Gespräch des Tages

Slovenien - Beitritt zur EWU ein Gewinn für den Euro

Prof.Dr.Heinz Christian Hafke und Dr. Klaus Schrüfer, Frankfurt am
Main, schreiben der Redaktion: "Zum 1. Januar 2007 wird Slowenien als
dreizehntes Land der Europäischen Währungsunion beitreten. Bedeutender
als die bloße Mehrung der Mitgliedstaaten in der Euro-Zone ist indes,
dass das Land als erstes der mittel- und osteuropäischen Reformstaaten
die Gemeinschaftswährung einführen wird. Bereits jetzt haben Politik
und Gesellschaft des Landes erfolgreich den Umbau ihrer Wirtschafts-
und Währungsordnung bewältigt. Aber haben sie ihn auch so überzeugend
vorgenommen, dass Slowenien ,Euro-reif' ist, fragen Zweifler.
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Zweifel gegenüber der Tauglichkeit von Beitrittskandidaten für die
Mitgliedschaft in der Euro-Zone haben die für die Politik der EU
Verantwortlichen selbst generiert. Zwar indizieren die Kriterien auf
der Grundlage des Vertrages von Maastricht die Beitrittsfähigkeit
eines Landes, aber bereits 1998 machte die Festlegung der
Teilnehmerländer an der einheitlichen Währung klar, dass die Grenzen
des Währungsraumes einer Dynamik entsprachen, in der im Zweifel
politische Überlegungen über die Auswahl der ,Ins' entschieden.
Kritische, wenn auch diplomatisch verbrämte Stellungnahmen von
Währungshütern zu einem Teil der Kandidaten blieben für das Ergebnis
ohne Wirkung.
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Wie eine Bestätigung dessen hagelten später enthüllende Zahlen, zum
Beispiel für Italien, ins öffentliche Bewusstsein. Auch die Aufdeckung
der - gelinde gesagt - geschönten Eckwerte des Nachzüglers
Griechenland bestärkten die Stimmen, die ,es immer schon gewusst
hatten', wie mit den harten Beitrittskriterien umgegangen werde. Zudem
zeigte die schädliche Diskussion um die Einhaltung der Defizitgrenzen
des Stabilitätspaktes und dessen faktische Aufweichung samt
vorangehender Absegnung durch den Europäischen Gerichtshof in
Luxemburg Wirkung: Viel öffentliches Vertrauen in die durch die
Mitgliedsstaaten im Rat vertretene Politik der Währungsunion wurde
zerstört.
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Gegen den Beitritt Sloweniens erheben sich indes keine ernst zu
nehmenden Stimmen. Seine Beitrittsreife ist unstrittig. Gemessen an
den Konvergenzkriterien erfüllt das Land die wirtschaftlichen
Voraussetzungen. Keine Probleme bereitete die Beurteilung der Lage der
öffentlichen Finanzen. EU-Kommission und Europäische Zentralbank
fanden aufgrund der reformorientierten Wirtschaftspolitik und der
robusten Konjunktur ein Haushaltsdefizit für 2005 mit 1,8 Prozent des
BIP vor. Es liegt deutlich unter dem Referenzwert von drei Prozent. Im
laufenden wie im kommenden Jahr dürfte sich daran wenig ändern.
Freilich hat sich das Land selbst noch ehrgeizigere Ziele gesteckt.
Auf der Grundlage weiterer Konsolidierungsschritte soll bis zum Jahr
2008 das gesamtstaatliche Defizit auf ein Prozent des BIP
zurückgeführt werden. Noch besser sieht die Lage bei der öffentlichen
Schuldenquote aus. Hier weist Slowenien nach Estland, Luxemburg und
nur knapp hinter Irland mit 29,1 Prozent im Jahre 2005 einen innerhalb
der Europäischen Union sehr niedrigen Wert auf. Auch dieser wird sich
kaum verändern. In den kommenden Jahren bleibt das Land damit weit
unter dem Referenzwert von 60 Prozent.
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Relativ knapp fiel die Zielerreichung beim Inflationskriterium aus.
Hier liegt die Preissteigerungsrate erst seit November letzten Jahres
unter dem erforderlichen Referenzwert. Dies wird nach den aktuellen
Prognosen trotz der robusten Konjunktur im laufenden wie im nächsten
Jahr der Fall sein. Dazu dürfte beitragen, dass in Slowenien bereits
seit Ende Februar alle Preise neben der Inlandswährung Tolar auch in
Euro angegeben werden. Ein ,gleitender Übergang' zur neuen Währung
aufgrund der vorweggenommenen parallelen Preisausweisung sollte daher
selbst die Gefahr einer ,gefühlten Inflation' bannen. Auch das
Zinskriterium entspricht allemal den Vorgaben von Maastricht. Der
Rückgang der langfristigen Zinsen und die zunehmende Annäherung an die
durchschnittlichen Anleiherenditen in der Euro-Zone zeigen das hohe
Vertrauen der Märkte in die Geld- und Währungspolitik der slowenischen
Nationalbank. Die flankierende positive konjunkturelle und fiskalische
Entwicklung Sloweniens bestärkt diese Bewertung.
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Schließlich erfüllt die Entwicklung des Wechselkurses die
Voraussetzung für eine Einführung des Euro zu Anfang des Jahres 2007.
Der slowenische Tolar gehört seit dem 28. Juni 2004 dem
Wechselkursmechanismus II an. In den vergangenen zwei Jahren hielt
sich die slowenische Währung mit geringen Schwankungen eng am damals
festgelegten Leitkurs von 239,64 Tolar je Euro.
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Die Voraussetzungen für den Eintritt Sloweniens in die Euro-Zone
könnten also kaum besser sein. Kein Wunder ist es aber, dass es dort
neben Stolz auf das Erreichte und den Horizont auf den Eintritt in
einen stabilen großen Währungsraum auch Befürchtungen gibt. Die in
führenden Mitgliedsstaaten formal beschworene (aber zum Teil
Lippenbekenntnis gebliebene oder gewordene) gemeinsame
,Stabilitätskultur' (die es ja in einhellig anerkannter Bedeutung
bislang nie gegeben hat) für die Währung könnte unter die Räder
geraten. Der Euro würde allseits zum Teuro.
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Solche Befürchtungen lassen sich aus mancherlei Entwicklungen ablesen
- nicht zuletzt aus den seit Zeiten der nationalen
Währungssouveränität periodisch lancierten Versuchen in der
Gemeinschaft, die Geldpolitik ins Schlepptau der Wirtschaftspolitik zu
nehmen. Dieser Zwangsverbund soll dann das harmlose Etikett ,
institutioneller Dialog' tragen. Aktuellen Versuchen von nationaler
und von Gemeinschaftsseite in diesem Sinne widersetzte sich die
Europäische Zentralbank bislang zu Recht und mit Erfolg. Noch
begünstigt der geltende EG-Vertrag ihren Widerstand. Er räumt ihr und
ihrer Politik eine herausgehobene Stellung ein. Schon eine weitere
Diskussion um die Einordnung und Befugnisse und damit Autorität der
Währungsbank in der künftigen (derzeit auf dem Eis der beiden
Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlande liegenden)
Europäischen Verfassung könnte die Hilfe weiterer Freunde erfordern -
zum Beispiel auch Sloweniens. "

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