Bilanzberichte

Geschäftsentwicklung der 772 Kreditgenossenschaften im Berichtsjahr 2021

Abbildung 1: Ertragsrechnung der Kreditgenossenschaften Quelle: BVR

Zahl der Institute um 5,2% gesunken - Mitgliederzahlen erneut rückläufig - Zahl der Filialen um 492 reduziert - Mitarbeiterzahl um 1,8% niedriger - Bilanzsumme um 6,5% ausgeweitet - Durchschnittliche Bilanzsumme je Institut bei 1,5 Mrd. Euro - Gesamtkreditbestände um 6,9% erhöht - Kundeneinlagen um 5,4% geklettert - Zinsüberschuss um 487 Mill. Euro verbessert - Provisionsüberschuss um 324 Mill. Euro angewachsen - Rohertrag 811 Mill. Euro über Vorjahr - Verwaltungsaufwand leicht um 0,44% erhöht - Betriebsergebnis vor Bewertung um 12,6% gestiegen - Bewertungsergebnis deutlich verbessert - Jahresüberschuss 56,2% höher als im Vorjahr - LCR bei 194% - Kernkapitalquote um 0,34 Prozentpunkte gesunken - Gesamtkapitalquote bei 16,6%

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) hat über den aggregierten Geschäftsverlauf des Berichtsjahres 2021 berichtet. Die Zahl der Institute sinkt dabei weiter kontinuierlich und in recht hohem Tempo. Waren es im Jahr 2018 noch 875 Genossenschaftsbanken, sank die Zahl im Jahr 2020 bereits auf 814 und im Berichtsjahr nochmals um 42 Institute beziehungsweise 5,2% auf 772. Im Jahr 2015 waren es noch 1 021 Genossenschaftsbanken. Die Zahl der Filialen reduzierte sich 2021 um 492 oder 5,7% auf 8 074. Nicht ganz so stark ging die Zahl der SB-Filialen zurück, die um 145 auf 4 175 sank.

Ein gewisser Trend lässt sich mittlerweile bei den Mitgliederzahlen der Genossenschaftsbanken erkennen. Nachdem es von 1970 bis 2018 in ausnahmslos jedem Jahr ein Wachstum der Mitgliederzahlen von 6,19 Millionen auf 18,56 Millionen gab, war 2021 nun schon das dritte Jahr in Folge mit einem Rückgang. Nach 18,42 Millionen Mitgliedern im Vorjahr waren es im Berichtsjahr noch 18,18 Millionen, was einem Rückgang um 1,3%. Der BVR führt diese Entwicklung einerseits auf die demografische Entwicklung zurück und andererseits auf die Pandemie. Der Neuabschluss einer Mitgliedschaft sei ein typisches Filialprodukt, das aufgrund der Pandemie nicht so gut beraten werden konnte.

Im Jahr 2021 beschäftigten die Genossenschaftsbanken 135 650 Mitarbeiter, das sind 1,8 Prozent weniger als 2020. Die Genossenschaftsbanken haben dabei die Altersfluktuation genutzt. Die Ausbildungsquote liegt unverändert bei 6,7%, was 8 400 Auszubildenden entspricht. Mit Blick auf den erforderlichen Personalumbau im Rahmen der Digitalisierung werden laut BVR in Genossenschaftsbanken neben angehenden Bankkaufleuten auch vermehrt junge Menschen für andere kaufmännische Berufe - beispielsweise für E-Commerce und Dialogmarketing - gesucht. Auch die Rekrutierung an Hochschulen - sowohl von Hochschulabsolventen, aber auch von Studienabbrechern - gewinne zunehmend an Bedeutung.

Das Thema Nachhaltigkeit spielt für die Genossenschaftsbanken nach wie vor eine sehr wichtige Rolle. Die Institute wollen selbst einen Beitrag dazu in allen Bereichen leisten. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken unterstützt die Mitgliedsinstitute darin, ein strategisches Nachhaltigkeitsmanagement aufzusetzen. Als einen Hebel bei der ökologischen Nachhaltigkeit sieht der BVR seine neue Klima-Initiative, in der die Klimaschutzprojekte der Volksbanken und Raiffeisenbanken gebündelt und um bundesweite Maßnahmen ergänzt werden. Auftakt war am 21. März 2022 der erste Spatenstich zu einer bundesweiten Pflanzaktion von 1 Millionen Bäume in zwei Jahren mit dem BVR-Partner Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.

Das "solide Wachstum" im Kundengeschäft führte im Berichtsjahr auch zu einem Anstieg der addierten Bilanzsumme der Genossenschaftsbanken. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erhöhte sich diese um 6,5% beziehungsweise 70,16 Mrd. Euro auf 1,145 (1,075) Bill. Euro. Die durchschnittliche Bilanzsumme je Institut liegt laut BVR bei gut 1,5 Mrd. Euro.

Auf der Aktivseite der Bilanz verzeichneten die Genossenschaftsbanken ein deutliches Wachstum bei den Krediten. Über alle Kundengruppen hinweg stiegen demnach die Kreditbestände um 6,9% beziehungsweise 45,6 Mrd. Euro auf 710,3 (664,7) Mrd. Euro. Dabei konnten die Institute ihren Marktanteil um 0,3 Prozentpunkte auf 17,9% erhöhen. Das Wachstum wurde dabei nahezu ausschließlich im Bereich der langfristigen (länger als 5 Jahre) Forderungen erzielt. Diese erhöhten sich um 48,2 Mrd. Euro auf 639,1 Mrd. Euro. Nur leicht gewachsen sind die mittelfristigen Forderungen, die um 173 Mill. Euro oder 0,4% auf 41,29 (41,12) Mill. Euro stiegen. Deutlich reduziert wurden die kurzfristigen Forderungen (einschließlich Wechsel). Diese sanken um 8,5% beziehungsweise 2,76 Mrd. Euro auf 29,87 Mrd. Euro. Im Segment der Privatkunden erhöhten sich die Kredite um 6% auf 341 Mrd. Euro. Der Marktanteil stieg um 0,1 Prozentpunkte auf 23,8%. Der Bestand an Firmenkundenkrediten (einschließlich sonstiger Kunden) stieg um 7,6% auf 370 Mrd. Euro. Der Marktanteil wuchs hier um 0,5 Prozentpunkte auf 22%.

Auf der Passivseite der Bilanz verzeichneten die 772 Genossenschaftsbanken ein deutliches Wachstum bei den Einlagen. Zwar sind die Spareinlagen weiter rückläufig und erreichten im Berichtsjahr 181,26 (184,13) Mrd. Euro, was einem Rückgang um 2,86 Mrd. Euro beziehungsweise 1,6% entspricht. Die täglich fälligen Verbindlichkeiten hingegen erhöhten sich um 44,65 Mrd. Euro oder 8,0% auf 605,61 (560,96) Mrd. Euro. Insgesamt sind damit die Verbindlichkeiten gegenüber Nichtbanken um 5,4% beziehungsweise 42,66 Mrd. Euro auf 833,19 (790,53) Mrd. Euro angewachsen. Damit hat sich der Einlagenüberhang jedoch aufgrund des stärker gewachsenen Aktivgeschäfts um gut 3 Mrd. Euro reduziert.

