es zueinem Abschluss kommt.

Dagegen richten Banken - insbesondere bei der Mobilienfinanzierung - ihr Augenmerk primär auf die Bonität des Kreditnehmers, sie ist das entscheidende Kriterium für die Kreditvergabe und die Konditionen. Das Investitionsobjekt dient lediglich als Sicherheit, die zumeist pauschal bewertet wird. Denn gerade bei Ausrüstungsgütern verfügen Banken häufig über keine detaillierten Kenntnisse und Erfahrungen über die Werthaltigkeit und Wertentwicklung des Objekts.

In der fundierten Objektexpertise, zu dem auch das Verwertungs-Know-how gehört, liegt wiederum die Schlüsselkompetenz einer Leasinggesellschaft. Zu einem umfassenden Risikomanagement gehört darüber hinaus auch der professionelle Umgang mit gefährdeten Engagements und Schieflagen (Sanierungsmanagement) sowie ein leistungsfähiges Forderungsmanagement und -inkasso.

Eine Bank, die einen Leasinggeber refinanziert, ist damit gleich doppelt abgesichert: durch die Asset-Kompetenz der Leasinggesellschaft - wenn diese, wie im Mobiliensegment die Regel, selbst die Objekte verleast, auch durch deren Bonität - und ergänzend durch die Bonität des Leasingnehmers, den das Risiko- und Forderungsmanagement der Leasinggesellschaft ebenfalls im Auge behält (Abbildung2).

Die Risikomanagement-Bausteine:

1. Objektbewertung

Das Fundament bildet die Objektkompetenz hinsichtlich der Einschätzung der Wertentwicklung der Assets über die gesamte Vertragslaufzeit. Ziel ist es, das offene Risiko aus der Differenz zwischen der Amortisation (Summe der abgezinsten Raten) und dem Objektwert zu ermitteln.

Für die Mobilienbewertung hat zum Beispiel die Deutsche Leasing auf Basis langjähriger Wertverlaufsanalysen und -erfahrungen ein ebenso umfassendes wie konzentriertes Know-how aufgebaut. So verfügt sie über Wertverlaufsdaten zu rund 12000 Objekten, die ständig aktualisiert werden. Darin geht neben eigenen Marktbeobachtungen und den Rückmeldungen aus der Verwertung der Gebrauchtobjekte auch die Objekt- und Sekundärmarkt- Expertise der Vendor-Partner ein, also der Investitionsgüter-Hersteller und Händler, welche die Deutsche Leasing als Absatz-finanzierungs-Partner auf den internationalen Märkten begleitet. Bei technologisch neuartigen oder wirtschaftlich komplexen Investitionsvorhaben greift die Deutsche Leasing zur Bewertung auch auf Fachgutachter zurück.

2. Objektverwertung

Einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Risikominimierung und Ertragsverbesserung leistet die Verwertungskompetenz, die zweite Säule der Objektexpertise. Dazu gehören profunde Kenntnisse und aktuelle Informationen über die weltweiten Gebrauchtmärkte ebenso wie der Zugang zu den verschiedensten Verwertungskanälen - von Händlernetzen bis zu Online-Marktplätzen. Eine wichtige Rolle spielen auch hier die Vendor-Partner. Denn die internationale Präsenz erhöht die Verwertungschancen und -erlöse. So sind zum Beispiel gebrauchte Druckmaschinen in Russland gefragt, und Baumaschinen lassen sich in China weitervermarkten. Zudem haben die Vendoren selbst größtes Interesse an funktionierenden Sekundärmärkten mit angemessenen Preisen. Für gebrauchte Maschinen, Autos und IT-Hardware verfügt die Deutsche Leasing auch über eigene Verwertungstöchter beziehungsweise -einrichtungen. Risikomindernd wirken auch die überregionalen Verwertungsmöglichkeiten.

Darüber hinaus ermöglicht die große Erfahrung von Mobilienleasinggesellschaften in der Organisation der Verwertungsprozesse - von der Demontage über Transport und Einlagerung bis zur Wiederinbetriebnahme - Kosteneinsparungen und bringt den Leasingnehmern zusätzlichen Nutzen.

In den Bereichen Immobilien, Großmobilien und immaterielle Wirtschaftsgüter verfügt die Tochtergesellschaft Deutsche Anlagen-Leasing (DAL) über besondere Assetkompetenz. Eine Schlüsselrolle spielt dabei neben dem Bewertungs- und Ver-trags-Know-how das professionelle Baumanagement, das größere Immobilienleasinggesellschaften wie die DAL über spezialisierte Tochtergesellschaften anbieten.

