Aufsätze

Spareinlagen in Deutschland

Kein Sparer in Deutschland wird als Folge der Finanzkrise sein Geld verlieren. Der Staat garantiert die Spareinlagen. Mit dieser Ankündigung haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück auf die in den Medien immer wieder gestellte Frage reagiert, ob das Geld bei dieser oder jener Bank oder Sparkasse noch sicher sei und versucht, die Sparer zu beruhigen. Spareinlagen gelten als das klassische Einlagenprodukt der Kreditinstitute für die privaten Haushalte und sind demzufolge eines der wichtigsten Instrumente der Geldanlage.

Die besondere Bedeutung von Spareinlagen unterstreicht, dass bis Anfang der neunziger Jahre der Begriff der Spareinlage im Kreditwesengesetz (§ 21 und § 22) geregelt und damit gesetzlich geschützt war. Im Zuge der 4. KWG-Novelle wurde dies 1993 dann in die Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute überführt. Spareinlagen sind demzufolge "unbefristete Gelder, die erstens durch Ausfertigung einer Urkunde, insbesondere eines Sparbuchs, als Spareinlage gekennzeichnet sind, zweitens nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt sind, drittens nicht von Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, wirtschaftlichen Vereinen, Personengesellschaften oder Unternehmen mit Sitz im Ausland angenommen werden, es sei denn diese dienen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken, viertens eine Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten aufweisen."

Bedeutung der Spareinlagen hat abgenommen

Für Banken stellen Spareinlagen aufgrund ihres langfristigen Charakters ein wichtiges Instrument zur Refinanzierung dar, das gerade in Zeiten austrocknender Geld- und Kreditmärkte wieder verstärkt Aufmerksamkeit auf sich zieht. Allerdings hat die Bedeutung der Spareinlagen im Laufe der Zeit abgenommen. Betrug ihr Anteil 1977 noch 25 Prozent am gesamten Geschäftsvolumen, sank dieser 1996 auf 14 Prozent und liegt per Ende Juli 2008 bei nur noch 6,9 Prozent, einschließlich der Sparbriefe bei 9,5 Prozent. Im Gegenzug legten Bankschuldverschreibungen und Termingelder zu, was natürlich bedeutet, dass sich die Refinanzierung stetig verteuert hat.

Mitte dieses Jahres weist die Bankenstatistik der Deutschen Bundesbank Spareinlagen im Volumen von 563,2 Milliarden Euro aus, Sichteinlagen kommen auf 742,7 Milliarden Euro und Termingelder auf 1 087,5 Milliarden Euro. Damit liegen die Spareinlagen auf dem tiefsten Stand in diesem Jahrtausend: Ende 2007 waren es noch rund 564 Milliarden Euro, 2006 summierten sich die Anlagen auf 595 Milliarden Euro und in den Jahren 2005, 2004 und 2003 auf jeweils über 600 Milliarden Euro. Auch in den ersten drei Jahren des 21. Jahrhunderts lagen die Spareinlagen mit jeweils etwa 586 Milliarden Euro über dem heutigen Niveau. Und das, obwohl die Sparquote im ersten Halbjahr 2008 mit 11,2 Prozent auf dem höchsten Niveau seit 1995 liegt.

Marktführer sind traditionell die beiden großen Verbünde, die mit einem umfassenden und flächendeckenden Filialnetz bundesweit vertreten sind. Auf sie entfallen rund 80 Prozent der gesamten Spareinlagen aller Banken. Die Sparkassen haben im Laufe der Zeit allerdings an Bedeutung verloren. Sammelten sie 1960 noch 63,5 Prozent aller Spareinlagen ein, sank ihr Anteil auf 58,8 Prozent 1970, 52 Prozent 1980, 51,1 Prozent 1995 und schließlich 49,6 Prozent per Ende Juli 2008. Im Gegenzug haben die Genossen kräftig zugelegt: von gerade mal 14 Prozent im Jahre 1960 über rund 25 Prozent 1995 auf aktuell 28,2 Prozent.

Die Großbanken konnten ebenfalls Marktanteile gewinnen. Lagen 1960 noch 9,1 Prozent aller Spareinlagen bei ihnen sind dies nun 11,6 Prozent. Das ist allerdings auf einen statistischen Sondereffekt zurückzuführen, nämlich die Zurechnung der Postbank, dem mit Abstand einlagenstärksten Einzelinstitut, zur Gruppe der Großbanken. Im Jahr 2003, dem letzten Jahr ohne Postbank, lag der Anteil der Großbanken nämlich nur bei mageren 4,5 Prozent.