Das außerbilanzielle Kundenvolumen stieg um 14,2% auf 588 Mrd. Euro. Die rege Nachfrage nach Wertpapieranlagen, insbesondere nach Fondssparplänen der Union Investment, führte zu einem Anstieg der verwahrten Wertpapierbestände bei den Genossenschaftsbanken um 20,7%. Auch die Anzahl der geführten Depots stieg um 5,4% auf insgesamt 6,6 Millionen Die partnerschaftliche Vergabe von langfristigen Wohnungsbaukrediten mit den Spezialfinanzierern der genossenschaftlichen Finanzgruppe habe ebenfalls zum Wachstum des außerbilanziellen Kundenvolumens beigetragen. Die Genossenschaftsbanken wollen dieses Segment im Kundeninteresse auch weiterhin aktiv und verantwortungsvoll bearbeiten. Der parallelen Einführung eines antizyklischen und sektoralen Kapitalpuffers durch die Bankenaufsicht hätte es aus Sicht des BVR jedenfalls nicht bedurft.

Positiv entwickelt hat sich die Ertragslage der Genossenschaftsbanken in Deutschland. So stieg trotz Null- und Negativzinsphase der Zinsüberschuss um 487 Mill. Euro beziehungsweise 3,0% auf 16,516 (16,029) Mrd. Euro. Diese positive Entwicklung speiste sich sowohl aus dem weiteren Bestandswachstum als auch durch die nachträgliche Dividendenausschüttung der DZ Bank für das Jahr 2019. Der Anteil des Zinsüberschusses an der Durchschnittlichen Bilanzsumme (DBS) sank jedoch auf 1,49 (1,56)%. Mit einem Anteil von 73% bleibt das Zinsergebnis die mit Abstand wichtigste Ertragsquelle der Volksbanken und Raiffeisenbanken.

Ebenfalls positiv entwickelt hat sich das Provisionsgeschäft der genossenschaftlichen Institute. So ist der Provisionsüberschuss um 5,7% beziehungsweise 324 Mill. Euro angewachsen und relativ stabil bei 0,54 (0,55)% der durchschnittlichen Bilanzsumme geblieben. Neben dem Zahlungsverkehr hat sich vor allem das Vermittlungsgeschäft mit den Unternehmen der genossenschaftlichen Finanzgruppe beachtlich entwickelt. Die Provisionserträge der Genossenschaftsbanken aus dem Verbundgeschäft stiegen im Jahr 2021 um 15,6% auf 2,8 Mrd. Euro. Der aus Zinsüberschuss und Provisionsüberschuss errechnete Rohertrag erhöhte sich damit im Berichtsjahr um 3,7% beziehungsweise 811 Mill. Euro auf 22,502 (21,691) Mrd. Euro.

Nahezu unverändert blieben die Kosten der Genossenschaftsbanken. Die allgemeinen Verwaltungsaufwendungen erreichten im Berichtsjahr 14,964 Mrd. Euro oder 1,35% der durchschnittlichen Bilanzsumme. Gegenüber dem Vorjahr mit 14,898 Mrd. Euro (1,45% der DBS) entspricht dies einer Zunahme um 0,44%. Der Personalaufwand blieb mit 8,5 Milliarden Euro unverändert. Die Aufwands-Ertrags-Relation im engeren Sinne (Cost Income Ratio) verbesserte sich deutlich um 220 Basispunkte auf 66,5% nach 68,7% im Jahr 2020.

Das Teilbetriebsergebnis, als Ergebnis der operativen Geschäftstätigkeit, hat sich im Jahr 2021 um 11 Prozent auf 7,538 (6,793) Mrd. Euro erhöht. Das entspricht 0,68 (0,66)% der durchschnittlichen Bilanzsumme. Das Betriebsergebnis vor Bewertung stieg um 12,6% beziehungsweise 921 Mill. Euro auf 8,203 (7,282) Mrd. Euro. Gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme erhöhte sich das Betriebsergebnis vor Bewertung auf 0,74 (0,71)%. Das laut BVR nach wie vor geringe Insolvenzgeschehen im Unternehmensbereich spiegelt sich in dem moderaten Bewertungsergebnis bei den Forderungen der Genossenschaftsbanken wider. Im Kreditgeschäft gab es 2021 Abschreibungen und Wertberichtigungen in Höhe von minus 80 Millionen Euro. Dieses unauffällige Ergebnis resultiere auch aus der hohen regionalen und sektoralen Diversifizierung des Kreditgeschäfts der Genossenschaftsbanken. Die Risikovorsorge im Wertpapierbereich erreichte aufgrund von Kurskorrekturen im Wertpapierbestand zum Jahresende 2021 minus 450 Millionen Euro, nach minus 134 Millionen Euro im Vorjahr. Schließlich haben die Genossenschaftsbanken Ende 2021 in Summe Vorsorgereserven gemäß § 340 f Handelsgesetzbuch (HGB) in Höhe von 200 Millionen Euro aufgelöst und im Zuge des Endes der Übergangsregelungen der Eigenmittelvorschriften dem Fonds für allgemeine Bankrisiken gemäß § 340 g HGB wieder zugeführt.

