HGB-Kommentar

Häublein/Hoffmann-Theinert (Hrsg.) HGB.

Kommentar, XXXIX, 2536 S., Nomos-Verlag, 1. Auflage 2017. ISBN 978-3-8487-3714-7; 198,00 Euro.

Quelle: Nomos-Verlag

Bei der Vielzahl von Neuerscheinungen beziehungsweise Neuauflagen zum Handels- und Gesellschaftsrecht fällt es schwer, eine Auswahl zu treffen und Empfehlungen für die Bankpraxis zu geben. Vorstände und leitende Mitarbeiter müssen mit ihrer Zeit haushalten, daraus ergibt sich die Notwendigkeit ohne langes Suchen zuverlässige Antworten auf Zweifelsfragen zu erhalten. Das gilt auch für die Problembereiche des HGB. Der Nomos-Verlag hat mit dem vorliegenden Werk einen Kommentar herausgebracht, der Internetrecherchen weitgehend überflüssig macht und mehr als Orientierungen bietet.

Bankbetrieb

Um nur einige Stichworte herauszugreifen: Für den Bankbetrieb sind die umfangreichen Ausführungen zur "Prokura und Handlungsvollmacht" (§§ 48-54 HGB: Meyer) relevant. Wichtig: Die Rechtsfolgen der Erteilung von echter und unechter Gesamtprokura, der Mitwirkung des Vorstandes als organschaftlichem Vertreter gemeinsam mit einem Prokuristen. Die Abgrenzung der Prokura von der Generalvollmacht kann dann Bedeutung erlangen, wenn nach Fusionen für ehemalige Vorstandsmitglieder in der übernehmenden Bank die Position eines Generalbevollmächtigten vorgesehen werden soll.

Hilfreich: Die Darlegungen zu gerichtlichen Handlungen des Prokuristen/Bevollmächtigten, Fragen der Filialprokura, die Befreiung von § 181 BGB und dem Missbrauch der Vertretungsbefugnis. Knapp, aber nicht unwesentlich für Banken, ist die Feststellung, dass der Filialprokurist den Geschäftsherrn in unbeschränkter Höhe verpflichten kann, weil die Handlungsfähigkeit nicht auf die Niederlassung beschränkt ist, denn diese ist als solche nicht rechtsfähig, mit der Folge, dass die Bank als Geschäftsherr für sämtliche Handlungen haftet.

Firmenkundengeschäft

Für das Firmenkundengeschäft sind die gesellschaftsrechtlichen Kernstücke des Werkes unverzichtbar. So die umfassende Abhandlung der OHG (§ 105 ff.: Klinke); bankrelevant sind beispielsweise die Überlegungen zur "Geschäftsführung" (§§ 114-117 HGB), insbesondere "grobe Pflichtverletzung" - Rn. 23 zu § 117 HGB, etwa bei gesellschaftsschädlichen Absprachen mit der Bank. Für die Abteilung "Recht und Sanierung" dürften die Hinweise zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen (Rn. 39 zu 124 HGB) von Interesse sein. Hervorzuheben sind noch die im Recht der OHG bearbeiteten Kapitel "Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander" (§§ 109 ff. HGB), "Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten" (§§ 123 ff. HGB). Denn für Abschluss und Gestaltung von Verträgen der Bank mit Gesellschaften sind die Fragen des Könnens, Dürfens der Gesellschafter sowie die Grenzen der Vertretungsmacht ebenso relevant wie die Fragen zur persönlichen Haftung der Gesellschafter des Kunden gegenüber dem Kreditinstitut.

Häublein ist der Verfasser des Kapitels "KG" (§§ 161 ff.) Von hohem praktischem Nutzen ist seine Abhandlung der "Publikumsgesellschaft" (Rn. 70 zu § 161 HGB). Der Verfasser geht dabei auf die Probleme "Fehlen vertraglicher Regelungen", Schutz der Kommanditisten vor überraschenden Vertragsbestimmungen ein. Das Kapitel bringt eine Analyse der Schwierigkeiten bei Fonds-Gesellschaften, Fragen des Anlegerschutzes, der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages und der Inhaltskontrolle (Rn. 82 ff. zu § 161 HGB). Mit der Besprechung der "Investment-KG nach dem KAGB (Rn. 89 ff. zu § 161 HGB) liefert der Autor Lösungsansätze, die man in anderen Werken bislang vermisst. Für Kapitalgesellschaften sind die ergänzenden Vorschriften zu den Hauptnormen in den §§ 264 ff. HGB umfangreich kommentiert.