Ihre Expertise zu nutzen lohnt sich sowohl für den Leasingnehmer, der sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann, als auch für die finanzierende Bank, weil die typischen Baurisiken - Kosten, Termine und Qualität - konsequent und kontinuierlich kontrolliert werden.

Dank ihrer Objektkenntnisse und Verwertungsfähigkeiten holen Leasinggesellschaften unabhängig vom Konjunkturzyklus einen höheren Prozentsatz ihrer ausfallgefährdeten Forderungen wieder herein als Kreditinstitute (siehe Abbildung 3).

Leasinggesellschaften mit hoher Asset-Kompetenz erreichen im langjährigen Durchschnitt Recovery Rates von mehr als 80 Prozent. Der Löwenanteil entfällt dabei auf die hohen Verwertungserlöse. Dazu kommen weitere Zahlungseingänge, zum Beispiel aus Weitervermietung oder Verwertung von Drittsicherheiten.

So beruhigend hohe Recovery Rates sind, oberstes Ziel muss es sein, den Ernstfall der vorzeitigen Verwertung zu vermeiden. Hier kommen das Sanierungs- und das Forderungsmanagement ins Spiel.

3. Sanierungsmanagement

Aufgabe des Sanierungsmanagements ist es, Ausfälle durch frühzeitiges Erkennen von Ausfallrisiken, rechtzeitige Einleitung von Sanierungsmaßnahmen und professionelle Betreuung von gefährdeten Engagements zu reduzieren. Die Deutsche Leasing hat dafür einen eigenen Unternehmensbereich "Beratung und Sanierung" aufgebaut. Durch Risiko- und Bonitätseinschätzung, Vertrags- und Sicherheitenprüfung, Objektprüfung vor Ort und anschließende Objektbewertung wird zunächst das eigene Risiko ermittelt. Um die Gefährdung und den Sanierungsbedarf sowie die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit des Kunden zu beurteilen, werden Gespräche zur aktuellen Situation und Entwicklung geführt sowie weitere Informationen eingeholt.

Schließlich werden Sanierungskonzept und Maßnahmenkatalog entwickelt. Dabei wird das Vorgehen mit Banken und Beratern abgestimmt. Zu den Standardmaßnahmen gehören die frühzeitige Regelung von Rückständen und Stundungen, die Korrektur von Vertragsmängeln und die Akquisition von Zusatzsicherheiten. Unverzichtbares Instrument der Risikominderung ist die laufende Kontrolle des Überwachungsbestands.

4. Forderungsmanagement

Während sich das Sanierungsmanagement mit den ernsten Problemfällen beschäftigt, hat das Forderungsmanagement zum Ziel, durch Minimierung der Forderungsausfälle jederzeit die notwendige Liquidität zu sichern. Die Abwicklung kann entweder inhouse erfolgen oder spezialisierten Inkassounternehmen übertragen werden.

Die Deutsche Leasing hat die Outsourcing-Lösung mit der Bad Homburger Inkasso (BHI) gewählt, an der sie beteiligt ist. Als marktführendes Kompetenzcenter für Forderungsmanagement der Sparkassen-Finanzgruppe und deren Kommunal- und Mittelstandskunden bietet die BHI umfassende Gesamtlösungen an. Standardisierte und automatisierte IT-gestützte Prozesse ermöglichen eine schnelle und kostengünstige Bearbeitung mit gleichbleibend hoher Qualität.

Gut ausgebildete Mitarbeiter sind dennoch unverzichtbar, um die Mandantenanforderungen in passende Lösungen umzusetzen und mit den Zahlungspflichtigen realistische Rückzahlungsvereinbarungen zu treffen, die ihre Lebens- und finanzielle Situation berücksichtigen. Wenn nötig, werden sogar Kleinstraten eingeräumt. Dieses "Motivationsinkasso" trägt wesentlich zu den hohen Beitreibungsergebnissen bei und ist ein hervorragendes Kundenbindungsinstrument.

Fester Bestandteil des Geschäfts

Mit ihrer Objektbewertungs- und -verwertungskompetenz, die über die bonitätsorientierte Betrachtung von Banken hinausgeht, und den ergänzenden Bausteinen Sanierungs- und Forderungsmanagement verfügen Leasinggesellschaften über ein wirkungsvolles Risikomanagement. Dies ist einer der Gründe, weshalb viele Leasinggesellschaften mit geringeren Blessuren durch die Krise gekommen sind als der Bankensektor.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors am 7. Juli 2010 im Rahmen des "Leasing-Forums" dieser Zeitschrift.

Kai Ostermann , Präsident, Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e.V. (BDL), Berlin , Deutsche Leasing AG
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