Börsennachrichten Ausgabe 23/2020

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Deutsche Börse I: Strategie-Update

Die Deutsche Börse AG hat am 18. November 2020 ihre neue mittelfristige Wachstumsstrategie Compass 2023 vorgestellt. Die Gruppe unterstrich, dass sie nach erfolgreicher Umsetzung der letzten Mittelfriststrategie Roadmap 2020 in den kommenden Jahren weiterhin eine Vielzahl von Wachstumschancen sehe. Wesentliche Wachstumstreiber seien Trends am Kapitalmarkt, die die Deutsche Börse durch ihr breites und diversifiziertes Geschäftsmodell aufgreift. Dazu zählt das Unternehmen Trends wie die Entwicklung vom außerbörslichen zum börslichen Handel, ESG, die zunehmende Bedeutung der Buy-Side, passive Investments und die Digitalisierung des Finanzsektors.

Während das organische Wachstum der Nettoerlöse durch ein breites Spektrum von Initiativen in allen Geschäftsbereichen vorangetrieben werden soll, zielt die Deutsche Börse mit dem Wachstum durch M&A auf sechs Bereiche ab: Index und Analytik, ESG, Rohstoffe, Devisen, festverzinsliche Wertpapiere und Investment Fund Services.

Im Rahmen ihrer Strategie strebt die Gruppe Deutsche Börse bis 2023 ein Wachstum der Nettoerlöse von durchschnittlich rund 10 Prozent pro Jahr an. Dabei sollen organische Initiativen einen Wachstumsbeitrag von circa fünf Prozent leisten, der M&A-Beitrag soll auf ebenfalls fünf Prozent steigen. Darin enthalten ist auch schon der Beitrag der einen Tag zuvor verkündeten Übernahme der Institutional Shareholder Services (ISS). Mit der Übernahme möchte der deutsche Finanzinfrastrukturbetreiber führender Anbieter von ESG-Daten und Research werden.

Die Deutsche Börse hat mit dem bisherigen Eigentümer Genstar Capital eine Einigung zur Übernahme von 80 Prozent der Anteile an ISS getroffen. Die restlichen 20 Prozent sollen bei Genstar und dem ISS-Management verbleiben. Die Transaktion basiert auf einer Bewertung aller Anteile mit einem Preis von 2,275 Milliarden US-Dollar. Den Abschluss der Transaktion erwartet die Deutsche Börse für das erste Halbjahr 2021, unter dem üblichen Vorbehalt der regulatorischen Zustimmung.

Nasdaq: Kauf von Verafin

Der US-amerikanische Börsenbetreiber Nasdaq hat zwei Tage nach der Deutschen Börse (siehe oben) ebenfalls eine M&A-Transaktion im Milliardenwert bekannt gemacht. So kauft die Nasdaq für 2,75 Milliarden US-Dollar das kanadische Softwareunternehmen Verafin. Das Unternehmen bietet Software zur Bekämpfung von Finanzbetrug und Geldwäsche an. Mit diesem Kauf will die Nasdaq ihre Wandlung zu einem Anbieter von Software-as-a-Service-Technologie forcieren.

Durch den Zusammenschluss will die Nasdaq einen führenden Anbieter von Anti-Fraud-Software schaffen. Erreicht werden soll das durch die Kombination der großen Palette an Produkten zur Bekämpfung von Finanzkriminalität von Verafin und der Reichweite und der bestimmenden Stellung der Nasdaq in Regulierungstechnologie.

Finanziert werden soll die Übernahme mit Schulden in Höhe von 2,5 Milliarden Dollar und vorhandenen Barmitteln. Die beiden Großinvestoren von Verafin, Spectrum Equity und Information Venture Partners, haben demnach zugesagt, ihre Anteile im Rahmen der Transaktion zu veräußern. Vorbehaltlich der notwendigen Genehmigungen soll die Transaktion im Verlauf des ersten Quartals 2021 abgeschlossen werden.

Deutsche Börse II: neues Regelwerk

Die Deutsche Börse hat als Ergebnis ihrer Marktkonsultationen ein recht umfassend verändertes Regelwerk für die DAX-Auswahlindizes (DAX, MDAX, SDAX und TecDAX) vorgestellt. Die Änderungen sollen nun sukzessive eingeführt werden. Mit den Regeländerungen möchte die Deutsche Börse die Qualität der DAX -Indizes erhöhen und diese an internationale Standards angleichen. Die wichtigste Regeländerung betrifft den DAX und den MDAX. Während der Midcap-Index um zehn Werte auf 50 Aktien verkleinert werden soll, wird der deutsche Leitindex gleichzeitig um zehn Werte auf 40 Aktien vergrößert. Diese Änderung soll im September 2021 wirksam werden.

Als wichtigste Lehre aus dem Wirecard-Desaster wird es ab März 2021 Bestandteil der Indexmethodologie, dass zukünftig alle Unternehmen in den DAX-Auswahlindizes testierte Geschäftsberichte und vierteljährlich Quartalsmitteilungen veröffentlichen müssen. Nach einer 30-tägigen Warnfrist soll ein Verstoß gegen diese Pflicht künftig unmittelbar zum Indexausschluss führen.

Zudem müssen ab Dezember 2020 alle künftigen DAX-Kandidaten vor einer Aufnahme in ihren zwei letzten Finanzberichten ein positives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) aufweisen. Im Gegenzug für diese Verschärfungen entfällt für alle Unternehmen in den DAX-Auswahlindizes künftig die Pflicht zur Notierung im Prime Standard, eine Notierung im geregelten Markt soll künftig ausreichend sein. Zusätzlich müssen ab März 2021 alle Neuzugänge zur DAX-Familie den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex hinsichtlich eines Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat entsprechen. Für bestehende Mitglieder gilt eine Übergangsfrist, um Kontinuität in der DAX-Familie zu bewahren; sie müssen die Vorgabe ab September 2022 erfüllen.

Weiterhin wird es künftig zweimal im Jahr im September und März - anstatt wie bisher einmal im September - eine planmäßige Hauptüberprüfung der Indizes geben. Die grundsätzliche Aufnahmeregel wird auch dahingehend vereinfacht, dass nur noch die Rangfolge der Marktkapitalisierung eine Rolle spielt und nicht mehr die des Börsenumsatzes. Dafür muss künftig eine Mindestliquidität gegeben sein.

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