Anthony Hammond (Jahrgang 1964) kenne ich aus der Zeit meines Umzugs nach Berlin, als er Anfang der 1990er-Jahre in einer Charlottenburger Weinhandlung arbeitete. Der in München geborene witzige Amerikaner hinterließ einen leicht schrägen, aber positiven Eindruck auf mich. Als dann etwa ein Jahrzehnt später der Winzer Anthony Hammond vor mir stand mit Weinen, die Paradise Garage und Kick Start hießen, war ich ziemlich baff. Ausgerechnet im Rheingau, wo noch immer Adels- und Klostergüter den Ton angeben, hatte er zusammen mit seiner Partnerin Simone Böhm (Jahrgang 1975) seine Garage Winery ins Leben gerufen. Tolles Marketing, ordentliche Weine, habe ich damals gedacht. Übung macht den Meister, wie meine Oma immer sagte, und mit dem Jahrgang 2007 schafften die beiden einen qualitativen Sprung nach oben. Mit viel Ehrgeiz und Energie haben sie jetzt das heruntergekommene Anwesen des Guts renoviert und darniederliegende Weinbergsflächen im Rüdesheimer Berg neu bepflanzt. Wer dem Paar heute nur gutes Marketing zuschreibt, macht einen großen Fehler. Das Alternativ-Weingut im Rheingau ist im Begriff zu beweisen, dass man in der Hochburg der Tradition auch das große Spiel des Weins neu erfinden kann. Und das ganz ohne Schloss.
Anthony Hammond und Simone Böhm sind Quereinsteiger par excellence. Seine berufliche Laufbahn begann der gebürtige Amerikaner im Service von Eckart Witzigmanns legendärer Aubergine. Hier entfachte ein 1929er Château d'Yquem seine Begeisterung für Wein. In San Francisco und Berlin arbeitete er mehrere Jahre im Weinfachhandel, kam aber nicht los von der Sehnsucht, selbst Weine herzustellen. Er machte eine Winzerlehre bei Topgütern wie Diel an der Nahe und Dr. Heger in Baden. Die Erfahrungen, die er dort und während seines Studiums in Geisenheim machte, legten den Grundstein zu seinem Entschluss, sich als "Garage Winemaker" im Rheingau niederzulassen. Simone Böhm hat den Beruf der Weinküferin erlernt, studierte dann ebenfalls in Geisenheim Weinbau und hängte noch eine Ausbildung zur Sommelière an.
Große Unterstützung erfuhren sie von alten Winzern, die ihre Flächen aus Altersgründen aufgaben. Und auch die Naturschutzbehörde hat geholfen, alte Brachflächen in Rebland zurückzuführen. Aus einem halben Hektar sind so in 13 Jahren fünf geworden. Darunter beste Lagen wie der Rüdesheimer Berg Roseneck. Von hier stammt auch der Lieblingswein der beiden: die 2011er Riesling Trockenbeerenauslese. "Enjoy the hit!", meint Anthony Hammond dazu, und Simone Böhm ergänzt: "Der ist für die besten Momente im Leben!"
Weintipp aus der Zeitschrift:
FINE Das Weinmagazin - Special No.2
Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag
