Bankenchronik Ausgabe 8-9/2020

20. März bis 22. April 2020

Die von Facebook initiierte Libra Asociation hat nach Angaben der Schweizer Finanzmarktaufischt FINMA ein Gesuch für eine Bewilligung als Zahlungssystem gemäß Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) auf der Basis eines überarbeiteten White Papers gestartet. Das vorgelegte Gesuch unterscheide sich deutlich vom ursprünglichen Projekt, teilte die FINMA mit. Zum Beispiel soll das Libra-Zahlungssystem neben einem Stable Coin, der mit mehreren Währungen unterlegt sein werde, nun auch Stable Coins umfassen, die nur mit einer einzelnen Währung unterlegt werden. Damit möchten die Libra-Initiatoren offensichtlich Bedenken der Notenbanken ausräumen, da die Wirksamkeit und Souveränität der Geldpolitik durch die länderspezifischen Libra spürbar weniger beeinträchtigt würde. Dieses Gesuch werde nun eingehend analysiert, so die FINMA. Die Aufsichtsbehörde betonte zudem, dass sie wie im FinfraG vorgesehen, für risikoerhöhende, zusätzliche Dienstleistun gen zusätzliche Anforderungen stellen. Das gilt insbesondere für bankähnliche Dienstleistungen. Zudem werde besonders berücksichtigt, ob nationale und internationale Standards zu Zahlungssystemen und auch zu einer strikten Geldwäschebekämpfung eingehalten werden.

Der Baseler Ausschuss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) verschiebt die Implementierung der Basel-III-Standards, die im Dezember 2017 finalisiert wurden, um ein Jahr auf den 1. Januar 2023. Zum gleichen Zieldatum sollen das Market-Risk-Rahmenwerk und die überarbeiteten Pillar-3-Offenlegungsanforderungen umgesetzt werden. Damit reagieren die Notenbanken und Aufseher auf die Corona-Krise. Die Banken sollen ihre vollen Ressourcen im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie einsetzen können, weshalb der Ausschuss auch keine Basel-III-Überwachungsdaten bis Ende Juni 2020 sammeln werde, teilte die BIZ mit.

Das Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) und die International Organization of Securities Commissions (IOSCO) verlängern angesichts der Herausforderungen, die sich aus Covid-19 ergeben, die Fristen für die finale Umsetzung der Marginanforderungen nicht zentral geclearter Derivate um ein Jahr. Hiervon betroffen sind Unternehmen mit einem durchschnittlichen Gesamtnominalwert (aggregate average notional amount - AANA) außerbörslich gehandelter Derivate von mehr als 8 Milliarden Euro. Die letzte Umsetzungsphase soll am 1. September 2022 erfolgen, wobei Unternehmen mit einem durchschnittlichen AANA von über 50 Milliarden Euro den Anforderungen bereits ab 1. September 2021 unterliegen werden. Die Lockerung des Regelwerks soll den Unternehmen zusätzliche operative Kapazitäten bieten, um auf die Krise reagieren zu können.

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA verschiebt angesichts der Corona-Pandemie den Zeitpunkt der Veröffentlichung der jährlichen Transparenzberechnungen für Nichteigenkapitalinstrumente und die quartalsweise Veröffentlichung von Daten zur systematischen Internalisierung für Derivate, Exchange Traded Commodities (ETCs), Exchange Traded Notes (ETNs), Emissionszertifikate und strukturierte Finanzprodukte auf den 1. August 2020 mit darauf folgender Geltung ab dem 15. September 2020. Bis zum neuen Anwendungsstichtag am 15. September 2020 gelten die bisherigen übergangsweisen Transparenzberechnungen (Transitional Transparency Calculations) für Nichteigenkapitalinstrumente weiter. Die jährlichen Berechnungen zu Anleihen verschiebt die ESMA hingegen nicht.

Die Deutsche Bundesbank und die BaFin haben angesichts der Corona-Pandemie beschlossen, den Stresstest für die weniger bedeutenden Institute (Less Significant Institutions - LSIs) unter nationaler Aufsicht von 2021 auf 2022 zu verschieben. Der vorläufige Zeitplan, einschließlich des für den Herbst 2020 geplanten Probelaufs, wird somit um ein Jahr nach hinten gesetzt. BaFin und Bundesbank werden mit einem neuen Zeitplan an das Fachgremium LSI-Stresstests herantreten, sobald die Folgen der Corona-Pandemie besser abzuschätzen seien.

Um während der Corona-Pandemie die Verlustabsorptionsfähigkeit der Banken zu stärken und die Kreditvergabe an private Haushalte und KMU zu unterstützen, fordert die EZB, dass mindestens bis zum 1. Oktober 2020 keine Dividenden für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 ausgeschüttet werden sollen. Auch von Aktienrückkäufen, die auf eine Vergütung der Aktionäre abzielen, sollen die Institute absehen. Einige Banken haben für das Geschäftsjahr 2019 bereits Dividenden ausgezahlt. Diese seien von der Aufforderung, die auch von der BaFin und der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA unterstützt wird, jedoch rückwirkend nicht betroffen. Allerdings sollen Banken, die ihren Aktionären einen Dividendenvorschlag zur Abstimmung für die nächste Hauptversammlung vorgelegt haben, eine Überarbeitung dieses Vorschlags vornehmen.

Die Kreditversicherer Euler Hermes und Coface beteiligen sich am Schutzschirm der Bundesregierung von über 30 Milliarden Euro für Lieferantenkredite deutscher Unternehmen. Die EU-Kommission habe diesem Programm bereits zugestimmt. Der Bund übernimmt für das Jahr 2020 eine Garantie für Entschädigungszahlungen der Kreditversicherer von bis zu 30 Milliarden Euro. Die Kreditversicherer beteiligen sich substanziell und überlassen dem Bund 65 Prozent der Prämieneinnahmen im Jahr 2020. Zudem tragen sie Verluste bis zu einer Höhe von 500 Millionen Euro selbst und übernehmen die Ausfallrisiken, die über die Garantiesumme des Bundes hinausgehen.

Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (LKA NRW) bittet die Kreditwirtschaft des Bundeslandes um die Prüfung verdächtiger Zahlungen aufgrund von Betrugsfällen im Zusammenhang mit gefälschten Internetseiten für Anträge von Corona-Soforthilfen. Die Kreditinstitute sollen daher bei Vorliegen bestimmter, nicht abschließender Verdachtskriterien die Zahlungen eingehend prüfen. Dazu gehören die Auftraggeber Bezirksregierung Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln oder Münster, der Verwendungszweck "Corona-Soforthilfe (gefolgt von einer Bearbeitungsnummer)" sowie Beträge in Höhe von 9 000, 15 000 oder 25 000 Euro. Sollten solche Gutschriften auf Konten eingehen, die keine Geschäftskonten sind, die erst kurz zuvor eröffnet wurden, deren korrespondierendes Gewerbe zuvor abgemeldet wurde, die zuvor nicht gewerblich genutzt wurden, die für Minderjährige eröffnet wurden oder bei denen der Empfängername vom Begünstigten laut Verwendungszweck abweicht, weist das möglicherweise auf betrügerisch erwirkte Auszahlungen von Geldern durch die Bezirksregierungen NRW hin.

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA hat detaillierte Leitlinien zu gesetzlichen sowie nicht gesetzlichen Zahlungsmoratorien veröffentlicht. Neben einer allgemeinen Definition wird angegeben, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit die aufsichtsrechtlichen Erleichterungen greifen und welche Bedeutung ein Moratorium für Stundungen sowie für die Bewertung von Ausfallwahrscheinlichkeiten hat. Zudem wird festgelegt, welche Informationspflichten Kreditinstitute bei nicht gesetzlichen Moratorien treffen. Schuldner sollen das Moratorium zudem ohne Bonitätsprüfung nutzen können. Die EBA betrachtet die Zahlungsmoratorien somit als wirksame Instrumente zur Bewältigung kurzfristiger Liquiditätsschwierigkeiten, die durch den begrenzten oder ausgesetzten Betrieb vieler Unternehmen und Einzelpersonen infolge der Auswirkungen von Covid-19 verursacht werden.

Gemäß Artikel 16 Absatz 1 und 2 der Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation - MAR) müssen Insidergeschäfte und Marktmanipulationen unverzüglich der BaFin gemeldet werden. Da die Aufseher allerdings davon ausgehen, dass aufgrund der derzeit sehr volatilen Märkte und starker Umsätze systemseitig bei den Meldepflichtigen eine hohe Zahl von Alarmen generiert werde, sollen manuelle Überprüfungen mit einem angepassten Zeithorizont vorgenommen werden, die neben den Umständen des Einzelfalls auch die aktuellen Rahmenbedingungen durch die Corona-Krise berücksichtigen. Verdachtsmeldungen sollen nur dann mitgeteilt werden, wenn trotz dieser Einbezugnahme ein begründeter Verdacht auf Marktmissbrauch vorliege.