Der Großteil der Spareinlagen (80,5 Prozent) entfällt auf eine Laufzeit beziehungsweise eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Den höchsten Anteil der "Dreimonatigen" an ihren Spareinlagen verzeichnen dabei traditionell die Großbanken mit über 94 Prozent, gefolgt von den Kreditgenossenschaften mit 86 Prozent, den Sparkassen mit 77 Prozent und den Regionalbanken mit gerade mal 56 Prozent. Vor zehn Jahren lag die Quote der Großbanken dagegen nur knapp über der 90-Prozent-Marke, die der beiden Verbünde jedoch deutlich über 80 Prozent.

Inländische Privatanleger dominieren

Infolge ihres besonderen Charakters als Anlageform für breite Bevölkerungsschichten und der damit im Zusammenhang stehenden Begrenzung des Einlegerkreises werden Spareinlagen seit jeher nahezu ausschließlich von inländischen Privatpersonen dotiert. Aktuell haben diese einen Anteil von 96,2 Prozent an den gesamten Spareinlagen, Mitte der neunziger Jahre waren es rund 95,5 Prozent, 1977 in etwa 94 Prozent. Zweitwichtigste Anlegergruppe - sofern man bei einer solchen Dominanz der Privaten davon überhaupt sprechen kann - sind Ausländer (1,6 Prozent) gefolgt von inländischen Organisationen ohne Erwerbszweck (1,4 Prozent).

Ähnlich, allerdings nicht ganz so ausgeprägt, ist die Situation bei Sparbriefen. Von diesen mittelfristigen Anlagepapieren, die mit festen oder jährlich steigenden Zinssätzen ausgestattet sind und nicht an einer Börse gehandelt werden, entfallen per 31. Juli 52,2 Prozent auf inländische Privatpersonen einschließlich inländischer Organisationen ohne Erwerbszweck. Allerdings mit steigender Tendenz, denn Ende 2007 waren es noch 49,6 Prozent. Zweitwichtigste Anlegergruppe sind hier inländische Banken, die aktuell 29,6 Prozent aller Sparbriefe kaufen. Inländische Unternehmen (9,7 Prozent), Ausländer (7,8 Prozent) und inländische öffentliche Haushalte (0,7 Prozent) sind die weiteren Investoren. Interessant ist hierbei, dass Großbanken Sparbriefe nahezu ausschließlich an Ausländer verkaufen. Deren Anteil lag Ende Juli 2008 bei stolzen 97,4 Prozent.

Insgesamt betrachtet sind Sparbriefe derzeit so beliebt wie noch nie und verzeichnen mit insgesamt 203,1 Milliarden Euro eine Rekordanlagesumme, davon allein 143,4 Milliarden von inländischen Nichtbanken erworben, also vor allem von Privatpersonen. Vor rund zehn Jahren notierten deren Investitionen in Sparbriefe bei knapp 130 Milliarden Euro. In der Folge sank das Volumen stetig bis auf lediglich noch 99 Milliarden Ende 2005. Seitdem geht es wieder konstant bergauf.

Angesichts der derzeitigen Lage an den Geld- und Kapitalmärkten erfreuen sich Spareinlagen aktuell wieder größerer Zuläufe, vor allem zulasten der Investmentfonds, die explizit von der Staatsgarantie ausgeschlossen wurden. So haben Anleger beispielsweise im Anschluss an die Ankündigung Angela Merkels an zwei aufeinander folgenden Tagen über 1,3 Milliarden Euro aus einem Fonds der genossenschaftlichen Union Investment abgezogen. Die Folge: Die beiden Zentralbanken DZ und WGZ Bank mussten die KAG mit einer kurzfristigen Kreditlinie von rund einer Milliarde Euro stützen. Allerdings wird diese Flut sicherlich nicht von all zu langer Dauer und auch auf der Ertragsseite nicht der Heilsbringer sein. Denn natürlich werden auch weiterhin Sondersparformen wie Tagesgeld und hochverzinsliche Sparprodukte den Spareinlagen Konkurrenz machen.

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft
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