Kapitalmarkt

Veränderte Strukturen am Euro-High-Yield-Markt

In seiner zwölfjährigen Historie hat der Euro-High-Yield-Markt einige Strukturveränderungen erlebt. Zunächst wurde er von TMT-Emittenten (Telekommunikation, Medien, Technologie) dominiert, deren Anleihen zeitweise rund zwei Drittel des ausstehenden Emissionsvolumens ausmachten. Nach Turbulenzen 2000 bis 2002 und mit dem Zustrom von "Fallen Angels" aus dem Investment-Grade-Bereich wandelte sich der Markt zu einer breit diversifizierten Struktur. Der Zugang von ehemaligen In-vestment-Grade-Schwergewichten veranlasste Indexanbieter wie Merrill Lynch, eine "Constrained"-Version ihres High-Yield- Index zu schaffen, bei der die Quote pro Emittent auf maximal drei Prozent beschränkt ist. Die wachsende Bedeutung von Floating Rate Notes führte zu einer erneuten Erweiterung der Indexpalette: Der Fixed & Floating Rate Euro High Yield Constrained Index, erstmals in 2007 von Merrill Lynch publiziert, berücksichtigt fest- und variabel verzinsliche High-Yield-Anleihen.

Finanzsektor mit zunehmendem Gewicht

Von zwei Entwicklungen geprägt hat sich die Marktstruktur 2009 erneut verändert: Es gibt erstens einen starken Zufluss von Fallen Angels - nicht ungewöhnlich in einer Kreditkrise. Und unter diesen ehemals mit einem Investment-Grade-Rating versehenen Titeln finden sich zweitens viele erst- und nachrangige Anleihen von Banken und anderen Financials - mit der Folge, dass der Finanzsektor inzwischen einen beachtlichen Teil des Marktes ausmacht. Ende November 2009 lag der Anteil des gesamten Finanzsektors bei 23,5 Prozent. Ratings der letzten Zeit und Veränderungen in der Ratingmethodologie lassen mit einem weiteren Anstieg rechnen (Abbildung).

Normalerweise spielen Finanzwerte keine große Rolle am High-Yield-Markt. Eine Bank mit einem Sub-Investment Grade-Rating kann in der Regel nicht lange überleben, da sie Kredite profitabel nur an sehr risikoreiche Unternehmen vergeben könnte. Defaults von isländischen und kasachischen Banken können dafür als Beleg aus jüngerer Zeit dienen.

Da die aktuellen Finanzkrise nicht zuletzt eine Bankenkrise ist, überrascht es nicht, dass inzwischen einige Banken und Finanzdienstleister mit ihren erstrangigen Titeln in den High-Yield-Bereich heruntergestuft worden sind. In erster Linie handelt es sich dabei um von Investment Grade-Adressen begebene nachrangige Anleihen, die inzwischen nur noch ein High-Yield-Rating besitzen. Diese Titel sind nicht nur nachrangig zu erstrangigen Titeln. Vielmehr kann der Emittent in Verlustphasen auch Kuponzahlungen verschieben (und in einigen Fällen sogar den Nominalwert herabsetzen1)), ohne dass solche Maßnahmen als Default gelten2). Sogenannte Tier-1-Anleihen rangieren in der Kapitalstruktur nur eine Stufe oberhalb des Kernkapitals: Sie können Kuponzahlungen nicht nur aufschieben, sondern ganz ausfallen lassen. Upper-Tier-2-Anleihen müssen eine verschobene Kuponzahlung später, wenn wieder Gewinne gemacht werden, nachholen. Im Allgemeinen haben beide Anleihetypen kein spezifiziertes Laufzeitende, können aber nach fünf bis zehn Jahren vom Emittenten vorzeitig getilgt werden.

Mit der wachsenden Rolle fundamental schwacher Finanzwerte und nachrangiger, eigenkapitalnaher Banktitel mit ungewöhnlichen Zahlungsströmen3) dürften sich viele Investoren nicht anfreunden und "traditionelle" High-Yield-Anleihen mit stabilerem Kreditprofil bevorzugen. Dementsprechend hat Merrill Lynch eine Gruppe von Indizes etabliert, die sich auf Non-Financials beschränken. Damit haben Spezialfondsinvestoren, die den Fokus ihres High-Yield-Engagements wie bisher auf Nicht-Finanzwerte gelegt wissen wollen, die Möglichkeit, den Erfolg aktiven Managements anhand einer geeigneten Benchmark zu messen. Selbstverständlich besteht auch in diesem Fall die Option, das Anlageuniversum weiter zu fassen und Financials als gelegentliches und im Umfang begrenztes Investment zuzulassen. Einige Fondsgesellschaften haben die Benchmark ihrer High-Yield-Publikumsfonds auf einen Non-Financial-Index umgestellt.

Analyseansatz erweitern

High-Yield-Manager sind angesichts des neuen Marktsegments gefordert, ihren Analyseansatz zu erweitern, da die bei Industrieunternehmen sinnvolle Cash-Flow-Orientierung bei Banken weniger sinnvoll ist und stärker auf Faktoren wie Kapitalausstattung, Qualität der Assets und Liquidität geachtet werden muss. Häuser, die im Credit-Bereich breit aufgestellt sind, profitieren von der Erfahrung und Expertise der Investment-Grade-Spezialisten, die die emittierenden Banken - soweit mit ihren erstrangigen Titeln noch Investment Grade - untersuchen und die die nachrangigen Titel bis zu ihrer Herabstufung in den High-Yield-Bereich analysiert haben.

Fußnoten

1) Die spezifischen Regelungen weichen zwischen einzelnen Instrumenten und Jurisdiktionen ab.

2) Es gibt einen Typ von nachrangigen Bankanleihen (Lower-Tier-2) der nicht die oben skizzierte Flexibilität besitzt. Diese Anleihen stehen in der Kapitalstruktur direkt unterhalb erstrangigen Titel.

3) Vor dem Ausbruch der Finanzkrise wurde das Risiko von Kuponverschiebungen und einer Verlängerung der Laufzeit über den ersten Call-Termin hinaus von vielen als "rein theoretische" Möglichkeit gesehen. Das hat sich inzwischen geändert.

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