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA hat am 14. April ihr vierteljährliches Risiko-Dashboard mit Daten des vierten Quartals 2019 veröffentlicht. Im Vorfeld der Corona-Krise haben sich demnach die Eigenkapitalquoten und die Qualität der Aktiva bei Banken in der EU verbessert. Die Eigenkapitalrendite habe sich jedoch weiter verschlechtert. Die harte Kernkapitalquote (CET1-Quote) erreichte Ende 2019 14,8 Prozent (14,4 Prozent). Die Quote der notleidenden Kredite (Nonper forming Loans - NPL) ging weiter von 2,9 Prozent auf 2,7 Prozent zurück, trotz insgesamt sinkender Darlehen und Kredite, wie die EBA ausführt. Auch die IFRS-9-bezogenen Zahlen zur Qualität der Vermögenswerte verbesserten sich. So ist der Anteil der Aktiva der Stufe 2 von 6,9 Prozent auf 6,8 Prozent gesunken, der Anteil der Aktiva auf Stufe 3 reduzierte sich von 3,3 Prozent auf 3,1 Prozent. Die Eigenkapitalrendite (Return on Equity - RoE) ging im vierten Quartal um 80 Basispunkte auf 5,8 Prozent zurück. Das Kosten-Ertrag-Verhältnis (Cost to Income Ratio) der Banken stieg von 63,3 auf 64 Prozent. Die Nettozinsmarge blieb mit 1,45 Prozent auf einem niedrigen Niveau.

Laut einer Analyse der Deutschen Bundesbank hat sich die Konsolidierung im deutschen Bankensektor weiter fortgesetzt. So sank im Jahr 2019 die Gesamtzahl der Kreditinstitute um 66 auf 1 717 Institute. Dies entspricht einem Rückgang von 3,7 Prozent (2,2 Prozent). Von den Abgängen waren allein 34 (40) auf Fusionen im genossenschaftlichen Sektor zurückzuführen. Die Zahl der genossenschaftlichen Institute sank damit auf 845, was einem Minus von 3,9 Prozent entspricht. Im Sparkassensektor verringerte sich die Anzahl der Häuser durch Zusammenschlüsse um 6 (5), somit verbleiben neben den unverändert bestehenden 6 Landesbanken noch 380 Sparkassen. Die Zahl der Kreditbanken verringerte sich 2019 um 24 auf 374. Bei den Regional- und Wertpapierhandelsbanken und sonstigen Kreditbanken gab es hingegen einen leichten Zuwachs von drei Instituten auf 185.

Der geplante Verkauf der EAA-Tochter EAA Covered Bond Bank (CBB) in Irland wird nicht umgesetzt. Der Investor habe die EAA informiert, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden den Transfer nur unter zusätzlichen Auflagen genehmigen würden. Aufgrund dessen haben sich die Parteien darauf verständigt, den Kaufvertrag aufzuheben. Die EAA wird vor diesem Hintergrund die irische Tochtergesellschaft abwickeln und schließen. Der Anfang 2017 geschlossene Vertrag über den Verkauf der Bank zielte darauf ab, die mit ihrem Betrieb verbundenen operativen Risiken schneller abzubauen und dem Institut und dessen Mitarbeitern eine Zukunftsperspektive zu eröffnen.

Der Verband deutscher Kreditplattformen kann vier neue Mitglieder begrüßen: das Fintech-Unternehmen Commnex, die Fremd kapitalplattform Loanboox, Baufinanzierer Hypofact und die Varengold Bank. Commnex und Loanboox verstärken den Verband mit ihrer Expertise im Bereich Kommunen und Kommunalfinanzierung. Das Berliner Unternehmen Hypofact betreibt die Beratung und Vermittlung von privaten- und gewerblichen Finanzierungen in Deutschland und unterstützt den Verband im Hinblick auf Baufinanzierungen. Mit der Aufnahme der Hamburger Varengold Bank, die vor allem Online-Lending-Marktplätze finanziert, setze der Verband seine Strategie, grundsätzlich allen relevanten Akteuren im Ökosystem eine Möglichkeit zur Mitgestaltung zu bieten, konsequent um.

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