Das Bewertungsergebnis insgesamt verbesserte sich von minus 735 Mill. Euro auf minus 333 Mill. Euro. Der Jahresüberschuss vor Steuern legte in der Summe der genannten und weiterer Zahlen deutlich um 20,4% beziehungsweise 1,295 Mrd. Euro auf 7,650 (6,355) Mrd. Euro zu. Dem Fonds für allgemeine Bankrisiken haben die Genossenschaftsbanken im Jahr 2021 voraussichtlich 3,5 Mrd. Euro zugeführt. Da der Steueraufwand lediglich unterproportional um 195 Mill. Euro auf 2,219 Mrd. Euro zunahm, blieb unter dem Strich ein Jahresüberschuss von 1,884 Mrd. Euro, was gegenüber dem Vorjahreswert von 1,206 Mrd. Euro einer dynamischen Steigerung um 56,2% beziehungsweise 678 Mill. Euro entspricht.

Der BVR bezeichnet die Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung der Genossenschaftsbanken als weiterhin solide. Bei beiden aufsichtlichen Liquiditätskennziffern - Liquidity Coverage Ratio und Net Stable Funding Ratio - werden die aufsichtlichen Mindestanforderungen von jeweils 100% mit 194% (LCR) beziehungsweise 122% (NSFR) deutlich übertroffen. Das bilanzielle Eigenkapital wuchs um 4,7% auf 59 Mrd. Euro an. Die regulatorischen Eigenmittel nach Capital Requirements Regulation (CRR) stiegen um 4,1 Mrd. Euro auf 102,5 Mrd. Euro. Das Kernkapital wuchs um 5,1 Mrd. Euro auf 92,9 Mrd. Euro. Die Kernkapitalquote sank aufgrund der starken Kreditausweitung leicht um 0,34 Prozentpunkte auf 15%. Die Gesamtkapitalquote nach CRR betrug Ende 2021 16,6%, womit die regulatorischen Anforderungen deutlich übertroffen werden.

Einen Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr wagte der BVR aufgrund der aktuellen Situation nicht, vielmehr gelte es, sich auf unterschiedliche Szenarien durch Risikoinventuren vorzubereiten. Die laut BVR sehr solide Eigenkapitalausstattung und die erhöhten Rücklagen aus Gewinnthesaurierung des vergangenen Jahres haben die Resilienz der Genossenschaftsbanken jedenfalls nochmals erhöht. Daher sehen sich die Genossenschaftsbanken gut gerüstet, mögliche Belastungen, sofern sie sich konkretisieren sollten, operativ verkraften zu können.

Abbildung 1: Ertragsrechnung der Kreditgenossenschaften Quelle: BVR
Abbildung 2: Eigenkapitalausstattung der Kreditgenossenschaften (in Mrd. Euro) Quelle: BVR
Abbildung 3: Entwicklung Einlagenüberhang der Genossenschaftsbanken (in Mill. Euro) Quelle: BVR
Abbildung 4: Verbundgeschäft der Kreditgenossenschaften (in Mrd. Euro) Quelle: BVR
Abbildung 5: Langfristige Entwicklung Zahl der Institute und Mitglieder Quelle: BVR

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