Aufsätze

Spezialfonds - wie sie das Steuerrecht sieht

Anteile an Spezialfonds werden in der Handels- und Steuerbilanz des Anlegers mit ihren Anschaffungskosten, gemeinhin dem Ausgabepreis, bilanziert. Die einzelnen Finanzinstrumente des Spezialfonds werden beim Anleger bilanziell insoweit nicht gezeigt. Ein Spezialfonds ist folglich keineswegs zu jedem Zeitpunkt transparent. Die Transparenz kommt insbesondere bei (der Behandlung) einer Ausschüttung, Thesaurierung und der Rückgabe beziehungsweise Bewertung zum Tragen.

Transparenzprinzip

Oftmals werden Spezialfonds mit Personengesellschaften verglichen, die steuerlich ähnlich eingestuft werden. Es hat sich seit vielen Jahren eingebürgert, im Zusammenhang mit der Besteuerung von Spezialfonds vom Transparenzprinzip zu sprechen. Das heißt, die Besteuerung des Spezialfonds soll einer direkten Anlage in die jeweiligen Finanzinstrumente möglichst ähnlich sein. Der Spezialfonds selbst ist von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit. Auf der Ebene des Spezialfonds können gleichwohl Steuerbelastungen anfallen, nämlich Quellensteuern, die zugunsten beziehungsweise zulasten der Anleger gehen können.

Die finale Besteuerung der auf der Ebene des Spezialfonds erzielten Einkünfte findet beim Anleger statt. Das hört sich einfach an, ist aber die denkbar komplizierteste Möglichkeit, die materielle Besteuerung zu regeln. Jede einzelne Transaktion auf Ebene des Spezialfonds ist steuerlich zu würdigen und der Ausschüttungsbetrag ist dann in seine steuerlichen Komponenten aufzugliedern, was nicht selten über 30 verschiedene Parameter sein können.

Eine "echte" Transparenz kann weder eine Kapitalanlagegesellschaft noch ein Anleger wollen. Dies würde eine tägliche Ermittlung der auf der Ebene des Spezialfonds erzielten Einkünfte erfordern und wäre sehr kompliziert. Aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber entschieden, eine transparente Besteuerung an drei Ereignisse zu knüpfen: Ausschüttung und Thesaurierung von Erträgen und die Rückgabe beziehungsweise Bewertung der Anteilscheine.

Ausschüttung: Mit der Ausschüttung kann der Anleger den Zufluss von Erträgen in zeitlicher Hinsicht steuern. Das Steuerrecht zieht daraus lediglich die logische Konsequenz der Ertragsbesteuerung. Etwaige Steuerbefreiungen, wie sie die Direktanlage kennt, werden angewendet (zum Beispiel für Dividenden und freigestellte Einkünfte gemäß eines Doppelbesteuerungsabkommens).

Thesaurierung: Verzichtet der Anleger auf eine Ausschüttung, werden ihm gleichwohl aus rein fiskalischen Gründen bestimmte Erträge zugerechnet. Die Zurechnung ist die Voraussetzung für eine Besteuerung. Im Frühjahr 2012 wurde kontrovers diskutiert, ob eine Abschaffung der Thesaurierung zugunsten der Steuervereinfachung und zulasten des Haushalts abgeschafft werden sollte, ohne dass sich dafür die notwendige Mehrheit gefunden hätte. Die Zurechnung der Erträge am Geschäftsjahresende des Spezialfonds, sogenannte ausschüttungsgleiche Erträge, erfolgt jedoch nicht vollumfänglich, sondern bezieht nur bestimmte Erträge mit ein. Von einer transparenten Besteuerung kann daher nicht gesprochen werden. Als Daumenregel kann man sich merken, dass alle realisierten Kapitalerträge zugerechnet werden, jedoch nicht Termin- und Aktiengeschäfte und Gewinne aus Anleihen mit Emissionsrendite. Insoweit stimmt die alte Bezeichnung des "Spezialfonds als Sparbüchse für schlechte Zeiten" immer noch.

Steuerliche Konsequenzen spätestens bei Rückgabe Rückgabe beziehungsweise Bewertung:

Spätestens bei der Rückgabe werden die steuerlichen Konsequenzen aller seit Erwerb der Anteile an dem Spezialfonds angefallenen Geschäftsvorfälle gezogen. Die dabei auftretenden Sachverhaltsgestal tungen sind so variantenreich, dass in der Regel zehn bis 15 Rechenschritte notwendig sind, um von dem handelsrechtlichen Ergebnis zu dem (steuerlichen) Einkommen zu gelangen. Aktuell ist insbesondere der sogenannte Aktiengewinn eine steuerliche Korrekturziffer, die viele Anleger vor große Herausforderungen stellt. Der Aktiengewinn fasst das steuerlich relevante, aber noch nicht berücksichtigte Ergebnis aus Aktiengeschäften dar und kann sowohl steuererhöhend als auch steuermindernd wirken. Dieser Aufwand ist allerdings dem Transparenzgrundsatz geschuldet und muss hingenommen werden. Besonderes Augenmerk auf den Aktien gewinn haben Versicherungsunternehmen geworfen, die noch aus den Jahren der ersten Finanzmarktkrise 2001 erhebliche steuerlich noch nicht erfasste Verluste erlitten haben.

