Sparkassentag 2013 Aufsätze

Sparkassen als Treiber der Energiewende

Die Energiewende ist seit dem von der Bundesregierung beschlossenen Atomausstieg eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. Angesichts der erforderlichen Investitionen in erneuerbare Energien sowie in neue Technologien zur Gewinnung, Speicherung, dem Transport von regenerativem Strom und in die Infrastruktur bietet die Energiewende ein beachtliches Wachstumspotenzial.

Hinzu kommt ein optimierter Einsatz von Ressourcen durch eine nachhaltige Steigerung der Energieeffizienz. Im Netzwerk zwischen Politik, Kommunen, Unternehmen vor Ort und den Menschen in der Region fällt den Sparkassen als regionalen Finanzpartnern eine Schlüsselrolle bei der erfolgreichen Realisierung der Energiewende zu.

Politisches Bekenntnis zur Nutzung der Windkraft

Die Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien sind in Schleswig-Holstein hoch gesteckt: Bis zum Jahr 2020 soll im Land das Dreifache an erneuerbarem Strom produziert werden als in Schleswig-Holstein verbraucht werden kann, heißt es im Koalitionsvertrag der von SPD, Grünen und dem dänisch orientierten SSW getragenen Landesregierung. Um die Umsetzung zu beschleunigen, unterstützt die Politik die Kommunen unter anderem bei der Ausweisung von Windeignungsflächen als Voraussetzung für die Genehmigung von Windparks an Land und vor den Küsten. Denn im windreichen Schleswig-Holstein ist die Nutzung der Windkraft Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende - ohne damit die Bedeutung von Solarenergie und Biomasse abzuwerten.

Dass die Energiewende vorankommt, untermauern aktuelle Zahlen der Fachverbände. Danach ist bundesweit im letzten Jahr erstmals der Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Stromerzeugung in Deutschland auf über 25 Prozent gestiegen. Mit knapp zehn Prozent ist die Windenergie dabei die wichtigste Ressource, gefolgt von Biomasse und der Photovoltaik. In Schleswig-Holstein tragen die installierten Windenergieanlagen heute bereits 44 Prozent zum gesamten Stromverbrauch bei - ein Spitzenwert in Deutschland.

Für die Wirtschaft des Landes entwickelt sich die Windenergie immer mehr zum Zugpferd. Von den rund 14 500 Mitarbeitern in Betrieben im Bereich erneuerbare Energien sind allein 7 000 in der Windbranche tätig. Auch das Investitionsvolumen zum Ausbau der Windenergienutzung, das kurz- und mittelfristig auf zehn Milliarden Euro geschätzt wird, ist beträchtlich. Die schleswigholsteinischen Sparkassen haben frühzeitig ihre Chancen erkannt und sind mit den von ihnen aufgebauten Kompetenzzentren vor Ort bei der Beratung ebenso gefragt wie als Finanzierungspartner. Insgesamt beläuft sich das Kreditvolumen der Sparkassen im Bereich der erneuerbaren Energien auf 1,6 Milliarden Euro.

Bürgerwindparks

Eine Besonderheit in Schleswig-Holstein ist der hohe Anteil von Bürgerwindparks. Das Konzept hat sich in jeder Hinsicht bewährt, weil alle Beteiligungspartner ortsansässig und in die Realisierung von der Planung bis zur Finanzierung eingebunden oder beteiligt sind.

So werden im Raum Nordfriesland 90 Prozent der Windenergie in Bürgerwindparks erzeugt. Auch die Kreditinstitute kommen hier in der Regel nur gemeinsam zum Zuge. Wollen sie die Finanzierung übernehmen, müssen sie zur Kooperation mit den Wettbewerbern vor Ort bereit sein.

Der Sparkassen- und Giroverband für Schleswig-Holstein unterstützt mit dem Projekt Energiewende den Knowhow-Transfer für das Syndizierungs- und Konsortialgeschäft, die Begleitung von größeren Projekten in Konsortien und Finanzierungsmodellen mit Einbindung von Landesbanken und Förderinstituten. Dabei kommt es aus Sicht des Verbandes darauf an, den Sparkassen pragmatische Lösungen für Finanzierungsanfragen zu bieten, die sie unter Risikogesichtspunkten beziehungsweise aufgrund von Eigenkapitalanforderungen nicht alleine leisten können.

Die wichtigsten Rahmenbedingungen für die Finanzierung wurden dazu in einem eigenen Arbeitskreis mit den Sparkassen Westholstein, Mittelholstein, der Förde Sparkasse und der Sparkasse Holstein - insbesondere für das Syndizierungsgeschäft - entwickelt.

Finanzierungspartner bei der energetischen Sanierung

Auch die anderen Sparkassen des Landes, für die wegen ihrer Lage die Windenergienutzung kein herausragendes Thema ist, sind gefragte Partner der Energiewende. Bei ihnen stehen Projekte aus den Bereichen Photovoltaik und Biomasse-Nutzung zur Erzeugung von Biogas im Vordergrund. Breiten Raum nimmt in der Kundenberatung bei allen Sparkassen die Förderung der Energieeffizienz ein. Insbesondere die energetische Sanierung im Bausektor - sei es im Privathaushalt oder bei Unternehmen - stehen dabei im Fokus.

Auch wenn die Bestandssanierung erst langsam Fahrt aufnimmt, haben die Hausbesitzer das Problem schon seit Jahren erkannt. Mehr als ein Drittel von ihnen spricht in einer Umfrage der Bausparkasse LBS von einem erkennbaren Modernisierungsbedarf zur Verbesserung der Energieeinsparung. Hier liegt ein ebenso großes Potenzial für Investitionen wie für das Energie sparen - schließlich wird 40 Prozent der Energie in Gebäuden verbraucht.

Als Finanzierungspartner setzen die Sparkassen auch bei der energetischen Sanierung von Wohngebäuden auf die bewährte Partnerschaft mit der KfW-Bankengruppe. Rund 30 Prozent der Zusagen aus den entsprechenden Programmen der KfW wurden 2012 von den Sparkassen vermittelt, das Finanzierungsvolumen aller Bankengruppen belief sich insgesamt auf 737,6 Millionen Euro in diesem Bereich. Bewährt hat sich in der Kundenberatung das Grüne Netzwerk der Sparkassen-Finanzgruppe, das die Suche nach Beratungsstellen, Handwerkern und Architekten erleichtert.

Bürgerbeteiligung erwünscht

Um die raschen Erfolge der Energiewende noch besser umsetzen zu können, ist der Bau neuer Stromtrassen unumgänglich. So muss an der Westküste Schleswig-Holsteins auf einer Länge von 150 Kilometern eine neue Stromtrasse gebaut werden, um den in Küstennähe erzeugten Windstrom nach Süden leiten zu können. Zur Beschleunigung verzichten die Behörden auf ein formales Raumordnungsverfahren und bieten den Bürgern - ähnlich wie bei den Windparks - die Möglichkeit zur finanziellen Beteiligung an der Trasse an. Dieses kürzlich von der Landesregierung beschlossene Modell ist bislang bundesweit einmalig und bietet auf allen Ebenen weitere Möglichkeiten für Beratung und Finanzierung durch die Sparkassen.

Für Schleswig-Holstein und seine Sparkassen bietet die Energiewende große Chancen. Die dezentrale Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien schafft die Voraussetzungen für eine hohe Wertschöpfung, gute Wachstumschancen für Mittelstand und Handwerk sowie qualifizierte Arbeitsplätze. Wirtschaftsexperten erwarten einen Anstieg der Wertschöpfung durch die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien von derzeit 700 Millionen Euro auf über zwei Milliarden Euro in den nächsten Jahren. Das wäre für Schleswig-Holstein eine erhebliche Stärkung seiner regionalen Wirtschaftsstruktur.

Rekommunalisierung der Versorgung

Das gilt auch für die Kommunen des Landes. Die mit der Energiewende fortschreitende Dezentralisierung der Energieerzeugung führt zu einer Rekommunalisierung der Versorgung. Immer häufiger engagieren sich Stadtwerke wieder in der Energieerzeugung, und Kommunen übernehmen die Verantwortung über die in ihrem Gebiet vorhandenen Stromnetze. Auch hier ergeben sich neue Chancen und Herausforderungen für die Zusammenarbeit mit den Sparkassen. So gibt es zwar Programme zur Förderung neuer kommunaler Energiekonzepte; den erforderlichen Eigenanteil zur Co-Finanzierung können Kommunen in vielen Fällen aufgrund ihrer angespannten Haushaltslage nicht leisten.

Nachhaltigkeit - und darunter ist letztlich auch die Energiewende zu fassen - ist ein Bestandteil des Selbstverständnisses der Sparkassen. Dahinter steht ein klares Bekenntnis zur Verantwortung für künftige Generationen. Hierzu leisten die Sparkassen einen unverzichtbaren Beitrag - im Interesse der Umwelt, aber auch der Bürger des Landes.

Reinhard Boll , Verbandsvorsteher, Geschäftsführender Präsident, Sparkassen- und Giroverband für Schleswig-Holstein, Kiel
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