Aus der Rechtspraxis und zur unmittelbaren Anwendung bestimmt sind die Erläuterungen zum betrieblichen Rechnungswesen und Jahresabschluss (§§ 242 ff.: Ruppelt; Ansatzvorschriften §§ 246 ff.: Regierer), die neben den genossenschaftlichen Spezialvorschriften zu beachten sind. Für den Bankbetrieb sind die Hinweise zur Bildung von Rückstellungen (§ 249: Regierer) relevant, insbesondere in Bezug auf die Voraussetzungen von Rückstellungen für "ungewisse Verbindlichkeiten" (Hinweis: Erhellend zu dieser Thematik sind die Anmerkungen von Stolz zur steuerlichen Behandlung von "nachrichtenlosen Konten", Zulässigkeit der Passivierung in Bezug auf Sparkonten, mit Berücksichtigung der aktuellen BFH-Rechtsprechung in: Bank intern "Spezial" Nr. 09/2018).

Hohe Praxisrelevanz

Das Stichwort "Rückstellung für Pensionsverpflichtungen" (siehe auch die Anwendung der Strafvorschriften des § 341p HGB: Schärtl) dürfte für Vorstandsmitglieder von persönlichem Interesse sein. Ganz auf den Anwender zugeschnitten sind die Darlegungen zur "Prüfung" (§§ 316-324a HGB: Schorse/Moorfeld/Poll/ Reinhardt), die in der Praxis von den Bankverantwortlichen unterschätzt werden, weil sie sich bei genossenschaftlichen Bankinstituten mitunter auf die Auslegung der §§ 33 GenG sowie Prüfungsinhalt und -ablauf gemäß §§ 53, 57, 58 GenG fokussieren. Dabei könnten aber die Gedanken zum "Risikofrüherkennungssystem" der "gewissenhaften Berufsausübung", "Wesentlichkeitsgrenzen" und den "Ausschlussgründen des Prüfers" von Interesse sein. Die gleiche hohe Praxisrelevanz haben die Ausführungen zu den Bewertungsvorschriften für Banken in § 340f HGB: "Vorsorge für allgemeine Bankrisiken" sowie § 340g HGB: "Sonderposten für allgemeine Bankrisiken" (beide: Moorfeld). Außerdem lohnend: die Hinweise zu "prüferischen Zwischenabschlüssen" gemäß § 340a HGB (Moorfeld), deren Bedeutung für die Gestaltung des Jahresabschlusses in der Regel nicht geläufig ist.

Dem Anwender wird neben dem komplexen Sachverzeichnis das weiterführende Literaturverzeichnis zur Vertiefung einzelner Stichworte eine Hilfe sein. Dem Team des Verlages gebührt ein Extralob für die gefällige und nutzerfreundliche Gestaltung. Insgesamt hat der Nomos-Verlag einen völlig neu konzipierten HGB-Kommentar vorgelegt, der sich ausschließlich an den Bedürfnissen der Praxis orientiert, wobei das hochkarätige Autorenteam aber die rechtliche Tragfähigkeit in jeder Hinsicht garantiert. Die Verfasser setzen ihre überzeugende Kompetenz zur Analyse schwieriger Fallgestaltungen ein und bieten überzeugende Lösungen an, unter Verwendung grundlegender und aktueller Rechtsprechung. Eingearbeitet sind das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz (1. FiMoG) und die Neuerungen zum Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) und die Reform des Abschlussprüferrechts (APAReG). Es wäre fahrlässig, auf die Anschaffung dieses Glanzstücks der Kommentarliteratur zu verzichten.

Hartmut Glenk, Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin

Hartmut Glenk , Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin
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