Abkehr von der Transparenz?

Bereits in mehreren Anläufen wurden Reformvorschläge zur Abkehr von der Transparenz unternommen, ohne dass sie sich bisher durchsetzen konnten. Noch im Jahr 2012 wurde ein besonders kurioser Vorschlag vorgelegt. Verkürzt dargestellt sah der Vorschlag für Privatanleger vor, dass Ausschüttungen und Gewinne aus der Rückgabe steuerpflichtig sein sollen. Ausnahmen waren grundsätzlich nicht vorgesehen und eine erhebliche Vereinfachung der Besteuerung wäre wohl erreicht worden.

Im Gegenzug dazu wäre die Steuerbelastung leicht angestiegen. Spezialfonds - in Deutschland landläufig als Sondervermögen organisiert - hätten in Kommanditgesellschaften umgewandelt werden sollen. Jeder, der schon einmal in eine Kommanditgesellschaft investiert war, kann erahnen, welche administrativen Schwierigkeiten das rechtliche Kleid einer Kommanditgesellschaft mitgebracht hätte. Dem Spezialfonds wäre ein erheblicher Schaden zugefügt worden; sozusagen Standortpolitik für Luxemburg. Die steuerlichen Nachteile wären demgegenüber zu vernachlässigen gewesen.

Die Idee der Kommanditgesellschaft wurde noch in diesem Sommer eingetauscht gegen die Beibehaltung der transparenten Besteuerung als Sondervermögen. Die Transparenz in Kombination mit der sehr flexiblen Handhabung von Anteilscheinen an Sondervermögen sind die Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Fortentwicklung von Spezialfonds in Deutschland.

Das in seiner Ausgestaltung eingeschränkte Transparenzprinzip ist der steuerrechtliche Rahmen, der Investoren ermöglicht, zwischen den einzelnen Kapitalanlageprodukten zu wählen, ohne steuerliche Subventionen in die eine oder andere Richtung beachten zu müssen. Es sollte nicht aufgegeben werden.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor von Spezialfonds besteht auch in der Übernahme der administrativen Abwicklung der einzelnen Finanztransaktionen durch die Kapitalanlagegesellschaft. Der Gesetzgeber hat deshalb auch die Entscheidung getroffen, die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ebenfalls in die Hände der Kapitalanlagegesellschaft zu legen. Dies erscheint konsequent, führt aber immer wieder zu Schwierigkeiten in der Praxis.

Die Kapitalanlagegesellschaft hat naturgemäß gegenüber dem Anleger einen Informationsvorsprung, der regelmäßig um einen Kompetenzvorsprung bei der Interpretation von Investment- und Investmentsteuergesetz ergänzt wird. Die Kapitalanlagegesellschaft ermittelt und erstellt für die Ausschüttung beziehungsweise Thesaurierung eine Steuererklärung (Feststellungserklärung). Die Kapitalanlagegesellschaft unterschreibt die Steuererklärung, und es ist gesetzlich nicht vorgesehen, den Anleger in den Erstellungsprozess einzubeziehen. Normalerweise erhält der Anleger eine Kopie der eingereichten Steuererklärung. Die Konsequenzen aus dieser Steuererklärung, nämlich die eigentliche Steuerzahlung, wird selbstverständlich beim Anleger gezogen.

Kapitalgesellschaft etwas aus der Verantwortung nehmen

Von "der" Steuererklärung zu sprechen stellt eine gewisse Untertreibung dar. Tatsächlich geht es unter anderem um die Kapitalertragsteueranmeldung, Feststellungserklärung, Steuerbescheide, Betriebsprüfungen der Spezialfonds und um Anträge auf Quellensteuererstattung im In- und Ausland, die alle von der Kapitalanlagegesellschaft erstellt und eingereicht werden. Es ist unzweifelhaft ein angenehmer Service, dies alles in die Hände der Kapitalanlagegesellschaft zu legen. Andererseits schafft es eine gewisse Erwartungshaltung von Seiten des Anlegers.

Der Kapitalanlagegesellschaft sollte man nicht vorschnell einen Vorwurf formulieren den Anleger nicht bei jeder Steuererklärung einzubeziehen, was viele Anleger mit Hinweis auf die gesetzliche Situation sogar zurückweisen. Die Gesamtsituation ist schwierig. Das Spezialfondsgeschäft ist regelmäßig ein margenschwaches aber kompliziertes Geschäft. Die individuelle Diskussion über jede einzelne Steuererklärung würde zu erheblichen Aufwänden führen, die zulasten der Kapitalanlagegesellschaft gingen. Der Anleger - halb gewollt - halb hingenommen - akzeptiert heutzutage stillschweigend die Angaben der Kapitalanlagegesellschaft. Für die Kapitalanlagegesellschaft entstehen dadurch aber de facto Risiken bei einer steuerlich von den Finanzbehörden abweichenden Auffassung vom Anleger, für jegliche Änderungen (höhere Steuerbelastung, Nachzahlungszinsen) verantwortlich gemacht zu werden. Hier wäre zu überlegen, ob die formelle Situation nicht geändert werden sollte, um die Kapitalanlagegesellschaft etwas aus der Verantwortung zu nehmen.

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